Der Orden der Hitzköpfe

Dort stehe ich also. Mitten auf einer Bühne, angestarrt von hunderten von Schülern. Alleine. Mal wieder. Naja, ich bin es ja gewohnt.

,,Sehr geehrte Schülerschaft, begrüßen wir unsere neue Mitschülerin, Claire. Die sich extra schick gemacht hat für uns."

Sie wirft mir einen finsteren Blick zu und Gekicher füllt den Saal. Wow, jetzt werde ich innerhalb von drei Sekunden von der Lehrerin gemobbt. Ist ja nicht so, als hätte ich versucht die Uniform anzuziehen. Was kann ich denn dafür? Hätte ich ein Cocktailkleid anziehen sollen, wäre das schick genug?

Als mein Outfit einem langen, tailliertem dunkelblauen Cocktailkleid weicht, verstummt zwar das Gekicher, aber meine Zweifel werden immer größer. Erstens habe ich die mit Abstand nervigste und nutzloseste Fähigkeit der Welt und zweitens werde ich dafür auch noch runter gemacht.

,,Glauben Sie wirklich, ich wäre hier, wenn ich nicht müsste? Das hier ist der einzige Grund für meine Anwesenheit. "

Ich deute auf mich und danach auf mein Kleid.

,,Wollen Sie mich jetzt weiter runtermachen? Dann bitte. Nur zu."

Schweigen. Mehr gibt es nicht als Reaktion, aber ich kann ihrer leicht erstarrten Mimik abnehmen, dass sie wohl nichts von meinem Kleidungsproblem wusste.

,,Verzeihung, Claire. Bitte, lass uns nochmal neu anfangen und das Ritual beginnen. "

Da ich schleunigst von dieser Bühne runter will, folge ich der Anweisung in die Mitte der Bühne zu gehen. Umgeben von all diesen Dingen, nehme ich das angespannte Schweigen meiner neuen Mitschüler nur am Rande wahr.

,,Eligit elementa."

Nach diesen Worten ist die Spannung auf dem Höhepunkt. Ich beobachte die Schalen um mich herum, und bin ein paar Sekunden verwirrter als zuvor.

Die Kerze geht langsam aber sicher aus, das Wasser verdunstet in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit, der Ventilator, der sich am Anfang leicht bewegt hat, bewegt sich jetzt nicht mehr. Dazu kommt, dass die Schale mit Erde austrocknet, die Blütenblätter verwelken und das leckere Eis langsam aber sicher eine andere Form annimmt...eine flüssige.

Mh. Das ist komisch.

Gerade, als ich frage: ,,Soll das so sein....?", geht alles sehr schnell und auf einmal. Innerhalb von wenigen Sekunden schmilzt die Kerze und wird zu einem mittelschweren Brand, bei den Blütenblättern wächst ein riesiger Kirschblütenbaum, während aus der Erde ein kleiner Berg wird und das Eis aus der Raumtemperatur eine Miniantarktis macht. Als wäre das nicht chaotisch genug, kommt aus der Schale inzwischen so viel Wasser, dass ich langsam Angst bekomme zu ertrinken, oder von dem umherfliegenden Ventilator getroffen zu werden. Es ist dort oben sehr heiß und wirklich kalt zugleich. Der Wind und das Kleid in Kombi sind eine so schlechte Idee, denn es fliegt immer ein Stückchen hoch, sodass es wahrscheinlich wie bei meiner Mutter aussehen muss, die Zeus dafür bezahlt, dass er ihr den Wind so steuert, dass ihre Haare und ihr Kleid toll aussehen. Und sie sieht immer toll aus. So muss man sich als Sänger auf einer Bühne fühlen, wenn heiße Flammen an den Seiten rausschießen.

,,Prohibere rituali", erschallt und die Lehrerin löscht das Feuer mit einem Feuerlöscher.
Ist ja nicht so, als wären die Söhne von Poseidon hier und könnten das vermutlich übernehmen, aber sie sieht etwas verzweifelt und überfordert aus, weshalb ich vermute, dass sie darüber nicht nachgedacht hat.

Ich steige von der überschwemmten, angekokelten, gefrorenen und bewachsenen Berg-Bühne und frage die Lehrerin, die gerade fertig mit dem Löschen ist: ,,War das geplant?!"

Woher soll ich denn wissen, ob das beabsichtigt ist oder nicht? Schließlich habe ich sowas noch nie gesehen, aber nachfragen schadet ja nicht.

,,Ähm nein."

Ich habe mich schon gewundert, denn vor mir sah diese Bühne wirklich gut aus... Wie gesagt vor mir.

,,Und was hat das zu bedeuten?"

,,Das man dich in dem Sinne nicht zuteilen kann und du dadurch zu allen Orden gehörst und zu keinem."

Das klingt unpraktisch.

,,Ich habe dich eingeplant, in jedem Kurs, der möglich wäre, dass du ihn belegst. Aber doch nicht alle Kurse gleichzeitig. "

Sie fährt sich zerstreut durchs Haar, und nach ein paar Sekunden, korrigiert sie die Haltung ihrer leicht schrägen Brille.

,,Das heißt, du hast die Elementspezifischen Fächer erstmal überall und kannst mir jetzt den Orden nennen, in den du willst. Das wird die Gruppe sein, bei der du leben wirst. Ein Hinweis, das Ritual entscheidet nach Art der magischen Begabung und Temperament. Wähle weise zwischen: Feuer, Wasser, Luft, Erde, Pflanzen und Eis."

Das setzt mich ja gar nicht unter Druck. Wenn ich nur wüsste, in welchem Orden Kayla ist.

,,Darf ich eventuell jemanden fragen, wo die Person ist?"

,,Nein, darfst du nicht. Du musst nach deinem ersten Gefühl entscheiden."

,,Gibt es überhaupt Regeln, wenn es sonst noch nicht vorgekommen ist?"

Ihr Schweigen, gibt mir meine Antwort, aber ihr Blick sagt, dass ich das lieber nicht tun sollte. Dann halt nicht.

,,Keine Ahnung...Feuer?"

,,So sei es. Die Tische sind beim Abendessen in verschiedene Orden unterteilt, aber beim Mittagessen jetzt kannst du dich zu wem setzen, zu wem du willst. Du wirst gleich von dem Anführer deines Ordens rumgeführt und in die Regeln eingewiesen. Viel Erfolg. Und kann sich bitte mal jemand um diesen riesigen Baum kümmern?", sagt sie letzteres in den Raum hinein, mit dem Blick auf die anderen Lehrer.
Schließlich dreht sie sich um und verschwindet zügig.

Schnell gehe ich zu Kayla, welche an einem Tisch Platz genommen hat.

,,Oh ihr Götter, war das krass", flüstert Kayla mir zu.

,,Bitte, sag mir, dass du im Feuerorden bist."

,,Leider nicht. Ich bin im Orden der Pflanzen. Aber im Orden der Hitzköpfe wird es nie langweilig. "

Oh man. Das klingt ja nicht so gut, Hitzköpfe?

,,Wie meinst du das?"

,,Sie sind relativ temperamentvoll, während die im Orden des Wassers, ruhiger sind. Aber keine Sorge, die Orden sind nicht so wichtig, der meiste Unterricht findet sowieso zusammen statt. "

Mal sehen wie es wird.

Wir essen still unser Essen, welches selbstverständlich zu dem Ambiente passt. Mehrere Gänge und sehr viel Besteck. Was auch sonst? Und wir wollen uns gerade erheben, als ich eine dunkle, raue Stimme hinter mir höre.

,,Hey, ich bin Cole und soll dich zu deinem Zimmer bringen."

Ein großer, muskulöser Kerl steht vor mir. Seine Haare sind braun und leicht verwuschelt, aber seine Augen sind leuchtend grün. Er wirkt verschlossen und ich erkenne diesen Blick, den Blick, wenn man die ganze Welt von sich fernhalten will.
Er nickt in Richtung der Tür und ich gehe ihm hinterher.
Die Flure sind lang, und ich könnte mir gut vorstellen, dass sich hier schon der ein oder andere verlaufen hat. Unsere Schritte hallen laut auf dem Parkett nach, bis wir zu einer großen Tür mit Flammensymbol kommen.

,,Willkommen in deinem neuen Zuhause. Du kannst das Zimmer, die Treppe rauf, in der Mitte, haben. Irgendwelche Fragen? Gut."

Er ist schneller weg, als ich gucken kann und er hat anscheinend absolut keine Lust auf einen Weg durch den Raum, wie jeder ihn kennt, stattdessen springt er geradewegs über die Tische einfach drüber, macht eine Rolle über einen sich bückenden Jungen und verschwindet schließlich. Das ging schnell. Habe ich was falsch gemacht?

Der Junge flucht eine Weile, steht dann aber auf und kommt auf mich zu.

,,Hey, ich bin Nathan."

,,Ich bin Claire, freut mich."

,,Das mit Cole tut mir leid. Er ist nicht immer so ein Idiot. Ehrlich. Ich glaube, er hatte eine beschissene Kindheit und heute morgen ist irgendwas passiert. Er ist der Sohn des Ares und hat es manchmal nicht so mit Manieren. Du bist doch die Tochter von Aphrodite, die die so cool den ganzen Raum zerlegt hat, oder?"

,,Ähm. Ja, die wäre ich dann wohl, die Raumzerstörerin."

,,Ach das macht nichts, vielleicht sind die jetzt offener, was meine Ideen zu einer moderneren Bühne angeht. Die meinten, dass man keine Veränderungen brauchen würde, da die alte Bühne seit Jahrhunderten so ist, wie sie ist. Also danke."

,,Gerne?"

,,Warte ich bringe dich zu deinem Zimmer."

Er zieht seine Handschuhe aus und seine wirren roten Haare zeigen in alle Richtungen, zudem hat er eine Schutzbrille auf dem Kopf und einen Schmierfleck im Gesicht. Seine braunen Augen strahlen zuversichtlich und seine warme Art gibt mit ein wohliges Gefühl. Auch wenn er leicht desorganisiert wirkt, ist er irgendwie entspannend.

,,Hier, Treppensteigen ist bei uns out. Die Treppen sind nur noch Deko."

Er zeigt auf runde Platten und stellt sich selbst auf eine. Ich tue das Selbe und beobachte überrascht das Geschehen. Die Plattform schwebt leicht nach oben und ein Geländer bildet sich um diese. Wir fahren ziemlich schnell aufwärts, bis wir bei der neuen Etage ankommen und sich ein Teil des Geländers zurückbildet. Krass.

Wir betreten ein Zimmer, welches meine Vorstellungen weit übertrifft. Ein riesiges Bett und im Prinzip ist es kein Zimmer, sondern eher eine Suite. Die Schränke sind so fein hergestellt und sogar mit Blattgold überzogen.

Wie geht das so schnell? Der riesige begehbare Kleiderschrank ist voller Accessoires und Kleidung...

,,Weißt du, wofür ich so viel Kleidung brauchen könnte? "

,,Wir dürfen außerhalb der Unterrichtszeiten normale Sachen anziehen. Nur während der Schulzeit, also Morgens bis Mittags, gibt es die Pflicht Schuluniformen zu tragen. Aber auch am Sonntag, damit wir uns nicht daran gewöhnen, oder so."

Das Zimmer ist Luxus pur. Und ich weiß nicht, ob mir das gefällt.

,,Wie kann das Zimmer fertig sein, wenn man bis vor wenigen Minuten nicht wusste, wo ich hinkomme?"

,,Magie und Technik. Jedes Zimmer wird individuell von den Eltern gestaltet. Mein Zimmer sieht zum Beispiel ganz anders aus. Du kannst ja nachher mal vorbeikommen. Es ist das Zimmer neben deinem."

,,Gerne, danke Nathan. Du bist Hephaistos Sohn richtig? "

,,Genau. Ich baue und erfinde sehr gerne Dinge, in meinem Zimmer findest du vielleicht etwas, was dir gefällt."

,,Ich freue mich schon darauf."

,,Dann bis später."

Mir diesen Worten lässt er mich alleine in dem riesigen Zimmer. Das Badezimmer hat eine so riesige Badewanne, dass ich mich wundere, dass dort kein Bademeister aufpassen muss. Aber mal im Ernst. Was soll das alles? Denkt Mutter, dass wenn ich das sehe, unsere auf Jahre zerstörte Beziehung repariert ist? Ich meine ja, der Schminktisch, das federweiche Bett und der ganze andere Kram sind ganz nett, aber sie wurden, nicht nach meinen Wünschen entwickelt. Es zeigt nur, dass sie mich nicht kennt, denn ich habe mich noch nie geschminkt und habe auch keine Ahnung, wie das geht. Meine Mutter hätte das wahrscheinlich mit mir gemacht, wenn sie es für hilfreich erachtet hätte, aber sie konnte nie verstehen, warum ich nicht so wie sie aussehe und bin.

Da mich dieser Raum inzwischen deprimiert, wende ich mich ab und ziehe mir nur schnell was anderes an. Diesmal funktioniert dieser Kleidungswechsel so wie gewohnt und ich habe schnell eine Jeans und ein Shirt an. Es sitzt wie angegossen und selbst das sieht aus wie von einer Modeshow. Verdammt... gibt es in diesem Schrank überhaupt keine normalen und vielleicht hässlichen Sachen mit denen man keine Aufmerksamkeit erregt?

Frustriert gehe ich nach draußen und klopfe an die Tür neben meiner. Als keine Antwort kommt, öffne ich zögerlich die Tür. Drinnen ist es sehr dunkel und nur ein paar Kerzen erleuchten den Raum.

,,Hallo? Nathan? Ich bin es. Claire."

,,Was machst du denn hier drinnen, Claire?", fragt eine mir bekannte tiefe Stimme, bevor ich seine grünen Augen sehe. Cole. Was macht er hier drin?

,,Ich glaube, du hast dich verirrt. Das hier ist mein Zimmer", raunt er mir zärtlich ins Ohr.



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Ups, was ist denn da passiert😅🧐...?

Weiter geht es im nächsten Kapitel.... bis daaaann.

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