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„Das ist die letzte Band.", stellte Isa fest, während sie durch das Programm auf ihrem Handy scrollte. „Dann geht's drinnen weiter."

Klara griff grinsend nach der Tasche neben der Picknickdecke. „Das heißt es wird Zeit zu malen."

Stöhnend ließ ich meinen Kopf wieder auf Robins Bein sinken. „Das kann nur eine Katastrophe werden."

„Bisschen mehr Zuversicht!" Klara reichte Isa und Robin einen Pinsel und einige Gläser mit Farbe.

Isa drehte ohne zu zögern eine der Farben auf und begann direkt damit Klara anzumalen, die sich auf den Rücken gelegt hatte.

Robin dagegen strich mir sanft über die Wange. „Was denkst du?"

„Was meinst du?"

„Willst du, dass ich dich anmale oder lieber nicht?"

„Achso! Nur zu, wenn du das möchtest."

„Die Frage ist, ob du das möchtest.", flüsterte er. „Ich mach das nur, wenn du es auch wirklich willst. Ich will nicht, dass du dich genötigt fühlst."

Lächelnd nahm ich den Pinsel und hielt ihn Robin hin. „Auf geht's."

„Irgendwelche Wünsche?"

„Wahrscheinlich solltest du dich schonmal im Vorfeld dafür rächen, dass ich dich verunstalten werde."

Lachend drehte er die Farben auf. „So schlimm wird es bestimmt nicht."

„Du hast mich noch nie malen sehen..."

„Du musst ja auch kein Kunstwerk erschaffen. Ein paar Striche oder Punkte und gut ist."

„Es würde mich nicht überraschen, wenn ich auch das nicht hinbekomme."

„Langsam verunsicherst du mich aber auch..."

„Jetzt macht einfach!", rief Klara uns zu. „Wenn alle Stricke reißen, dann malen wir euch einfach komplett an. Dann leuchtet eben euer ganzer Körper. Ist doch auch cool."

„Schließ die Augen.", bat er und begann die Farbe auf meinem Gesicht zu verteilen.

Ich wusste nicht, was er malte, aber das störte mich nicht. Ich vertraute ihn vollkommen. Der Pinsel kitzelte ein wenig als er an meinem Kinn ansetzte und über meinen Hals bis runter an die Stelle glitt, an der das Oberteil begann. Es folgten weitere Striche an meinen Schlüsselbeinen.

Ein wohliges Schauern glitt mir über den Rücken. Mein Atem ging flach unter seiner Berührung.

Robins Augen schienen zu leuchten. Seine Konzentration lag nur auf mir.

Ich hatte nicht erwartet, dass es sich so intim anfühlen würde, aber das tat es. Ich vergaß alles, was um mich herum geschah. Ich sah nur noch ihn. Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Die sanfte Berührung seiner Finger als er den Weg für sich vorzeichnete.

Meine Arme hatte er mit einer Spirale übersehen, die an meiner Ringfingerspitze endete.

Unsere Blicke verschmolzen und ich realisierte erst nach einigen Atemzügen, dass er aufgehört hatte. Auch sein Atem schien schwer zu gehen.

„Fertig?", fragte ich leise. Zu mehr war ich in diesem Augenblick nicht fähig.

Er schüttelte den Kopf und schluckte. Dann glitt sein Blick an meinem Körper hinab zu meinen Beinen.

„Oh.", entfuhr es mir als ich begriff. Ich setzte mich auf und schlug mein Rock zur Seite. Der Schlitz reichte bis weit nach oben, sodass mein Bein fast vollständig zum Vorschein kam.

Er rutschte etwas weiter zu meinem Bein und blieb mit dem Rücken zu mir sitzen. Zögerlich legte er seine Hand auf mein Bein und führte es sanft in die Position, in die er es haben wollte. Ich hatte meinen Fuß aufgestellt. Eine seiner Hände lag kurz oberhalb meines Knies, mit der anderen hielt er den Pinsel mit dem er nun an meinem Knöchel ansetzte und die gleiche Spirale zu ziehen begann wie er es auch an meinem Arm gemacht hatte.

Nur, dass diesmal, je weiter er nach oben kam, meine Atmung immer schwerer ging und die Härchen an meinem Nacken sich aufstellten.

Ich schloss die Augen und versuchte mich auf eine ruhige und gleichmäßige Atmung zu konzentrieren, doch ich schaffte es nicht mich auf etwas anderes zu fokussieren als seine Berührung.

Als ich den Pinsel nicht mehr spürte und die Augen wieder aufschlug, sah ich direkt in Robins Augen. Er hatte sich zu mir gelehnt und war meinem Gesicht so nahe, dass ich mich zusammenreißen musste, um ihn nicht auf der Stelle zu küssen. Wobei ich mir einbildete, dass in seinem Blick das gleiche Verlangen lag, das ich spürte. Aber das durfte nicht sein. Wir mussten warten, bis das ganze hier vorbei war. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn er recht behalten sollte. Ich durfte ihn nicht vormachen, dass es echt war, nur damit sich herausstellte, dass ich das hier nur fühlte, um zu vergessen. Um mich nicht einsam zu fühlen. Vor allem nicht, wenn er genau das befürchtet hatte.

Also riss ich mich zusammen und räusperte mich.

Das ließ auch Robin aus seiner Starre frei und er wich ein Stück zurück.

Ich traute mich nicht ihn in die Augen zu sehen. Wieso konnte das nicht alles mal einfach sein?

„Das sieht toll aus!" Klara nickte anerkennend.

Ich war positiv überrascht über Robins Werk, aber das war Isa erschaffen hatte war auf einem gänzlich anderen Level. Klaras Körper schien von einer Pflanze überwachsen zu sein. Die Ranke schlängelte sich vom Herz aus über ihren Bauch und Rücken runter zu ihren Beinen und nach oben zu ihren Armen und Gesicht. Sie sah aus wie eine Baumnympfe aus einem meiner Kinderbücher. „Wow!"

„Jetzt bist aber du dran. Na auf geht's. Ich bin auch noch nicht ganz fertig mit Isa."

Skeptisch schaute ich den Pinsel an, den Robin mir gereicht hatte. „Sicher, dass das nicht lieber Isa machen soll?"

„Nein, das machst schön du." Robin grinste mich an. „Das schaffst du schon."

„Du meintest, dass du mit ein paar Strichen zufrieden bist? Mehr kannst du nicht erwarten.", gab ich ihm zu bedenken.

„Das ist völlig in Ordnung.", versicherte er.

„Du bist also bereit ein Zebra zu werden?"

Lachend zuckte er mit den Schultern. „Wenn dann werde ich dein Tiger."

„Na, dann mal los, mein Tiger." Ich drehte das Glas mit der Neonorangenen Farbe auf, während Robin sich das Shirt über den Kopf zog. Ich biss die Zähne zusammen. Es fiel mir schwer ihn anzusehen, aber das musste ich natürlich. Meine Finger zitterten leicht und ich konzentrierte mich auf meine Atmung, um mich zu beruhigen. Dann finge ich an.

Ich wollte ihm etwas geben als nur waagrechte Striche, also begann ich an seinem Hals und zog seitlich zwei Striche runter über seine Schultern bis hin zu seinen Händen. Ein weiterer Strich fuhr an seinem Schlüsselbein runter und folgte unten den Bögen seiner Rippen. Das Muster kopierte ich nun ebenfalls auf seinem Rücken. Auch an seinen Beinen zog ich seitlich einen Strich.

Dabei versuchte ich ihn nicht mehr zu berühren als unbedingt notwendig. Dabei wollte ich es. Ich verspürte ein Verlangen über seinen muskulösen Rücken zu streichen. Sein Herz unter meiner Berührung schlagen zu spüren. Doch ich zwang mich genau das nicht zu tun.

Dann folgte sein Gesicht. Ich stich ihm die Haare nach hinten und begann auf Höhe seiner Wangenknochen den Pinsel über seine Haut streifen zu lassen. Währenddessen war ich kleinlich dabei bedacht ihm nicht in die Augen zu blicken. Wobei es nicht unbedingt besser machte, dass mein Blick immer wieder seinen Weg zu seinen Lippen fand.

Plötzlich spürte ich wie er seine Hand auf meine legte. „Ist alles okay?"

Ich vertraute meiner Stimme nicht, also nickte ich nur.

Er runzelte die Stirn, sagte aber nichts weiter.

Also setzte ich fort von den senkrechten Linien aus waagrechte in verschiedenen Farben hinzuzufügen. Zwischendurch setzte ich auch einige Punkte auf seiner Haut bis er schlussendlich von allen Farben, die wir zur Verfügung hatten, bedeckt war.

Ich trat einen Schritt zurück und musterte ihn. Die Stelle auf seiner Brust, wo er das Tattoo hatte, hatte ich ausgelassen und es nur umkreist. Es war zu schön, zu bedeutsam, um es einfach zu übermalen. Das konnte ich nicht tun.

Es war bei Weitem nicht so schön, wie das was Isa fabriziert hatte, aber auch über mein Werk war ich positiv überrascht. Es sah nicht ganz furchtbar aus.

„Siehst du? War doch gar nicht so schwer." Robin kam grinsend auf mich zu und gab mir einen Kuss auf die Wange. Mir blieb die Luft weg und reflexartig hob ich meine Hand, an die Stelle, an der seine Lippen eben meine Wange berührt hatten. 

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