Silbern Licht in tiefster Düsternis
Als Annika das Paket bei La Llorona abgegeben und dafür einen Creditchip bekommen hatte, lud sie Daniel ins „Untertreff" ein. Eine Kneipe für Deva von Deva. Zwar waren auch hier normale Menschen erlaubt, allerdings war das Hauptklientel eindeutig an die Übernatürlichen gerichtet. Die Getränke waren härter und hatten zum Teil Ingredienzen intus, die für Menschen teilweise tödlich waren. Unter klangvollen Namen, wie 'Orpheus Ritt', 'Medusas Gift' und 'Idunas Cidre' luden die Spirituosen die Mutigen und Narren gleichermaßen ein.
Annika bestellte sich einen Orpheus Ritt. Dies war eine üble Kombination aus Mondschein, Kornbrand, Benzin und einem Tropfen Nitroglycerin, verfeinert mit einem Spritzer Zitrone und Traubensaft.
Als Daniel die Zutatenliste hörte, konnte er nicht anders als sie mit großen Augen anzustarren. „Das willst du trinken? Bist du lebensmüde?"
Der Schatten kicherte und antwortete, „Das ist der Grund für einen Besuch im Untertreff. Um sein Leben und seinen Tod gleichermaßen zu feiern. Und keine Sorge. Wenn ich abkratzte, wird mich Mic wieder zurückholen."
„Wie denn das?", fragte der Halbgott verwundert und schielte dabei wieder auf die Karte.
„Im Prinzip sind wir Götter. Du kannst nicht mal eben so töten. Götter der Unterwelt schon gar nicht. Mic hat meine Seele so fest und tief verankert, dass mein Körper eher heilt, als zu sterben.", erklärte sie, während der Barmann ihr den Drink hin schob und noch einen kleines Schirmchen reinsteckte.
Die junge Frau nahm einen Schluck und wurde sofort durchgeschüttelt. „Geiler Scheiß.", kommentierte sie ihren Anfall nur und nahm gleich noch einen Schluck.
Für Daniel hörte sich der Cidre am ungefährlichsten an, weswegen er diesen in Auftrag gab. Dieser bestand, laut der Zutatenliste, aus Apfelcidre, Zitrone, Melisse und ein Schuss Lavendelöl.
„Mit besten Grüßen.", sagte der Barmann und schob Daniel den Drink zu. Verwirrt blickte dieser ihn an und dann schaute er zu Annika.
„Idun ist seine Partnerin. Die Äpfel baut er selbst an.", erklärte Annika und spielte mit dem Schirmchen zwischen ihren Zähnen herum.
Daniel nickte und begutachtete das Glas mit seiner goldenen Flüssigkeit. Es sah... normal aus. Er hob das Glas an und roch daran. Obwohl der Duft von Apfel vorherrschend war, konnte er doch die anderen Aromen darunter erkennen und war doch froh, sich dafür entschieden zu haben. Ein wenig davon nippend, verteilte er den Cidre in seinem Mund und nahm noch einen weiteren Schluck hinterher. „Wow! Ich hab sowas noch nie getrunken.", stellte er lächelnd fest und blickte zum Barmann. Dieser hatte ihn unauffällig beobachtet und beide nickten einander zu.
„Idunas Cidre ist hier quasi die Spezialität des Hauses. Indem du also sagst, dass es dir schmeckt, hast du dem Haus, wie auch Eddi große Ehre gemacht.", ertönte es neben ihm.
Daniel wandte sich zur Stimme und entdeckte eine junge Frau, welche ebenfalls an der Bar saß und ein Getränk genoss. Am auffälligsten waren ihre langen roten Haare, die wie flüssiges Feuer von ihrem Kopf flossen und seidig im diffusen Licht der Kneipe glänzten. Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung und Daniel stockte der Atem. Ihre Augen waren golden. Die Iris ihrer Augen glich flüssigem Gold, irgendwie in steter Bewegung, doch auch klar und fest. Ihr Blick hatte etwas hypnotisierendes an sich, dem sich Daniel nur schwer entziehen konnte. Ihr rundes Kinn auf ihrer Hand abgestützt, schenkte sie dem Halbgott ein verschmitztes Lächeln und sprach, „Hi. Ich bin Anja. Anja Stahl. Aber nenne mich bitte Sezuna." Die Hand, welche gerade noch ihr Kinn gehalten hatte, streckte sie nun aus und hielt sie Daniel entgegen. Noch immer im Bann ihrer Augen, ergriff er ihre Hand. Ein Zucken durchfuhr ihn und für einen Moment musste er die Augen schließen. Er wusste nicht, woher es kam, aber er wusste, dass diese Sezuna nicht allein war.
„Shiva.", keuchte er nur und ließ ihre Hand abrupt los. Die Rothaarige mit den goldenen Augen, verengte diese leicht und musterte den Jungen prüfend.
„Woher weißt du das?", wollte sie wissen, da sah sie, wie sich eine Hand auf Daniels Schulter legte.
„Ganz ruhig.", versuchte Annika, den noch immer keuchenden Daniel zu beruhigen.
„Anni?", fragte Sezuna und blickte hinter den Jungen.
„Sezu?", fragte diese überrascht zurück, ohne dabei jedoch ihre Hand von der Schulter des Halbgottes zu nehmen.
„Du sollst mich doch nicht so nennen." Sie verzog leicht ihr Gesicht und trank einen Schluck ihres Drinks, ehe sie fragte, „Was ist los mit ihm?"
„Keine Ahnung.", gab sie ehrlich zu und als sie merkte, dass Daniel sich gar nicht beruhigen wollte, stand sie auf und half ihm auf die Beine.
„War schön, dich zu sehen, aber ich muss ihn erst mal nach Hause bringen.", sprach Annika und stützte Daniel auf dem Weg nach draußen, da sein ganzer Körper wie Espenlaub zitterte.
Sezuna hob ihren Drink und erwiderte noch grinsend, „Ich hoffe, wir sehen uns jetzt öfter. Und keine Sorge. Eure Drinks gehen auf mich."
Annika brachte Daniel nach hause und legte in auf sein Bett. Sie streckte ihre Hand aus und zog diese zögerlich wieder zurück. Sie wusste nicht, wie sie ihm helfen sollte. Und ihn zu berühren... es erschien ihr irgendwie nicht richtig. Noch nicht.
Als sie den Raum verließ, um ein Glas frisches Wasser zu holen, kam Kaldr herein, sprang auf das Bett und legte seinen massigen Körper neben Daniel. Der Wolf hatte sofort gerochen, dass es seinem neuen Freund nicht gut ging. Er schnüffelte etwas an seinem Kopf und legte den seinen neben Daniels.
Annika brachte das Glas in sein Zimmer und stellte es auf den kleinen Nachttisch.
„Was ist bloß mit dir? Werd' mir ja nicht krank, hörst du?" Es war schon seltsam. Noch vor einer Woche, wollte sie ihn verkaufen und nun, da sie beide Gejagte waren, hatte sich ihre Einstellung grundlegend geändert. Annika seufzte leise. Das kam davon, wenn man sich mit der Ware so sehr einließ und Dinge über sie erfuhr, die sie plötzlich sympathisch erscheinen ließen. Dennoch konnte sie nun nichts anderes tun, als abzuwarten. Und solange wie Kaldr an seiner Seite war, konnte sie wenigsten versuchen zu schlafen.
Finsternis. Leere. Und doch... eine Ahnung von Silber. Glänzend. Funkelnd. Nur schwach. Sein Geist driftete durch die endlose Düsternis. Aber er hatte keine Angst. Hier musste er sich nicht fürchten. Denn hier... hier war er...
Er hörte eine Stimme. Sanft wie der Abendwind und so kalt wie die Schwärze der Nacht. Mehr Präsenz als Klang, wallte sie über ihn hinweg, wie die sanften Wellen einer ruhigen See.
Ο γιος μου.
Δεν πρέπει να είστεεδώ ακόμα.
Αυτό το βασίλειο δενέχει ακόμη προοριστεί για σένα.
Ξυπνήστε, αγαπητό μουγιο. Ξυπνήστε και επιστρέψτε στον κόσμοτου φωτός και της σκιάς.
Er verstand nicht, was sie sagte. Doch waren ihr Klang und ihre Worte beruhigend. Irgendwie vertraut und doch so fremd. Warum war er hier? Hier in dieser Welt voller Finsternis und Silberstreife. Er wollte seinen Augen öffnen, doch spürte er, wie eine feingliedrige Hand, sich auf seine Lider legte.
Όχι, αγαπητό μου γιο.
Δεν μπορείτε ακόμανα δείτε τα θαύματα αυτού του βασιλείου.
Da war sie wieder. Diese Stimme von sanfter Kälte. Er wollte etwas sagen, doch blieb sein Mund geschlossen. Er spürte wie eine zweite Hand, sich auf seine Brust legte. Sie war warm. Und er fühlte etwas wie... Geborgenheit?
Noch ehe er weiter dahin schwamm, spürte er, wie sich zarte Lippen auf seine Stirn legten. Ein Kuss. Und doch soviel mehr.
Ξύπνα.
Er schlug seine Augen auf und atmete so tief ein, als er ob noch nie zuvor geatmet hatte. Ein silbernes Licht blitzte in seinen Augen auf, doch kaum einen Augenblick später, war es wieder verschwunden. Daniel spürte das warme Fell des Wolfes auf seinem Arm und als er seinen Kopf in Richtung des Tieres drehte, da sah er, wie seine eisblauen Augen die Finsternis durchstießen und ihn ansahen.
„Warst du die ganze Zeit bei mir?", fragte er Kaldr leise und der legte seine Ohren etwas an und stupste ihm leicht gegen die Wange. Dann wanderte sein Blick über Daniel und fokussierte etwas hinter ihm. Der Junge drehte seinen Kopf in die andere Richtung sah den Schemen von Annika, wie diese, mit einer Decke über ihrem Körper, auf einem Stuhl sitzend, leise vor sich hin schnarchte. Er schenkte ihr sanftes Lächeln, ehe er seinen Kopf wieder in die Ausgangsposition brachte und an die Decke schaute.
Er konnte sich erinnern, dass er irgendwo gewesen war. Aber nicht wo oder wann. Nur das sanfte Echo jener Frauenstimme, hallte in seinem Kopf wider. Ihre fremde Sprache und ihr Klang und doch fühlte er, dass da noch etwas war. Etwas vertrautes. Doch war dieses Gefühl mit einer Distanz behaftet, dass er sogleich wieder verlor. Stattdessen kam ein Gefühl von Sorglosigkeit und Wärme. Er schmiegte sich an Kaldr und schloss wieder seine Augen. Hinabsteigend in die Tiefe seiner Träume, schlief er letztlich friedlich ein.
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