25. Anruf nach Hause
Rinnigill, 8. Mai
(Passagen in kursiver Schrift werden in Spanisch gesprochen)
*Dein Vater ist durch die Folgen der Explosion gestorben. Es tut mir leid, Dave.*
Daves Gestalt zog sich von Ian weg und erstarrte zu Eis. Sein Gesicht war innerhalb von Sekunden aschfahl geworden. Er musste sich gerade verhört haben, oder?
W-was?", stammelte der Braunhaarige mit brüchiger Stimme. Nein, das..."
Doch Ians Blick scherzte nicht. Der letzte Strang an Hoffnung, an den Dave sich geklammert hatte, brach unter seinen Füßen weg. Seine Gedanken befanden sich im freien Fall, keine Logik konnte sie mehr zusammenhalten.
Wie?", brachte er aus zitternden Lippen heraus. Wie ist es passiert?"
*Ich bin kurz nach der Explosion aufgewacht und habe deinen Vater gefunden*, begann Ian zu formen. *Die Explosion hatte ihn schwer erwischt. Ich habe mein Bestes getan, um die Blutungen zu stoppen aber...*
Dave vergrub die bebenden Hände in seinen Haaren und begann zu murmeln.
Nein, nein, nein! Das darf nicht sein!"
Es brach Ian das Herz, den jungen Arzt so zu sehen. Er hatte sich selbst noch nicht von dem Schock erholt.
Die Hand des Argentiniers legte sich auf die bebenden Schultern von Dave. *Es tut mir so leid, ich habe alles versucht-*
Warum hast du keine Hilfe geholt?!", fauchte Dave zurück.
Die Wucht und Lautstärke, mit der die Worte durch den kleinen Raum hallten, ließen Ian zurückzucken. Er war erschrocken.
*Dein Vater wollte, dass ich nach dir sehe*, versuchte der Weißhaarige so vorsichtig wie möglich zu erklären. *Er wusste nicht, wie es um dich steht und... Er meinte, dass ich nichts mehr für ihn tun konnte.*
Und das glaubst du ihm? Du hättest bei ihm bleiben sollen! Dann hätte er vielleicht-
Dieses Mal war es Ian, der Dave mit aufschlagenden Händen auf dem Tisch antwortete.
Die Verbindung seiner Sicherheitsschellen raschelte, als er mit Wucht formulierte:
*Weil ich dich vielleicht auch noch verloren hätte!! Ich konnte nichts anderes tun, Dave!"
Schlagartig war es ruhig im Raum. Ein Stich fuhr durch Daves Herz, als er realisierte, welche Worte er Ian gerade an den Kopf geworfen hatte. Die Anspannung in seinem Körper war schlagartig verschwunden, dafür zogen Schuldgefühle in sein Gedächtnis ein.
Ich...", murmelte Dave mit entschuldigendem Ton. Tut mir leid, ich..."
Er sah auf den Argentinier, der seinem Blick auswich. Mit einem Fluch auf den Lippen rollte er vom Tisch zurück und in Richtung Tür. Er musste hier raus und seine Gedanken ordnen.
Ian sprang auf und wollte hinterher, doch die Befestigung an seinen Händen hielt ihn zurück. Sein Mund öffnete sich mehrere Male, um den Braunhaarigen zurückzurufen-
Kein einziger Ton kam heraus. Der Stuhl quietschte auf dem Linoleumbelag des Bodes, als sich Ian in die Sitzfläche zurückfallen ließ.
So sollte ihr Gespräch nicht laufen.
Wenigstens wusste er jetzt, dass es Dave gut ging.
Sein Blick ging erneut zum Einwegspiegel und dann zu dem weißen Papier, das immer noch vor ihm lag.
--.--
Zarya und Hughs staunten nicht schlecht, als Dave in großer Eile und aufschäumender Wut aus dem Verhörzimmer polterte.
Ihr hab mir nicht gesagt, dass mein Vater gestorben ist!?", konfrontierte der junge Arzt die Übrigen im Raum. War das vielleicht nicht wichtig?!"
Während Zarya einen Ausdruck von Verwirrung in den Augenbrauen trug, sahen Hugs und Tessa schuldbewussten zu Dave. Die blonde Ärztin ergriff das Wort.
Dave, bevor wir irgendetwas sagen konnten, hast du sofort nach Ian gefragt. Du hast nach dem Aufwachen an nichts anderes gedacht", versuchte Tessa mit besänftigter Stimme zu erklären. Die Entschuldigung traf auf taube Ohren.
Ich möchte mein KOM", forderte Dave mit ausgestreckter Hand. Jetzt."
Zarya stoppte ihn mit bestimmendem Ton.
Und was gedenkst du damit zu tun?", wollte sie wissen.
Ach ich weiß nicht, vielleicht meine Familie anrufen und ihnen erzählen, dass mein Vater gestorben ist?!", erwiderte Dave mit hasserfülltem Sarkasmus. Er war selbst erschrocken, woher diese Ausdrucksweise kam, doch er hatte die Schnauze voll.
Er fühlte sich falsch unter all diesen hohen Tieren, die gerade an anderen Problemen arbeiteten. Aber in seinem Zustand war er ihnen keine große Hilfe und das erkannte auch Zarya.
Sie gab einem ihrer Mitarbeiter ein Zeichen vorzutreten.
Gebt ihm seine Wertgegenstände zurück."
Zusammen mit dem Angestellten rollte Dave durch die Türe nach draußen. Stille hallte zwischen den Anwesenden im Verhör-Vorraum.
Entschuldigt mich bitte, ich denke nicht, dass ich hier noch gebraucht werden", stellte Tessa fest. Hughs bedankte sich bei ihr und schickte sie ebenfalls hinaus. Die Tür schlug hinter Tessa zu.
Er hat bei dem Vorfall seinen Vater verloren?", wollte Zarya wissen.
Hughs massierte sich gerade die Augenbrauen und bemühte sich, eine aufsteigende Migräne loszuwerden.
Ja", nickte er. Sein Vater war ein leitender Arzt im Hauptquartier. Er hat durch die Explosion schwere Wunden erlitten und ist dadurch noch vor Ort verstorben. Zumindest sagen das die Kollegen, die ihn untersucht haben."
Das ist hart...",sinnierte die oberste Befehlshaberin mit dem Blick zur Türe, wo Dave gerade hinausgerollt war. Dann grummelte sie frustriert: Allerdings sind wir immer noch keinen Schritt weiter."
Sie vernahm Schritte neben sich. Die breitgebaute Frau mit zusammengebundenen Rastalocken, die zuvor noch am Rand des Raumes stand, war zu Zarya und Hughs an die Scheibe getreten.
Das würde ich nicht unbedingt sagen", meinte sie und deutete auf das, was sich hinter der Scheibe im Verhörraum abspielte. Vor Ian lag das weiße Blatt Papier - nur mit dem Unterschied, dass es nun beschriftet war.
Lasst uns reden, stand darauf geschrieben.
Zarya verschwendete keinen Atem und stierte zur Schleusentür. Zeit für ein kleines Pläuschchen. Hughs hatte nicht vor, dieses Mal untätig zu bleiben und folgte der kleingewachsenen Dame mit wenig Abstand.
Dieses Mal komme ich mit in die Befragung", forderte er von ihr, als er sie eingeholt hatte. Zarya stöhnte, bevor sie ihm antwortete.
Na gut, aber du störst mich nicht in meiner Arbeit."
Werde ich nicht. Stattdessen kann ich sie dir erleichtern, wenn ihr dem Jungen da drinnen einen Translator geben würdet. Mit Stift und Papier sitzen wir in drei Stunden noch da."
Zarya nickte und gab einem postierenden Soldaten an der Tür ein Zeichen. Der verschwand und kam kurze Zeit später mit einem Bildschirmcomputer wieder.
Es wurde Zeit, sich ein paar Antworten zu holen.
--.--
In einem Raum, gerade Mal so groß wie eine Abstellkammer war, bekam Dave seine Wertgegenstände wieder. Der Mitarbeiter, den Zarya mitgeschickt hatte, überreichte dem jungen Arzt sein KOM.
Die Wut über die verschwiegene Information war noch immer nicht aus Dave verflogen, weshalb er nicht viel Dankbarkeit für den Mitarbeiter übrighatte. Sobald er sein gewünschtes Objekt wieder in seinem Besitz war, suchte er das Weite.
Nach wirrem umherirren ein paar Auskünften und versuchten Türen später, fand er seinen Weg nach draußen.
Über einen großen, beinahe leeren Flughangar rollte Dave auf einen freien Platz hinaus. Einzelne Mitarbeiter tummelten sich auf der Fläche, liefen von einem Gebäude zum nächsten oder schoben Kisten und Güter umher. Dave war überrascht, auf unendliches Grün zu blicken, gefolgt von steilen Küsten, die in einer schäumenden See endeten.
Eine milde Meeresbrise zog in seine Nase, die er tief einatmete.
Er hatte zumindest das Gefühl, dass er wieder Luft bekam.
Er schob sich in seinem Rollstuhl in eine unbeobachtete Ecke und nahm das KOM in seine zitternden Finger. Er suchte in der Kontaktliste nach der Festnetznummer seiner Abuela.
Statt drauf zu tippen, starrte er mehrere Minuten auf die Nummernfolge auf dem Display. Seine Fingerspitzen verharrten über dem Anrufknopf, doch weiter bewegten sie sich nicht.
Wie sollte er die Nachricht überbringen? Er wusste im Moment ja nicht mal, wie er die Neuigkeiten verarbeiten sollte.
Er sog die salzige Luft ein, um sich zu beruhigen, schnaufte tief durch und betätigte den Anruf. Es klingelte und klingelte - dann knarzte die Leitung.
Sí ? Hier bei Ortega?", antwortete ihm eine Frau am KOM.
Die Stimmen über die Leitung auseinanderzuhalten war noch nie leicht gewesen, aber Dave war sich ziemlich sicher, dass es seine Tante Alicia war.
Im Hintergrund rauschte es und Geschrei von kleinen Kindern ertönte. Im Hause Ortega war immer etwas los, daran hatte sich nichts geändert.
Sein Gesprächspartner stauchte sie mit einem gedämpften Silencio!" zusammen, dann wurde es ruhiger.
Dave wartete, bis sich der Trubel gelegt hatte, bevor er antwortete.
Hola, hier ist Dave. Bist du das Alicia?"
Dave! Ja, hier ist Alicia. Wie schön, dass du anrufst! Qué tal? Estás bien?"
Die Frage legte einen Klos in Daves Hals, der ihn blockierte. Für den Moment war es ihm unmöglich, etwas zu erwidern. Schweigend begannen sich nasse Tränen in seinen Augen zu sammeln.
Dave?", kam es verwirrt durch sein KOM. Bist du noch da? Bitte sag mir nicht, dass die Leitung wieder hängt! Der Elektriker war schon vorgestern hier weil-"
N-nein, keine Sorge", brachte Dave unter stockendem Atem hervor. Die Worte formten sich gerade so, aber er musste sich zusammenreißen, um die Blockade in seinem Hals nicht die Überhand gewinnen zu lassen. Ich bin noch hier, ich... Ist Abuela da?"
Nein, cariño , leider nicht!", seufzte Alicia. Sie ist auf dem Wochenmarkt zusammen mit Javier und Emilio. Sie kommen erst in ein paar Stunden wieder."
Ach so...", murmelte der junge Arzt und wischte sich den ersten Tropfen von seinem Gesicht, der sich seinen Weg über seine Wange bahnte.
Ich wollte nur...", begann er, doch er unterbrach sich selbst mit einem kehligen Schluchzen.
Dave? Rede mit mir, was ist los?"
E-es geht um Papá. Er..."
Dave holte tief Luft, um seinen holprigen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Habt ihr von den Explosionen in London gehört?"
Ja haben wir. Wir haben uns schon Sorgen gemacht, weil bei keinem von euch zu Hause jemand ans Telefon gegangen ist. Aber wir dachten, dass ihr durch die vielen Verletzten vielleicht so viel zu tun habt. Geht es Lennard gut? So wie ich ihn kenne, stürzt er sich Hals über Kopf in Arbeit."
Dave schwieg einige Sekunden. Er brauchte die Zeit, um einen einzigen Satz zu formulieren.
Er ist tot", flüsterte er kaum hörbar. Die Tränen unter seinen Augen hatten sich in einen Strom verwandelten, während er in leiser Trauer vor sich hin weinte. Er ist tot, Tía. Papá ist... er war in der Explosion, und ich auch, aber Papá hat es schlimm erwischt und seine Wunden waren fatal, er..."
Dave musste Luft holen und meinte, an seiner eigenen Spucke zu ersticken, weil er in einen Monolog verfiel, der nicht gesund war.
Dave atme!", holte ihn die Stimme seiner Tante wieder zurück in die Gegenwart. Du musst Luft holen."
Dave folgte ihrem Ratschlag und beruhigte sich so, dass seine Lungen wieder Sauerstoff bekamen.
Lennard ist also leider von uns gegangen?"
Ja", jammerte Dave in nicht mehr als einem Flüstern.
Das ist furchtbar, es tut mir so leid, Dave. Wie kommst du zurecht?"
Wie es Dave damit ging?
Miserabel, sollte das noch nicht rübergekommen sein.
Es war anders im Vergleich zu seiner Mutter. Sie hatte eine Krankheit herumgeschleppt, von der sie wusste, wie sie enden würde. Der finale Tag war nicht hundert Prozent bestimmt, aber jeder hatte sich darauf vorbereiten können.
Das hieß nicht, dass es erträglicher gewesen war.
Doch sein Vater war ihm einfach so entrissen worden. Aus dem Nichts.
I-ich komme gar nicht zurecht, ich... Ich hab die Nachrichten vor wenigen Minuten erst bekommen und ich weiß nicht, wie ich das ohne euch tun soll", antwortete Dave wahrheitsgemäß mit einem nassen Schniefen.
Dave, was du durchmachst, muss schrecklich sein, wir wünschen dir unser ganzes Beileid. Sollen wir zu dir kommen? Wir könnten innerhalb weniger Stunden im nächsten Flieger sitzen!"
Nein, nein", ruderte Dave zurück. Wie sollte er seiner Tante erklären, dass er sich in einem britischen Militärstützpunkt der Anti-Terror-Special-Force befand?
Ich bin gerade nicht in London und ich kann im Moment noch nicht weg. Ich hab noch ein paar Sachen zu erledigen, aber danke, dass ihr an mich denkt."
Das ist doch selbstverständlich Dave", entgegnete Alicia am KOM. Mit solchen Schicksalen sollte man nicht alleine gelassen werden. Hast du jemanden, dem du dich anvertrauen kannst? Jemand, der bei dir ist?"
Ja, ich komme klar, keine Sorge", log Dave, der sich im derzeitigen Moment ehrlich gesagt ziemlich einsam fühlte.
Gut. Wenn du Hilfe brauchst, dann ruf einfach an. Wir sind immerhin noch eine Familie. Du musst da nicht alleine durch, auch wenn wir grad nicht vor Ort anwesend sein können."
Danke, mir geht es schon besser, nachdem ich mich dir reden konnte, Alicia. Könntest du Abuela sagen, sie soll mich zurückrufen?"
Ja natürlich cariño, ich richte es ihr aus. Soll ich ihr von den Ereignissen schon berichten?"
Dave überlegte kurz und beschloss dann, dass es vielleicht besser wäre, wenn Alicia das übernahm. Dann musste er das ganze Höllengespräch kein zweites Mal durchmachen.
Das wäre nett, danke Alicia", bedankte er sich. Und richte den Anderen schöne Grüße von mir aus. Ich hoffe, dass ich bald mal vorbeikommen kann."
No problemo, Dave. Wir würden uns natürlich sehr freuen. Wenn du Unterstützung oder Hilfe brauchst, musst du nur anrufen. Es wird wieder besser, glaub mir."
Gerade konnte er sich nicht vorstellen, wie er aus seiner Gedankenflut wieder aussteigen konnte, doch er behielt sich etwas Hoffnung.
Er bedankte sich erneut, beendete das Gespräch mit einem Adiós " und legte auf.
Sein KOM fiel in seinen Schoß, als er die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Immerhin hatte er die Nachrichten überbracht. Mehrere Minuten saß er in der kühlen Meeresluft, die die Gänsehaut auf seinen Armen hervortreten ließ.
Dave hörte sanfte Schritte, die neben ihm Halt machten. Eine Decke wurde über seine zitternden Schultern gelegt und feminine Hände gesellten sich dazu.
Tessa stand neben ihm und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
Wie geht es dir?", fragte sie sanft, auch wenn sie sich die Antwort schon denken konnte.
Dave, der sich für den Moment soweit wieder gesammelt hatte, fühlte, wie sich neue Tränen anbahnte. Er zog den Stoff der Decke mit seinen Händen zu sich heran. Seine Lippe zitterte und er konnte seinen Zustand nicht in Worte fassen.
Tessa kannte ihren Kollegen selten so wortkarg und verstand sofort, dass es ihm alles andere als gut ging. Sie zog den Braunhaarigen in ihre Arme.
Es ist okay, wir kriegen das wieder hin."
Dave lag in ihren Armen, wie ein kleines Kind, das getröstet werden musste. In jeder anderen Situation hätte er sich vielleicht geschämt.
Im Moment war er froh, jemanden an seiner Seite zu haben. Er vergrub seine Stirn in der Schulter der Blondine und ließ alle Stricke reißen. Die Tränen kullerten über sein Gesicht und verfingen sich in Tessas Kleidung.
Ihre Hände begannen tröstende Kreise auf seinem Rücken zu ziehen. Es dauerte, aber Dave beruhigte sich nach einiger Zeit, sodass er wieder antworten konnte.
Tut mir leid, dass ich euch so angeschrien habe", nuschelte Dave kaum verständlich.
Tessa reichte ihm ein Taschentuch.
Du brauchst dich nicht zu entschuldigen", sprach sie mit weicher Stimme. Ich hätte es dir früher sagen sollen. Hast du deine Familie erreicht?"
Dave nickte, während er sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln wischte. Die Feuchtigkeit hatte sie nass und kratzig gemacht.
Ich konnte meine Tante erreichen. Sie gibt die Nachricht den anderen weiter", antwortete Dave und rieb sich die geschwollenen Lider. Es hat gut getan, mit ihr zu reden. Auch wenn es schwer war, es zu sagen."
Gut", schmunzelte Tessa. Das ist ein erster Schritt. Es ist bestimmt gerade schwer, darüber zu reden, aber es wird besser."
Sie kramte in ihren Taschen und reichte Dave ihm einen Schokoriegel. Der junge Arzt beäugte die Süßspeise und brachte ein schiefes Lächeln zusammen.
Willst du, dass ich dick werde?"
Jetzt nimm schon. Ein bisschen Trostschokolade wird dich schon nicht umbringen", antwortete Tessa und wedelte damit vor seinem Gesicht herum.
Schließlich gab Dave nach und der süße Geschmack der weich schmelzenden Erdbeerschokolade rührte seinen Zuckerspiegel wieder an.
Er seufzte und starrte hinaus auf den grünen Teppich, der sich vor ihm auftat. Ein paar Möwen kreischten über den pfeifenden Wind hinweg.
Ich sollte mich besser auch bei Herrn Arnold und Frau Baranow entschuldigen. Ich war echt geladen."
Er hörte, wie Tessa neben ihm einen zweiten verpackten Schokoriegel öffnete und selbst abbiss. Sie antwortete über das Rascheln des Papieres hinweg.
Kommandant Arnold weiß um deine Situation und Frau Baranow ist es vermutlich egal."
Dave gab seine summende Zustimmung. Die Worte, die aus seinem Mund gekrochen waren, ließen ihm immer noch zusammenzucken.
Oh verdammt!", fiel es ihm im nächsten Moment ein. Was ist mit Ian? Ich sollte ja eigentlich mit ihm reden! Und was ich für Sachen zu ihm gesagt habe!"
Tessa schritt ein, da sie fühlen konnte, dass Dave kurz davor war einen weiteren Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Ian ist vermutlich noch in der Befragung, da können wir nicht schon wieder unterbrechen."
Aber-!"
Die blonde Ärztin stoppte ihn erneut und bot ihm folgenden Vorschlag an.
Was hältst du davon: Wir gehen in die Kantine und holen uns etwas zu essen. Wenn wir fertig sind, erkundige ich mich bei Herrn Arnold, wie weit sie mit der Befragung sind. Dann sehen wir weiter. Du wirst dich noch entschuldigen können, Ian wird dir hier nicht davonlaufen."
Dave biss überlegend auf seiner Lippe herum. Er wollte Ian ungern mit den letzten Sätzen stehen lassen. Er war viel zu emotional gewesen, die harten Worte hatte er nicht verdient. Andererseits glich sein Magen einem sich ausdehnenden schwarzen Loch. Die Schokolade war gut für seine Nerven aber trieb sein Hungergefühl gerade auf die Spitze.
Ein wenig zwischen die Zähne zu bekommen, war vermutlich nicht ganz verkehrt.
Abgemacht", stimmte er zu und machte sich abreisebereit.
--.--
Geplättet trat Mortimer aus dem Verhörzimmer heraus. Es hatte doch länger gedauert als angenommen. Auch wenn er die Fragen alle wahrheitsgemäß beantworten konnte, war es furchtbar anstrengend gewesen. Er streckte seine steif gewordenen Glieder und hörte das befriedigende Knacksen von Knochen, die wieder ihren an ordnungsgemäßen Platz fanden.
Der Flur war ruhig bis auf entferntes Geplapper von Mitarbeitern der Basis. Er schaute sich suchend um und blieb an der Bank hängen, wo er von Jenny und Fenrir getrennt worden war.
Von seinen zwei Kollegen war nur noch einer anwesend.
Fenrir war an der Lehne der Bank eingenickt. Sein Kopf fiel unbequem zur Seite und wurde gestützt von seiner Hand. Es sah aus wie eine wackelige Angelegenheit. Aber zu süß, um wahr zu sein. Der Anblick schob ein sachtes Grinsen in Mortimers Gesicht.
Leise, ohne seinen Freund zu wecken, nahm er neben ihm Platz.
Die Hand des Schwarzhaarigen wanderte zu einer lockeren Haarsträhne, die dem Kupferschopf um die Augen spielte und mit jedem ruhigen Atemzug ein paar Millimeter bewegt wurden. Mortimers Fingerkuppen schoben die Haare mit ruhiger Hand beiseite und hinter Fenrirs Ohr.
Er streifte dabei seine Ohrmuschel und der Kleinere gab ein Murmeln von sich.
Grunzend erwachte Fenrir und schlug die Augen auf. Seine erste Reaktion war, sich zurückzuziehen, doch als er erkannte, dass er nur Mortimer war, beruhigte er sich wieder.
Bist du schon fertig?", fragte er, die Stimme schlaftrunken, während er seine Augen rieb.
Ja, gerade entlassen worden. Wo ist Jenny?"
Sucht was zum Essen und wollte sich dann Schlafen legen", murmelte Fenrir und begann sich an Mortimers Schulter anzulehnen. Seine Augen schlossen sich bereits wieder - zufrieden, dass er ein neues potenzielles Kissen gefunden hat. Mortimer legte eine Hand um seine Schulter.
Willst du auch noch etwas Essen?"
Fenrir überlegte eine kurze Weile, dann schüttelte er den Kopf. Nein, ich will gerade einfach nur meine Ruhe."
Mortimer verstand vollkommen. Seit dem Bombenvorfall hatte auch er nicht viel geschlafen und die Ringe unter ihren Augen sprachen Bände. Er nahm Fenrirs Hand und zog sie in die Höhe. Dem Kleineren passte das zu Beginn gar nicht und Mortimer hatte Mühe, das Gewicht des Kartoffelsackes hinter ihm durch die Flure zu bewegen.
Als Fenrir aber erkannte, dass der Schwarzhaarige sie zu ihren zugewiesenen Aufenthaltsräumen führte, ließ er von seiner Quengelei ab.
Mortimer öffnete ihnen die Türe. Er machte sich noch die Mühe, das Licht anzuschalten, während Fenrir zielstrebig das Bett ansteuerte. Ohne sich um seine Anziehsachen zu kümmern, ließ er sich auf die Matratze fallen und blieb liegen.
Sie hatten gleich zu Beginn Maßnahmen getroffen und ihre zwei Einzelbetten zusammengeschoben. Ein Bett alleine war zu klein für alle beide.
Mortimer zog sich die Schuhe und das Hemd aus, entfernte den Gürtel seiner Hose und legte sich zu Fenrir. Er meinte schon, dass sein Freund bereits in das Land der Träume abgedriftet wäre, als die haselnussbraunen Augen sich öffneten und ihm durch den Vorhang aus schwarzen Wimpern entgegenblinzelten.
Mit dem geringsten Aufwand stemmte sich Fenrir nach oben und rutschte zu seinem Bettgeselle hinüber, bis sie Schulter an Schulter nebeneinanderlagen. Es war eine stumme Aufforderung nach mehr Körperkontakt, nach mehr Nähe. Mortimer zögerte keine Sekunde und zog ihre Körper aneinander. Sie fügten sich zusammen, wie zwei Puzzleteile.
Ich bin so froh, dass dir nichts passierte ist", flüsterte Fenrir nach ein paar Minuten über das leise Sirren der Klimaanlage hinweg.
Mortimer fuhr mit seinen warmen Fingern wieder in das kupferne Haar.
Ich auch."
Er drehte seinen Kopf, murmelte nochmals Ich auch" und drückte ihm als zusätzliche Antwort einen Kuss auf die Stirn.
Fenrir summte genüsslich. Die Zuneigung war gerade genau das, was er brauchte. In der Dunkelheit presste er sich noch weiter an Mortimer heran. Er ließ seine Hand wandern. Auf seiner Reise fuhr er die Konturen des athletischen Körpers ab, stetig aufsteigend Richtung Gesicht. Am Gesicht des Schwarzhaarigen angekommen umfassten seine Finger die heißen Backen seines Freundes. Fenrir zog sich nach vorne und erwiderte den Kuss lange und innig.
Fest umschlungen genossen sie die Nähe des anderen und ließen den Nachmittag an sich vorbeiziehen.
--.--
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Ich bedanke mich fürs Lesen, für Abstimmungen und Kommentare. Ich hoffe ich sehe euch nächste Woche dann wieder! :-)
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