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"If you ain't scared, you ain't human."
- James Dashner,
The Maze Runner.
Page 9
× × ×
Newt
P.O.V.
Lux.
Lux wie Licht, Lux wie Luchs.
Der Name passt zu ihr, denke ich. Aber ob sie ihn noch gehört hat, bin ich mir nicht so sicher, ihre Schultern heben sich bereits gleichmäßig zu jedem Atemzug.
Ich rolle mich seufzend auf den Rücken und blicke hinauf in den Himmel. Dabei kommen mir wieder die Fragen in den Kopf, die mich seit meiner... Heilung beschäftigen.
Wie ist das ganze hier möglich?
Warum hat mich dieses Mädchen gerettet?
Und wie werden meine Freunde reagieren, wenn ich kerngesund und obendrein noch immun vor ihnen stehen werde?
Werden sie sich freuen?
Also ich hoffe doch...!
Ich werde von einem lautem Gähnen geweckt und öffne blinzelnd die Augen. Das Mädchen... Lux streckt sich gerade und seufzt dabei tief durch.
"Guten Morgen",
murmel ich automatisch. Sie betrachtet mich etwas irritiert. Ist es denn so schlimm, jemanden einen guten Morgen zu wünschen?
Ich richte mich schwerfällig auf und betrachte nachdenklich meine Schuhspitzen. Gestern, bei der Flucht vor dem Crankrudel, habe ich jeden Zweifel abgelegt, den ich noch an diesem Hokuspokus - von wegen grünes Heilblut und so - gehabt habe.
Die Erkenntnis, dass ich nicht mehr hinke, war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen, der mir jedoch den Kopf um einiges klarer werden ließ.
Lux hievt sich auf die Beine und streicht ihre Kleider glatt. Ihr undefinierbar-braunes Haar fällt ihr dabei ins Gesicht; ich habe gar nicht bemerkt, wie sie sich das Zopfband heruntergezogen hat. Sie anscheinend ebenso wenig, denn sie flucht unterdrückt auf, zupft ein durchgescheuertes Gummiband vom Boden auf und wirft es grummelnd vom Dach. Leicht belustigt sehe ich ihr dabei zu.
"Amüsant, was?",
faucht sie mich sarkastisch an und erinnert mich damit schmerzend stark ab Minho. Ich würde es zwar nur ungern zugeben, aber ich vermisse diese Neppdeppen schon gewaltig. Minho und Thomas sind meine Familie geworden, alles in mir schreit danach sie zu beschützen. So eine Art Mutterinstinkt...
Ich grinse sie weiterhin an und richte mich langsam auf.
"Nicht so freundlich!",
lache ich und kassiere dafür einen wütenden Killerblick. Das bringt mich aber aus irgendeinem Grund nur noch mehr zum kichern.
"Erstick mir nicht!",
mault sie mich an, dann schnappt sie sich ihren eingedrückten Rucksack und wirft ihn lässt über die Schulter.
"Sollte der Junge nicht das Gepäck tragen, Madame?",
versuche ich einen müden Scherz zu machen, merke aber selbst, wie dämlich das aus meinem Mund klingt. Lux zieht leicht schmunzelnd die Augenbrauen zusammen.
"Da hat wohl wer 'nen Clown gefrühstückt",
spottet sie mich aus und ich wende etwas beschämt den Kopf ab.
"Bin ja scho leise..."
Lux klettert wieder als erstes, hat mir aber eine Pistole anvertraut, falls plötzlich Cranks auftauchen sollten. Ob ich auch wirklich treffe, wenn ich auf einen ziele, kann ich nicht versprechen, aber so habe ich wenigstens versucht zu helfen. Unversehrt kommt sie am Boden an und winkt mir zu als Zeichen, nachkommen zu können. Zögernd lasse ich die Waffe nach unten fallen, sie fängt sie locker auf und hält sie James-Bond-like vor die Brust, was mir ein leichtes Grinsen entlockt. Ihr trockener, teilweise unbewusster Humor fasziniert mich irgendwie.
Ich umklammere die schwere, knarrende Eisenleiter und nehme vorsichtig Sprosse für Sprosse in Angriff, bis ich schließlich eine Höhe erreicht habe, in der ich gefahrlos springen zu können. Gerade schwinge ich mich herum, da ertönt plötzlich ein lauter, schriller Mädchenschrei.
Das Blut gefriert mir in den Adern und fast schon automatisch sehe ich mich nach Lux um. Doch die steht immer noch unversehrt einige Meter entfernt, die Pistole im Anschlag, und scheint genauso erschrocken zu sein wie ich. Dann, ohne jede Vorwarnung, läuft sie plötzlich los und biegt keine Sekunde später scharf um die Kurve, gerät somit außerhalb meines Blickfelds. Hastig stoße ich mich von der Leiter ab, lande auf knirschendem Kies und versuche verzweifelt mein Gleichgewicht zu halten. Nach einem kurzen Moment fange ich mich schließlich wieder und sprinte ihr hinterher, Angst steigt in mir hoch.
Was, wenn ich sie jetzt verliere? Habe ich mich überhaupt einmal bei ihr bedankt? Wird sie jetzt sterben?
Herrje, ganz ruhig Newt.
Jetzt bloß nicht gleich die Nerven wegwerfen! Es wird schon nichts passieren... ich neige einfach dazu, Gefahren hochzuspielen und zu überdramatisieren.
Wieder ertönt der helle Schrei, diesmal kann ich ihn eindeutig als Kinderstimme identifizieren. Kurz darauf folgt ein scharfes
"Newt!", was wieder Panik in mir hochkochen lässt. Ist sie in Gahr? Haben die Cranks sie...
Eine Hand schnellt aus einem Schatten und hält mir den Mund zu. Ich japse auf, beruhige mich dann aber schnell, als ich die Stimme erkenne. Ihre Stimme.
"Halt den Mund du Hohlkopf, es ist nichts",
knurrt sie energisch, doch als ich mich losreiße und sie ansehe, kann ich keinen Ärger in ihrem Blick finden. Eher... Besorgnis.
Wortlos dreht sie sich um und verschwindet in einer engen Gasse, mir bleibt gar nichts anderes übrig als ihr zu folgen.
Was ich dort sehe, hätte mir ruhig erspart bleiben können: Ein kleines Mädchen - ich schätze es auf höchstens 9 bis 10 Jahre - liegt am Boden, auf dem Rücken, eine riesige Blutlache schwappt um den zerrissene Körper herum. Danaben kauert eine abgemagerte, leblose Gestalt, ein Crank, der vermutlich gerade gefrühstückt hat hier. Lux muss ihn wohl mit einem Schlag das Genick gebrochen haben, denn ein Schuss war nicht zu hören.
Ich unterdrücke den aufkommenden Würgereiz und wende mich ab. Die Kleine ist tot, so viel steht fest...
"Hilf mir mal",
höre ich Lux sagen und zwinge mich wieder nach vorne zu sehen. Sie schiebt gerade die Arme unter den schmalen Oberkörper des Mädchens und zieht sie unter der Zombieleiche hervor. Reflexartig trete ich einen Schritt zurück.
"Sie ist eindeutig tot. Lass uns lieber abh..."
"Das warst du auch",
schnaubt sie mich an und nimmt die Kleine wie eine Prinzessin auf die Arme, hält sie allerdings etwas angeekelt von sich weg, da das dünne Kleidchen vor Blut nur so trieft. Ich muss schwer schlucken und weiche noch einige Schritte zurück.
"Was wird das...?",
versuche ich es noch einmal, aber Lux schüttelt nur augenverdrehend den Kopf.
"Komm mit",
befielt sie knapp und läuft hinaus auf die Straße, die kleine Gestalt noch immer im Arm. Verwirrt laufe ich hinter ihr her, mein Hirn will immer noch nicht begreifen, was das ganze Prozedere soll.
Eine Kinderleiche, gut. Will sie die jetzt als Andenken mitnehmen oder was...?
Zielgerade stapft Lux auf eine offen stehende Tür zu und verschwindet im nächsten Moment im fremden Haus. Sag mal, hat die noch alle? Warum... Ach, ist doch egal...
Stumm trabe ich nach und komme mir dabei vor wie ein hilfloser Schoßhund, der seinem Herrchen nachhechelt. Das wurmt mich zugegebener Maßen ein wenig, aber was soll ich schon groß dagegen tun? Ich hab doch keine Ahnung wo ich hier bin, geschweige denn wo der Rechte Arm ist. Und Lux will mich auch nicht in ihre Pläne einweihen.
Ich trete in ein gemütlich aussehendes, sauberes Wohnzimmer, augenscheinlich haben sie Cranks hier niemanden überfallen. Eine beigefarbene, große Couch steht in der Mitte des Raumes; darauf liegt nun das junge Mädchen, ein großer Blutfleck hat sich auf dem teuer aussehenden Bezug des Sofas gebildet. Na, wenn das die Eigentümer sehen...
In aller Ruhe kramt Lux in ihrem Rucksack herum, sie scheint etwas zu suchen. Als sie mich sieht wirft sie mir ohne Vorwarnung die Pistole zu und ich fange sie eher per Zufall als durch meine supertolle Reaktion auf.
"Falls ein Crank komm, schieß",
ordert sie mir an, ohne aufzusehen und zieht eine kleine Metallbox aus der Tasche. Mit einem leisen Pling springt der Deckel auf und zum Vorschein kommt... eine Spritze.
Irritiert lasse ich meinen Blick zwischen ihr und Lux hin und her pendeln, in meinem Kopf beginnen sich Rädchen zu drehen. Will sie etwa...
"Jetzt darfst du zugucken, wie du ausgesehen hast bei deiner Wiederbelebung",
murmelt sie undeutlich und sticht sich ohne zu zögern die Nadel in den Arm. Im Gegensatz zu ihr zucke ich bei dem Anblick reflexartig zusammen und streiche mir geistesabwesend über meine Armbeuge. Lux zieht langsam den Kolben hoch und die Röhre füllt sich mit dickflüssigem, giftgrüner Flüssigkeit. Ich stocke. Ihr Blut.
Verdammt, siehr das gruselig aus.
Als die Spritze etwa zu 20% gefüllt ist, reißt sie sie wieder heraus, versenkt die Nasel dafür im Unterarm des Mädchens und drückt langsam den Kolben wieder hinunter. Das grüne Blut leert sich langsam, die Adern beginnen sich an der Hand schwarz zu verfärben, ziehen sich hinauf bis zum Arm. Ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke und starre gebannt auf das seltsame Schauspiel.
Die ersten paar Minuten passiert nichts. Dann, ganz leicht nur, regt sich der Körper. Der Brustkorb beginnt sich ganz langsam wieder zu heben und zu senken, die kleinen Finger trommeln unruhig auf den Untergrund einen unregelmäßigen Takt, wie ein Trommelwirbel. Die Bewegungen werden mit jedem Moment, der vergeht heftiger, der Atem verschnellert sich, sie schnappt hörbar nach Luft. Dunkelgrüner Schleim quillt aus ihren Wunden, trocknet nach Sekunden ein und bildet eine dicke, ekelige Kruste. Das Mädchen schlägt um sich, der harte Glibber bröckelt ab, darunter kommt glatte Haut zum Vorschein. Was zum...?
Mit einem schrillen Schrei reißt das eben noch so leblose Kind die Augen auf und tritt panisch um sich, ihr ganzer zarter Körper zittert vor Anstrengung. Hellblaue, unschuldige Kulleraugen flitzen gehetzt hin und her und bleiben schließlich an mir hängen. Angstvoll blinzelt sie mich an, eine bittere Träne kullert ihr aus dem Augenwinkel.
"Schh, nicht weinen",
flüstert Lux plötzlich mit weicher, liebevoller Stimme und schlingt die Arme um das Kind. Es wehrt sich kurz, dann kugelt es sich aber in der Umarmung zusammen und fängt herzzerreißend zu schluchzen an.
"Schhh...",
macht Lux immer wieder, streichelt über das blonde Köpfchen.
Wo ist die aggressive Kämpferin hin? Warum sitzt da plötzlich ein kinderfreundlicher Engel? Kann mir das jemand mal erklären?
Sie hebt den Kopf und grinst mich vorsichtig an.
"Hüpsches Schauspiel, nicht?",
fragt sie gerade so laut, das ich es noch verstehen kann. Wie in Trance nicke ich und mustere die Kleine. Sie scheint wirklich unverletzt, unter den zerrissenen Kleidern kann ich keinerlei Wunden mehr ausmachen. Im Gegensatz zu vorher, wo ihr das Fleisch und Fetzen vom Körper gehangen hatte.
Sie ist... geheilt.
Genau wie ich.
Das kleine Mädchen hat aufgehört zu weinen und wiegt sich stumm hin und her, die Arme hinter Lux' Nacken verschränkt und die Nase in ihrer Halsbeuge vergraben. Diese lächelt leicht; zum ersten Mal sehe ich sie so.
Nicht lächelnd, nein - sie hat mich schon oft genug ausgelacht - aber so froh... so gerührt. Als wäre dies ihre kleine Schwester, die sie beschützen muss. Nachdenklich beiße ich mir auf die Lippen.
Mir gefällt die glückliche Lux eindeutig besser als die Sarkastische, Taffe, auch wenn diese Variationen ihren ganz eigenen Reize haben. Mir wird warm ums Herz bei diesem seligen Anblick, und das Bedürfnis nach mehr dieser Art macht sich in mir breit. Vielleicht... vielleicht kann ich mich ja irgendwie bei ihr bedanken, ihr das Leben leichter machen...
Ein tiefes, beinahe animalisches Brüllen ertönt und im nächsten Moment wird die Tür aufgerissen. Ein Crank - was denn sonst? - steht im Rahmen, sein einziges heiles Auge wandert von einem zum anderen. Zähe, blutrote Spucke tropft auf den Boden, als er grinst. Ihm fehlen schon einige Zähne, schwarzes Zahnfleisch kommt bei seinem Lachen zum Vorschein. Mir kommt schon wieder das Essen hoch.
"Gruppenkuscheln!",
lallt er und geht wankend, aber unglaublich schnell auf Lux und das Kind zu. Beide sitzen wie erstarrt da, immer noch ineinander verschlungen, und starren dem Zombie angsterfüllt entgegen.
Schaut euch diesen schönen Edit an! ♡♥♡♥ danke scarsspeak, er ist perfekt *-* mein neues Cover muhaha
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