Er ist eigentlich ein guter
Ich fang' an mit dem Anfangen, hör' auf mit dem Aufhören
Ich leg' los mit dem Loslegen, hab' keine Ausreden mehr
Und vielleicht bleibt's einfach so
Doch das Gefühl dabei ist gut
(Anfangen- Johannes Oerding)
12.07.2021
Wieder einmal wurde ich von meinem Wecker relativ unsanft aus dem Schlaf gerissen. Die Nacht war wieder kurz gewesen, denn mein erster richtiger Tag beim BVB stand heute an. Schon seit Tagen war mein Adrenalinlevel deswegen extrem hoch. Naja, eigentlich war es nach der EM gar nicht erst runter gegangen. Die letzten Wochen fühlten sich noch immer sehr irreal an und ich hätte mir wahrscheinlich noch ein paar weitere Tage Zeit nehmen sollen, um das Ganze zu verarbeiten. Meine Eltern hatten mir quasi täglich währenddessen geschrieben. Ich hatte aber nur auf die wenigsten Nachrichten geantwortet. Ich wusste, dass ich nicht mehr zurück in die Langeweile wollte, welche ich vor meiner Berufung in den Kader hatte, so dass ich schon am Abend unseres Ausscheidens eine Mail an die Verantwortlichen des BVB geschickt schickte. Diese hatten dann den heutigen Montag vorgeschlagen.
Wie inzwischen jeden Morgen nahm ich mir meinen Kaffee und ging auf den Balkon. Es war jetzt schon angenehm warm draußen. Der Wetterdienst hatte für heute 24 Grad und Sonne gemeldet. Eigentlich das perfekte Trainingswetter. Nur leider würde ich heute noch nicht beim richtigen Training mitmischen dürfen. Erst einmal stand heute Leistungsdiagnostik für mich auf dem Plan. Aber immerhin würde ich schon ein paar meiner neuen Kollegen kennenlernen. Das würde zumindest schon einmal ein Fortschritt sein.
Während der ca. 15 Minuten die ich mit dem Auto bis zum Trainingsgelände brauchte, stieg mein Puls ins unermessliche. Am liebsten wäre ich einfach wieder umgedreht. Aber so wollte ich nicht sein. Ich wollte keinen Rückzieher machen. Als ich auf das Gelände am Hohenbuschei einbog, begann mein ganzer Körper vorfreudig zu kribbeln. Der Pförtner hatte mein Kennzeichen bereits bekommen und ließ mich passieren. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass ich noch mehr als genug Zeit hatte und so wohl die Unruhe noch ein paar Minuten aushalten musste. Der Parkplatz war noch leer und ich nahm mir die Zeit, um mich schon einmal ein wenig umzusehen.
Zu kurz vor halb neun kam ich, wie verabredet, zum Pförtnerhaus. Dort sollte mich wohl jemand abholen. Wer es sein sollte, wurde mir aber leider nicht mitgeteilt. Ich rätselte schon seit Tagen wer es wohl sein würde. Ich erkannte aus der Ferne, dass bereits jemand an dem Häuschen lehnte. Eine schwarze Sporttasche stand an den Füßen. Den Blick hatte die ganz in schwarz und gelb gekleidete Person starr auf das Handy gerichtet. Je näher ich kam, umso besser erkannte ich, dass es sich um einen Mann mit blonden Haaren handelte. Er schien meinen Blick wohl gespürt zu haben, denn er blickte auf. Dann kam er freundlich lächelnd auf mich zu. ,,Hey, ich wusste ja gar nicht, dass du schon hier bist. Du musst Gregor sein richtig? Ich bin Marco." So schnell wie er redete, konnte ich gefühlt gar nicht zuhören. Aber es schien ihm nichts auszumachen, dass er keine Antwort von mir bekam. Er redete einfach weiter und deutete an, dass ich ihm einfach hinterherlaufen sollte.
Wir liefen schon ein paar Minuten durch irgendwelche Gebäude und ich war der festen Überzeugung, dass ich diesen Weg alleine niemals wieder finden würde. Marco war irgendwann auf die Idee gekommen, mir schon einmal einen Überblick über meine Mannschaftskameraden zu geben. Naja, bei manchen glich es eher einer Warnung. ,,Hatte ich jetzt alle?", begann Marco zu grübeln, während wir einen Gang mit vielen Türen betraten. Hier schien es zu den Umkleiden zu gehen. Marco ging ein Licht auf. ,,Ah nein, Roman fehlt noch. Der ist eigentlich ein guter, glaub mir. Also er hat ein Herz. Er versteckt es nur gern vor Menschen, die er aus irgendeinem Grund nicht leiden kann. Und um ehrlich zu sein glaub ich, dass er dich nicht besonders gut leiden können wird." Verwirrt runzelte ich die Stirn. Wir kannten uns doch noch gar nicht. Marco schien mir die Verwirrung angesehen zu haben. Schnell erklärte er: ,,Das liegt nicht speziell an dir. Er hasst einfach die momentane Situation hier und will seinen alten Stammplatz zurück." Na, da freute ich mich doch direkt darauf ihn kennen zu lernen.
Wir hielten vor einer Tür aus der bereits laute Stimmen und Gelächter drangen. ,,Bereit?", fragt Marco mich. ,,Bereit!" Ich versuchte möglichst überzeugend zu klingen. Marco öffnete die Tür und wir betraten die Kabine. Sie wirkte relativ leer. Die Jungs nutzten offenbar gerne aus wenn genug Platz war und so waren sie im ganzen Raum verteilt. Die ersten kamen schon auf mich zu, während Marco mich netterweise vorstellte. Ich wusste jetzt schon, ich würde Probleme mit all den Namen bekommen. Nur einer der Jungs blieb sitzen. Ich spürte seinen stechenden Blick auf mir.
,,Roman, jetzt sei doch nicht so unhöflich und stur." Sprach jemand ihn an. Ich glaube, er hieß Marwin und war auch Torwart. Roman hatte allerdings wohl wirklich nicht viel Lust auf Friede-Freude-Eierkuchen. ,,Warum sollte ich nett zu ihm sein?!?!" ,,Weil man das normalerweise zu Menschen ist.", kam daraufhin aus irgendeiner Ecke des Raumes. Roman sprang auf und verließ die Kabine, die Tür hinter sich zu knallend. Okay, von dem würde ich mich auf jeden Fall fernhalten. Das würde nur leider wahrscheinlich nicht so einfach, da er ja auch Torwart war. Immerhin hatte ich jetzt einen Grund, die Leistungsdiagnostik doch gar nicht so scheiße zu finden. Marco neben mir schluckte. Scheinbar kam das auch für ihn unerwartet.
Dann sah ich mich nach einem freien Platz um. Ich beschloss mich neben einen blonden jungen Mann zu setzen. ,,Hey, ist hier vielleicht noch frei?" Er sah zu mir, lächelte und begann dann seine Sachen zur Seite zu räumen. ,,Klar" Ich setzte mich und begann mich umzuziehen. Währenddessen entflammte das alte Gesprächsthema in der Kabine wieder. Ich beschloss mich erst einmal raus zu halten. Viele der Personen über die gesprochen wurden, kannte ich eh nicht.
Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schultern. ,,Wir müssen los, bist du fertig?" Der blonde stand bereits vor mir und ich sah den Rest aus der Tür gehen. Ich sprang schnell auf und wir folgten dem Rest der Gruppe schweigend nach draußen. Dort warteten die Trainer bereits auf uns. Als sie mich sahen, kamen sie auf mich zu. ,,Hallo, ich bin Marco.", sagte einer von ihnen und streckte mir die Hand entgegen. ,,Und das sind meine Co-Trainer Zicko und Rene." Den beiden schüttelte ich ebenfalls die Hände. ,,Du kannst jetzt mit Rene gehen. Er bringt dich rein."
Nach etlichen Stunden und diversen Tests ließ ich mich erschöpft auf die Bank in der komplett leeren Kabine fallen. Wie ich vorhin erfahren hatte, würde die Kabine auch morgen weitestgehend leer bleiben. Morgen stand ein Testspiel in Gießen an und fast alle außer ich würden mitfahren. Nur weil Roman ebenfalls hier blieb, hatten wir beide morgen nun nicht frei bekommen. Stattdessen durfte ich mich freuen morgen die ganze Zeit über mit ihm alleine trainieren. Ich bedankte mich jetzt schon bei demjenigen, der das entschieden hatte. Nach dem ich mich umgezogen hatte, versuchte ich den Ausweg aus diesem Labyrinth hier zu finden, was mir zum Glück erstaunlich gut gelang.
Am Abend nach ich mein Tagebuch mit auf den Balkon. Ich hatte mir mittlerweile eine Hängematte in welche ich mich nun legte. Der Blick auf den See hatte mittlerweile eine sehr beruhigende Wirkung auf mich und so lag ich öfter hier. Ich öffnete mein Tagebuch.
Liebes Tagebuch,
Heute war mein erster Tag beim BVB. Irgendwie war er ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte noch gar keinen wirklichen Kontakt zu meinen Mitspielern, mit Ausnahme von Marco vielleicht. Er scheint einer dieser Menschen zu sein, die man schwer zum Schweigen bekommt. Irgendwie erfrischend. Und dann ist da noch Roman gewesen, vor dem mich Marco ja schon gewarnt hatte. Den muss ich morgen den ganzen Tag alleine ertragen. Ich hoffe, er beruhigt sich über Nacht ein bisschen. Drück mir die Daumen, dass ich das überlebe.
Greg
Hey Leute,
So hätte ich mir meinen ersten Tag an Gregs Stelle sicher nicht vorgestellt. Immerhin ist Roman von Anfang an ehrlich und zeigt, was er von Gregor hält. Ich bin übrigens schon jetzt ein bisschen stolz auf mich, denn ich habe immerhin schon einen Vorrat von vier Kapiteln. Und es werden von Tag zu Tag mehr.
Q: Was haltet ihr bisher von Roman?
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