15. Was ich dir schon immer sagen wollte...
London, 31. März
(Passagen mit *Sternchen* sind in Gebärdensprache gesprochen)
Ian erwachte in angenehmer Wärme. Er blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. Sonnenstrahlen, die durch die schmalen Schlitze des Sichtschutzes am Fenster hereinfielen, erleuchteten den Raum in beruhigender Stille. Seine Nase nahm den hölzernen Geruch von Zirbe wahr, der sich im Unterton mit einer fruchtigen Note mischte. Ein Seufzer entwich seinen Lippen. Sein Schlaf war ruhig gewesen, aber er fühlte sich noch immer ausgelaugt. Wenigstens lag die Übelkeit vom vorherigen Tag nicht mehr so schwer in seiner Magengrube und der Druck aus seinem Hals war nur ein leichtes Kratzen. Dafür pochte sein Hirn hinter seinen Augen und brachte seinen Kopf zum Dröhnen. Er wollte sich erheben, doch seine Hand ergriff weiche Masse.
Organische, weiche Masse, die unter seinem Gewicht nachgab und sich nach ein wenig Augenblinzeln als Dave entpuppte. Erinnerungen an die gestrige Nacht stiegen wieder in sein Gedächtnis. Die Kopfhörer, die Dave ihm geliehen hatte, waren im Schlaf um seinen Hals gerutscht. Hoffentlich hatten sie sie heil überstanden.
Ian konnte sich aber nicht mehr daran erinnern, dass Dave nur wenige Zentimeter neben ihm auf der Matratze lag und sein Unterarm ihm anscheinend als Kissenersatz gedient hatte. Ruckartig wich der Argentinier zurück und er spürte, wie ihm Hitze in seinen Kopf stieg. Ihm kam es so vor, als wäre er in einem Paralleluniversum gelandet und musste zwei Mal blinzeln, um sich zu versichern. Nicht dass er nicht abgeneigt wäre, aber er hoffte ungesehen aus der Situation herauszukommen. Wie sollte er sich denn Dave erklären?
Der Braunhaarigen schlief noch tief und fest. Sein Brustkorb senkte sich im regelmäßigen Takt seiner Atemzüge und selbst im Schlaf hatte sein Gesicht eine Sanftheit, die in seinem Wesen tief verankert zu sein schien. Da erspähte Ian die Zeichen dafür, was letzte Nacht tatsächlich passiert war. Ein dunkler, breiter Abdruck an Daves Hals stach unter seinem Hemd hervor, der sich anscheinend über Nacht dunkel verfärbt hatte. Schuldgefühle stiegen in ihm hoch. Der absolute Kontrollverlust war bei Ian selten. Dass es ausgerechnet in Daves Anwesenheit passieren musste, füllte das Maß der Gewissensbisse bis zum Anschlag.
Ian stemmte sich leicht wankend hoch und versuchte dabei seinen Bettnachbarn nicht zu wecken. Seine Kleidung war noch leicht feucht von der Nacht in den warmen Decken und ehrlich gesagt war Dave eine wandelnde Heizung.
Der Körper neben ihm begann ebenfalls, sich zu regen. Seine halbgeöffneten Augen starrten für lange Sekunden an die Decke, dann zu Ian. Mit groben Händen fuhr er sich über sein schlaftrunkenes Gesicht, bevor er sich aufraffte.
"Uh... Guten Morgen", murmelte der Braunhaarige ein wenig heiser, als Ian zu zweifeln begann, ob er ihn überhaupt wahrgenommen hatte. Ein belustigtes Grunzen entwich dem Argentinier, als er ihn in seinem zerknitterten Hemd und die müden Augen sah. Chaotischen Haarsträhnen standen ihm in alle Himmelsrichtungen ab.
"Was?", meinte Dave nur grummelig. Dem Anscheinen nach war er kein Morgenmensch. "Du siehst auch nicht besser aus..."
*Ja. Aber ich war derjenige, der sich die halbe Nacht die Seele aus dem Leib gekotzt hat.*
Der Braunhaarige sah mit leerem Blick in das Zimmer. Ian befürchtete schon, dass ein blöder Kommentar zu ihrer ungewollten Liegesituation kam. Doch entweder hatte er nichts davon mitbekommen oder beschloss es nicht zu erwähnen. Summend stimmte er Ians Aussage zu. "Hmm. Stimmt auch wieder. Wenn wir grade dabei sind: Wie geht's dir?"
*Flaues Gefühl im Magen. Keinen Appetit. Aber kaum Übelkeit. Höllische Kopfschmerzen.*
"Okay, vielleicht hast du das Schlimmste schon überstanden", meinte Dave. "Ich kann dir noch etwas gegen die Kopfschmerzen geben. Und ansonsten heißt es: Viel trinken und Bettruhe. Mehr brauchen wir wahrscheinlich nicht tun."
Sein Blick schweifte die Anzeige auf der Digitaluhr an Ians Beistelltisch und erhob sich flüchten und torkelnd von Ians Bett. Es war eindeutig später, als er gehofft hatte.
Ian lehnte sich über das Bett, um die ausgeliehenen Kopfhörer zurückzugeben. Dave drehte sich wieder um, um seine restlichen Sachen zusammenzusuchen, als eine Berührung an seinem Arm ihn kehrtmachen ließ. Etwas zögerlich formte Ian die Worte, die er nicht aus seinem Schuldbewusstsein verbannen konnte.
*Es tut mir wirklich leid, was gestern passiert war. Ich hatte keine Kontrolle-*
"Es muss dir nicht leidtun. Du sagst es selbst. Du hattest keine Kontrolle und ich war einfach nur zum falschen Zeitpunkt da."
An Ians verbissenen Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass ihn die Schuld immer noch quälte.
"So etwas lässt sich überdecken. Es hat mich ein wenig überrumpelt, aber es war eine unterbewusste Reaktion deines Körpers auf das, was in einer anderen Situation eine Bedrohung dargestellt hätte. Ein Reflex."
Er ließ Raum, um seinen Worten Wirkung zu geben, bevor er fortfuhr.
"Aber ich weiß, dass es nie deine Absicht war, mir zu schaden. Ich vertraue dir."
Die Worte berührten Ian auf eine Weise, wie kein anderer sie taten. Fast brachten sie seine Augen zum Wässern, doch er konnte sie unterdrücken.
Dave gab ihm noch die Arznei gegen seine Kopfschmerzen und verabschiedete sich dann schon bald, um zu seiner Wohnung zu fahren. Er wollte sich noch umziehen und ein wenig frisch machen, würde ihm auch nicht schaden, bevor er mit seiner Schicht begann. Ian musste ihm noch versichern, dass er ihn Kontaktieren würde, wenn seine Symptome wieder zunehmen würden. Als er aus dem Zimmer trat, hatte er nicht mit Mortimer gerechnet, der auf seinem üblichen Platz war und sein Austreten nur mit einem abwegigen Blick zur Kenntnis nahm.
"Na endlich habe mich schon gefragt, wie lange ihr noch brauch-"
Der Schwarzhaarige hielt abrupt inne und starrte mit einer Mischung aus Verwunderung und Aversion zu Dave hinauf, bevor er interessiert die Augenbrauen hob.
"Ich wollte grade fragen, wie es Ian geht, aber so schlimm kann es ja nicht sein, wenn ihr zu solchen Tätigkeiten fähig wart."
"Was?", hakte Dave irritiert nach, der die Anspielung des anderen nicht ganz verstand. Ein Deuten auf seinen Hals brachte ihn dann auf den richtigen Weg, um das Missverständnis zu begreifen.
Leichte Schamesröte breitete sich über seine Nasenflügel aus, obwohl Dave wusste, dass er nichts hatte, wofür er sich schämen musste. Konnte er doch nichts dafür, dass Mortimer so zweideutig dachte. Trotzdem verspürte er nach der Erwähnung das Bedürfnis, die blauen Striemen an seinen Hals abzudecken.
"Oh nein. Nein, nein, du interpretierst das ganz falsch. Wir haben nichts dergleichen gemacht."
Ians Eskorte schnaubte sarkastisch und entgegnete nur "Na klar, was immer dich nachts ruhig schlafen lässt". Dave sah über den Kommentar hinweg und klärte Mortimer über den groben Gesundheitszustand auf. Dann eilte er nach Hause.
Dave trug für die nächste Woche fast ausschließlich Rollkragenpullover. Der plötzliche Wandel seines Modegeschmacks fiel zum Glück keinem weiter auf und somit ersparte er sich blöde Anmerkungen oder Vermutungen. Nur Tessa beäugte ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue, ging aber nicht weiter auf das Thema ein. Und Mortimer, der an seiner Annahme festhielt, dass Dave auf so abgedrehte Sachen stand. Ian brauchte noch drei weitere Tage, bis seine Symptome nachließen. Vergleichbar mit anderen Patienten war die Grippe bei ihm sehr leicht verlaufen. Der Argentinier war froh, endlich wieder zu einer Tätigkeit zurückzukehren.
Bis zum Wochenende waren die blauen Flecken zum Glück verschwunden. Er hatte sich mit Isabel im Island Coffee Shop verabredet. Sie hatte das Café im Holloway gewählt und Dave war froh darum, denn das ersparte ihm die Qual der Wahl.
Er bestand darauf, mit der Underground zu kommen, auch wenn Isabel ihm angeboten hatte, ihn mitzunehmen. Sie hatte es noch nie mit Pünktlichkeit gehabt, weshalb er wie immer der Erste war, der vor dem Café wartete. Manche Dinge änderten sich nicht. Als die athletische Frau dann ankam, erkannte er sie sofort. Und das lag auch daran, dass sie bereits begeistert mit den Armen winkte. Sie rannte auf Dave zu, zog den Braunhaarigen in eine Umarmung, die er etwas zögerlich erwiderte. Isabel war genauso, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte. Schwarze glänzende Haare, die durch reiche Pflege mit der reflektierenden Sonne um die Wette strahlten. Ihr Äußeres war makellos und machte den Anschein einer heilen Welt. Eine Bedienung nahm ihre Bestellung auf und ließ die beiden in ihrer Sitznische alleine.
"Oh Dave, vielen Dank, dass du dem Treffen zugesagt hast! Ich war mir nicht sicher, ob du es ernst nehmen würdest."
"Ich war überrascht", zuckte Dave abwesend mit den Schultern. "Immerhin habe ich fast sieben Jahre nichts von dir gehört. Was logisch ist, nachdem unsere Beziehung zu Ende gegangen ist."
Die Schwarzhaarige schob eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und ließ ihre manikürten Fingernägel spielen.
"Ja weißt du eigentlich hatte ich vor dir weiter zu schreiben, nur... ich war ziemlich beschäftigt und es war so viel los."
Etwas klingelte in Daves Instinkt, dass es dabei um eine schlechte Lüge handelte. Das moderne Zeitalter ermöglichte es immer und zu jeder Zeit Kontakt aufzunehmen. Über soziale Profile und Netzwerke war es nicht schwer, Nachrichten zu hinterlassen. Dave beschloss vorerst den Mund zu halten und erkundigte sich erst mal danach, was Isabel die ganze Zeit so Wichtiges getrieben hatte.
"Wo warst du denn die ganze Zeit über?"
"Ich bin zu meinen Verwandten nach Holland in den Niederlanden gezogen. Erst wollte ich studieren, aber das war mir nach ein paar Wochen zu anstrengend. Also habe eine Lehre als Bankkauffrau angefangen. Da verdient man sehr gut, weißt du?"
Eine stichelnde Bemerkung lag auf der Zunge ihres Gesprächspartners. Die Isabel, die Dave damals verlassen hatte, war nie die fleißigste Paukerin gewesen. Dass sie ihr Studium abgebrochen hatte, verwunderte ihn also nicht wirklich. Er nickte, sie fuhr fort.
"Es war eine wirklich schöne Zeit. Ich habe Frederik kennengelernt, der Sohn des Chefs einer großen Firma. Er wollte in die Fußstapfen seines Vaters treten. Wir waren fast zwei Jahre zusammen. Dass es mit uns zu Ende gegangen ist, war wirklich traurig. Er hat mit mir Schluss gemacht. Hat gemeint, ich interessiere mich nicht für ihn."
Die Aussage tat weh, denn Isabel war aufgrund ihrer Äußerung so blind für das eigentliche Problem. Nach ihrer Annahme war sie nie das Problem. Es erinnerte ihn schmerzvoll an seine beinahe eineinhalb Jahre mit Isabel.
"Nach dem Ende der Beziehung konnte ich mir leider die Wohnung nicht mehr leisten",
"Ich dachte, du wärst Bankkauffrau? Da verdient man doch gut?", fragte Dave verwirrt.
Isabel druckste herum, bis sie mit der Sprache herausrückte.
"Ach Dave, ich hab mich so oft beworben. Ich hatte sogar zwei Angebote und hab für fast ein ganzes Jahr in einer der größten Banken gearbeitet. Aber ich hätte nie gedacht, dass es so anstrengend sein würde." Sie rollte unterstreichend mit den Augen.
"Als ich mit Frederik zusammengekommen bin, hab ich in der Bank gekündigt und stattdessen ein paar Model-Jobs angenommen und mir etwas dazu verdient. Ich bin auf meinen sozialen Profilen sogar ziemlich bekannt."
Sie zeigte ihm Bilder ihres Profils, die Abonnenten, die begeisterten Kommentare und Reaktionen auf die Bilder. Auf den ersten Blick war er überrascht, dass seine Ex so viel Arbeit in ihre sozialen Medien steckte. Doch beim Betrachten der Posen, der Blicke und Haltungen war sie nur eine der vielen Tausenden, die ihr Glück im weiten Internet versuchten.
"Nach der Trennung von Frederick habe ich dann beschlossen, wieder nach London zu meinen Eltern zu ziehen. Seit Ende Januar wohne ich jetzt wieder hier und bin jetzt gerade wieder auf der Suche nach einer Wohnung und einem Job."
"Verstehe, dann bist du ja schwer beschäftigt. Kannst du mir trotzdem sagen, wie du an meine Nummer gekommen bist?"
"Oh, ich war vor drei Wochen in Camden im Syossi - du weißt schon, der heiß begehrte Pub? - und da hab ich Walter getroffen."
Das Sysossi war nichts für Dave. Auch wenn er gut verdiente, verkehrte er nicht in solchen Kreisen. Die Leute wirkten für ihn etwas abgedreht und... realitätsfremd. Umso mehr verwunderte es ihn, dass ausgerechnet Isabel - die arbeitslose, wohnungslose Isabel, die pleite war - sich überhaupt etwas im Syossi leisten konnte. Er reimte sich selbst die Sachen ein wenig zurecht, als er über den Namen zu grübeln begann.
"Warte, Walter? Aus der Secondary Class?", fragte Dave verwundert, als er den Namen hörte. Er erinnerte sich daran, ihn im letzten Jahr auf einem Klassentreffen über den Weg gelaufen war. Sie haben alle ihre aktuellen Kontaktdaten angegeben, um sich auch weiter zusammenrufen zu können.
"Ja genau! Auf jeden Fall haben wir ein wenig geplaudert und über die alten Zeiten gesprochen. Er war auch derjenige, der mir deine Nummer gegeben hat."
Die Bedienung unterbrach sie kurz und lieferte die Getränke ab. Isabel ließ verspielt ihre Fingernägel am Glas klimpern. Sie erzählte von Walter, begannen vom Thema abzuschweifen und stattdessen alte Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit auszugraben.
"Nun, ich bin ja eigentlich gekommen, weil ich mich noch mal aufrichtig entschuldigen wollte. Dasss ich damals so plötzlich gefahren bin, tut mir wirklich leid. Ich hab dir so viel unrecht getan, das du nicht verdient hast."
Sie schwieg in einer unsicheren Pause. Dave tat es ihr gleich, weil er sich anhören wollte, was sie zu sagen hatte. Isabel holte tief Luft und fuhr fort.
"Ich hatte viel Zeit zum Überlegen und ich habe einige Dinge überdacht. Weißt du, während all der Zeit in Holland und trotz Frederik hab ich immer an unseren gemeinsame Zeit gedacht."
Zu Daves völliger Überraschung griff Isabel nach seinen Händen und umschloss sie mit ihren zarten Fingern. Kaltes Metall von ihren Ringen rieb an seiner warmen Haut und Dave musste sich beherrschen, sie nicht aus ihren Klauen zu ziehen.
"Dave, manchmal wünsche ich mir die alte Zeit zurück..."
Ihr Zeigefinger strich an seinem Daumen entlang. Sie klimperte verführerisch mit den Augen und steckte eine ihrer Haarsträhnen hinter ihr Ohr.
"Bitte, Dave", flüsterte die Schwarzhaarige, als würde sie ihm Honig um die Lippen schmieren. "Wollen wir es noch einmal miteinander probieren? Mir hat unsere Zeit so viel bedeutet. Ich weiß jetzt, was ich möchte. Ich möchte dich. Ich möchte mit dir zusammen sein."
Doch Dave erkannte endlich, wohin dieses Gespräch führte. Tessa hatte recht. Dave spürte das Prickeln unter seiner Haut, das sich mit rasender Wut an die Oberfläche bahnte. Er entzog sich Isabels Griff.
"Du hast mal wieder keine Ahnung, Isabel", schüttelte der Braunhaarige den Kopf. Er wusste nicht, was er sich erhoffte hatte. Vielleicht eine einfache Entschuldigung, um mit seiner vergangenen Beziehung abschließen zu können. "Alles, was dich interessiert, bist du und was du willst. So war es schon immer! Hast du eigentlich eine Ahnung, wie es mir damit geht? Hast du dich das jemals gefragt?"
Isabels Mund öffnete und schloss sich wie ein Fisch, der nach Luft schnappte. Aus Dave prasselte es heraus, er wollte loslassen und die Worte schnellten von seiner Zunge, als wäre der Damm gebrochen.
"Als ich dich am meisten gebraucht habe, warst du nicht da. Du bist einfach gegangen und hast mich allein gelassen! Mir ging es so dreckig, Isabel. Ich hatte gehofft, du bist diejenige, die neben meinem Bett sitzt und mir gut zuredet. Es war mein Vater, der meine Hand gehalten hat und mir Mut zugesprochen hat. Es hat für dich nicht mal zum Anrufen gereicht!"
"Dave, hör mir zu-"
"Nein, du hörst mir zu", unterbrach er sie. "Denn jetzt werde ich dir das sagen, wofür ich nie die Möglichkeit hatte. Weil ich zu sehr in diesem Schein gefangen war, dass unsere Beziehung uns beide guttut. Du weißt nicht, wie weh du mir getan hast. Jetzt meinst du, dass du hier aufkreuzen kannst, nur weil du dein Leben nicht auf die Reihe kriegst und Trost von einem alten Freund willst."
Er musste seine Stimme drosseln, um nicht die gesamte Aufmerksamkeit im Café auf sich zu ziehen.
"Ich werde keine Beziehung mit dir eingehen, weil ich weiß, dass sich in acht Jahren nichts verändert hat. Du hast Narben in mir hinterlassen und ich werde eine weitere Abfuhr nicht ertragen können."
Isabels Augen waren von Schock gezeichnet. So hatte sie sich ihre Wiedervereinigung mit Dave nicht vorgestellt. Stammelnd und mit Tränen in den Augenwinkeln kam sie zu Worte.
"J-jetzt hör mal... Deswegen versuche ich mich auch bei dir zu entschuldigen!"
"Deine Entschuldigung ist schon längst überfällig! Sie hätte vor acht Jahren kommen sollen."
"Dave, gib uns doch eine Chance, ich werde versuche mich zu verändern!", schluchzte Isabel verzweifelt.
"Es gibt kein uns, Isabel", entgegnete Dave mit hartem Ton. "Und ein uns wird es nicht mehr geben."
Eine Beziehung, so wie er sie zuvor mit Isabel hatte, konnte er sich nicht mehr vorstellen. Er hatte losgelassen, damit abgeschlossen. Nur Isabel dem Anschein nach nicht. Er hatte keinerlei Beziehung und Gefühl mehr für seine Ex.
"Außerdem...", ergänzte er. "...ist mein Herz gerade vergeben."
Die Worte verließen seine Lippen, bevor er überhaupt näher darüber nachgedacht hatte. Wie ein Instinkt. Das ließ Isabel aufhorchen.
"Du bist gar nicht single?", fragte sie schockiert und krallte ihre Finger in den Kunststoffbelag des Tisches.
"Doch aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich kein Interesse an dir oder der Beziehung mit dir habe."
Er erhob sich aus seinem Stuhl und knallte ein paar Geldscheine auf den Tisch.
"Getränke gehen auf mich. Nicht dass ich dir noch etwas schuldig bin", entgegnete Dave und zog sich seinen Mantel über. "Ich wünsche dir noch viel Glück bei der Arbeits- und Wohnungssuche. Bitte lösch meine Nummer und schreib mir nicht mehr."
Er ließ eine sprachlose Isabel zurück, die noch ein paar Mal "Dave!" rief, bis die Tür des Island Coffee Shops zuschlug. Dave atmete tief durch und verharrte wenige Schritte vor dem Café, bevor er schnellen Schrittes zur Underground lief. Bevor Isabel ihm noch nachlaufen konnte. Er verlor selten so die Fassung und wählte seine Worte eigentlich immer mit Bedacht. Aber dieses Mal konnte er nicht anders, als Klartext mit ihr zu reden. Das Rattern der Schienen, Lautsprecherdurchsagen und abgestandene Luft trugen ihn nach Hause und ihm kamen die Worte des Gesprächs wieder in den Sinn.
"Mein Herz ist gerade vergeben."
Er konnte es sich nicht erklären, wie die Gedanken seinen Mund einfach so verlassen hatten. Das Gespräch hatte seinen Gefühlshaushalt immens aufgewühlt und viele schmerzende Erinnerungen geweckt. Mit Isabel konnte er sich keine romantische Beziehung mehr vorstellen. Sie wäre nie wieder das, was sie damals vor acht Jahren hatten. Vielleicht war ihre kaputte Beziehung auch der Grund, warum er sich in romantischer Sicht seit langer Zeit auf keine andere Person mehr eingelassen hatte.
Stattdessen kamen in ihm Ereignisse der letzten Wochen in den Sinn. Warmes Kribbeln, wenn er sein seltenes Lächeln sah. Ein so rarer Gesichtsausdruck, der so schnell auftauchten und gleichzeitig wieder verschwanden, dass er sie am liebsten einfangen und für immer in seinen Gedanken behalten würde. Eine Seite, die so unerwartet war, da sich zum eigentlich ruppigen Charakter des Elitesoldat passte. Gerade deswegen schätze Dave jede einzelne gemeinsame Minute. Verdammt, wie war er denn jetzt von Isabels Gespräch zu Ian gekommen?
Was war zurzeit los mit ihm? Vielleicht brauchte er ein ernsthaftes Beratungsgespräch mit Tessa. Bei Beziehungssachen hatte sie schon immer einen besseren Riecher.
(Ich bin sehr stolz auf Dave und was er in diesem Kapitel getan hat. Isabel ist leider eines dieser klischeehaften Möchtegern-Influenzer-Models geworden. Wirklich leid tut es mir nicht.
Vielen dank fürs Lesen! )
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