029
Es klopfte an der Tür. Verwirrt rief ich: „Herein?"
Ich saß im Schneidersitz vor der Balkontür. Das kühle Glas fühlte sich gut an. Nicht, weil es zurzeit warm war, sondern weil ich heute Nacht besonders schlecht geschlafen hatte, weil ich Alpträume gehabt hatte, und seitdem diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekam.
Zu meiner Überraschung war es nicht Oli, der durch die Tür kam, sondern Robin. Eigentlich war Oli der Einzige, der an diese Tür klopfte, aber er wusste, dass Kim nicht da war und wir waren für später verabredet, also hatte ich auch nicht gedacht, dass er jetzt herkommen würde. Was er ja auch nicht getan hatte, sondern Robin. Doch Robin hatte noch nie, wirklich noch nie, angeklopft.
„Hallo."
„Hallo?"
Er blieb im Türrahmen stehen und sagte nichts mehr.
„Kann ich etwas für dich tun?"
„Äh... Nein..."
„Willst du rein kommen?", fragte ich deshalb. Ich wollte eigentlich nicht, dass er hier blieb. Es war unangenehm genug zwischen uns, wenn wir in der Gruppe waren, aber allein war das noch mal schlimmer. Doch die Situation gerade war so fremd, dass ich nicht anders konnte als zu fragen.
„Gerne." Er schaute eine Weile zu mir, als würde er überlegen sich neben mich auf den Boden zu setzen, doch setzte sich dann, glücklicherweise, doch auf mein Bett.
Als er nichts sagte, widmete ich wieder meinem Buch, doch es gelang mir nicht mich auf den Inhalt zu konzentrieren. Es war mir schon davor schwergefallen, weil in meinem Kopf die Bilder umherschwebten. Die Straße. Das Auto. Das Blut. Das Wasser. Die Körper. Das Blaulicht. Das Krankenhaus. Aber jetzt, wo Robin da saß und nichts tat, war es mit meiner Konzentration vollständig dahin. Trotzdem tat ich so als würde ich lesen, spürte dabei aber seinen Blick auf mir.
Die Minuten verstrichen, aber die Situation blieb die gleiche. Was wollte er nur? War ihm so langweilig? Aber selbst wenn das der Grund war, warum benahm er sich so eigenartig?
Ich war fast mit der Frage raugeplatzt, als die Tür schwungvoll aufgerissen wurde und Kim hineinkam, ein breites Lächeln im Gesicht. „Oh mein Gott, Elle! Weißt du was? Rate- Vergiss es, da kommst du nicht drauf! Das ist so toll! Wirklich! Ich kann es kaum Glauben!" Da fiel ihr Blick auf Robin. „Jack? Was machst du denn hier?"
Er zuckte mit den Schultern und ich konnte sehen, wie er Anstalten machte etwas zu sagen, aber dazu kam er nicht.
„Naja, ist auch egal! Dann kann ich es euch gleich beiden erzählen!" Sie warf ihre Trainingstasche auf den Boden. „Unsere Trainerin hat uns gerade verkündigt, dass wir im April ein Wettkampf haben werden!"
„Und?", fragte Robin. „Ihr habt doch regelmäßig Wettkämpfe."
Sie machte mit ihrer Hand eine wegwerfende Handbewegung. „Aber nicht so! Das ist nicht irgendein Wettkampf! Und dann findet der auch noch hier statt!"
„Hier, ja das ist neu.", stimmt Robin ihr zu. „Cool, da können wir dich auf jeden Fall alle anfeuern."
„Ja, aber das ist nicht das wirklich coole!" Sie war so aufgeregt, dass sie nicht still stehen konnte. Ihr Blick lag nur auf mir. „Es ist die EOCYSC!"
„Ihr dürft teilnehmen?", fragte ich, zur selben Zeit wie Robin: „Was zum Teufel ist das?"
„Die European Olympic Camp Youth Swimmer Competition.", erklärten Kim und ich zeitgleich.
„Und das ist, was?"
„Der beste Nachwuchs Wettkampf im Schwimmen aller Zeiten!", rief Kim.
Ungläubig schüttelte ich den Kopf, musste aber Lächeln. Ich freute mich für sie, aber ich konnte es auch kaum glauben.
„Hast du da jemals mitgemacht?", wollte sie dann von mir wissen.
„Nein, dazu kam es nie." Ich schüttelte den Kopf. Ich hätte mitmachen sollen, aber das wäre kurz nach dem Unfall gewesen. Da hatte ich schon keinen Fuß mehr in Schwimmbäder gesetzt.
„Ich bin so aufgeregt!"
„Es ist krass. Ich wusste nicht, dass ihr so gut seid. Also nichts für ungut."
„Ach was, alles gut!" Sie ließ sich auf ihr Bett fallen. „Wir sind schon gut, also nicht so gut wie du warst, aber wir schon gut. Unsere Trainerin hat nicht verraten, dass sie eine Bewerbung für uns eingereicht hat. Sie wollte nicht, dass wir enttäuscht sind, falls nichts daraus wird. Scheinbar war der Wettkampf am Anfang des Schuljahres, als ich die Woche zu spät gekommen bin, die Qualifikationsrunde. Wir hatten da gewonnen und damit waren wir drin!"
„Glückwunsch!", rief ich, als mir auffiel, dass ich das noch gar nicht gesagt hatte. „Wie viele seid ihr eigentlich? Ich dachte ihr seid gar nicht so viele."
„Ja, wir sind auch nur zu sechst. Drei Jungs, drei Mädchen."
„Na, wenn das nicht perfekt ist." Ich schnaubte belustigt auf. „Genau die Anzahl, die ihr brauchtet."
„Ja! Stell dir vor es hätte deshalb nicht geklappt! Das wäre so ärgerlich gewesen!"
„Und wie, aber zum Glück wart ihr genug."
„Ja! Ich kann es echt noch nicht fassen! Wir machen bei den EOCYSC mit!"
„Ihr macht bei den EOCYSC mit!", wiederholte ich und stieg in ihr Lachen mit ein.
„Wie könnt ihr das so schnell aussprechen?", meldete sich nun auch Robin wieder zu Wort. „Nochmal langsam, bitte, Buchstabe für Buchstabe."
„E-O-C-Y-S-C.", buchstabierte ich. „Die European Olympic Camp Youth Swimmer Competition."
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