• Sechs •

           

Eine halbe Stunde später saßen Louis und Harry schweigend nebeneinander. Harry konnte Louis Duft von der Nähe aus riechen – ein sanftes Parfüm mit einer charmanten Note, die seine Sinne benebelte. Der Duft erinnerte ihn an seine frühere Teeangerzeit und daran, dass er sich früher jedes Wocheende auf Studentenpartys herumtrieb, um sein persönliches Traummädchen zu finden. Wie ein Jäger nach einen goldenen Schatz war er danach süchtg geworden und doch konnte er nie seine Prinzessinen länger als einen Monat festhalten. Ein Kuss - eine kurze Verführung die den Lockenkopf wie eine Droge süchtig machte. Und als der Wind nochmal sein Parfüm Harry entgegen wehte, dachte er kurz daran seinen Mund auf seinen spüren zu wollen. Dennoch sahen sie sich nicht an, versanken in der drückenden Stille die sich wie Faustschläge für Louis anfühlten.

Er hatte sich wieder beruhigt. Ob das nun Harrys wegen war, der mit seiner beruhigenden Stimme auf ihn eingeredet hatte oder seine große Hand, die seinen eiskalten Körper für den Hauch der Sekunde gewärmt hatte, wusste er nicht. Oder ob es überhaupt wegen ihm war. Vielleicht tat ihm auch nur die frische Luft gut, die ihm kurz entgegen strömte.

Seine Augen sahen grau und müde aus, klein zusammengekniffen und seine Mundwinkel hingen schwach nach unten. Als Harry einen kurzen Seitenblick zu ihm warf, presste er seine Lippen dünn zusammen und begann kurz unruhig auf dem Sofa hin und her zu rutschen, während Louis nicht mal mehr den Arm hob. Er wollte etwas sagen, wollte ihm Trost spenden. Irgendwie wollte er ihm auch wieder näherkommen, denn der Brite hatte so eine ungewöhnliche Anziehung zu ihm, die er sonst nicht kannte. Wie ein Magnet wollte Harry bei ihm sein und es störte ihn auch wenig, dass ihre Knie sich gegenseitig von der Seite berührten. Aber sein Mund war wie zugeschnürt.
Und er fragte sich, ob Louis wohl auch so ihm gegenüber so fühlte. Eigentlich fühlte er sich wie ein Kleinkind und dennoch war der Sturm seiner Gefühle so nah, als würde er direkt vor seinen Körper wüten. Bildete er sich das nur ein?

Es war fast zwei Monate her, als Harry das letzte Mal mit jemanden im Bett war. Vor lauter Arbeit hatte er gar nicht gemerkt, wie sehr ihm der Drang zu Nähe und Liebe fehlte. Früher hatte er immer davon geträumt mit 30 eine Familie zu haben und mindestens ein Kind, mit dem er zusammen spielen könnte. Nun war 33 Jahre alt und die Seifenblase seines Traumes drohte täglich mehr zu platzen.

Nachdenklich musterte er Louis von der Seite.

Erst nach weiteren paar Minuten wagte er zu fragen „Ist es jetzt besser?"

Und sein Gegenüber hob den Blick, als hätte er ihn gerade gefragt, ob der Weihnachtsmann gleich zur Türe reinkommen würde. Seine Augen sahen ihn ohne Worte an, Harry konnte nichts aus dem tiefen Blau herausfischen und sah nur kälte, wie ein eisiger Berg der die Sicht zu allem guten versperrte. Als Louis langsam nickte, schien er sich selbst anzulügen. Das entging auch dem Lockenkopf nicht.

„Wir sollten rausgehen. Ich denke nicht, dass du irgendein Problem mit dem Herzen hast."

Harry sah es in diesem Augenblick nicht, doch Louis Schultern entspannten sich bei diesen Worten. Er nickte wieder stumm als hätte man an seinen Mund einen Reisverschluss befestigt, der sich nicht mehr öffnen ließ. Er hatte nach Kardiologen im Internet gesucht. Er wollte zu jemanden, der sich auskannte und gute Bewertungen hatte aber als er sich die Adresse des Krankenhauses und den Namen des Arztes aufschrieb, der vor positiven Kritiken nur so überschüttet wurde, war ihm nicht bewusst, dass er ausgerechnet ihn wiedersehen würde. Dabei hätte er nur auf seine Website gehen müssen, dort wäre ein großes Bild von ihm ausgestellt gewesen.

„Frische Luft tut dir jetzt glaube ich besser", murmelte Harry auf das Nicken und stand langsam auf. Seine Knochen knackten für einen Moment und mit verzogenen Gesicht erinnerte sich daran, dass er auch mal fitter war, doch daran konnte er nichts ändern. Das ist das Alter, dachte er sich unzufrieden und das schlechte Gewissen, dass er mal wieder Sport machen sollte, nagte an ihm.

„Musst du nicht arbeiten?"

Überrascht sah Harry zu ihm runter. „Nein. Eigentlich habe ich Urlaub." Kurz zog er die Mundwinkel nach oben. „Und normalerweise mache ich auch keine Privatgespräche oder Sprechzeiten. Ich habe aber gehört, dass der Fall sehr dringend sei."

Mit gehobenen, neugierigen Blick sah er wieder in Louis Gesicht, doch dieser schien erneut in eine andere Welt abzudriften. Er zuckte mit den Schultern, ehe er vor zur Tür lief und seinen Blick auswich.

„Kann sein, dass ich da aufgelöst war, als ich angerufen habe."

Auf einmal schien er es eilig zu haben, das Krankenhaus so schnell es möglich war, zu verlassen.

Eine Stunde später am Nachmittag saßen die beiden Männer sich auf einer Bank gegenüber. Harry war die Straße nach hinten in einen kleinen Park am Stadtrand abgebogen, der sich hinter der Klinik erstreckte. Er wollte Louis so weit wie möglich von jeglichem Stress entfernt halten und wenn er Louis so ansah, hatte er vermutlich auch recht gehabt. Nicht nur seine Körperhaltung war wieder aufrichtiger, sondern er redete er auch wieder ganze Sätze mit ihm.

Harry musste mit ihm das ernste Thema – den Vorfall den sie eben hatten, unbedingt nochmal ansprechen. Das Verlangen das anzusprechen drückte in seinem Bauch und dennoch musste er sich zurückhalten, denn er sah Louis an, dass er jetzt gerade einfach nur seine Ruhe haben wollte. Er wollte nichts mehr davon hören und wenigstens für einen Moment ganz normal mit Harry reden, wie zwei Menschen die sich gerade kennenlernten.

„Hast du Hunger?", kam es nach einigen Sekunden auf einmal von dem Blauäugigen. Ihre Blicke trafen sich gegenseitig und das Vogelgezwitscher harmonierte im Hintergrund während Harry langsam nickte. Tatsächlich hatte er seit morgens nichts mehr gegessen. „Du auch?"

„Ja. Aber das soll jetzt kein Date werden, ja?"

Harry lachte leise auf und nickte obwohl er innerlich nichts gegen ein Date einzuwenden hätte. Er nahm das prickelnde Gefühl auf seiner Haut und die Freude, dass es Louis nun wieder besserging, kaum war. Erst als er ein neckisches Grinsen aufsetzte, merkte er, wie sehr sich sein Oberkörper zu ihm gewendet hatte.

„Kein Date." Unauffällig setzte sich Harry wieder normal hin, und Louis hob kurz die Mundwinkel während in seinen Augen etwas aufblitzte, was Harry nicht deuten konnte.

„Mc Donalds?", fragte Louis weiter und kreuzte die Beine übereinander.

Harry kräuselte angewidert die Stirn. „Bestimmt nicht."

„Was warum?"

„Weil das nur Abfall ist." „So ein Quatsch." Louis verdrehte die Augen aber Harry sah ihn ernst an. „Das ist Massentierhaltung, was die bei diesem Konzern betreiben, ich-„

„Und du bist bestimmt auch Veganer oder?"

Erst jetzt sah Harry, dass der Brite sich über ihn lustig machte. Mit einem spitzbübischen Lächeln sah er den Lockenkopf an, als hätte dieser ihm gerade erklärt, wie Spielzeugsteine aufeinandergestapelt werden können. Brummend schüttelte er den Kopf und setzte zum Wort an als Louis auf einmal aufstand.

„Nimm' nicht alles so ernst, Großer. Ich wäre für italienisch."
„In einem Restaurant?"

Louis zog die Augenbrauen zusammen, dann schüttelte er den Kopf. „Wie wäre es, wenn wir bestellen? Einfach Zuhause essen unter Männern."

Harry runzelte ein wenig die Stirn und steckte die Hände in die Hosentaschen. Für einen Moment war er ein wenig verunsichert was sich deutlich in seinem Gesicht widerspiegelte. Kurzdarauf biss er sich auf die Unterlippe während sein Herz und sein Verstand einen Kampf ausfechteten. Als Louis bemerkte, wie der Lockenkopf den Kiefer anspannte, lachte er auf und knuffte ihm mit einer flinken Handbewegung kurz in die Seite woraufhin Harry sofort seine Hand ungläubig zur Seite schlug. Auf seiner Haut vernetzten sich kleine Blitzschläge die durch sein Blut wie warmes Gold zuckten. Ungewollt wurde sein Mund trocken.
„Was sollte das denn", brummte der Grünäugige empört und ohne es zu wollen, musste er breiter grinsen. Doch Louis lächelte ihn auch nur an und schmunzelnd bog Harry den Rückweg an während der Kies unter seinen Schuhen knirschte.

Er fragte sich wieder, wer diesen Mann so gebrochen hatte. Warum sich hinter seinem frechen Grinsen erschöpfte Augen versteckten und warum er keine Gefühle sah, wenn er in sein Gesicht sah. Die Bäume die im Hintergrund raschelten, spielten eine angenehme Melodie und nach ein paar Sekunden begann Harry dazu zu summen, um sich von seinen eigenen Gedanken abzulenken.

Irgendwie hatte er in Louis schon von Anfang an etwas Besonderes gesehen. Schon vom ersten Augenblick an.


Heyy ☺️
Dieses Mal kam eher ein neues Kapitel und das nächste ist auch schon fast fertig geschrieben (:
Irgendwie klingt das Kapitel so langweilig, weil nichts großartig passiert aber irgendwie ist es auch so wichtig, weil sie sich eben nur so langsam nähern.
Ich würde mich freuen wenn ihr einen Kommentar hinterlassen würdet & wenn vielleicht auch mal die Geisterleser was sagen würden, das wäre echt mal motivierend

Ansonsten wünsche ich euch einen schönen Abend noch, alles liebe ❤️

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