• Sieben •



Ich zeige dir jetzt natürlich eine Wohnung, die von glänzenden Edelsteinen besetzt ist und hunderttausend Dollar wert ist. Natürlich ist auch alles blitzblank aufgeräumt. Falls du aber doch einen Makel findest, gib Bescheid."

Amüsiert folgte Harry dem Briten zu einem kleinen Reihenhäuschen, das genau an der Straße errichtet war. Sträucher rankten sich die alten Wände nach oben während die Fassade des Hauses bröckelte und nebenan die grünen Bäume durch fahrende Autos ersetzt wurden. Fast zehn Minuten waren sie stumm nebeneinander hergelaufen, denn Louis sagte nichts und Harry ging davon aus, dass der Braunhaarige kein Smalltalk hören wollte. Er überlegte lange womit er ein Thema hätte anfangen können, doch ihm fiel absolut nichts ein.

Louis hingegen, verspürte wie das Gefühl der Sicherheit wieder in ihm hochkroch. Jeden Meter, den er seiner eigenen Wohnung näherkam, wirkte wie Balsam auf seiner Seele. Schon fast vorfreudig steuerte er das Reihenhaus an doch tief im Inneren teilte sich dieses Gefühl in zwei andere Spalten auf. Er fühlte die unverkennbare Angst die diesen Impuls in ihm ausströmte und die tiefen Giftpfeile die sich in sein Herz bohrten. Während sie nebeneinander herliefen, sah er den Lockenkopf nicht an. Nicht als sie auf dem Gehsteig gelassen mit den Armen neben den Körpern schlenderten und vor allem nicht als ein Auto auf vier Rädern an ihnen vorbeiraste. Er versteckte sein Gesicht vor Harry, zog extra den Kragen seines Pullovers höher sodass er es gar nicht mitbekam, wenn Tränen in seinen Augen standen und er erwähnte nicht, dass ihm die Übelkeit bis zum Halse stand, dass er am liebsten sich in den nächsten Busch gebeugt hätte oder sich nicht zuletzt abgrundtief in diesem Augenblick schämte dafür. Oder das er sich schuldig fühlte – so teilnahmslos erdrückend schuldig, als ob ihm die Luft abgeschnürt wurde.

Als sie durch ein einen hölzernen Gartenzaun schritten, hinter dem sich grauer Rasen befand und durch die Haustüre liefen, musterte Harry Louis wieder von hinten. Sein Blick wanderte einmal auf und wieder ab, bevor er ihn dabei beobachtete, wie er seinen Wohnungsschlüssel aus der Hosentasche kramte und die Türe aufsperrte. Gespannt schielte Harry über seine Schulter und sah für einen Moment wieder in sein Gesicht während seine Augen schon fast sehnsüchtig auf seine Lippen sahen, auf diesen schmalen Mund, ein Blick der ihm gar nicht bewusst war. Und als Louis den Kopf zu ihm drehte und die Sonnenstrahlen Muster auf sein Gesicht malten, glaubte er, dass das Licht daran schuld war, dass seine wunderschönen, blauen Augen wie bei nassen Sand am Strand schimmerten.

„Oh ein Luxushotel", schloss Harry sich der Ironie an, während er ein kleines Apartment musterte, das helle Holzboden und kleine Fenster besaß und stolz ein kleines rotes Sofa unter den dunkelbraunen Möbeln hervorhob. Nur ein Fernseher mit einem kleinen Kaffeetisch stand davor – ein Kleiderschrank und gleich offen nebenan die Küche, die sobald Harry erkennen konnte, nicht mal eine Spülmaschine besaß.

Als er Louis ansah, bemerkte er, dass er sich entspannte. Wieder war es so als wäre die ganze Abspannung von seinen Schultern gefallen und als könnten ihm diese vier Wände die reinste Sicherheit gewähren. Kurz jedoch drückte sein Magen und er wusste nicht, warum er genau jetzt zwickte.

„Ich wette, das ist der reinste Abschaum für dich." Louis kickte seine Schuhe in die Ecke während Harry es ihm ordentlicher nachtat. Dieses Mal spannte Harry sich aber an. „Was meinst du?"

„Naja. Ihr Ärzte seid doch Stinkreich. Ich wette du lebst in einer Villa."

In dem Magen des Lockenkopfs braute sich Gift zusammen und ein spitzes Messer schoss direkt in sein Herz. Sein Reflex sich gegen dieses Vorurteil zu wären, verbarg ihn die Sicht wie bei einem Nebel, der sich langsam in hellen Rauch überall verbreitete. Während Harry die Hand kurz zu einer Faust bildete, hob und senkte er die Schultern langsam. Er konnte Louis seine Gedanken nicht verübeln.

Denn er hatte Recht.

Sein Zuhause war nun mal ein Haus, bei dem er nicht gerade gespart hatte und auch wenn er noch dabei war, es abzuzahlen, wusste er, dass es keine Rechtfertigung war. Er hatte es, er verdiente gut und das konnte niemand abstreiten. Nicht mal Harry selbst.

„Naja, möchtest du einen Kaffee?" Louis sah ihn aus fragenden großen Augen an als wäre diese Feststellung nicht weiter ein Thema für ihn. Dabei war es vermutlich gelogen.

Harry schluckte den Klos in seinem Hals runter und folgte Louis zu den drei Theken, auf denen sich Geschirr von bestimmt einer Woche stapelte. Das nicken erschien ihm auf einmal so hart als wäre sein Kopf festgerostet. Der Lockenkopf wollte es wieder nicht zugeben doch so länger er die Wohnung, die einen Menschen auf engstem Raum Platz bot so ansah, konnte er sich nicht vorstellen, täglich hier zu schlafen. Und Harry konnte es Mal wieder nicht verhindern, dass sein Mund ganz dünn wurde, das er Mitleid wieder empfand und Louis anfing kurz besorgt zu mustern. Auf seiner Stirn bildete sich eine tiefe Falte der Louis aber keine Beachtung schenkte. Vermutlich machte Harry offensichtlich genug, was er von der Wohnung hielt und das verschlimmerte sein schlechtes Gewissen nur. Mit fokussierenden Blick beobachtete er ihn, wie er Wasser in einer Teekanne aufkochte.

„Was machst du eigentlich beruflich?"

Der Lockenkopf trat ein wenig näher an den Blauäugigen heran und während er den süßen, rauchigen Duft kurz einatmete, sah er aufs Louis Hände, die ihm auf einmal so klein erschienen, dass er sich fragte, wie sie wohl aussehen würden, wenn sie auf seinen eigenen liegen würden. Doch wie immer schüttelte er diesen Gedanken schnell wieder aus seinem Kopf heraus.

Louis drehte seinen Kopf kurz seitlich zu ihm und kräuselte die Nase. „Ist kompliziert momentan."

„Arbeitslos?"

Ein wenig hartnäckig kam Harry ihn näher. Er beobachtete Louis Reaktion ganz genau doch dieser blieb entspannt und hob erneut die Schultern an als müsse er selbst erstmal überlegen was er antworten sollte.

„Kann man so sagen. Ich war selbstständig aber jetzt ist alles den Bach hinuntergegangen."

Verwirrt ließ sich der Lockenkopf eine dampfende Tasse in die Hand drücken, die den herrlichen Duft von Pfefferminze im Raum verteilte ehe er Louis zu seinem Sofa weiter folgte und sich automatisch wieder fragte, wer Louis wirklich war. Auf einmal schien es das Interessanteste Thema überhaupt zu sein obwohl Harry einer der vermutlich mit schlimmsten Smalltalk Fragen herausgekramt hatte. Aber wie sollte er sonst etwas über ihn herausfinden?

„Ein eigenes Unternehmen?" Mit einem Seufzen ließen sie sich beide auf die Couch nieder.

Unbeabsichtigt saßen sie ganz nah beieinander. Ihre Schultern berührten sich, Harry hatte die Gelegenheit Louis Gesicht nochmal von nahem zu betrachten und schon nach wenigen Augenblicken spürte er, wie eine wallende Hitze in seinem Körper empor stieß. Ablenkend pustete er gegen den Rauch des Tees und hob sein Kinn ein wenig dabei an.

„Nein." „Sondern?"

Louis lehnte sich zurück und verringerte den Abstand. „Eine eigene Bar sozusagen. Ist jetzt Pleite gegangen. Aber darüber wollten wir nicht reden. Wir wollten essen bestellen."

„Mhm. Eigentlich wollte ich was Anderes kurz ansprechen."

Während Harrys Stimme bewusst sanfter und vorsichtiger wurde, um das Thema so behutsam wie möglichst anzusprechen, sah er auf Knopfdruck wie der Blauäugige seinen Kiefer anspannte und die Zähne fest aufeinanderbiss. Doch Harry ließ sich nicht davon beirren, auch als er spürte das sein Herz auf einmal ein wenig schneller gegen den Takt klopfte und er es sicherer fand, die Tasse auf dem kleinen Tischchen abzustellen.

„Weißt du", begann der Lockenkopf wieder und sah leicht lächelnd auf den Teppich hinunter, in dem sich ihre Zehen vergruben. „Ich wollte Mal erwähnen, das. - „

„Du brauchst mir jetzt gar nicht mit deinem Psycho quatsch daherkommen", unterbrach ihn Louis plötzlich was Harry stutzen ließ. Seine Finger begannen zu kribbeln.

"Was?"

„Ich weiß was du ansprechen willst und darüber möchte ich jetzt nicht reden. Also. Ich nehme eine Pizza mit Ananas."

Ohne Harry überhaupt weiter zu Wort kommen zu lassen, fischte der Blauäugige ein Smartphone aus seiner Hosentasche mit der er die Nummer für das Restaurant eingab. Verstohlen sah Harry ihn an und nachdem er einige Sekunden damit verbrachte, einfach nur dem Piepen des Handys zu lauschen, sah er wieder auf seine Finger runter. Auf einmal fühlte er sich wieder so weit entfernt von Louis. Wirkte er so schlimm auf ihn? Regten ihn Harrys Sorgen wirklich so sehr auf?

„Hallo guten Tag", begrüßte Louis plötzlich den Mann am Telefon und warf einen fragenden Blick zu Harry, der daraufhin nur „Lasagne", murmelte und sich lustlos zurücklehnte. Das Gespräch war schnell beendet und als er auflegte, setzte sich Harry wieder auf.

„Louis, ich wollte sagen, dass ich dich mag."

Kurzes Schweigen durchbrach den Raum und während Louis ihn aus unergründlichen Augen überrascht ansah, blitzte so etwas wie Freude in seinen Augen auf. Dieser Funke verpuffte aber so schnell wieder, wie er gekommen war und die Eisberge schoben sich wieder vor seine Augen.

„Du kennst mich nicht."

„Nein, kenne ich auch nicht", gab der Lockenkopf verlegen zu, schluckte noch einmal und beugte sich ein wenig zu ihm. „Aber ich würde dir wirklich gerne helfen."

Als Louis Augen zu leuchten begannen, freute sich Harry für einen Augenblick. Ein kleines Rauschen lief durch seinen Körper und ebenfalls beginnend zu Lächeln, biss er sich vorsichtig auf die Unterlippe. Louis jedoch zog die Mundwinkel nur ein wenig nach oben und blickte dann schon fast amüsiert zu Harry. Hinter seinen Augen lagen jedoch Welten.

„Du kannst mir nicht helfen", sprach er dann und schüttelte den Kopf wie selbstverständlich.

Sofort reckte Harry sein Kinn in die Höhe. „Doch, natürlich kann ich."

„Früher haben doch auch alle Menschen behauptet die Erde wäre eine Scheibe. Und sieh sie dir jetzt an. Nun ist sie eine Kugel, die durch den Welttraum schwebt mit tausenden Menschen auf ihren Rücken. Fakt ist, jeder behauptet mir helfen zu können. Aber das stimmt nicht." Man sah wie er einen schweren Klos in seinem Hals runterschluckte und begann mit den Händen zu spielen.

„Niemand kann das."



Okay Wattpad macht mein Leben schwer. Es hat ewig das Kapitel nicht vom Word auf Wattpad zugelassen und jetzt nach eine Millionen versuche hat es geklappt, das tut mir dafür unendlich leid. Eigentlich wäre das Kapitel schon eher draußen gewesen.

Aber nun zum eigentlichen.. wie fandet ihr es? Wie findet ihr die beiden? Was ist euer Lieblingsessen?

All the love 💘

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