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"You really think three... children can overpower five armed guards? You kids are supposed to be geniuses, not idiotic... delusional rebels."

-The Death Cure,
James Dashner,
Page 50

× × ×

Lux
P.O.V.

Lange Zeit passiert nichts.

Zumindest nichts, was die leeren Zeilen meines imaginären Tagebuchs hätte füllen können.

Leute kommen.
Leute gehen.
Leute nehmen mir Blut ab.
Leute bringen mir Essen.

Das wars.
Nichts Spezielles, keine schmerzhaften Folterungen, aber auch kein Luxusleben. Kein trockenes Brot, auf dem man Stunden herumkauen muss, um es weich zu bekommen, aber auch kein 5 Sterne Menü. Einfach... nichts erwähnenswertes.

Und das ist es, was mich innerlich zerstört, auffrisst wie Säuere, mich zum Weinen und zum Schreien bringt. Dieses Nichts.

Mein ganzes Leben lang habe ich gekämpft, ich habe für meine Haut einiges aufs Spiel gesetzt. Ich habe riskiert und geopfert, gelitten und genossen. Ich war lebendig, ich war frei, ungezähmt, ungebunden.

Und nun sind mir all diese Gefühle, all dieses Auf und Ab im Alltag mit einem Schlag entrissen worden. Ich existiere, ohne wirklich zu leben, nur mein Herz schlägt noch und pumpt das färbige Blut durch meine Adern. Jenes Blut, was mich in genau diese Situation gebracht hat.

Das Blut.

Es geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich sehen das grässliche Grün geistig vor mir, sehe es im Plastikröhrchen der Spritze schwappen, höre es in meinen Ohren rauschen. Es ist an allem Schuld.

Dass ich hier bin.

Dass ich alleine bin.

Ich beginne mich langsam, aber sicher, zu hassen. Mich selbst zu hassen. Denn es ist ein Teil von mir, unaustauschbarer, unersetzbarer Bestandteil meiner Existenz.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Es hätten Tage, Wochen, sogar Monate sein können; mein Zeitgefühl ist völlig hinüber. Die eine grelle Lampe an meiner Zellendecke brennt durchgehend, scheint mein Inneres ausleuchten zu wollen bis in den letzten Schlupfwinkel.

Wie gewohnt klopft es zuerst - immerhin sind sie so höflich und melden sich vor, bevor sie mich aussaugen - und schon fast routinemäßig rufe ich halblaut "Herein."

Die Tür geht auf und ein grauhaariger Doktor betritt den Raum, in der einen Hand das Abzapfgerät, in der anderen eine dicke Akte. Doch etwas ist anders diesmal; er ist alleine. Bisher waren immer mehrere, teils bewaffnete Personen als Begleitung dabei, aber diesmal... nichts.

Langsam setze ich mich auf, die Augen starr auf den Forscher gerichtet, der mit müden Schritten auf mich zugetrottet kommt. Wortlos packt er mein Handgelenk und dreht es um, um mir die Nadel in die Vene zu jagen.

Doch nicht heute.
Nicht diesmal.
Nicht mehr.

Mit einem Ruck reiße ich mich los und mein Ellbogen knallt im nächsten Moment gegen seinen Unterkiefer. Der Mann stöhnt mehr vor Überraschung als vor Schmerz auf und fasst sich an die wunde Stelle, da trifft mein Knie auch schon seinen empfindlichsten Bereich und er sackt auf dem Boden zusammen. Einen Tritt gegen den Hinterkopf gestehe ich mir noch zu, dann nehme ich ihm die Schlüsseln ab und laufe zum Ausgang.
Schnell sperre ich auf und linse den Gang hinunter. Nichts. Gähnende Leere.

Lautlos verschließe ich die schwere Tür wieder und jogge möglichst unauffällig den Flur entlang, planlos, wohin ich nun eigentlich gehen sollte oder könnte.

Ich biege um die Ecke und völlig unvorbereitet stoße ich plötzlich mit einem bewaffneten Typen zusammen, der erschrocken den Granatwerfer hochreißt und gegen meine Brust drückt.

So schnell habe ich noch nie reagiert; ehe mir bewusst wird was ich tue, habe ich auch schon die Waffe in der Hand und feuere auf den Soldaten. Blaue Elektrizitätsfunken zucken über seinen Körper und laut schreiend geht der Kerl zu Boden. Zwar kann er mir nun nicht mehr tun, doch mit seinem Gebrülle hat er vermutlich sämtliche Mitarbeiter im nahen Umkreis alarmiert und auf mich gehetzt.
Gestresst sprinte ich wieder los, biege scharf um die Kurven und ziele auf alles und jeden, der sich in meine Richtung bewegt. Egal ob Arzt oder Wächter, egal ob bewaffnet oder nicht.

Wieder schlittere ich in einen Seitengang und hebe den Werfer, um auf einen Mann zu zielen, der gut 10 Meter entfernt steht, als ich ruckartig stoppe.
Der Soldat hat jemanden an der Hand, den ich nur allzu gut kenne.

Ellie sieht mich mit großen Augen an, sie ist blass und hat dunkle Schatten unter den Augen. Ihre einst so roten Backen sind aufgekratzt und haben ungesund aussehende Flecken bekommen. Plötzlich in rasende Wut versetzt, drücke ich energisch auf den Abzug und der Soldat fällt um wie ein Brett. Die Kleine schreit erstickt auf und schlägt sich die Hände vor die Augen, doch ich packe sie am Arm und zerre sie hinter mir her. Hilflos stolpert sie mir nach, hinter mir kann ich Stimmengewirr vernehmen, schwere Schritte hallen durch die Gänge. Sie kommen, verdammt. Und sie werden uns schnappen, wenn mir nicht gleich etwas einfällt.

Mit voller Wucht renne ich einer Schwester hinein, die gerade Operationsbesteck aus einem Lagerraum trägt. Klappern fallen die Skalpelle und Scheren zu Boden, im gleichen Moment tauchen gut ein duzend Wachen auf und richten ihre Waffen auf mich. Hektisch sehe ich mich um, doch die Schwester versperrt mir auf der einen Seite den Weg, und sonst...

Da kommt mir ein Gedanke. Flink klaube ich das größte Messer auf, das ich finden kann und halte es mir an die Kehle.
Die Soldaten bleiben ruckartig stehen und ich lächle fies. Bingo.

"Lassen Sie mich und die Kleine gehen",
sage ich laut und deutlich. Einer der Kerle schüttelt den Kopf.

"Vergiss es."

Die scharfe Schneide ritzt leicht meine Kehle und ich kann warmes Blut an meinem Hals herunterrinnen spüren. Die Männer reißen die Augen auf und lassen die Waffen sinken. Wie vermutet haben sie scheinbar den Auftrag, mich auf jeden Fall lebend zu schnappen.

"Lassen Sie uns gehen",
wiederhole ich, doch niemand regt sich.

Knurrend trete ich einen Schritt nach vor, das kalte Metall bohrt sich weiter in mein Fleisch. Ich könnte mich selbst umbringen, dass weiß ich. Ich hätte den Mumm dazu.

"Beruhige dich, Roberta",
sagt da eine nässelnde Stimme und Janson tritt hinter den Wachen hervor. Misstrauisch kneife ich die Augen zusammen.

"Wir können doch in Frieden miteinander reden..."

"Nein!",
schreie ich dazwischen, beinahe wäre mir das Messer aus der schwitzigen Hand gerutscht.
"Nein, lassen Sie mich im Ruhe!"

Der Vizedirektor schenkt mir ein liebloses Lächeln und erinnert mich damir mehr denn je an eine fiese Ratte.

"Roberta...."

"Das ist nicht mein Name."

Diese Worte scheinen endlich Wirkung zu zeigen, denn Janson schweigt. Er blinzelt mich in stummer Verwirrung wortlos an, dann öffnet er wieder den Mund, um abermals irgendeinen Stuss von sich zu geben. Doch ich lasse ihn nicht zu Wort kommen. Ich will nichts mehr von all diesem Blödsinn hören; nie wieder.

Dann lasse ich meinen Geist fallen und übergebe mich voll und ganz dem Adrenalin, das in Pulsen durch meinen Körper schießt und nur darauf wartet, endlich ausgelebt zu werden.

× × ×

Newt
P.O.V.

Der harte Metalltisch bohrt sich in meinen Rücken, mein Nacken ist ebenfalls schon steif und schmerzt. Stöhnend versuche ich mich aufzusetzen, doch meine Hände sind schon wieder gefesselt und werden unnachgibig gegen kühles Eisen gepresst.

Eine helle Lampe scheint mir ins Gesicht und ich kneife knurrend die Augen zusammen. Stimmen hallen um mich herum, schwirren durch meinen Kopf, doch keiner der Worte ergeben irgendeinen Sinn.

Da, endlich, wird der Druck um meine Knöchel leichter und ich kann mich in eine bequemere Lage bringen. Mein ganzer Körper fühlt sich an wie eine Holzfigur, an der man zu viel herumgeschnitzt hat, ausgelaugt und verbraucht.

"Genug Tests für heute",
dringt eine Stimme zu mir durch und wie in Trance nicke ich.

Für heute.
Und morgen?
Und übermorgen?
Überübermorgen?

Kopfschüttelnd lasse ich mir vom Operationstisch helfen, während mir jemand eine Spritze in den Nacken jagt. Vitamine sind das angeblich, die mich wieder fit machen sollen.

Tatsächlich kehrt nach einiger Sekunden wieder etwas Energie in meinen laschen Körper zurück, jedoch nur gerade so viel, dass ich mich alleine auf den Beinen halten kann. Sobald das Mittel seine ganze Leistung entfacht und ich mich wieder frisch und munter fühle, haben sie mich schon längst wieder in meine Zelle weggesperrt.

So passiert das jeden Tag, seit ungefähr eineinhalb Wochen.
Langsam torkel ich zwischen den Wachen herum, die mich bestimmt die Flure entlangführen und gelegendlich einmal anrempeln, um mir ihre Macht zu demonstrieren. Ich sage nichts dazu und laufe nur stumm weiter geradeaus.

Da knallt es auf einmal, und der Mann vor mir geht schreiend zu Boden. Blaue Funken zucken über seinen Rücken, während er sich wie wild krümmt und um sich schlägt.
Dann, wieder ein lautes Peng, und auch mein Hintermann sackt ebenfalls zusammen. Langsam hebe ich den Kopf und beinahe meine ich schon, zu halluzinieren.

Aber nein, das Bild bleibt, das sich vor mir abspielt, verpufft nicht wie in einem Traum.

Lux steht da, ihr Hemd ist blutverschmiert; teils grün, teils rot. Sie hält in einer Hand einen Granatwerfer, mit der anderen umfasst sie Ellies Handgelenk.

"Hallo, Strunk",
sagt sie grinsend, ihre Zähne blitzen zwischen den vielem Farben hell auf. Erstaunt blinzel ich sie an, unfähig, mich zu rühren.

Sie lebt noch.

Sie haben sie gefasst wie mich; aber sie lebt noch. Und scheinbar geht es ihr gut wie eh und je.

Als ich nicht antworte, runzelt sie die Stirn und kommt langsam auf mich zugeschritten. Ihre Bewegungen sind geschmeidig und graziös wie damals, im Kampf mit den Cranks. Ihre Hüfte wippt leicht hin und her, ihr Haar ist zerzaust und weht hinter ihrem Rücken her wie ein Schleier, als sie geht. Ihre Augen blitzen giftgrün und munter, jedoch steht diesmal auch Sorge darin.

Sorge um mich?

Der Gedanke schleicht sich in mein Unterbewusstsein, nistet sich dort ein wie ein wie Der Brand. Ein warmes Kribbeln fährt über meinen Nacken bei der Vorstellung, sie könnte sich um mich gesorgt haben. Warum macht mich das gerade glücklich? Sollte ich mich nicht eher schuldig fühlen?

Sie steht nun direkt vor mir, sieht zu mir auf. Sie ist ein gutes Stück kleiner als ich, reicht mir etwa bis auf Augenhöhe.
Wenn ich mich etwas hinunterbeugen würde, nur ein ein bisschen...

Mein Atem geht langsam und schwer, immer noch bin ich etwas träge von den Versuchen vorhin. Jeden Tag haben sie etwas anderes ausprobiert an mir; dementsprechend fühle ich mich nun ausgelaugt und zerstört. Aber bei diesem Anblick, bei diesen grünen Augen...

Ein gellender Alarm geht los, doch ich höre ihn nicht. Er hallt weit entfernt, wie durch dicke, federnde Watte, die jeglichen Lärm um mich herum abdämpft.

Ich zucke nicht einmal zusammen; es ist, als würde man nur eine leise Hintergrundmusik anstellen, die man kaum wahrnimmt.

Ich realisiere nicht, was ich tue.

Mein Körper handelt einfach, ohne dass ich etwas dagegen tun hätte können, als würde ein zweiter Geist mein Gehirn übernehmen und meinen Willen lenken. Nicht schnell, aber auch nicht langsam, senke ich den Kopf und lege meine Lippen vorsichtig auf ihre.

Dieser Moment, dieser eine kurze Augenblick genügt, um heftige Energiewellen durch meine verkrampftem Muskeln jagen zu lassen und meinen Körper wie eine Maschiene hochzufahren. Wie Blitze schießt neue Lebenskraft in meine Knochen und mein Herz macht einen gewaltigen Satz, stolpert, pocht doppelt so schnell weiter wie zuvor.

Tausende, nein, millionen Gedanken, Fragen und Erinnerungen schießen mir durch den Kopf, blitzen vor meinen geschlossenen Lider vorbei wie eine zu schnell abgespielte Diashow.

Fühlt es sich so an, die Liebe? Oder reagiert man bei jedem Kuss so?

Doch dieser Moment, dieser unsagbar wundervolle Moment wird unterbrochen, als Ellies spitzer Schrei die Luft zerfetzt und Lux sich ruckartig von mir löst. Sie hatte nicht erwidert; aber weggestoßen hat sie mich auch nicht. Jetzt muss ich mir nur mehr eine Meinung auf diese Reaktion zusammenreimen...

Ein Mann kommt auf uns zugelaufen, die Waffe in Anschlag und bereit, zu schießen. Ohne zu zögern feuert Lux, der Soldat strauchelt und der Granatwerfer fliegt ihm aus der Hand und schlittert über den Boden. Ich mache einen Satz nach vor und schnappe mir das Teil, packe Ellie am Arm und zerre sie hinter mir her, während Lux sich ohne ein Wort umdreht und den Flur entlang läuft.

Ist sie jetzt sauer auf mich?
Hätte ich sie nicht küssen sollen?

Lauter solche Fragen schwirren mir durch den Kopf, da ertönt wieder ein Knall und eine Ärztin geht vor uns zu Boden. Ich hechte keuchend hinter dem Mädchen her, das unermüdlich weiterläuft, weitersprintet, sich nicht umwendet.

"Wie bist du...",
setze ich an, um wenigstens einen Teil meiner Wissenslücken aufzufüllen.

Lux hält so ruckartig an, dass ich beinahe in sie hineinlaufe. Das Mädchen dreht sich langsam zu mir um, in ihren Augen liegt eine gewisse... Furcht.
Unsicherheit. Schuldgefühle.

Fragend sehe ich sie an.

"Newt... ich habe Janson umgebracht",
sagt sie langsam, sieht mir dabei direkt in die Augen. Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen.

"Aber das ist doch... gut?",
antworte ich, will nicht verstehen, was daran so schlimm sein sollte. Wenn sie den Vizedirektor endlich ausgeschaltet hat, warum fürchtet sie sich dann davor?

Lux schüttelt langsam den Kopf und einen Moment lang kann ich nur ihr Haar betrachten, dass leicht hin und herfliegt.

"Newt, verstehe doch. Ich habe ihren Chef umgebracht, ich habe die Hauptzentrale lahmgelegt, ich stehle ihnen ihre Versuchspersonen, das Heilmittel... sie werden sich das alles wieder zurückholen wollen. Koste es, was es wolle.
Und dann werden sie sich rächen."

× × ×

Immer noch nicht ganz zufrieden. Meh.
But Yolo :P

Hoffe es ist nun etwas logischer als vorher, auch wenn Lux es auf mysteriöse Art und Weise schafft eine Elitetruppe auszuschalten... das kleine dumme Gurl. Ja guuuut...

Aber seht es so:
In der Story geht es um Menschen mit grünem Blut, die Tote wiederbeleben können. Also... ja xD wenn das mal nicht unrealistisch ist, weiß ich auch nicht. Jedenfalls macht da ein Point mehr oder weniger nichts aus... oder? :/

Tschuss ♡

× × ×

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