Leblos | @Kellolades


"Mama! Wo ist mein Geschwisterchen?" Ich streichelte ihr sanft über ihre Locken, die in alle Richtungen abstanden. Meine Kleine, wie sollte ich ihr das nur erklären? "Deshalb warst du doch im Krankenhaus und ich musste zu Oma!" Sie legte ihre kleine Hand auf meinen leeren Bauch.

"Lily Schatz, deine Mama ist müde! Stell' doch nicht so viele Fragen!", meinte meine Mutter und ich schluckte schwer. Nur sie konnte sich dieses schreckliche Gefühl vorstellen, ein Kind zu verlieren. 

"Aber Mama, weist du, ich dachte, wir können uns mein Zimmer teilen, es ist so groß!" Eine Träne kullerte meine Wange hinab.

"Ich gehe mal zu Chris," kündigte meine Mutter an und lächelte mir noch eimal aufmunternd zu.

"Geht es ihm denn nicht gut, Mama?" Ich hob meine Lily neben mich auf das Bett und zuckte kurz vor Schmerz in meinem Unterleib zusammen. Ich hatte es so geliebt, mich um es gesorgt, obwohl ich es nicht halten konnte. Aber ich konnte es spüren, wie es sich bewegte, wie es mit mir zu kommunizieren schien. Warum habe ich nicht gemerkt, dass es ihm schlecht geht? Dass es stirbt?

"Hast du Aua, Mama?" Ihre Augen waren besorgt aufgerissen. "Nein, alles gut, mein Schatz. Wir müssen jetzt tapfer sein, okay?" Sie nickte, ihre kleinen Hände in ihrem Schoß gefaltet. Ich hoffte, dass sie niemals diesen Schmerz spüren musste, niemals diese Leere fühlen und niemals das Versagen verantworten musste.

Nie, nie werden wir ihm in die Augen sehen oder seinen Herzschlag spüren können. Nie, nie werden wir es lachen sehen können oder wie es mit Lily spielt, die sich schon so lange ein Geschwisterchen gewünscht hat.
Ich habe versagt, es nicht geschafft.

Leblos.
Klein.
Allein.

Ich vermisste es, wollte es in meinen Armen halten. Es trösten, dass es nicht weinen braucht. Aber das konnte ich nicht.

"Dein Geschwisterchen...es ist leider nicht...nicht mit nach Hause gekommen."
Ihre Kulleraugen noch größer, legte sie eine kleine Hand auf die meine. Ich konnte geradeso ein Schluchzen verhindern, das meine Leere verlauten würde. "Es...es ist aus meinem Bauch gefallen, weist du? Aber es geht ihm gut. Mach' dir darüber keine Sorgen, mein Schatz." Ihr zartes Gesicht war von Schock gezeichnet, ich streichelte sanft über ihre Wange.

"Es ist bei Opa, weist du."
"Im Himmel?"
"Genau, im Himmel." Ihr Blick wanderte auf meinen Bauch. "Ist es, weil ich mein Zimmer nicht teilen wollte?", flüsterte sie und begann zu weinen. Mein Brustkorb zog sich schmerzhaft zusammen und die Tränen konnte ich nicht mehr zurück halten. Ich drückte sie an meine Brust. "Nein, mein Schatz. Bitte, denke so etwas nicht. Es ist niemandes Schuld. Du brauchst nicht weinen, Lily." Ihr Schmerz war schlimmer als meiner. War ich nicht verantwortlich...für alles? Konnte ich ihr Trost spenden, so wie sie es für mich tat?

Zusammen gekuschelt lagen wir eine Weile da, bis sie aufgehört hatte zu weinen. Sie war so klein und verletzlich. Was, wenn ich nicht auch auf sie aufpassen konnte?
Wenn ich nicht mehr stark sein konnte, weil sich diese Lücke in meinem Herz nie schließen wird, nie verheilen und ich sie nie vergessen werde?

"Mama?" Sie sah zu mir auf, mein einziges Kind. "Das nächste Mal müssen wir es anschnallen, damit es nicht wieder aus deinem Bauch fällt."

Kellolades

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top