Die Schweiz ruft
23.12.2021
Es war am Tag vor Heiligabend. Ich hatte gestern Abend noch meine Koffer gepackt. Heute ging es zurück in meine Heimat. Naja, nicht ganz bis nach Hause, aber zumindest zurück in meine Heimatstadt. Der Wecker klingelte eindeutig zu früh. Mein Handy zeigte 04.45 Uhr. Mühsam schleppte ich mich aus dem Bett, mein erster Weg führte zur Kaffeemaschine. Während diese lief, gönnte ich mir eine kurze heiße Dusche. Währenddessen fragte ich mich, warum zur Hölle ich nicht früher schlafen gegangen war. Naja, ändern konnte ich das jetzt wohl auch nicht mehr. Ich nahm die Kaffeetasse mit ins Schlafzimmer und trank während ich mich umzog. Es würde wohl bei weitem nicht die letzte Tasse für heute bleiben.
Auf den Straßen war es noch still. Die bekannte Ruhe vor dem Sturm. Mats Auto stand bereits vor dem Wohnhaus der beiden Schwestern. In der Wohnung war es bereits hell erleuchtet. Ich stieg aus dem Auto in die frühmorgendliche Kälte und klingelte an der Haustür. Schnell hörte ich es summen und betrat das Haus. Auch im Treppenhaus war es noch geradezu gespenstisch still. Im passenden Geschoss angekommen sah ich, dass die Wohnungstür bereits offen stand. Der schmale Flur war hell erleuchtet. Die Gepäckstücke ließen nur einen kleinen Gang, welcher gerade so zum Laufen ausreichte. Der Duft von Kaffee lockte mich Richtung Küche. ,,Guten Morgen." Ich bekam nur leises Gemurmel zurück. Mats, Jani und Lu saßen um den kleinen Esstisch herum. Auf dem Tisch stand eine große Kaffeekanne. Ich zog mir ebenfalls einen Stuhl zurecht. Dann gab ich Lu einen kurzen Kuss. Währenddessen stellte Jani schon eine volle Tasse vor mir ab.
Gegen viertel vor 6 hatten wir alle auf getrunken und beschlossen uns auf den Weg zu machen. Wir hatten schließlich knapp 7 Stunden Fahrt vor uns und die Straßen würden mit Sicherheit voll genug werden. Noch in Dortmund hielt ich allerdings bei einem Bäcker, welcher gerade zu öffnen schien. ,,Willst du auch etwas?" Lu schüttelte nur stumm mit dem Kopf. Sie hatte die Beine angezogen und den Kopf an die Scheibe gelehnt. Und ich bildete mir ein, dass sie ein bisschen blass um die Nase war. Ich stieg ohne nachzuhaken aus dem Auto. Keine fünf Minuten später durchströmte der Duft frischer Brötchen mein Auto und Lu hatte die Augen geschlossen. Ich checkte noch einmal mein Handy, drehte das Radio leise, dann folgte ich Mats, welcher bereits vorgefahren war.
Wir waren nun schon fast zwei Stunden auf der Straße. Nur langsam wurde es hell draußen. Und im Augenwinkel nahm ich war, wie Lu die Augen aufschlug. ,,Gut geschlafen?" Eine wirkliche Antwort bekam ich nicht. Stattdessen eine Hand die sich schlagartig in meinen rechten Arm krallte. Ich warf Lu einen Blick zu. Sie war weiß wie eine Wand und hielt sich die rechte Hand vor den Mund. In ihrem Blick konnte ich Panik erkennen. Ich zog so schnell ich konnte rechts rüber und dann nochmals nach rechts auf den Seitenstreifen. Kaum hatte ich das Auto zum Stehen gebracht, sprang Lu wortlos aus der Beifahrertür. Was nun folgte konnte ich nur noch hören. Besonders schön hörte es sich nicht an. Ich musste leider einen Moment warten, bis ich die Tür öffnen und um das Auto herumgehen konnte. Ihr Magen schien zu diesem Zeitpunkt schon leer zu sein. Lu lehnte mit einem Arm auf der Leitplanke. Die andere Hand wischte gerade mit einem Tuch über ihren Mund. Ich zog sie in meine Arme. Sie zitterte am ganzen Körper und drückte sich haltsuchend an mich. Wir standen ein paar Minuten schweigend so da, während die Autos an uns vorbei rauschten. Als Lu sich ein bisschen beruhigt hatte, fragte ich leise: ,,Was war das?" Sie zuckte mit den Schultern. ,,Keine Ahnung." Doch auf ihrer Stirn bildete sich eine steile Sorgenfalte. Und ich hakte wieder nicht nach. Sie würde es mir schon erzählen, wenn sie es wollte.
Stattdessen half ich ihr wieder ins Auto. Dort rief ich über die Freisprechanlage Mats an, während ich vorsichtig wieder losfuhr, immer ein Auge auf Lu gerichtet. ,,Hey Kumpel. Was ist los?" ,,Wo seit ihr gerade, Mats?" ,,Kurz vor Siegburg. Warum?" ,,Gut, dann sind wir gar nicht so weit auseinander. Halt mal bitte am nächsten Rastplatz an." ,,Warum?" ,,Mach einfach bitte. Ich erkläre es dir dann." Ich sah im Augenwinkel, dass Lu bereits wieder schlief. Mats klang resigniert. ,,Ok, bis gleich." Eine halbe Stunde später fuhr ich auf besagten Rastplatz. Lu wachte gerade auf, als ich meine Wagen neben Mats' abstellte. Jani und Mats standen schon draußen. ,,Warum halten wir?" Lu rieb sich verschlafen die Augen. ,,Ich dachte wir könnten beide eine Pause gebrauchen." Lu nickte und hauchte ein leises ,,Danke". Dann stiegen wir beide aus. Auf Jani's Gesicht bildete sich ein sorgenvoller Ausdruck, als sie ihre Schwester sah. Auch Mats sah ein bisschen erschrocken aus. Ich blieb an Lus Seite, denn sie stand noch immer etwas wackelig auf den Beinen. ,,Wollen wir ein Stück gehen?" Lu nickte. Der kleine Spaziergang über den Parkplatz schien ihr gut zu tun. Ein bisschen kehrte ihre Gesichtsfarbe zurück.
Sie verschlief den Rest der Autofahrt. Wir machten kurz vor der Grenze noch eine Mittagspause. Doch auch diesen Stopp verschlief Lu, weswegen ich einfach beschloss ihr etwas zu kaufen, damit sie essen konnte, sobald sie wach wurde. Dies wurde jedoch nicht nötig. Sie wachte erst auf, als wir auf den Hof ihres Elternhauses fuhren. Ich war zwar in dieser Stadt aufgewachsen, doch in diesem Stadtteil war ich noch nie. Wir befanden uns am Stadtrand, fast schon ländlich gelegen. Das Grundstück sah großzügig aus. Der Vorgarten war eine bunte Blumenwiese. Irgendwie sympathisch. In mir stieg nun doch die Aufregung. Doch in diesem Moment kam schon eine kleine Frau, ungefähr im Alter meiner Mutter, aus der Haustür. Jedoch war sie ein ganz andrer Typ. Die kurzen blonden Haare fielen ihr in die Stirn, hinter eine große runde Brille. An ihren Ohren hangen große bunte Ringe. Sie trug ein weites bunt gemustertes Kleid. Sie kam mit schnellen Schritten auf den Hof geeilt. Ihr folgte ein Mann, welcher ungefähr meine Statur hatte. Er hatte Lus blaue Augen und Jani's braune Haare, allerdings nicht mehr ganz so viele davon. Mats und Jani stiegen bereits aus. Auch Lu öffnete die Tür. Ich folgte ihr zögernd. Lus Mutter zog ihre Tochter direkt in ihre Arme. Dann zog sie auch mich in eine herzliche Umarmung. ,,Hallo, ich bin Jutta und das ist mein Mann Thomas."
Ein paar Minuten später fand ich mich in Lu's altem Jugendzimmer wieder. Die Wände waren wider meiner Erwartung hell rosa gestrichen. Doch auch hier wurde fast das gesamte Zimmer von einem riesigen Bücheregal eingenommen. Lu hatte sich bereits wieder ins Bett gelegt, ihr Gesicht hatte wieder an Farbe verloren. Ihre Mutter öffnete die Zimmertür. ,,Kommt ihr runter? Ich habe Kaffee gemacht." Lu schüttelte sofort mit dem Kopf. ,,Was ist los Schatz?" Jutta ging zu ihrer Tochter ans Bett. ,,Mir ist einfach nur übel.", flüsterte diese. ,,Willst du ein Magenmittel Schatz?" ,,Nein, danke. Ich will einfach nur schlafen." Und dabei hatte sie schon den ganzen Tag geschlafen. ,,Und du Gregor?" Ich zögerte kurz, sah zu Lu. ,,Geh schon. Ich weiß doch wie scharf du auf den Kaffee bist." Lu schmunzelte. Jutta begann zu lachen. Ich drückte Lu schnell noch einen Kuss auf die Wange. ,,Ruf wenn etwas ist." Dann folgte ich Jutta aus dem Zimmer.
Janina, Mats und Thomas saßen bereits auf der Eckbank in der gemütlich eingerichteten Wohnküche. ,,Wo ist Lu?", fragte mich Jani. ,,Liegt in ihrem Bett. Ihr ist anscheinend irgendwie schon den ganzen Tag übel und sie hat so ca. die gesamte Fahrt verschlafen. Und sie hat sich auch erbrochen, deswegen der Stop." Janinas Gesicht wird noch besorgter als vorher eh schon. ,,Ich koche ihr nachher eine Suppe und dann wird das schon wieder." Jutta lächelte zuversichtlich.
Und sie hatte recht. Am Abend hatte Lu endlich ihre normale Gesichtsfarbe wieder. Trotzdem lagen wir beide schon früh im Bett. ,,Jetzt Bibi und Tina wäre schön." Ich musste lachen. ,,Dein Ernst?" Ich konnte ihr nicken an meiner Brust spüren. Und ich öffnete Spotify.
Hey Leute,
Willkommen zu diesem neuen Kapitel. Schlechte Nachrichten: Es ist das vorletzte Kapitel dieser Geschichte. Aber nicht traurig sein, ich habe schon einen Plan wie es weiter gehen wird. Aber erst mal wünsche ich einen schönen Feiertag morgen und eine schöne Woche.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top