1. Kapitel *überarbeitet*

Jeder hat ein paar Pläne für sein Leben. Und in Mitten der Eingangshalle von oben bis unten mit regenbogenfarbenem Schleim bedeckt zu stehen, gehörte eindeutig nicht zu meinen. Aber um Forrest Gump zu zitieren: „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt." Und in meinem Fall schien die Pralinenschachtel – dank zwei gewisser Personen – bis zum bersten gefüllt zu sein. Innerhalb der letzten Jahre hatten sich die Weasley-Zwillinge immer mehr einen Spaß daraus gemacht, mich zu piesacken und vor der ganzen Schule bloßzustellen – und das leider mit ziemlich großem Erfolg.

Das Ganze hatte schon mit kleinen Dingen in der ersten Klasse angefangen. Zuerst verschwanden nur meine Schulbücher, dann meine Hausaufgaben und in der dritten Klasse begann die gesamte Situation immer mehr auszuarten.
Und um ehrlich zu sein, von mit Schleim gefüllten Ballons getroffen zu werden, war nach weitem noch nicht das Schlimmste, was Fred und George Weasley mir angetan hatten. Aber das war für mich gerade nicht von Belangen, denn alles andere war schließlich auch nicht die Gegenwart.

Mit einem Schlenker meines Zauberstabes ließ ich den Schleim verschwinden – mein Umhang klebte allerdings weiterhin unangenehm an meinem Körper – und sah mich nach den Übeltätern meiner Misere um. Und da standen sie, am Fuße der Marmortreppe, und stützten sich am Treppengeländer, weil sie vor lauter Lachen über ihren kreativen Streich sonst wahrscheinlich umgekippt wären. Inzwischen waren auch weitere Schüler auf mich aufmerksam geworden und brachen bei meinem Anblick, der anscheinend auch ohne Schleim urkomisch war, in schallendes Gelächter aus.

Ich schnaubte, als Adrenalin durch meine Adern schoss. Ich war wütend. Verdammt wütend. Hatten die alle nichts besseres zu tun?! Ich war ehrlich gesagt noch nie jemand, der lange über etwas nachdachte, weshalb ich, meinen Zauberstab fest umklammernd, auf die beiden Rotschöpfe, die an der ganzen Situation schuld waren, zu stapfte. Langsam begannen die Lacher zu verstummen und die Schüler wichen zurück – sie alle wussten, dass ein Streit zwischen mir und den anderen beiden Gryffindors lieber aus der Ferne zu genießen war. Als ich mich mit ein paar Metern Sicherheitsabstand vor den Beiden aufbaute, hörten auch die Weasleys endlich auf zu lachen und blicken mich spöttisch grinsend an.

„Na, Milson? Was ist denn los? Gibt's etwa ein Problem?" Georges Stimme schien durch die Eingangshalle zu dröhnen. Es war so still, dass man wahrscheinlich eine Stecknadel hätte fallen hören können. Ich verdrehte die Augen, blieb aber stumm. Die Situation würde eh noch genug ausarten, da musste ich nicht noch auf ihr Spielchen eingehen, deren Ziel es nur war, mich noch mehr zu provozieren.

Die Zwillinge wechselten einen Blick miteinander, bevor sie mit einer lässigen Armbewegung zeitgleich ihre Zauberstäbe zogen; doch sie machten noch keinerlei Anstalt, mich mit Flüchen zu bombardieren. „Denkst du etwa, dass wir an deinem kleinen Malheur schuld sind?" Fred blickte mich mit einem eindeutig gespielt unschuldigen Gesichtsausdruck an. Sein Double neben ihm zog spöttisch eine Augenbraue hoch – um diese Fähigkeit beneidete ich beide Zwillinge übrigens schon seit Jahren.

Ich gab weiterhin keinen Ton von mir, umklammerte allerdings meinen Zauberstab inzwischen so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Sie waren es nicht wert und ich sollte mich wirklich nicht provozieren lassen. Nur leider wussten meine beiden Peiniger genau, was sie sagen mussten, damit das zweite eintrat. „Vielleicht leidest du inzwischen ja unter an Verfolgungswahn – du und Mad-Eye Moody, ihr solltet euch mal zusammensetzen!" Mit diesem Kommentar hatte der Rothaarige eine Grenze übertreten, auch wenn es eine andere war, als er wahrscheinlich beabsichtigt hatte, und ich handelte instinktiv. Aus meinem Zauberstab flog ein grüner Blitz, doch George wich ihm problemlos aus, während mir sein Zwilling, der leider Gottes ebenfalls relativ gut in ungesagten Zaubern war, schon einen Entwaffnungszauber entgegenschickte.

Ich blockierte diesen gerade noch rechtzeitig mit einem Schildzauber und zögerte nicht, gleich darauf einen Klammerfluch in Richtung der beiden Weasleys zu schicken. Dies schien der Startschuss dafür zu sein, dass das Duell vollständig eskalierte. Es flogen so viele Flüche hin und her, dass ich nicht mehr ausmachen konnte, welcher von wem abgefeuert wurde – Muggels hätten das Ganze wahrscheinlich für ein riesiges Feuerwerk gehalten – und der Kreis unserer Zuschauer, der inzwischen bis an die Wände zurückgewichen war, feuerte zum Großteil die Zwillinge mit voller Begeisterung an.

Im Endeffekt konnte ich nicht sagen, wie lange das Duell andauerte – wir hielten allerdings erstaunlich lange durch, ohne dass ein Lehrer dazwischen schritt. In einem Moment der Unaufmerksamkeit traf mich ein Entwaffnungszauber an der Schulter. Mir flog mein Zauberstab aus der Hand und einer der Zwillinge fing ihn mit einem triumphierenden Grinsen auf. Zu meiner Verteidigung musste man allerdings sagen, dass diesmal gefühlt deutlich länger durchgehalten hatte als sonst. Zwei gegen einen war schließlich eindeutig unfair und die beiden Gryffindors waren dazu leider auch alles andere als blöd. Eigentlich würde ich mich auch trotz meines ziemlich stark ausgeprägten Temperamentes nie auf ein Duell mit anderen Schülern einlassen, allerdings schafften es meine Peiniger mich jedes einzelne Mal durch Worte und Taten so stark zu provozieren, dass ich mich nicht mehr kontrollieren konnte.

„Was hat das hier zu bedeuten?!" Professor McGonagalls Stimme durchschnitt das Jubeln der zuschauenden Schüler wie ein warmes Messer Butter. Sofort kehrte Stille ein. Es dauerte nicht lange, bis meine Hauslehrerin die Situation erfasst hatte. „Weasleys, Milson? In mein Büro. Sofort!"

Ich kaute nervös auf meiner Lippe herum und betrachtete meine ineinander verschränkten Hände, die ich plötzlich unglaublich interessant fand. Mir war noch nie aufgefallen, wie viele kleine Linien sich auf meinen Handrücken miteinander verwoben. Die Professorin begutachtete uns mit scharfen Blicken bevor sie ihre Stimme erhob. „Ich weiß nicht, das wievielte Mal es dieses Jahr war, dass ich Sie drei aufgrund von Duellen außerhalb des Unterrichts in mein Büro verordnen musste. Bei Merlins Barte! Sie sind alle am Ende Ihres sechsten Schuljahres, Sie werden nächstes Jahr ihre UTZs machen! Wann werden Sie endlich lernen erwachsen zu sein und Verantwortung zu übernehmen? Wissen Sie eigentlich wie viele Hauspunkte Gryffindor dieses Jahr aufgrund ihrer Kindereien verloren hat?!"

Niemand antwortete ihr, doch ich war mir sicher, dass die Zwillinge genauso gut wie ich wussten, dass es sehr, sehr viele gewesen waren. Ich rutschte unbehaglich auf meinem Stuhl hin und her, mein Blick nach wie vor nach unten gerichtet. Ich wagte es nicht die Verwandlungslehrerin anzublicken.

„Milson hat angefangen", murmelte einer der beiden Zwillinge schließlich undeutlich, doch Professor McGonagall schien ihn gehört zu haben. „Mich interessiert es nicht, wer angefangen hat! Es geht darum, dass Ihr Verhalten komplett unreif und verantwortungslos ist!" Sie seufzte leise und schien kurz nachzudenken.

„Da in wenigen Tagen die Sommerferien beginnen, sehe ich keinen Sinn darin, Ihnen jetzt noch Nachsitzen zu geben. Sie bekommen jeweils 10 Punkte abgezogen und ich werde ihre Erziehungsberechtigen informieren. Aber glauben Sie mir, nächstes Jahr werden Sie nicht mehr so glimpflich davonkommen!" Sie machte eine kurze Pause. „Sie dürfen nun gehen. Aber wenn vor Ihrer Abreise am Freitag so etwas noch mal vorkommen sollte, werde ich nicht zögern und Ihnen für die ersten drei Monate des kommenden Schuljahres Nachsitzen zu erteilen. Haben wir uns verstanden?" Ich nickte hastig und sprang von meinem Stuhl auf, um so schnell wie möglich das Büro der stellvertretenden Schulleiterin zu verlassen.

Abends saß ich im relativ leeren Gemeinschaftsraus meines Hauses. Die meisten Schüler tummelten sich aufgrund des warmen Wetters noch auf den Ländereien. Zu meinem Glück hatte ich alle meine Prüfungen schon hinter mir gehabt – heute hatten die Letzten für die Zweit- und Drittklässler stattgefunden – denn ohne meinen Zauberstab, der sich nach wie vor ihm Besitz der Weasley-Zwillinge befand, hätte es sich (je nach Fach) mehr oder weniger schwierig gestalten können.

Als ich aus dem Fenster blickte, fragte sich eine leise Stimme in meinem Kopf, wie es wäre, wenn ich echte Freundinnen hätte, mit denen ich warme Sommerabende wie diese am Ufer des schwarzen Sees ausklingen lassen und mich über die Prüfungen unterhalten könnte. Ich atmete schnaubend aus und verdrängte den aufkommenden Gedanken sofort wieder. Wer brauchte denn schon Freundinnen, wenn man einen Abend auch versunken in einem guten Buch verbringen konnte?

Ein Räuspern neben mir ließ mich so stark zusammenfahren, dass mein aufgeschlagener Roman mit einem dumpfen Geräusch von meinem Schoß auf den Teppich fiel. Es waren die Weasley-Zwillinge, die sich mit verschränkten Armen vor mir aufbauten – wahrscheinlich sollte das Ganze einschüchternd auf mich wirken. Ich hob mein Buch wieder vom Boden auf und blickte die Beiden genervt an. „Was wollt ihr?", fragte ich mit einem zugegebenermaßen nicht besonders freundlichen Ton. „Nana, Milson, immer mit der Ruhe." Beide hatten ein übertrieben gönnerhaftes Lächeln aufgesetzt und ließen sich in den beiden Sesseln vor mir nieder. Ich verdrehte die Augen.

„Ich bezweifle stark, dass ihr gekommen seid, um mit mir einen Mädelsabend zu machen. Also was bei Merlins Unterhose wollt ihr?" Meine beiden Gegenüber wechselten einen amüsierten Blick. „Also wirklich, du verletzt uns Milson! Haben wir den Nagellack und Gesichtsmasken jetzt etwa ganz umsonst mitgebracht?" Ich schnaubte leise. „Habt ihr etwa schon wieder ein paar Mädchenschlafsäle geplündert?", erwiderte ich mit einem sarkastischen Unterton. „Überrascht mich nicht, ich bin mir sicher, ihr seht hinreißend mit Maniküre und Makeup aus." Fred räusperte sich, anscheinend hatte ich das Gespräch – wenn man es als ein solches bezeichnen konnte – zu stark in eine Richtung gelenkt, die den Zwillingen Unbehagen bereiten zu schien.

„So nett wir es auch finden, uns mit dir zu unterhalten, ist das nicht der Grund, weshalb wir hier sind, Milson", wechselte George das Thema. „Ach echt? Das überrascht mich jetzt." Meine Stimme triefte förmlich vor Ironie. Die Weasleys gingen nicht auf meine Bemerkung ein. „Wir hätten da nämlich so etwas, was dich vielleicht interessieren könnte", machte der andere Zwilling weiter. „Ihr meint wohl eher, dass ihr etwas habt, was mir gehört", schnaubte ich und verschränkte meine Arme. „Ja, so könnte man's auch formulieren." Meine beiden Gegenüber hatten so amüsierte Mienen aufgesetzt als hätten sie gerade den Spaß ihres Lebens. Ich zog herausfordernd meine Augenbrauen hoch. „Also? Wärt ihr dann so freundlich mir meinen Zauberstab wiederzugeben?" „Nun also", begann der erste Rotschopf. „Das würde ganz davon abhängen", machte sein Zwilling weiter. „Ob du uns ganz lieb darum bittest", vollendete George den Satz. Ich stöhnte genervt auf, ich hasste die kleinen Spielchen der Beiden. „Könntet ihr mir meinen Zauberstab wiedergeben?"

„Nana, Milson, wie heißt das Zauberwort?", trällerte Fred breit grinsend. Am liebsten hätte ich ihnen zahlreiche Schimpfwörter an den Kopf geworfen und ihnen das Lachen mit einer Bratpfanne aus dem Gesicht gewischt, allerdings wusste ich, dass das eher unproduktiv war, wenn ich meinen Zauberstab vor dem Rückweg nach Hause wiederhaben wollte. „Könntet ihr mir bitte", ich spuckte ihnen das Wort förmlich ins Gesicht, „meinen Zauberstab wiedergeben?"

„Geht doch Milson, war doch gar nicht so schwer, oder?" Fred zog meinen Zauberstab aus seiner Tasche und warf ihn mir zu. Zu meinem Glück landete er in meinem Schoß, denn meine Fangkünste ließen ziemlich zu wünschen übrig. „Brav gemacht, Milson!" Am Vorbeigehen tätschelte mir George den Kopf als wäre ich ein Hund. Sofort spannte ich mich an.

Wenn ich eine Katze wäre, hätte ich sie angefaucht und meine Krallen über ihre feixenden Gesichter gezogen. Aber wir würden im Endeffekt sehen, wer zuletzt lachte.


Vor Überarbeitung: 657 Wörter
Nach Überarbeitung: 1834 Wörter

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