Der schwarze Dienstag

So, it's up to you and it's up to me
That we meet in the middle on our way back down to Earth
Down to Earth, down to Earth
On our way back down to Earth

(Down to earth- Justin Bieber)

03.08.2021

Am nächsten Tag stand wieder Training an. Aber kein normales, sondern das erste öffentliche Training der Saison. Dementsprechend motiviert fuhr ich zum Trainingsgelände. Die Sonne schien, alles schien perfekt für meine erste Begegnung mit den Fans hier in Dortmund. Ich machte noch kurz halt beim Coronatest, dann ging ich zur Kabine. Auch alle anderen waren bester Laune. Nach dem gelungenen Trainingslager und der Party wäre es auch komisch gewesen wenn nicht. Die Jungs hatten die freien Tage genossen. Marwin war mit seiner Familie im Zoo und Roman mit Marlen in der Therme. Diese Information ging mir aber absolut am Arsch vorbei. ,,And what did you do Greg?" Erl schnürte sich gerade seine Schuhe, während er mich angesprochen hatte. ,,Der hat hauptsächlich auf einer Liege in unserem Garten gepennt.", grinste Marco belustigt. ICH BRINGE IHN UM! ,,Hat sich erst an Mats' Schwägerin rangemacht. Die hat ihn aber gekorbt." Alle um uns herum lachten. Ich ballte meine Fäuste und knurrte. ,,Das war vertraulich, Marco!" Marco nahm das als Startsignal für eine wilde Jagd durch die Kabine zur Tür.

Ich krachte von hinten in Marco, als dieser abrupt vor der Tür stoppte. So sorgte ich dafür, dass dieser Bekanntschaft mit der sich gerade öffnenden Tür machte. Es knallte laut, dann gab Marco einen schmerzverzerrten Laut von sich. ,,Was zur Hölle?!?!", rief Marco Rose und trat zur Tür herein. Das gesamte Trainerteam folgte ihm. ,,Setzt euch Jungs." Er drehte sich zu Marco und mir und deutete auf unsere Plätze. Wir taten wie uns gesagt wurde. Marco hielt sich die anscheinend schmerzende Nase. ,,Schlechte Nachrichten Jungs. Wir haben zwei positive Coronatests." Marco Rose schaute besorgt durch die Runde. Sofort kam auch in mir die Sorge auf. ,,Julian und Thomas sind direkt nach Hause gefahren. Das öffentliche Training ist abgesagt, Nobby informiert gerade die Leute die bereits hier sind. Wir werden stattdessen nur eine kleine Einheit mit viel Abstand machen. Das Training morgen fällt aus. Um dieselbe Uhrzeit werden wir stattdessen eine Mannschaftssitzung über Zoom abhalten. Und um sicher zu gehen werden wir alle am Donnerstag zum Test gehen." Niemand sagte irgendwas. ,,Wir sehen uns in 5 Minuten auf dem Platz." Damit verließen die Trainer die Kabine.

,,Scheiße!" Marco war der erste der seine Sprache wieder fand. ,,SCHEIßE! SCHEIßE! SCHEIßE!'' Er sprach das aus, was wir alle gerade dachten. Wir hatten die letzten Wochen quasi durchgehend aufeinander gehockt, besonders Jule und ich. Die Chance mich angesteckt zu haben war verdammt hoch. Die anderen schienen allesamt ähnliche Sorgen zu haben. Abgesehen von der Sorge um die beiden natürlich. Schnell holte ich mein Handy hervor und fragte Jule wie es ihm ging. Wenig später drehten wir schweigend unsere Runden um den Trainingsplatz. Allen hatte es die Stimmung ordentlich verhagelt. Der Saisonstart wäre komplett versaut.

Still drehten wir unsere Runden um den Platz. Warum zur Hölle musste Corona jetzt alles versauen? Selbst wenn die beiden passend aus der Quarantäne kamen, würde es unmöglich sein für mögliche weitere infizierte den Trainingsrückstand wieder auf zu holen. Die heutige Einheit bestand eigentlich nur aus Laufen. Mir sollte es aber recht sein. Wirklich motiviert war hier gerade eh keiner mehr. Als ich aus der Dusche kam leuchtete mir mein Handy entgegen. Jule hatte mir geantwortet. Ich atmete erleichtert auf, als ich seine Nachricht las. Ihm ging es gut. ,,Jule geht es gut." Sofort strömte Erleichterung durch die Kabine. Erledigt waren wir aber trotzdem alle, auch wenn es nur eine leichte Einheit war. Es konnte eben nicht nur das Körperliche anstrengend sein.

Gerade als ich meine Wohnungstür zu zog klingelte mein Handy. Ich ließ meine Tasche auf den Boden fallen, dann zog ich mein Handy aus einer meiner hinteren Hosentaschen. ,,Zuhause" zeigte das Display mir in leuchtenden Buchstaben an. Ich hatte seit diesem schrecklichen Telefonat mit meiner Mutter nichts mehr von meinen Eltern gehört, beziehungsweise nichts hören wollen. Meine Mutter hatte noch einige Male versucht mich zu erreichen, es jedoch irgendwann aufgegeben. Doch mittlerweile tat sie mir auf eine komische Art und Weise irgendwie leid. Sie wollte schließlich einfach nur, dass zwischen uns Frieden herrschte. Noch bevor ich mich um entscheiden konnte drückte ich auf annehmen. ,,Gregor mein Schatz. Geht es dir gut?" Sofort erklang die besorgte Stimme meiner Mutter. ,,Ja, alles gut Mama." Ächzend ließ ich mich auf die Couch fallen. ,,Wir wollten eigentlich den Livestream schauen, aber der ist ja nicht gestartet." Meine Mutter klang traurig, als sie dies sagte. ,,Wie geht es denn dem Rest der Mannschaft?" ,,Verhältnismäßig gut. Julian und Thomas sind in Quarantäne, wir anderen müssen Donnerstag zum PCR Test." ,,Ist gut, dass die beiden außer Gefecht sind. Wer so dämlich ist und sich nicht impfen lässt hat es auch nicht anders verdient!" Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme meines Vaters hörte.

,,Das ist jetzt bitte nicht dein Ernst Papa..." ,,Warum denn? Es ist doch nur die reine Wahrheit. Ich hoffe nur, dass keiner von denen dich angesteckt hat." ,,Das ist dein einziges Problem?!?! Zum einen weist du gar nicht, ob die beiden geimpft sind und es geht dich auch gar nichts an! Zum anderen habe ich die letzten Wochen quasi durch gehend mit Jule verbracht, also ist die Chance mich angesteckt zu haben!" Ich konnte es mir nicht verkneifen, meinen Vater so auf die Palme zu bringen. Ich sorgte mich zwar selbst auch, mich möglicherweise angesteckt zu haben, aber das musste er ja nicht wissen. ,,Bist du komplett verrückt geworden Junge? Du verweigerst den verdammten Test, hast du das verstanden?!?!" Ich war sprachlos. Das konnte doch nicht sein verdammter Ernst sein? Mein Herz wurde mit einem Mal schwer. Auch am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Dann ergriff mein Vater schnaubend das Wort: ,,Wie ist es eigentlich mit dem Pokalspiel am Samstag in Wiesbaden? Könnt ihr da wenigstens antreten? Du weißt, ich erwarte 110% von dir mein Sohn." Tränen stiegen in meinen Augen auf. Wieso war er so? Wieso konnte er nicht einmal nett sein?

,,HÖR AUF!" Ich zuckte zusammen, als ich meine Mutter hörte. Sie klang so, wie ich mich fühlte. Verletzt. Fassungslos. Ich hörte wie das Telefon beiseitegelegt wurde. Dennoch konnte ich jedes darauf folgende Wort gut verstehen. Wieder einmal stritten sie sich und ich fühlte mich, als würde mich eine Zeitmaschine nur ein paar Tage zurück versetzen. Und es zerriss mir fast das Herz. Meine Eltern sollten sich nicht streiten. Und schon gar nicht über mich, als wäre ich noch ein Kleinkind. Ich wusste nicht, wie lange ich den beiden einfach nur zuhörte. Sie beachteten mich schon lange nicht mehr. Irgendwann schaffte ich es aufzulegen. Darauf folgte Stille. Eine viel zu stille Stille.

Am liebsten wäre ich jetzt rausgegangen und hätte mir den Kummer von der Seele gelaufen. Aber draußen wurde es bereits dunkel und so gut kannte ich mich leider doch noch nicht aus. Also blieb es bei einem sehnsüchtigem Blick nach draußen. Wie ferngesteuert bereitete ich mir mein Abendessen zu. Irgendwann hockte ich wie jeden Abend vor dem Fernseher. Ich achtete gar nicht darauf worum es gerade ging. Mein Kopf war dafür viel zu voll. Mir fiel es sogar schwer mich auf das Schreiben zu konzentrieren, obwohl dies eigentlich immer meine Art von Therapie war. Am Ende war das Papier zwar nass, aber mein Kopf um einiges klarer.

Liebes Tagebuch,

Heute war ein beschissener Tag. Und das ist in keinster Art und Weise überdramatisiert. Eigentlich wäre heute das erste öffentliche Training gewesen. Die Betonung liegt auf ,,Eigentlich". Denn Corona hat zugeschlagen. Jule und Thomas haben sich infiziert. Das Training für morgen ist abgesagt. Stattdessen wird es Online eine Mannschaftssitzung geben. Mir war irgendwie schon klar, dass Corona noch Thema werden könnte. Trotzdem war bei mir immer die Hoffnung dem hier nicht zu begegnen. Und wahrscheinlich habe ich mich auch noch angesteckt. Der ganze Saisonstart ist offiziell versaut. Und dann kamen auch noch meine Eltern um die Ecke. Frei nach dem Motto ,,Und wenn du denkst es geht nicht schlimmer..." Mama war wirklich besorgt. Papa. Naja. Er war er selbst. Nur am Meckern. Ich wüsste gerne, was heute bei ihm durchgebrannt ist. Ich kenne es ja, dass er immer Druck macht und bestimmen will. Nie ging es ihm um mich und heute auch nicht. Dabei bin ich verdammt noch mal kein kleines Kind mehr. So langsam habe ich Mitleid mit Mama. Das kann doch keine gesunde Beziehung sein...

Greg

Hey Leute,

Willkommen zu diesem neuen Kapitel. Dieses Kapitel war für mich mal wieder sehr schwierig zu schreiben. Ich habe festgestellt, dass mir momentan die positiven Kapitel zu schreiben leichter fällt. Dennoch liebe ich das andauernde auf und ab an dieser Geschichte und hasse es wenn in  Geschichten nur Friede, Freude, Eierkuchen ist. Wie ist das bei euch? Was mögt ihr lieber? Und was fällt euch vielleicht auch einfacher zu schreiben, wenn ihr selbst schreibt? Aber mal ganz davon abgesehen tut mir Greg bei diesem Kapitel mal wieder einfach nur leid...

Ich wünsche euch noch ein schönes Wochenende

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