2.2 ♛ Kate

»Oh nein«, rege ich mich auf, als Josephine und Aiden mit verdächtig verstrubbelten Haaren aus einem der Gästezimmer geschlichen kommen und ich sie in flagranti dabei erwische.

Erschrocken huscht Josephines Blick zu mir, der einem Hund gleicht, der gerade ein Häufchen im Haus gemacht hat.

»Marta wird sich freuen, dieses Zimmer wieder sauber zu machen«, kommentiere ich noch, um den beiden die Schamröte gewollt noch mehr ins Gesicht zu treiben.

Aiden jedoch grinst unberührt. »Das Zimmer ist jetzt frei für Liam und dich.«

Verdammt, jetzt werde ich rot. »Vielen Dank auch, wir nehmen uns ein unbenutztes.« Dann wende ich mich an Josephine. »Kommst du dann gleich in mein Zimmer? Wir wollen mit Liam und Mary noch ein Mal über Eckstein reden, bevor wir schlafen gehen.«

»Gute Idee, da werde ich heute Nacht sicher schlafen wie ein Baby«, gibt diese sarkastisch zurück.

Nach fünf Minuten kommt sie aber doch ins Zimmer. »Aiden ist gerade nach Hause gefahren. Ich bin also wieder ganz für euch da«, verkündet sie.

»Wir sollten vielleicht den Mord von Louise als Anhaltspunkt nehmen. Ich meine, ihr seid doch unterwegs gewesen in der Nacht als sie ermordet wurde.« Mary schaut fragend in die Runde.

»Ja, sie hat an der Tankstelle mit dem Typen gesprochen und dann die Pillen von ihm erhalten«, erzählt Candice die Geschichte, die sie vermutlich ohnehin schon gehört haben.

»Ich hab's!«, ruft Josephine aus. »Was, wenn die Pillen die Mordwaffe waren? Ich meine, auf dem Snap von Eckstein hat es uns doch gewundert, dass ihre Wunden nicht groß genug waren.«

»Das ist genial Jo!«, stimmt ihr Candice zu.

»Liam, du sagtest doch, du könntest das machen«, meint Josephine.

»Ja, in der Schule hätten wir die nötigen Utensilien für die Analysen.« Er runzelt jedoch die Stirn. »Nur glaube ich, dass das Verdacht erregen wird, wenn wir komische Pillen untersuchen.«

»Wir machen das doch nicht Tagsüber«, gebe ich kopfschüttelnd von mir.

»Ich muss schon sagen, in dir stecken Überraschungen, Kate Kingsman«, kommentiert Liam mit einem schelmischen Grinsen.

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»So, jetzt könnt ihr etwa zwei oder drei der Pillen mit dem Mörser zu Pulver malen«, gibt Liam Candice und mir die Anweisung, während er weitere Utensilien hinzuzieht. »Jo, du kannst in der Zwischenzeit mit mir besprechen, wie wir vorgehen.«

»Und wir sind nur die lahmarschigen Laborassistenten, oder was?«, scherze ich.

Liam grinst breit. »Ich muss mein Personal eben mit Bedacht einteilen.«

»Und was mach ich in der Zwischenzeit?«, gibt Mary genervt von sich, die sich noch dümmer vorkommen muss.

Liam blickt sie kurz an und rümpft dann die Nase. »Du passt auf, dass niemand kommt, ist doch klar.«

»Na toll«, kommentiert sie wenig begeistert.

Nach etwa zehn Minuten, als die Tabletten im Mörser wahrscheinlich schon zu Feinstaub zermahlen sind und mir die Hand kräftig wehtut, können wir mit dem Experiment beginnen.

Kritisch inspiziert Liam Candice' und meine Arbeit. »Hmmm«, überlegt er, »ich weiß nicht, ob das nicht noch etwas zu grob ist.«

»Ist das dein verdammter Ernst?«, entfährt es mir eine Tonspur zu hoch. »Das Pulver kannst du dir durch die Nase ziehen, wenn du willst, so fein ist das.«

»Chill mal«, meint Liam beschwichtigend, »das war doch nur ein Scherz.«

»Ha-ha, ich lache«, gebe ich zurück, muss mich dabei aber tatsächlich anstrengen, um nicht zu grinsen.

Vor uns, auf dem Labortisch, steht eine erhöhte Platte mit Löchern, in die Liam schmale Reagenzgläser gesteckt hat. Sie sind alle beschriftet und mit teils verschiedenfarbigen Lösungen gefüllt.

Liam gibt nacheinander eine kleine Menge von dem Pulver in jedes der Reagenzgläser, schließt sie mit dem kleinen Stopfen und schüttelt sie gut durch. Als er mit allen fertig ist, sieht uns entgegen. »So, jetzt müssen wir nur noch abwarten.«

»Und wie lange?«, frage ich etwas ungeduldig. Schließlich will ich am liebsten jetzt sofort wissen, was es ist.

»Das ist von Lösung zu Lösung unterschiedlich. Einige reagieren schneller, andere gemächlich.«

»Und was kann man jetzt schon ausschließen?«, bohre ich weiter nach.

Er bückt sich etwas, um die Flüssigkeiten aus der Nähe betrachten zu können. »Es ist kein Methylendioxyamphetamin«, gibt er murmelnd von sich und ist ganz fokussiert auf die verschiedenen Gläser, von denen einige bereits die Farbe gewechselt oder Schichten gebildet haben.

»Und das bedeutet?«, will nun auch Mary wissen.

»Dass es sich um kein Extasy und auch keine andere halluzinogene Droge handelt«, entgegnet Josephine anstelle von Liam.

»Genau, sehr gut!«, lobt Liam sie.

Josephine lächelt etwas verlegen.

»Wollt ihr zum FBI, oder warum weiß man so einen Scheiß?«, fragt Candice grinsend an sie gewandt, die gerade einen Kaugummi kaut.

»Hab mich eben etwas eingelesen«, gibt Jo von sich.

»Und wisst ihr, ich bin in der Szene«, scherzt Liam.

Wir lachen.

»Leute!«, zischt Jo aufgeregt in unser Kichern hinein.

Augenblicklich verstummen wir.

»Jetzt sehe ich, was es ist.« Sie blickt uns mit leuchtenden Augen entgegen.

»Jo, mach's nicht so spannend, jetzt spuck's schon aus!«, drängt Candice.

»Die Antwort ist Methylphenidat.« Sie grinst noch breiter.

»Und das bedeutet?«, sagen Candice, Mary und ich im Chor.

»Es ist ein Medikament, das vorwiegend bei ADHS-Patienten eingesetzt wird und — jetzt kommt's, Leute — die Lernfähigkeit steigert.« Sie kann sich vor Begeisterung gar nicht mehr halten. »Ich fass es nicht, Louise hat gedoped.«

»Und das soll jetzt eine gute Nachricht sein?«, schnaubt Mary.

Ich wende mich mit nüchternem Ton an sie. »Josephine ist gerade einfach nur glücklich, dass sie auch mit Louise als Konkurrentin die beste an der Greyforks High war.«

»Was für 'ne verdammte Scheiße, jetzt sind wir wieder an dem Punkt, wo wir vorhin noch waren«, meint Candice seufzend.

»Dann müssen wir eben weitersuchen«, entgegnet Mary und runzelt die Stirn.

Ich beobachte, wie Jo gerade die ganze Welt um sich herum auszublenden scheint. Ich fass es nicht, sie ist wirklich beinahe krankhaft ehrgeizig.

»Diesen Eckstein kriegen wir schon noch dran, wollen wir wetten?«, verkündet Liam schließlich mit einem vielversprechenden Grinsen auf den Lippen.

Heute mal ein etwas kürzeres Kapitel. Wenigstens spanne ich euch diesmal nicht mit einem  Cliffhanger auf die Folter...🙈 Ich wünsche euch noch einen guten Sonntag. Bis Mittwoch,

eure Anna Vanilla ★ 

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