43 | Aufgedeckte Intrigen
Ihr müsst stark sein. Wir nähern uns dem Finale. Wünsche euch ganz viel Spaß.
Ich schaute nervös auf die Uhr. Lara ließ Raphael jetzt schon eine Viertelstunde warten. Die Tatsache, dass er überhaupt einem Treffen zugestimmt hatte und Lara glaubte, dass er nach diesem Erpressungsversuch noch irgendetwas für sie übrighaben könnte, machte mich wütend genug. Musste sie meine Geduld jetzt auch noch zusätzlich provozieren?
Wenn es nach Raphael gegangen wäre, wäre ich schon längst in Wien, doch ich wollte nicht gehen, ohne ein paar Dinge geklärt und reinen Tisch gemacht zu haben. Ich wollte mit meinen schlechten Erfahrungen abschließen, um nach vorn schauen zu können – und Raphaels Beziehung zu Lara und ihre Intrigen gehörten leider dazu. Es klingelte.
Dass Raphael seine Ex-Freundin in sein Studio bestellte, hatte nur einen einzigen Grund: Er wollte mit ihr nicht gesehen werden. Nicht nach ihren letzten Drohungen. Und auch ich traute ihr nicht mehr über den Weg. Vielleicht war sie sogar bereit, ein Treffen mit ihm als Promo-Move zu nutzen, und hatte das die Verabredung komplett durchgeplant. Ich traute ihr sogar zu, dass sie jemanden darauf ansetzte, sie zu fotografieren, um auch diese Fotos als vermeintliche Paparazzi-Fotos der Presse zuzuspielen.
Also hatte ich sie kurzerhand ins Studio bestellt, wo Raphael sich unbeobachtet fühlte und ich ihr ganz in Ruhe eine Ansage machen konnte, während er mir den Rücken stärkte.
„Sie ist da", sagte Raphael überflüssigerweise. „Wenn du mich brauchst, komme ich raus."
„Das ist lieb, aber ich glaube, sie wird auch so verstehen, was ich ihr zu sagen habe."
Ich stand auf und betätigte den Summer, dann öffnete ich Lara die Tür. Als sie auftauchte und mich verblüfft anstarrte, setzte ich einen ernsten Gesichtsausdruck auf.
„Hi", begrüßte ich sie kurz angebunden, bevor ich ein paar Schritte nach hinten machte und sie hereinließ. Lara musterte mich kurz.
„Wo ist Raphael?"
„Arbeitet an einem Song, aber hat dich sowieso nur herbestellt, damit wir beide uns unterhalten können", erwiderte ich kühl. Am liebsten wäre ich ihr direkt an den Hals gesprungen. Durch ihre intrigante Aktion hatte ich auch den letzten Funken Respekt vor ihr verloren. Lara betrat das Studio und schaute sich kurz beeindruckt um. Ich war ihr dankbar dafür, dass sie sich einen Schleimer-Kommentar verkniff.
„Setz dich", forderte ich auf einen der Sessel auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes.
„Ich will mit Raphael sprechen", keifte Lara und lief durchs Studio, doch ich hielt sie auf.
„Wir müssen uns unterhalten", sagte ich entschieden und drängte sie zu den zwei Sesseln herüber. Mein Blick musste derart angsteinflößend sein, dass sie wortlos in die weichen Polster des Ledersessels sank.
„Bietest du mir wenigstens was zu trinken an?", fragte sie mit einem frechen Grinsen auf den Lippen und brachte mich dazu, meine guten Vorsätze zu vergessen.
„Sag mal, bist du behindert?"
Lara schaute mich aus großen Augen sprachlos an.
„Was?", fragte ich gereizt, „Hast du gedacht, ich bitte dich hierher, um mit dir Smalltalk zu halten? Du weißt ganz genau, weshalb du hier bist. Was soll der Scheiß mit den Fotos, Lara?"
„Das ist eine Sache zwischen Raphael und mir. Also, wenn er da ist, bespreche ich das gern mit ihm", wiederholte sie trotzig. Ich fixierte sie mit meinem Blick, während ich mich ihr gegenübersetzte.
„Wenn er ein Interesse daran hätte, sich mit dir zu unterhalten, würde er jetzt mit uns am Tisch sitzen", stellte ich klar.
„Das mit uns ist vorbei, ganz egal, wie viele Fotos du der Presse von uns zuspielst."
Raphaels ernste Stimme ließ uns herumfahren. Es ärgerte mich, dass er sich nun doch einmischte, statt mich mit ihr alleinzulassen.
„Tu doch nicht so, als wäre dir das alles egal", forderte Lara.
„Du kannst denen tausend Fotos schicken. Mich interessiert das nicht. Außerdem hast du mich verlassen, nicht umgekehrt. Für deine Karriere. Ist ja dein schlechtes Image, nicht meins", sagte Raphael, so, als wäre es ihm wirklich egal.
„Mein schlechtes Image?", wiederholte Lara gereizt.
„Stimmt. Du hast ja nicht mal ein Image, genauso wenig wie eine richtige Karriere", konterte er und genoss das wütende Funkeln in Laras Augen.
„Du bist echt ein Arschloch", schnaubte Lara.
„Glaubst du wirklich, ich lasse zu, dass du dich mit einem schlechten Promo-Move an mir hochziehst?", fragte er und musterte sie ernst. Lara stieß einen verächtlichen Laut aus.
„Als ob ich das nötig hätte!"
„Warum drohst du ihm sonst damit? Was versprichst du dir davon?", versuchte ich, sie aus der Reserve zu locken.
„Du verstehst es echt nicht, oder?", fragte Lara, so, als läge die Antwort ganz offensichtlich auf der Hand, und beugte sich mir entgegen.
„Erklär's mir doch", forderte ich und spiegelte ihre Körperhaltung.
„Dieses Mädchen nutzt dich doch nur aus", sagte sie ernst, ehe sie sich wieder an Raphael wandte. Sofort begann mein Blut zu kochen.
„Dieses Mädchen ist meine Freundin und ich liebe sie", stellte er entschieden klar. Laras Augen funkelten enttäuscht.
„Aber liebt sie dich auch? Wäre sie auch mit dir zusammen, wenn du genauso wenig Erfolg hättest, wie früher?"
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Wie konnte dieses Miststück es wagen, so etwas zu sagen, nachdem sie jetzt, wo er auf dem Zenit seiner Karriere stand, probierte, ihn mit intriganten Mitteln erneut an sich zu binden?
„Wie kannst du dir überhaupt rausnehmen, so über sie zu urteilen, aber gleichzeitig zu mir zurückgekrochen kommen wie eine Hündin, jetzt auf einmal, wo ich Hype habe?!", fasste mein Freund meine Gedanken zusammen.
„Ich habe dich immer unterstützt, als du noch keinen Erfolg hattest!", stellte sie klar.
„Hast du – und dann hast du auf einmal Schluss gemacht", erwiderte er trocken.
„Ich weiß, dass das ein Fehler war", sagte sie reumütig.
„Versuchst du deshalb, unsere Beziehung zu sabotieren?", sprach ich meine Gedanken offen aus.
„Ich sabotiere gar nichts!", wies sie die Anschuldigung von sich.
„Und dass du Jamaal von uns erzählt hast, das nennst du nichts?", hakte ich gereizt nach.
„Weil du aus Berechnung mit ihm zusammen bist und ich der Meinung war, dass Jamaal das wissen sollte", gab sie zurück. Es machte mich wütend, dass sie es nicht einmal abstritt.
„Du leugnest es nicht einmal?", fragte Raphael fassungslos.
„Wieso sollte ich?", sagte sie gelassen, „Sie hat was mit einem Künstler angefangen, um sich dadurch Vorteile zu verschaffen. Sie benutzt dich nur. Sie will einen besseren Job, eine Karriere, vielleicht sogar dein Geld. Bist du dir dafür nicht zu schade?"
„Wer gibt dir das Recht, dich da einzumischen?!", schrie Raphael sie auf einmal so laut an, dass sie zusammenzuckte. Sie starrte ihn aus großen Augen überrascht an, als er auf die Tür deutete. „Geh jetzt."
„Spinnst du, mich so anzuschreien?", fragte sie aufgebracht und erhob sich.
„Ich hab keinen Bock mehr auf dich und deine Spielchen! Geh!", forderte er energisch und machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu.
„Wieso glaubst du mir nicht, dass sie nur mit dir spielt? Obwohl sie mit dir zusammen ist, hat sie sich gleichzeitig an Yannic ran geworfen, wahrscheinlich, um ihre Position im Unternehmen zu verbessern! Ich meine, welche anständige Frau mit ernsthaften Absichten macht so etwas? Ich will wirklich nur das Beste für dich, Raphael", versuchte sie, ihn von ihren guten Absichten zu überzeugen.
„Sie hat sich nicht an Yannic ran geworfen, er hat sie sexuell belästigt!", schrie er sie aufgebracht an, als all die tief vergrabenen Schuldgefühle und die Hilflosigkeit wieder hochkamen. Sie starrte ihn aus großen Augen entsetzt an.
„Was redest du denn da?"
„Es stimmt, was er sagt", sagte ich und hatte Schwierigkeiten, meine Emotionen wieder in den Griff zu bekommen.
„Das... das wusste ich nicht. Ich wollte wirklich nur das Beste für Raf", stammelte Lara unbeholfen, als sie den Ernst der Lage verstand. Doch er hatte sich noch immer nicht im Griff und auch ich kämpfte mit meiner Selbstbeherrschung.
„Und deshalb bedrohst du mich und versuchst, meiner Freundin Schwierigkeiten zu bereiten? Ich schwöre dir, Lara, leg dich nicht mit mir an. Wenn du deine Lügengeschichte wirklich erzählen und unsere Beziehung in der Öffentlichkeit breittreten willst – ich bin dabei! Erzähl allen, was für ein Arschloch ich bin und erfinde irgendwelche herzzerreißenden Geschichten rund um uns, aber dann – das garantiere ich dir – bekommst du einen Shitstorm, den das beste Management der Welt nicht mehr bereinigen kann! Wenn du wirklich versuchst, das durchzuziehen, sorge ich dafür, dass deine lächerliche Karriere endet, bevor sie überhaupt anfängt", stellte er energisch klar. Laras Gesichtsausdruck veränderte sich. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass sie gleich anfangen würde, zu weinen.
„Ich wollte dich nicht bedrohen..."
Ihre Stimme war plötzlich ganz leise und ich glaubte, einen Hauch Verzweiflung herauszuhören.
„Warum machst du das dann?!", wollte ich wissen.
Lara hielt meinem Blick stand. Sie bewegte sich noch immer nicht.
„Das war Fabiennes Idee."
Ich brauchte einen Moment, um diese Information zu verarbeiten. Yannics Freundin steckte also dahinter! Meine Finger begannen unangenehm zu jucken. Wieso sollte Fabienne...
Ich unterbrach mich selbst in meinem Gedanken, als ich verstand. Ich lachte verächtlich.
„Dieser kleine, dreckige Hurensohn...", sagte Raphael mehr zu sich selbst, als zu Lara. Auch ich war mir sicher, dass er sich das Ganze ausgedacht hatte, um sich im Nachhinein an Raphael und mir zu rächen. Aber vermutlich würden wir ihm das niemals nachweisen können.
„Es tut mir leid, ich wusste das alles nicht", sagte Lara mit Tränen in den Augen.
„Und du machst dieses Spiel auch noch mit!", sagte er enttäuscht.
„Ich wollte das nicht. Sie haben gesagt, wenn ich das nicht mache, werden sie das Album nicht promoten und ich werde in der Versenkung verschwinden, weil sie mich am langen Arm verhungern lassen", schluchzte sie.
Raphael hielt in seiner Bewegung inne, als auch er verstand, dass sie Lara einfach nur ausgenutzt hatten. Doch leid tat sie mir nicht. Dafür war ich viel zu wütend auf sie, schließlich hatte sie eine Wahl gehabt und die falsche Entscheidung getroffen.
„Warum hast du nicht nein gesagt? Ist dir eine Karriere wirklich so wichtig, dass du dafür über Leichen gehst?", fragte Raphael fassungslos und machte ein paar Schritte zur Tür des Studios.
„So ist das nicht!", beteuerte sie, „Ich dachte erst, dass sie dich wirklich nicht liebt, weil Fabienne erzählt hat, dass sie sich an Yannic rangemacht hat."
Ich verstand, warum Yannic nicht versucht hatte, Fabienne davon zu überzeugen, statt Laras die Karriere meines Freundes zu sabotieren; das Label verdiente viel zu viel Geld mit John und mir, als dass sie sich das hätten leisten können. Und auf diese Weise hätten alle Künstler finanziell von einem Skandal profitiert. Lara war nur irgendein Mädchen, dass gern berühmt geworden wäre und alles dafür getan hätte. Dieses Wissen hatte Yannic gemeinsam mit Fabienne ausgenutzt.
„Du solltest jetzt gehen", sagte ich kühl zu Lara und zog die Tür zum Studio auf. Lara schluckte.
„Es tut mir wirklich sehr leid", beteuerte sie und strich sich nervös eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor sie uns einen letzten, reumütigen Blick zuwarf und dann meinem durchbohrenden Blick auswich.
Als ich die Tür hinter Lara ins Schloss warf, atmete ich tief durch und schloss einen Moment die Augen. Mein Puls raste, meine Gedanken überschlugen sich.
„Ich hätte diesen Bastard kaputtschlagen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte", sagte Raphael. Ich öffnete meine Augen und machte ein paar Schritte auf ihn zu. Seine Hände zitterten vor Wut.
„Gut, dass du es nicht getan hast", sagte ich ehrlich. „Das hätte nur Stress gegeben."
Er fiel erschöpft in den Sessel.
„Ich hoffe, die Wahrheit zieht dich nicht noch mehr runter", sprach er seine Gedanken offen aus. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Jetzt, wo ich weiß, wem wir das alles zu verdanken haben, kann ich besser damit umgehen. Ich finde es einfach schlimm, dass ich freiwillig das Handtuch geschmissen habe und er weiter auf diesem Stuhl in seinem Büro sitzt, dabei hätte er verdient, dass seine Karriere an der Stelle vorbei ist."
Er seufzte.
„Ich weiß, dass du damit abschließen willst, aber ich muss mit Jamaal reden."
Ich runzelte die Stirn.
„Weshalb willst du-"
Ich brach ab, als ich verstand.
„Das musst du nicht."
„Das werde ich aber."
Wie hat euch das Kapitel denn gefallen? Habt ihr damit gerechnet? Nur noch 2 Kapitel, ich bin traurig.
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