2.1 ☾ Josephine
»Warten Sie!«, ertönt plötzlich eine laute Stimme durch den Richtersaal.
Augenblicklich drehen sich alle Köpfe in Richtung Eingang, was ein lautes Geräusch verursacht.
Mary James steht schweratmend im Türrahmen des großen Eingangs und hält eine CD in den Händen. »Ich kann beweisen, dass Josephine McBright unschuldig ist.«
Ungläubig starre ich ihr entgegen. Was hier gerade geschieht ist mehr als surreal.
Langsam schreitet Mary durch den Gang, der zwischen den Bankreihen frei steht. Ihre geschnürten Lackschuhe erzeugen dabei ein beinahe melodisches Klacken. Sie trägt ein schlichtes Kleid mit Bübchenkragen, der mit Perlen bestickt ist. Die CD in ihren Händen hält sie schön sichtbar dem Richter entgegen.
Dieser verordnet die Anweisung, einen Beamer und einen CD-Rom-Spieler in den Saal zu befördern.
Als dies geschehen ist, starre ich wie gebannt auf die Leinwand, die von den bunten Lichtern des Projektors in ein Bild verwandelt wird.
Ich sehe ein Video. Es muss das einer Überwachungskamera sein. Dann erkenne ich, dass es sich hierbei um eine Aufnahme des Nighthawks handelt. Die Überwachungskamera läuft schnell. Dann, als ich mit Candice und Kate das Lokal betrete, wird sie langsamer. Die Uhrzeit, sowie das Datum werden parallel eingeblendet.
Und dann wird es mir schlagartig bewusst. Das ist der Beweis, dass ich unschuldig bin. Dieses Video hier beweist, dass ich zum Zeitpunkt des Mordes im Nighthawks war und somit als Mörderin gar nicht mehr in Frage komme.
Aufgeregtes Raunen geht durch den Richtersaal.
»Ruhe!«, geht die laute Stimme des Richters, welche an der hohen Decke widerhallt.
Schlagartig verstummt das Gemurmel und alle Köpfe richten sich nach vorn.
»Nun«, verkündet der Richter schließlich, »mit den mir dargelegten Beweisen erkläre ich Josephine McBright bis auf Weiteres als freigesprochen.« Er klopft mit seinem Hammer auf den Tisch und signalisiert so das Ende der Verhandlung.
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Als ich endlich aus dem Gerichtssaal draußen bin, falle ich meinen beiden Freundinnen in die Arme. Vor Freude springen wir herum und können gar nicht mehr aufhören zu kreischen.
Auch wenn es noch kalt ist, ist es ein sonniger Tag und keine Wolke lässt sich am Himmel blicken. Kurz schließe ich meine Augen und lasse mein Sommersprossengesicht von den warmen Strahlen der Sonne benetzen. Es ist ein wunderbares Gefühl, wieder frei zu sein.
Auch meine Mutter und mein Vater sind mehr als erleichtert. Sie sehen aber noch immer sehr mitgenommen aus, was ich ihnen nicht wirklich verübeln kann. Immerhin hätten sie beinahe ihre eigene Tochter verloren.
Als ich auch meine Eltern kräftig umarmt habe, kehre ich zu Kate und Candice zurück.
«Ich wusste doch, dass wir Mary vertrauen können«, sagt Candice und grinst.
»Ach, halt doch die Klappe, hinterher weiß man es doch immer besser.« Ich grinse.
Ich kann nur noch strahlen und es ist noch immer komisch, dass jetzt alles vorbei ist. Aber ich bin auch verwirrt, dass es ausgerechnet Mary war, die mich befreit hat.
»Sind Liam und Mary doch unschuldig, oder was?«, frage ich schließlich, um den riesengroßen Wirrwarr in meinem Kopf etwas zu bändigen.
»Irgendwie schon...«, gibt Kate etwas zerknirscht von sich.
Plötzlich steht Mary vor uns und grinst uns entgegen. »Mary, ich danke dir!«, sage ich aufrichtig und falle ihr in die Arme. Normalerweise hätte ich das nicht gemacht, aber diese besonderen Zustände machen einen vielleicht auch zu einem anderen Menschen.
»Ich bin mir sicher, du hättest dasselbe für mich getan.« Sie löst sich wieder von mir und lächelt mir warm entgegen.
»Mary, du bist einfach genial«, lobt Candice und umarmt sie ebenfalls.
»Wie bist du denn darauf gekommen?«, hakt Kate nach.
Ich kann es nicht fassen, wie misstrauisch sie wieder klingt. Mary hat mich gerettet, das ist Beweis genug für ihre Unschuld.
»Tja, jetzt müssen wir nur noch den wahren Eckstein finden«, ertönt plötzlich die Stimme von Liam hinter uns.
»Liam!«, ruft Candice aus und fällt auch ihm in die Arme. »Schön, dass du da bist.« Candice wendet sich an mich. »Stell dir vor, Jo, sie werden uns helfen, diesen Mistkerl zu schnappen.«
»Ich kann es kaum fassen, dass ich frei bin und jetzt bekommen wir auch noch Verstärkung. Das ist der beste Tag seit langem.« Aber dann fällt mir ein, dass es gar nicht so lange her ist, als ich mich noch besser gefühlt habe. Es war dieser Abend bei Aiden. Dieser Abend, bevor diese schrecklichen Dinge geschehen sind. Als hätte er meine Gedanken gehört, erblicke ich ihn plötzlich zwischen den Menschenmengen.
»Jo!«, ruft er und kommt auf mich zu. Seine wunderschönen Augen strahlen mich durch seine Nerdbrille an. »Gott sei Dank ist alles gut gelaufen.« Er umarmt mich und vergräbt seinen Kopf in meinen Haaren.
Plötzlich muss ich daran denken, dass ich vielleicht nicht so gut rieche, weil es im Knast weder gutes Deo noch ein Shampoo gab. Von anderen Pflegeprodukten kann gar nicht die Rede sein.
Doch Aiden löst sich nicht von mir. Er hält mich fest und macht keine Anzeichen, mich wieder loszulassen. »Ich bin so froh, dass es dir gut geht«, nuschelt er in meine Haare.
»Ja, ich dachte wirklich, ich müsste sterben«, entfährt es mir unbeabsichtigt ehrlich. Aber die Worte sind einfach so aus mir herausgesprudelt.
»Das dachte ich auch.« Er sieht mich an. Doch jetzt ist es kein reines Lächeln mehr, das mir entgegenblickt. Viel mehr erkenne ich den Schmerz in seinen Augen. »Kann ich dich was fragen?«
»Ja. Ja, natürlich«, entgegne ich.
»Kann ich heute den Tag mit dir verbringen?« Er lächelt wieder. »Ich kann dich heute einfach nicht mehr aus den Augen lassen. Ich habe zu viel Angst, du könntest wieder verschwinden.«
»Klar. Wir treffen uns jetzt alle bei Kate, um etwas zu feiern, es ist bestimmt okay, wenn du auch kommst.«
●●●
Geöffnete Sektflaschen, halbvolle Gläser und Küchenkrümel zieren den Esstisch der Kingsman. Wir haben uns von Kates Haushälterin bedienen lassen und haben getrunken und gegessen, bis uns die Bäuche wehtaten. Jetzt ist es Abend und ich bin nur für einen kleinen Moment aus Kates Zimmer, hier runter geflüchtet, um für einen Augenblick allein zu sein.
Ich blicke aus den deckenhohen Fenstern, die in den wunderschön beleuchteten Hintergarten der Kingsman gerichtet sind. Beinahe wie ein Botanischer Garten wirkt er. Und das, obwohl es erst Februar ist.
Die Stille ist friedlich und schön. Nicht wie die Stille im Knast, die beinahe unerträglich war. Es gibt einfach verscheidene Arten von Stille, halte ich in meinen Gedanken fest.
»Hey.« Die hohe Tür vom Esszimmer geht auf.
Ich drehe mich um. »Aiden«, entfährt es mir flüsternd.
Er kommt, um die lange Tafel herum, auf mich zu.
Ich wende meinen Blick wieder nach draußen. »Sieh mal, wie schön es hier ist«, hauche ich und fühle im selben Moment, wie sich zwei starke Arme von hinten um meinen Bauch legen. Aidens Kinn ruht auf meinem Kopf.
»Es ist wirklich wunderschön.«
»Du bist ein guter Freund«, flüstere ich dann wie aus dem Nichts.
»Und du bist eine gute Freundin.« Er stellt sich neben mich und grinst. Die Lichter des Gartens fallen durch seine Brille und auf seine ebenmäßige Haut.
»Weißt du, seit ich wieder hier bin, fällt es mir viel leichter, mit dir befreundet zu sein.« Ich blicke zu ihm hoch und versuche mich gleichzeitig, nicht wieder in sein Lächeln zu verlieben.
»Dann sind wir also wieder freunde?«, fragt er und lehnt sich gegen das Fenster.
»Ja, das wäre schön«, entgegne ich. »Wir können alles vergessen, was vor dem Prozess geschehen ist und einfach neu anfangen.«
»Gut, wenn wir echte Freunde sein sollen, dann will ich nur einen Test mit dir machen.« Sein Grinsen wird schelmisch und das gefällt mir gar nicht.
»Was für einen Test denn?«, frage ich seufzend, aber ich kann mir ein Schmunzeln auch nicht verkneifen.
»Ein Test, um zu sehen, ob du wirklich nicht in mich verliebt bist.«
»Was? Wie kommst du denn darauf?«, stelle ich kopfschüttelnd die Gegenfrage.
»Einfach so, nur als Beweis.«
»Gut, dann mach diesen scheiß Test«, gebe ich mich geschlagen.
»Hat man dir diese Ausdrücke im Knast beigebracht«, lacht er.
»Mach endlich diesen verfluchten Test«, beharre ich.
»Gut. Dazu musst du dich nur vor mich hinstellen und mir für eine Minute in die Augen sehen.«
»Das schaff ich locker«, verkünde ich und stelle mich vor ihm hin. Ich kann aber nur daran denken, warum es ausgerechnet seine Augen sein müssen. Wie kann er nur meine Schwäche ausfindig machen?
»Du musst schon etwas näher kommen«, fordert er mich auf.
Seufzend mache ich noch einen Schritt auf ihn zu, sodass sich die Spitzen unserer Schuhe nun berühren. »Nah genug?«
»Das dürfte reichen«, entgegnet er und grinst noch breiter. »Eine Minute ab — jetzt.«
Und dann sehe ich ihm in die Augen. Schon in der ersten Sekunde verfluche ich mich dafür, dass ich mich schon wieder in ihnen verliere. Das kann ja heiter werden. Dann aber fühle ich auch noch seinen Atem auf meiner Haut. Meine Lippen kitzeln jedes Mal, als er ausatmet. Ich würde ihn so gerne küssen — nein! Nein, das will ich natürlich nicht! Ich versuche an etwas anderes zu denken, doch in meinem Kopf stehen nur sein unglaubliches Lächeln, seine wunderschönen Haare oder sein heißer Körper zur Auswahl. Ziemlich schlechte Auswahl, wenn man sich konzentrieren will.
Plötzlich und wie aus dem Nichts berührt er mich an der Taille.
Instinktiv strecke ihm meine Hüfte entgegen und stoße mit meinem Venushügel gegen etwas Hartes. Mir entfährt augenblicklich ein Stöhnen. Ich kann nur noch daran denken, dass das mit dem Berühren nicht abgemacht war, als ich mich schon auf Zehenspitzen stelle und ihn küsse. Ein Stromschlag geht durch meinen ganzen Körper und ich will augenblicklich mehr.
»Komm mit«, flüstere ich in sein Ohr und ziehe ihn mit mir.
Wir laufen die Treppen nach oben und ich öffne eine Tür, die uns eines der leerstehenden Gästezimmer offenbart.
»Jo, ist das nicht etwas zu früh?«, fragt er mich, als ich die Tür hinter mir abgeschlossen habe.
»Ich will dich aber jetzt und hier«, entfährt es mir und ich weiß im Augenblick selbst nicht, woher das jetzt kommt. Ich erkenne mich nicht wieder, aber ich fühle mich unglaublich gut.
»Und wenn wir es auf ein andermal verschieben? Morgen vielleicht. Ich meine, das musst du doch alles erst verarbeiten.« Seine Stimme klingt fürsorglich, was mich nur noch mehr animiert, weiter zu machen.
Normalerweise hätte ich an diesem Punkt aufgegeben und wäre wahrscheinlich auch noch verletzt gewesen, aber jetzt öffne ich bloß die Knöpfe meiner Bluse und lasse sie auf den Boden fallen. Genüsslich beobachte ich, wie seine Blicke auf meine kleinen aber wohl geformten Brüste gleiten. Ich merke ihm an, dass er sie schön findet.
»Jo, ich...«
Doch ich schneide ihm das Wort ab. »Gut, dann mache ich jetzt einen Test mit dir.« Ich grinse.
»Jo, komm schon, wir haben die nächsten Tage genug...«
Ich komme auf ihn zu und lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen. Dann öffne ich meinen BH und lasse ihn ebenfalls zu Boden schweben. Meine runden Brüste strecken sich ihm förmlich entgegen und ich kann ihm anmerken, wie sehr er sich konzentrieren muss, mir in die Augen zu sehen.
»Und jetzt berühre sie mit deinen Händen«, flüstere ich verführerisch. Ich bin voll in Fahrt und nicht mehr zu bremsen.
»Jo, ich glaube, das ist keine gute Idee...« Er hebt seine Hände kurz an und lässt sie dann aber wieder sinken.
»Wenn du das für eine Minute lang schaffst, dann ziehe ich mir alles wieder an«, hauche ich, »versprochen.«
»Okay...« Langsam legt er seine Hände auf meine Brüste. Sie sind warm und groß, doch irgendwie schaffen es meine Brüste trotzdem, sie auszufüllen.
Ich merke, wie sein Atem unruhig wird und er meine Brüste kurz sanft drückt. Doch dann konzentriert er sich wieder und ich fühle einfach nur seine warmen Handflächen.
Ich beschließe ebenfalls, mich nicht an die Regeln zu halten und fahre mit meinen Händen unter sein Shirt.
Augenblicklich zuckt er zusammen und er beginnt, meine Brüste zu massieren.
Ich stöhne auf und ziehe ihn zu mir.
Daraufhin packt er mich an meinen Oberschenkeln und schon sitze ich auf seinen Hüften und küsse ihn. Er trägt mich zum Bett und zieht sich sein Shirt über den Kopf.
Ich liege unter ihm und blicke auf seinen wunderschönen Oberkörper.
Auch er lässt seine Augen über mich wandern. »Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe«, flüstert er dann und presst dann seinen warmen Oberkörper auf den meinen.
Ein wirklich wechselhaftes Kapitel. Ist mir erst aufgefallen, als ich es jetzt korrekturgelesen habe. Ich hoffe, es hat euch gefallen! Ich wünsch euch schöne Sommertage. Wir sehen uns am Sonntag wieder,
eure Anna Vanilla ✾
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