Neun (1.1) - Träume


Cara machte große Augen und das nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Schon als ein Fahrer Heather und sie vom Flughafen abgeholt und ihnen die Tür eines schwarzen Sedans geöffnet hatte, weiteten sich ihre Augen. Der Wagen war innen mit Ledersitzen ausgestattet und hatte diesen typischen Neuwagengeruch. Heather schien diese Behandlung für ganz normal zu halten, aber für sie war es schon Luxus. Doch nun standen sie vor dem großen Haus der Familie McCarthy. Die Fassade war in einem hellen Creme gehalten, die Rahmen und Säulen in Weiß. Das braune Dach lief nicht spitz zusammen, sondern wurde nach oben hin flach. Links neben dem Gebäude waren mehrere Garagen, wohin nun auch der Fahrer mit dem Auto fuhr. Rund um das Haus war ein Garten angelegt, weit und breit waren keine Nachbarn zu sehen. Noch dazu sah das Haus märchenhaft aus, so wie es in dieser verschneiten Winterlandschaft dalag. Cara hatte sich das Haus, aus dem ihre Freundin kam, etwas anders vorgestellt. Eher so, wie historisches Herrenhaus.

»Mach den Mund wieder zu, es ist doch nur ein Haus«, sagte Heather lachend.

Sie gingen gemeinsam die paar Stufen zur Eingangstür hinauf, die auch schon prompt von einer Frau mit dunklen Haaren geöffnet wurde. In der marmornen Eingangshalle konnte Cara erneut nur staunen. Vor ihnen erstreckten sich zwei Treppen, die bogenförmig ins obere Stockwerk führten. Zwischen den Treppen war ein Gang, der nach hinten in ein Zimmer führte. Die Stipendiatin sah einen langen, dunkelbraunen Tisch, an dem zwölf weiße Stühle standen. Sie vermutete, dass dort das Esszimmer war.

Heather nahm Caras Hand und zog sie zu einer der Treppen. »Komm! Ich zeige dir das Gästezimmer.«

Im oberen Stockwerk ging es ebenfalls elegant weiter. Besonders das Gästezimmer beeindruckte die junge Frau. Der Raum sah sehr königlich aus. Das schwarze Kingsize-Bett stand vor einer Wand mit goldenem Anstrich. Das Bett sah noch bequemer aus, als das in der Freyer-Akademie. Cara lief an dem großen Spiegelschrank vorbei, der eine komplette Wand füllte. Dem gegenüber stand ein weißer Schminktisch, mit schwarzen und goldenen Ornamenten. Sie setzte sich auf den schwarzen Samthocker davor und bestaunte den großen Spiegel. Cara war so überwältigt von dem Zimmer. Sie fragte sich, wenn dies das Gästezimmer war, wie würden die anderen Zimmer erst aussehen.

»Ich lass dich mal alleine. Dann kannst du auspacken und dich noch etwas umschauen. Ich packe auch mal aus und such dann meine Eltern.« Mit diesen Worten verließ Heather den Raum.

Kurz danach kam schon der Fahrer mit dem Gepäck hinein. Die Studentin bedankte sich, doch der Mann blieb schweigsam. Mit Schwung ließ sie sich auf das Bett fallen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, in so einem Zimmer alleine zu sein. So langsam stieg die Sorge in ihr hoch, was Heathers Eltern wohl von ihr denken würden. Sie war schließlich nur ein einfaches Mädchen. Vielleicht hatten sie einen ähnlichen Charakter wie ihre Tochter, das würde die Situation erheblich vereinfachen.

Cara verließ das Gästezimmer und machte sich auf die Suche nach Heather. Jedoch wusste sie nicht annähernd, wo sie hin musste. Zum Glück lief eine Bedienstete durch den Flur, sodass sie die Frau nach dem Weg fragen konnte. Sie wies der Studentin die Richtung und verschwand dann die Treppe hinunter. Als Cara an der Tür klopfte, rief Heather sie schnell hinein. Auch das Zimmer ihrer Freundin war beeindruckend. Es war sehr groß und hell. Alles war in einem Cremeton bis Weiß gehalten. Der Raum sah wie für eine Prinzessin gemacht aus, besonders der Kronleuchter aus Kristall.

Die Stipendiatin bemerkte, dass ihre Freundin etwas genervt wirkte und fragte sogleich, was los sei.

»Es ist ja mal wieder typisch, dass meine Eltern keine Zeit für mich haben. Sie wussten genau, dass ich heute komme, doch begrüßt hat mich noch keiner. Meine Mutter ist mit irgendwelchen Leuten Tee trinken und mein Vater sitzt in seinem Büro und möchte von niemanden gestört werden. Noch nicht einmal von seiner Tochter, die er seit einigen Monaten nicht mehr gesehen hat.«

Cara wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Stumm schaute sie zu, wie Heather durchs Zimmer tigerte und immer wieder Kleidung aus ihrem Koffer wild in den Schrank pfefferte. Die Stimmung war nicht gerade die, die sie sich erhofft hatte. Doch sie hoffte, dass sich die Laune ihrer Freundin noch etwas beruhigen würde. Fürs Erste hielt sie es für weise, sie alleine zu lassen.

Cara zog sich ins Gästezimmer zurück. Sie warf sich in die weichen Kissen auf dem riesigen Bett und starrte an die prunkvoll verzierte Decke. Eigentlich fühlte sie sich erschöpft, während des Flugs hatte sie kein Auge zu bekommen, aber auch jetzt hatte sie zu viel im Kopf, um zu schlafen. Zum Einen tat ihr Heather leid. Sie fühlte sich ähnlich, als sie mit ihrer Mutter telefoniert hatte. Verraten und enttäuscht. Dann machte sie sich Gedanken über Jade. Seit dem Abend des Balles hatte sie ihn nicht wieder getroffen. Würde er überhaupt noch etwas mit ihr zu tun haben wollen, nachdem sie so überstürzt den Saal verlassen hatte? Sie hoffte sehr, dass er ihre Beweggründe verstanden hatte, denn schließlich hatte Heather sie wirklich gebraucht. Er ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf. Nur die Erinnerung an seine hell grünen Augen ließ ihr Herz höher schlagen. Auf dem Ball hatte er eine andere Seite von sich gezeigt, eine die ihr viel besser gefiel als die sonst so kühle. Doch welche war die wahre Seite von Jade Lafayette?

Es klopfte plötzlich an der Tür und herein trat die dunkelhaarige Frau, die Cara bereits bei ihrer Ankunft hier getroffen hatte.

»Das Abendessen ist fertig«, sagte sie höflich.

Die Stundentin stand vom Bett auf und lief der Frau hinterher. Sie gingen die Treppe hinunter und in den hinteren Teil des Hauses. In dem holzvertäfelten Raum stand ein langer Tisch mit weißen Stühlen. An den Tischenden saßen bereits ein Mann und eine Frau, sowie Heather, die in der Mitte Platz genommen hatte. Als diese Cara bemerkte, stand sie auf und kam zu ihr herüber.

»Ah, da bist du ja! Darf ich vorstellen? Das sind meine Mutter Elisabeth und mein Vater Bernhard. Und das ist meine Freundin und Kommilitonin Cara Jackson, von der ich euch erzählt habe.«

Der Mann im Nadelstreifenanzug kam zu Cara und reichte ihr die Hand. »Wir sind erfreut, dass Sie das morgige Weihnachtsfest mit uns feiern.«

Heather sah ihren Eltern wirklich sehr ähnlich. Bernhard hatte dunkelblonde Haare, die an den Schläfen schon leicht ergrauten. Seine Augen waren vom gleichen Grau-Blau wie die seiner Tochter. Die gold-blonden Haare hatte Heather von ihrer Mutter, welche Elisabeth elegant zu einem Dutt hochgesteckt trug.

Sie nahmen am Tisch Platz und Cara setzte sich Heather gegenüber. Sobald die Stühle an den Tisch gerückt waren, kam die dunkelhaarige Frau und trug das Abendessen auf. Das Kobesteak war schön angerichtet worden, mit einer kleinen Salatbeilage und Kartoffel in einer dunklen Soße geträngt. Die rosenförmige Käuterbutter schmolz auf dem Fleisch zart dahin.

Während des Essens unterhielten sie sich. Heather erzählte von der Akademie und ihren Freunden, sowie von der Reise nach Ägypten. Bei diesem Thema wurde die Stimmung kühler. Cara vermutete, dass Heathers Eltern von dem dortigen Vorfall gehört hatten und darüber nicht gerade erfreut waren. Die Studentin versuchte das Thema zu überspielen, um es als eine Nichtigkeit abzutun, doch ihre Eltern schienen noch nicht befriedigt.

»Cara kennt sich in Ägypten gut aus, sie war schon oft mit ihren Eltern dort«, sagte Heather plötzlich um von ihr abzulenken.

Sogleich wand sich Bernhard McCarthy Cara zu, was sie etwas verunsicherte. »Ist das so? Was machen ihre Eltern denn beruflich?«

Die junge Stipendiatin schluckte schnell das Stück Fleisch hinunter und räusperte sich. Gleich merkte sie, wie sie errötete. In dieser Umgebung war der Beruf ihrer Eltern nicht gerade das Tollste auf der Welt. Früher an den Schulen kamen ihre Mitschüler mit Erstaunen entgegen, schließlich hatte das Leben ihrer Eltern was Abenteuerliches an sich. »Meine Eltern sind Archäologen. Mein Vater beschäftigt sich mit der Sprache und den Schriften. Und meine Mutter hat sich auf die Kunst und Kultur spezialisiert.«

»Sehr bemerkenswert«, sagte er desinteressiert.

Die restliche Zeit vernahm man nur noch das Klirren des Bestecks auf den Tellern. Keiner sagte ein weiteres Wort.

Nach dem Essen führte Heather Cara noch etwas im Haus herum. Das Wohnzimmer war edel eingerichtet, mit vielen Kunstwerken an den Wänden. Die Stipendiatin schätzte, dass diese ein Vermögen kosteten. Im Büro des Hausherren fand sie hunderte von Büchern wieder. Ein alter Eichenholzschreibtisch stand in der Mitte des Raumes, dahinter ein großer Ledersessel.

Die Führung ging weiter in einen Raum, der ähnlich eingerichtet war wie Heathers Zimmer. Die hellen Möbel tränkten den Raum in Licht, wobei die großen Fenster die Wirkung ebenfalls nicht verfehlten. Ein wunderschöner, weißer Flügel entpuppte sich als Blickfänger in diesem Zimmer. Alles war darauf ausgerichtet.

»Spielst du?«, fragte Cara ihre Freundin.

»Früher einmal. Doch irgendwann bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich kein Talent habe und hab es aufgegeben.«

Cara packte Heather und schob sie zum Klavierhocker.

»Bitte, spiel etwas. Für mich«, flehte sie.

Heather verzog dasGesicht. Wiederwillig klappte sie den Deckel auf und legte ihre Finger elegantund sanft auf die Tasten. Eine wunderschöne, harmonische Melodie erklang. Caraerkannte sie sofort, es war Comptine d'un Autre été von YannTiersen.

https://youtu.be/2W_G3xmSGfo


Die junge Dame hatte sie angeflunkert. Es stimmte nicht, dass sie kein Talent besaß. Nicht ein einziges Mal verspielte sie sich und das richtige Tempo hielt sie kontinuierlich. Cara schloss ihre Augen und hörte nur auf den Klang des Liedes. In ihrem Inneren breitete sich Frieden aus und ihre Sorgen waren für den Augenblick vergessen.

Der Flügel verstummte und Heather stellte sich ans Fenster.

»Das war wunderschön.«

»Findest du?« Heather zögerte.

Cara bemerkte, dass ihre Freundin irgendwas bedrückte. Sie ging zu ihr hinüber und schaute sie durchdringend an. »Warum hast du wirklich mit dem Klavierspielen aufgehört?«

»Weil es etwas war, was meine Eltern von mir wollten. Als Kind hat es mir noch viel Spaß gemacht, doch je zufriedener meine Eltern wurden, desto mehr verlor ich die Freude daran. Ich habe Angst davor, dass es so auch mit Milan so sein wird. Meine Eltern werden ihn perfekt finden. Was ist, wenn ich ihn immer weniger mag, während sie ihn immer mehr mögen?«

Cara sprach ihrer Freundin gut zu. »Wenn du ihn wirklich magst, dann wird das nicht passieren. Und wenn doch, dann waren deine Gefühle für ihn nicht echt.«

»Ich hoffe, dass du richtig liegst.«

An der Tür des Gästezimmers vergewisserte sich Cara, dass es ihrer Freundin auch wirklich gut ging. Als sie laut gähnte schickte Heather sie ins Bett.

Nachdem sie sich umgezogen und im Bad verschwunden war, warf Cara sich auf das Bett und ließ sich in die Kissen sinken. Der Tag war sehr lang gewesen und sie hatte viele neue Eindrücke von Heather erhalten. Sie erfuhr, dass das Leben als Tochter aus gutem Hause nicht nur glückliche Stunden beinhaltete. Ganz von Selber vielen ihre Augen zu.

Cara war umgeben von Nebel. Doch dieses Mal war sie alleine, weit und breit war die Frau in der antiken Kleidung nicht zu sehen. Es war das erste Mal, dass sie komplett alleine herumwanderte. Und noch etwas war anders. Sie stand nicht wie sonst auf festem Boden, sondern sie stand im seichten Wasser. Sie senkte ihren Blick und Verwirrung stieg in ihr auf, als sie ihre Spiegelung betrachtete. Die weiß, grüne Tunika im ägyptischen Stil hatte früher die Frau getragen, doch nun hatte sie es an. Auf ihrem Kopf trug sie goldenen Schmuck, einer Königin würdig. Sie lief weiter durch das Wasser und auf einmal streifte sie durch Schilf, welcher um sie herum im Wasser wuchs. Wo war sie nur? In einem Fluss oder einem See? Wieder schaute Cara sich um. Dieses Mal konnte sie nicht allzuweit entfernt eine Ansammlung von Papyrusstauden erkennen, die sich leicht im Wind bewegten. Die junge Frau staunte, denn endlich befand sie sich in ihrem Traum an einem Ort, wo außer Nebel noch andere Sachen waren.
Plötzlich ertönte ein Knacken und der Papyrus bewegte sich kräftig. Dann hörte man, dass sich dort irgendwas im Wasser bewegte. Cara wich zurück und als sie einen männlichen Schatten sah, geriet sie in Panik.



Schwer atmend schreckte die Stipendiatin aus dem Schlaf hoch. Ein leichtes Klopfen kam von der Tür. Schnell richtete sie sich auf und rief die klopfende Person herein.

»Verzeiht Miss, doch ich habe einen Schrei gehört! Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«, fragte die braunhaarige Bedienstete des Hauses.

»Ich hab geschrien?« Cara merkte wie sie zitterte und auch ihre Stimme konnte dies nicht verbergen. »Es tut mir leid, ich habe schlecht geschlafen. Wie spät haben wir es?«

»Es ist neun Uhr! Das Frühstück ist in einer Stunde fertig.«

Die Frau verließ den Raum und Cara stand auf. Sie ging zum Fenster und betrachtete die zauberhafte Winterlandschaft. Eine dicke Schneeschicht hatte sich über den Garten gelegt und an der Glasscheibe hatten sich kleine Eissterne gebildet. Es war der Tag von Weihnachten. Im letzten Jahr hatte sie keine weiße Weihnachten gehabt, denn in Ägypten blieb es über das ganze Jahr Sommer. Dennoch hatten ihre Eltern einen kleine Weihnachtsbaum gekauft, den sie damals im Zelt aufgestellt hatten. Ein kurzes Stechen in der Brust machte ihr schmerzlich bewusst, dass sie das erste Mal ohne ihre Eltern Weihnachten feierte.

Sie zog sich um und verließ das Gästezimmer. Auf dem Flur begegnete sie Heather, die sie freundlich und gut gelaunt begrüßte. Ihre Melancholie von gestern Abend war zur Gänze verschwunden. Gemeinsam gingen sie ins Esszimmer, wo der Tisch schon zu einer beeindruckenden Frühstückstafel hergerichtet war. Sie nahmen genauso wie am Abend zuvor Platz. Einige Minuten später stießen auch Heathers Eltern dazu.

Nachdem sie das Frühstück beendet hatten und der Tisch abgedeckt wurde, zogen sie sich alle ins Wohnzimmer zurück, wo ein sehr großer und reichlich geschmückter Tannenbaum stand. Sie setzten sich auf die schwarzen Wildleder Sofas und unterhielten sich über alles Mögliche, doch bei den meisten Themen konnte Cara nicht mitsprechen. Sie wand sich ab und ihr Blick sank in die Tiefen des Feuers, welches im Kamin flackerte. Erst als sie aus dem Augenwinkel bemerkte, dass sich Bernhard erhob, schaute sie auf. Er ging hinüber zu seiner Tochter und überreichte ihr ein kleines Geschenk. Vorsichtig öffnete sie es und zum Vorschein kam eine goldene Kette, in dessen ein weißer, fast schon perlmutterfarbener Stein, gefasst in einem goldenen Rahmen, befand. Cara atmete leicht erschrocken auf, sodass Elisabeth und Bernhard sie verwirrt anschauten. Nur ihre Freundin schien das Gleiche zu denken wie sie und gab ihr mit Blicken zu verstehen, dass sie nichts sagen soll.

»Wie schön«, sagte Heather zu ihren Eltern. »Wo habt ihr diesen Anhänger her? Er sieht schon sehr alt aus.«

»Diese Kette ist ein Familienerbstück. Seit Jahrhunderten wird sie von Generation zu Generation weitergegeben. Nun soll sie dir gehören, bis dein zukünftiges, erstgeborenes Kind alt genug ist, um sie zu erhalten«, erklärte Heathers Vater.

Die Studentin drückte die Kette an die Brust und bedankte sich bei ihrer Familie. Dann bat sie Cara, damit sie ihr beim Umlegen des Anhängers half. Danach verließen die beiden Studentinnen das Wohnzimmer und zogen sich nach oben in Heathers Zimmer zurück. Sie setzten sich aufs Bett und Heather kramte die Kette mit dem Bernstein hervor.

»Sie sind bis auf den Stein identisch«, bemerkte Cara.

»Was hat das nur zu bedeuten?« Heather stand auf und betrachtete den Stein um ihren Hals im Spiegel. »Findest du es nicht auch merkwürdig, dass wir in Ägypten in einem Tempel, der unter der Wüste vergraben ist, eine Halskette finden und ich wenig später von meinen Eltern eine sehr ähnliche bekomme?«

»Ja, sehr merkwürdig. Aber vielleicht auch nur ein kurioser Zufall.«

Heather schien etwas zu bemerken, was sie leicht verwirrte. »Cara! Gerade als ich die Bernsteinkette hervor geholt habe, habe ich mich nicht an ihr verbrannt, so wie zuvor immer. Noch gestern konnte ich sie nicht berühren.«

Cara vermutete, dass dies an der neuen Halskette lag. Auch wenn das leicht verrückt klang und auch ihre Freundin hatte diesen Gedanke. Heather lief Richtung Tür. »Ich geh' mal eben zu meinen Eltern und frag, ob sie mir noch ein paar Sachen über die Kette erzählen können.« Damit verschwand sie.

Cara hingegen ging zurück ins Gästezimmer, um auf ihr Handy zu schauen. Doch leider waren noch keine Nachrichten gekommen, noch nicht einmal von ihren Eltern. Also beschloss sie ebenfalls nach Unten zu gehen. Da sie Heather weder im Wohnzimmer, noch im Esszimmer fand, wollte sie es zunächst im Büro versuchen. Sie lief den Flur entlang und blieb vor der Tür stehen. Kurz lauschte sie, um sich zu vergewissern, dass Heather im Raum war. Sie wollte gerade klopfen, als die Stimme von Bernhard laut durch die Tür donnerte.

»Es ist einfach unangebracht!«, brüllte er.

»Aber sie ist meine Freundin, wenn nicht sogar meine beste Freundin!« Heathers Stimme war nicht so laut, aber genauso energisch. »Ihr könnt nicht von mir verlangen, dass ich sie von heute auf morgen ignoriere.«

»Sie kommt aus ärmlicheren Verhältnissen. Ihre Eltern sind Archäologen!«, sagte Elisabeth.

»Genau«, stimmte Bernhard zu. »Was sollen wir nur unseren Gästen heute Abend sagen. Das Mädchen kennt sich in unserer Gesellschaft nicht aus. Sie würde nur ein schlechtes Licht auf uns werfen.«

»Dann werden Cara und ich der Feier fern bleiben. Wir können uns oben einen schönen Abend machen.«

Heathers Mutter wurde lauter und man hörte, wie sie durch den Raum lief. »Kommt überhaupt nicht in Frage! Einige Freunde bringen ihre Söhne mit. Du musst dabei sein! Sie kann meinetwegen alleine oben bleiben.«

Der Studentin platzte der Kragen. »Ich werde sie nicht wegschicken. Ob ihr wollt oder nicht, ich verweigere eure Bitte!«

Cara hatte genug zugehört. Sie eilte nach oben und ins Gästezimmer hinein. Ihr Gepäck holte sie aus dem Schrank heraus und dann warf sie ihre Kleider in die Taschen. Es klärte sich gerade eindeutig, dass sie hier nicht länger Willkommen war. Jedenfalls was Heathers Eltern anging.

Plötzlich öffnete sich die Tür und Heather kam hinein und warf sich in den Sessel.

»Meine Eltern sind ziemlich anstrengend. Bin ich froh, dass du eine solch ruhige Natur hast. Bianca ist genauso schlimm wie die Beiden.« Die blonde Frau bemerkte die Taschen auf dem Bett. »Was ist denn hier los?«

»Ich packe!«

»Wieso?«, fragte sie, während sie zu Cara ans Bett kam und die Taschen irritiert begutachtete.

»Ich ...« Cara wusste nicht, wie sie ihre jetzige Situation erklären sollte. Betrübt schaute sie zu Boden. »Ich habe eben das Gespräch zwischen dir und deinen Elter mitangehört. Ich habe beschlossen zur Akademie zurück zu kehren. Wärst du so freundlich eurem Fahrer zu fragen, ob er mich zum Flughafen fährt?«

Heather schnaubte laut auf. »Cara! Das ist doch lächerlich. Du musst nicht gehen. Du kannst meine Eltern einfach ignorieren.«

Mit einigen schnellen Handbewegungen verschloss die Stipendiatin ihr Gepäck und schulterte sich die Taschen. »Ich weiß! Doch ich will mich niemanden aufdrängen, der mich nicht in seiner Nähe haben will. Es ist besser, wenn ich gehe. Für deine Familie und auch für dich. Vielleicht tut mir die Ruhe und das Alleinsein ganz gut. Außerdem kommst du in paar Tagen ja auch zur Akademie zurück.«

Ein widerwilliges, zustimmendes Schnauben brachte Heather hervor. Sie schien nicht zufrieden mit ihrer Entscheidung. »Dann lass mich wenigstens dein Flugticket bezahlen.«

Doch dies lehnte Cara ab. Sie verließ das Zimmer und ihre Freundin folgte ihr. Der Fahrer brauchte nicht lange, bis er das Auto vorgefahren hatte. Die beiden Frauen verabschiedeten sich von einander und Heather schaute dem Auto noch lange hinterher.

Auf dem Flughafenparkplatz angekommen, bedankte Cara sich höflich beim Fahrer, der ihr noch geholfen hatte, ihr Gepäck auf einen Wagen zu legen. Am Ticketschalter nannte sie ihren Zielort und bat um das günstigste Ticket, in der Hoffnung es möge nicht allzu teuer sein. Sie legte ihren Ausweiß vor. Als die Frau hinter dem Schalter den Namen betrachtete, zögerte sie, bevor sie die Studentin ansprach.

»Miss Jackson, für sie wurde bereits ein Ticket für die erste Klasse hinterlegt.«

Verwundert schaute Cara die Frau an. Sie musste gar nicht fragen, wer das Flugticket hinterlegt hatte, denn es kam nur Heather in Frage. Da sie nicht noch weiter diskutieren wollte, nahm sie das Ticket und ging zum Boarding. Der Flug dauerte nicht lange, doch sie war froh, als sie in der Akademie ankam.

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