9. Das Leid ist erst der Anfang
2. Eintrag, 2094
Liebes Tagebuch,
Heute ist der 05. Mai 2094. Heute wurde ich in den Militärdienst eingewiesen.
Zusammen mit drei anderen Jungs teile ich mir ein Zimmer ... oder eher eine Zelle.
Nicolás, Flavio und Tomás. Flavio kommt aus dem nördlichen Teil Argentiniens, Nicolás und Tomás aus der Region von Buenos Aires. Sie haben ebenfalls keine Ahnung was ihren Familien zugestoßen sein könnten.
Die Ausbildung zum vollständigen Soldaten dauert hier drei Jahre. Drei sehr harte und anstrengende Jahre. Das erste Jahr besteht hauptsächlich aus Schulung. Strategie; Aufbau von Pistolen, Gewehren und Panzern; Formationsmuster usw...
Standard Praxis gibt es bereits im ersten Jahr, aber nicht so ausgeprägt.
Im zweiten Jahr wird mehr auf körperliches Training und nachgestellte Situationen geachtet. Kampftraining, Übungseinsätze, tägliche Übungen und das ganze drum und dran.
Die Trainer sind erbarmungslos und die negativen Sanktionen schmerzhaft, was ich leider schon am eigenen Leibe hatte erfahren müssen.
Der tägliche Ablauf unterschied sich nicht stark von dem vorher.
Nur die Uhrzeiten änderten sich.
6:00 - Morgenappell
6:30 bis 7:00 -Frühstück
Danach Zeit zum frisch machen. Nichts mehr mit warmen Duschen, das Wasser war immer kalt.
7:30 - Aufwärmtraining
9:00 - Unterrichtsbeginn/Trainingsbeginn
13:00 bis 13:15 - kurze Mittagspause, nur kalte Speisen; Obst und Snacks
13:30 - Unterricht/Training
20:00 - Abendessen
21:00 - Nachtruhe
Meist komme ich nur am Abend nach dem Abendessen zum Tagebuch schreiben oder ich mache es morgens, wenn ich zu früh aufgewacht bin.
Sollte einer der Wärter bemerken, dass ich ein Tagebuch schreib, werden sie es mir zu 100 Prozent abnehmen. Also muss ich wirklich aufpassen. Meine Mitbewohner haben mir bereits versichert, sie würden es keinem Aufpasser erzählen.
Mal sehen, was mich morgen erwartet.
Ian Álvarez
***
3. Eintrag, 2094
Liebes Tagebuch,
Heute ist der 06. Mai 2094.
Heute Morgen bin ich mit steifen, schmerzenden Muskeln aufgewacht. Ich will ja nicht sagen, dass ich unsportlich bin, aber dass, was man uns gestern abverlangt hatte, war gar nicht zu beschreiben. Zum Glück war ich nicht der einzige, dem es so ging.
Beim Morgenappell standen einige nicht besonders gerade da und viele; Tomás, Flavio, Nicolás und mich mit eingeschlossen, sahen so aus, also ob sie gleich umfallen würden.
Der Aufseher meinte, wir sollten uns an dieses Gefühl gewöhnen, da es uns die nächsten drei Wochen verfolgen würde, bis wir uns einigermaßen an die Routine gewohnt hätten.
"Dave"
Die Lehrer im Unterricht scheinen mich zu hassen. Sie scheinen es immer auf mich abgesehen zu haben. Wenn sie wilde Fragen in den Unterrichtsraum werfen, nehmen sie immer zuerst mich dran.
"Dave"
Immer dann, wenn ich die Antwort nicht weiß. Wenn ich die Antwort wüsste, dann nehmen sie mich nicht. Frustri-
"Dave!!!!"
Vor mir knallte die Schüssel auf die Theke. Vor Schreck zuckte ich zusammen und wollte schon den Bleistift in hohen Bogen auf meinen Angreifer werfen.
"Was?", fragte ich sichtlich irritiert.
"Ich versuch dich seit zwei Minuten anzusprechen. Meine Güte. Du solltest lieber mal anfangen zu essen, ewig wird das nicht warm bleiben und kalt schmeckt es bestimmt nicht."
Ich blickte auf die dampfende Schüssel mit Lamm-Eintopf vor mir, dann zu Marley und wieder auf das Essen. Mein Magen gab den zustimmenden Befehl endlich reinzuhauen und mich satt zu essen.
Nachdem ich mein Notizblock auf die Seite geschoben hatte, schnappte ich mir das Besteck, bedankte mich kurz bei Marley und machte mich daran mein Essen zu verzehren.
Und wie ich das tat. Es war einfach Göttlich. Da isst man fast den ganzen Tag nichts und bekommt dann so was gutes als Abendgericht. Genüsslich ließ ich mir den zarten Geschmack des Lammes auf meiner Zunge zergehen.
"Zufrieden?"
Marley schaute mich mit fragendem Blick an. Ich schluckte das gekaute Essen hinunter bevor ich "Perfekt" erwidern musste.
"Was machst du eigentlich so wichtiges, dass du nicht mal reagierst, nachdem ich 30-mal deinen Namen gerufen habe. Die Leute haben schon angefangen so zu schauen, als rede ich mit 'nem geistig Behinderten."
"Sorry, Marley. Dad hat mir aufgetragen ein Tagebuch zu übersetzten, er benötigt es wegen eines Patienten. Ich war viel zu sehr in Gedanken versunken. Aber der Eintopf schmeckt wirklich super."
Sie stoß einen erleichterten Seufzer aus.
"Na, wenigstens schmeckt das Essen."
"Tut es immer, Marley, tut es immer."
"Was ist das eigentlich für ein Tagebuch?"
Interessiert lehnte sich die Café Besitzerin zu mir nach vorne.
"Wir haben gestern oder vorgestern einen neuen Patienten reinbe-"
"Ist er wirklich ein Compator?!?", fiel sie mir ins Wort und lehnte sich so weit über die Theke, dass sich fast unsere Nasenspitzen berührten.
"Was? Woher weißt du...?"
Völlig verwundert blickte ich sie an. Man konnte hier so ziemlich niemanden mit etwas überraschen. Bereits nach einem Tag wusste schon mindestens die halbe Vorstadt von London über die neuesten Ereignisse bescheid. Es gab immer Leute, die ihre große Klappe nicht halten konnten. Immer. Und zudem gab es ja noch die Zeitung.
"Ach Schätzchen, mit wem denkst du dass du hier sprichst? Ich bin Marley Beck, die Besitzerin eines Cafés in der Workers Bay. Nirgends gibt es einen Ort, an dem du mehr erfährst!"
"Oh ja...wie konnte ich das vergessen."
Weniger begeistert stopfte ich mir ein großes Stück des Lammfleisches in den Mund und kaue langsam, aber intensiv auf dem konstante Masse herum.
"Ach komm schon...jetzt fang bloß nicht an zu schmollen. Du kennst doch Robert Croon, der kann nie etwas für sich behalten."
Sie deutete in den hinteren Teil des Cafés, wo, an einen der letzten Tische ein älterer Mann mit schwarz-grauen Haaren und leicht durchscheinender Glatze saß. Gedankenverloren starrte er in sein Bier hinein, in der Hoffnung, es würde ihm verraten, was er als nächstes tun sollte.
Ach ja...der gute, alte Robert. Er war eine Art Hausmeister für das Hauptquartier, regelte den Garten und hatte sämtliche Putzfrauen (und -männer) unter seiner Gewalt. In Marleys Café hatte er bereits einen Stammplatz und von dort aus verbreitete er jeden Tag nach Arbeitsende sämtliche Gerüchte und Information an allen und jeden.
Ich ließ einen frustrierenden Seufzer los.
"Dieser Scheißkerl."
"Achte auf deinen Ausdruck, Dave."
"Sorry."
Verzweifelt was ich tun sollte, da ich mich nicht gerne mit der Dame stritt, schaufelte ich hilflos den Rest des Eintopfes in mich hinein, sodass nichts mehr übrig war. Das Besteck legte ich in die Schüssel, zusammen mit der beigelegten Serviette und schob das Geschirrstück Richtung Theke zu Marley.
"Danke, hat wunderbar geschmeckt. Kann ich dann zahlen?"
"Sicher, ich hol nur kurz die Rechnung."
Sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln bevor sie aus meiner Sichtweite verschwand.
Ich bemerkte, dass ich den Tee völlig unangetastet stehen gelassen hatte. Kalter Tee schmeckte zwar nie so gut wie ein warmer (was eigentlich auch klar ist), jedoch wollte ich ungern, dass Marley ihn wegschütten musste. Also runter mit dem Zeug. In einem Zug hatte ich die gesamte Tasse gelehrt und verzog nur ein wenig das Gesicht aufgrund des grässlichen Nachgeschmacks.
Während ich in meiner Jacke nach der Geldbörse suchte, kam Marley zurück und legte die Rechnung vor mich auf den Tisch.
"Also...der Tee 3,60€."
"Ich geb dir 10,00€ gesamt, wegen dem Lamm-Eintopf."
"Aber..."
"Kein aber, nimm es."
Ich schob ihr das Geld entgegen und sie bedankte sich mit einem kleinen 'Dankeschön'.
Ich packte meine Schreibutensilien wieder ein und zog meine Jacke wieder an.
"Also bis zum nächsten Mal."
"Jup und das nächste Mal ", sie betonte 'nächstes Mal', "nimmst du gefällig deinen Vater mal wieder mit."
Mein belustigter Gesichtsausdruck traf auf ihren.
"Ich schau mal was ich tun kann."
In wenigen Augenblicken hatte ich das Restaurant verlassen, die Gasse durchquert, unsere weinrote Tür aufgestemmt, meinen Mantel zusammen mit den Schuhen ausgezogen, wäre bei meinem Weg in mein Zimmer beinahe wieder über Sachmet gefallen und kam auf meinem Schreibtischstuhl zur Ruhe.
Ich beschloss zumindest den angefangen Eintrag fertig bis zum nächsten Tag fertig zu übersetzen und fing auch sogleich mit der Arbeit an.
***
Frustrierend.
Am Abend gab es Paella, ein typisches Gericht aus Spanien. Gute Köche hatten sie, das musste man ihnen lassen. Es erinnerte mich fast ein bisschen an meine Heimat, auch wenn die nicht Spanien war.
Na ja, während ich in heimatlichen Gedanken schwälge, sage ich bis morgen.
Ian Álvarez
Nächstes Kapitel!!!
Tut mir leid dass es so lange dauert, hab grad fürchterlich viel Stress in der Schule und (mehr oder weniger) ne Schreibblokade. :((
Ich bedanke mich trotzdem, dass ihr dieses Kapitel gelesen habt und hoffe ihr findet auch weiterhin Gefallen daran.
Also...Kommentare? Fragen? Verbesserungen? Vorschläge?
Freue mich auf jede Rückmeldung <3
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