35 | Fettnäpfchen
Ich weiß, eigentlich wollte ich mehr Kapitel diese Woche hochladen, aber ich habe es noch nicht geschafft, und mittlerweile entschieden, einen Teil der Geschichte nochmal umzuschreiben. Mal sehen, ob das klappt und ich es zeitnah hinbekomme. Hier erst mal das neue Kapitel. Viel Spaß.
Als ich am späten Abend nach Hause kam, sah ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Edita sah nicht gut aus. Ihre Augen waren traurig. Sie hatte geweint. Ich seufzte lautlos.
„Haben sie dir gekündigt?"
Editas Blick wurde direkt noch etwas trauriger.
„Nein", antwortete sie traurig.
Ich fiel neben ihr auf die Couch und legte meinen Arm um sie, bevor ich ihr einen Kuss auf die Stirn drückte. Sie schmiegte sich an mich.
„Was ist dann passiert?", wollte ich wissen und schaute in ihre traurigen Augen.
„Es sind die anderen Mädchen auf der Arbeit", sagte sie leise. Ich strich ihr eine verlorene Haarsträhne hinters Ohr.
„Was ist mit denen?"
„Sie hassen mich", sagte sie traurig.
Ich musterte sie kurz schweigend.
„Warum? Weil ich dich flachlege und nicht sie?", fragte ich, um sie zum Lachen zu bringen, doch sie zeigte keinerlei emotionale Regung.
„Sie haben mir klar zu verstehen gegeben, dass ich in ihren Augen eine Schlampe bin, die sich sowohl John, als auch dich aufgerissen hat – und weil ich so ein unersättliches Miststück bin, habe ich es auch noch bei Yannic versucht."
Ich verdrehte die Augen.
„Ich dachte, du gibst nichts mehr auf das, was andere über dich sagen", erinnerte ich sie an ihre eigenen Worte.
„Eine von ihnen ist Yannics Freundin", sagte sie. Ich glaubte, mich verhört zu haben.
„Ernsthaft?!"
„Ganz ernsthaft. Ein halbes Jahr scheinbar schon. Das heißt, er hat mich angebaggert und angefasst, obwohl er eine Freundin hatte. Natürlich hat er das so hingestellt, als wäre alles von mir ausgegangen und er hätte keinerlei Interesse an mir. Ich bin also jetzt nicht mehr nur die famegeile Schlampe, die sich von Rappern vögeln lässt, sondern auch noch die Büroschlampe, die ihre Arbeitskollegen anbaggert. Sie meiden mich, sie reden nicht mit mir, sie lassen mich wissen, dass sie keinen Wert mehr auf mich legen. Die Arbeit dort hat mir wirklich Spaß gemacht, aber so..."
Ich seufzte lautlos, legte meinen Kopf gegen ihren und schlang meine Arme fester um sie. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie war nur noch ein Schatten der starken Frau, in die ich mich verliebt hatte. Derzeit schien von ihrem einstigen Selbstbewusstsein jedenfalls nicht mehr viel übrig. Die Edita, die mir damals auf der Straße unmissverständlich ungefragt ihre Meinung ins Gesicht gespuckt hatte, würde sich keine Sekunde von irgendwelchen verrückten, neidischen Furien so behandeln lassen.
„Tut mir leid", sagte ich. Ich meinte es auch so.
„Ich will nur noch irgendwie die Kündigungsfrist überstehen", sagte sie.
„Du solltest dich krankschreiben lassen. Tu dir das nicht länger an", sagte ich.
„Du weißt genau, warum ich das nicht will. Erstens-"
„Sie können dir auch am Ende ein beschissenes Zeugnis schreiben, ganz egal, was du machst", unterbrach ich sie. Sie schluckte.
„Ich weiß, aber ich habe mir mal geschworen, nie wieder vor etwas davonzulaufen."
Ich verdrehte die Augen.
„Du musst niemandem etwas beweisen, auch nicht dir selbst. Wenn es dir nicht guttut, solltest du aufhören, kündigen und dich für den Rest der Zeit krankschreiben lassen. Ich kann nicht mit ansehen, wie es dir immer schlechter geht. Ich mache mir Sorgen um dich", sagte ich entschieden.
Ehe sie etwas sage konnte, unterbrach uns das Klingeln meines Handys. Ich zog es aus der Tasche und warf einen Blick darauf. Ich wollte es gerade weglegen, als Edita mich von der Seite fragend anschaute. Fuck. Sie hatte es gesehen.
„Wieso ruft sie dich an?", wollte sie wissen. Ich zuckte mit den Schultern.
„Sie will reden. Ich gehe aber nicht ran."
„Wieso hast du ihre Nummer überhaupt gespeichert?", fragte sie misstrauisch.
„Damit ich weiß, dass ich nicht rangehen muss?", fragte ich gereizt.
„Vielleicht sollte ich rangehen und mich bei ihr dafür bedanken, dass ich dank ihr meinen Job freiwillig hinschmeiße", sagte sie, doch als sie nach meinem Handy griff, zog ich es weg. Sie musterte mich mürrisch. „Was? Sie hat dazu beigetragen, mein Leben zu zerstören."
„Jetzt übertreibst du etwas", sagte ich entschieden. Sie löste sich von mir und sah fassungslos in mein Gesicht.
„Ach, ich übertreibe also, ja?"
Sie rückte von mir ab.
„So habe ich das nicht gemeint", sagte ich.
„Wie hast du es denn gemeint?", wollte sie wissen.
„Du hast zwar Stress auf der Arbeit, aber es ist nicht nur ihre Schuld. Yannic, John und ich haben einen großen Teil dazu beigetragen. Außerdem bin ich doch bei dir, oder nicht?"
„Das macht es natürlich besser!", platzte es aus hier heraus. Ich schaute überrascht in ihr Gesicht. Es war faszinierend, wie schnell sie von traurig zu angriffslustig wechseln konnte.
„Das ist nicht einfach nur gewöhnlicher Stress auf der Arbeit! Aber du hast leicht Reden! Du hast keine Ahnung, wie es ist, ausgegrenzt und gemieden zu werden! Du weißt nicht, wie belastend so etwas ist! Aber wie solltest du auch? Schließlich hast du lang genug auf der anderen Seite gestanden!"
Mit den Worten stand sie auf und ließ mich allein im Wohnzimmer zurück. Es nervte mich, dass sie – wieder einmal – die Vergangenheit hervorholte. Das war einfach nicht fair, schließlich versuchte ich wirklich, ihr zu helfen. Trotzdem quälte mich mein Gewissen. Ich wollte nicht auch noch mit ihr streiten; nicht in dieser Situation, schließlich sollte ich ihr den Rücken stärken. Also folgte ich ihr ins Schlafzimmer, um die Sache zu klären.
Zu sehen, wie sie sich eine Träne aus dem Gesicht strich, tat mir leid. Ich hatte nicht gewollt, dass sie sich noch schlechter fühlte. Sie schaute mich nicht an. Stattdessen drückte sie sich an mir vorbei in den Flur. Dort schlüpfte sie in ihre Pumps. Ich folgte ihr.
„Wo willst du hin?", fragte ich skeptisch.
Sie antwortete nicht. Ihre Ignoranz machte mich wütend.
„Ich hab dich was gefragt", sagte ich, doch sie schnappte sich schweigend ihre Jacke.
„Edita!"
Ich wirbelte sie wütend an ihrem Handgelenk herum. Sie schaute mich aus großen Augen wütend an.
„Führen wir jetzt so eine Beziehung, ja?", fragte sie gereizt, bevor sie sich ihren Autoschlüssel schnappte und sich von mir abwandte.
„Bleib bitte hier", sagte ich, doch sie ignorierte mich.
„Ich wollte das nicht wieder hochholen, ich habe nicht nachgedacht. Es tut mir leid", versuchte ich es etwas sanfter, doch Edita ließ sich nicht aufhalten.
„Gute Nacht, Raphael", sagte sie, dann ließ sie mich einfach stehen. Ich schaute ihr etwas hilflos hinterher. Kurz dachte ich darüber nach, ihr nachzufahren, wusste jedoch, dass sie mir wahrscheinlich die Tür nicht öffnen würde. Also fiel ich wieder auf meine Couch und verlor mich in meinen Gedanken rund um unsere Beziehung. Warum war mit ihr alles so kompliziert?
Ich weiß, sie ist sehr anstrengend momentan, aber vielleicht können wir ihr verzeihen, weil sie unter einem solch massiven Druck steht. Was meint ihr? Vielleicht nervt sie mich aber auch schon so sehr, dass ich es ihr nicht gönnen würde, wenn Raf weiter so einfühlsam mit ihr umgeht. Oder könnt ihr sie vielleicht sogar verstehen?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top