26 | Nova

Da ist es, das neue Kapitel. Ich wünsche euch viel Spaß :) Ich bin gespannt, wie ihr es findet. 

Ich ließ meinen Blick aus dem Fenster des Wagens schweifen, der uns zur Preisverleihung brachte. John saß neben mir und postete schon die zwanzigste unnötige Story auf seinem Instagram Profil. Er ging voll auf in seiner Rolle als Social Media König. Ich hingegen musste noch immer mit mir kämpfen, regelmäßig etwas hochzuladen. Weil er wusste, dass es mir in dieser Hinsicht an Überwindung fehlte, übernahm John das meistens für mich.

Ich war angespannt. Aber nicht, weil ich heute direkt zweimal nominiert war, sondern weil Edita auch kommen und diesen Yannic im Schlepptau haben würde. Der Gedanke, dass sie auf dieser sinnlosen Veranstaltung diesen erbärmlichen möchtegern-wichtigen Idioten in ihren Anzügen ausgesetzt sein würde, die sich den ganzen Abend selbst beweihräucherten, um anschließend zugegkokst irgendwelche Nutten auf der Toilette wegzuballern, hatte mich schon genug abgefuckt. Schließlich hatte ich nicht wirklich die Möglichkeit, selbst auf sie aufzupassen, da ich ständig irgendwo anders herumhängen musste. Aber dass dieser Yannic sie begleitete, machte es mir noch schwerer. Ich würde meine Augen überall haben müssen, um sie so gut es ging von ihm abzuschirmen – und das, ohne aufzufallen.

Ich hatte darüber nachgedacht, John einzuweihen, doch wir waren dazu bisher nicht gekommen. Jetzt, als wir zu zweit in diesem Wagen saßen, störte mich die Anwesenheit des Fahrers. Vor dem konnte ich es auf keinen Fall erzählen.

Ich musste einen guten Moment abwarten, indem wir beide ungestört waren. Ganz bestimmt hätte John ein paar gute Ideen.

Als wir die Halle erreichten, in der die Verleihung stattfand, standen bereits unzählige Fans vor dem Gebäude und warteten auf ihre Lieblings-Acts. Mir war heute überhaupt nicht danach, nett zu lächeln oder Fotos zu machen. Ich wollte einfach nur in die Halle, Edita finden und mich vergewissern, dass es ihr gut ging.

John hielt mit seinem Handy voll drauf, als wir aus dem Wagen stiegen und von einem lauten Gekreische begrüßt wurden. Wir bahnten uns, gefolgt von unseren Jungs, die in einem zweiten Wagen hinter uns hergefahren waren, unseren Weg über den roten Teppich. Hier und da mussten wir stehenbleiben, für Fotos posieren oder ein paar warme Worte in irgendwelche Kameras sprechen, wenn wir von irgendwelchen Moderatoren abgefangen wurden.

Ich versuchte, nicht so genervt auszusehen, wie ich mich fühlte. Ich liebte diesen Rummel und genoss unseren Erfolg eigentlich. Heute wurde er davon überschattet, dass ich das Gefühl hatte, mich um meine Freundin kümmern zu müssen.

Ich schmunzelte.

Meine Freundin.

Es fühlte sich gut an, so über Edita zu denken.

Als ich Edita entdeckte, hielt mir gerade eine blonde Reporterin in einem lilafarbenen Kleid ein Mikrofon ins Gesicht und fragte mich, wie es mir ging. Doch mein Blick klebte an Edita und ihrem grünen, knielangen Abendkleid, das ihre Figur wirklich gut in Szene setzte. Ihre Haare fielen offen in leichten Wellen über ihre Schultern und ich fragte mich, wie ich diesen Abend nur überstehen sollte.

John stand neben mir und musterte mich erwartungsvoll, also wandte ich meinen Blick von Edita ab und beantwortete die Frage.

„Was erwartet ihr denn vom heutigen Abend?", fragte die Blonde, doch mein Blick glitt schon wieder zu Edita und ihren beiden Begleitern. Jamaal hatte sich in einen sündhaft teuren, lilafarbenen Anzug geworfen. Der blonde, groß gewachsene Typ im klassischen, marinefarbenen Anzug neben ihm musste Yannic sein. Entgegen meiner Aussage war ich noch nicht dazu gekommen, die Angelegenheit zu klären, beziehungsweise klären zu lassen. Unter anderen Umständen hätte ich das selbst geregelt, aber das ging nicht. Nicht, ohne alles zwischen Edita und mir auffliegen zu lassen und sie damit in eine unangenehme Situation zu bringen.

„Wir nehmen die Awards natürlich mit nach Hause", riss John mich wieder in unser kurzes Interview mit der Blonden zurück, von der ich nicht einmal wusste, von welchem Sender sie war.

„Auf jeden Fall", pflichtete ich John bei, „Und wenn nicht, freuen wir uns für all unsere Brüder, die mit uns in derselben Kategorie nominiert sind."

Die Blondine fragte irgendetwas, doch ich hörte ihr nicht mehr zu. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, ruhig zu bleiben, denn im Augenwinkel konnte ich sehen, dass Yannic seine Hand an Editas Rücken legte, während sie Jamaal über den Roten Teppich in Richtung Eingang folgten.

„Ich finde, man darf das hier nicht als Konkurrenzkampf sehen", hörte ich John sagen, versuchte jedoch weiterhin, Edita mit meinen Augen zu verfolgen. Zu sehen, dass Yannics Hand immer tiefer wanderte und Edita sich irgendwann genervt zur Seite drehte, um seiner Berührung zu entfliehen, brachte mein Blut zum Kochen. Es bereitete mir zunehmend Mühe, mich zu kontrollieren. Ich wollte zu Yannic gehen, ihn von Edita wegzerren und auf ein einschlagen, bis er nicht mehr aufstand.

„Ich wünsche Euch viel Glück heute Abend", sagte die Blonde und schenkte mir ein Lächeln. Ich erwiderte es. „Danke", sagte ich höflich, bevor ich mich endlich mit John von ihr loseisen konnte.

„Was ist los mit dir?", fragte John, als wir uns unseren Weg in Richtung Eingang bahnten. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu.

„Ich hab jemanden gesehen", antwortete ich so vage wie möglich, als wir den Eingang erreichten. Dort erwartete uns bereits Ronny mit unseren Bändchen, die er vorab für uns abgeholt hatte.

Während wir uns einen Überblick über die Location verschafften, schaute ich mich immer wieder suchend nach Edita um. Es machte mich wahnsinnig, dass ich sie nicht entdeckte.

„Wir sitzen da vorne", klärte Maxwell mich auf, als wir die Jungs schließlich drinnen wiederfanden. Er deutete auf eine der mittleren Sitzreihen. Ich wollte gerade etwas sagen, als ich ein paar Reihen unter mir Jamaal entdeckte. Er stand dort und unterhielt sich angeregt mit irgendeinem anderen Anzugträger.

„Ich hasse diese Warterei", sagte John und steckte sich einen Joint zwischen die Lippen.

„Ich glaube, Rauchen ist hier nicht erlaubt, Bruder", sagte ich.

Er zuckte nur desinteressiert mit den Schultern.

„Mir doch egal. Sollen sich ficken", erwiderte er gleichgültig und zündete den Joint an, bewegte sich dann aber doch noch in Richtung Ausgang. Ich schmunzelte. Das konnte ja noch was werden.

Praktischerweise führte unser Weg nach draußen uns geradewegs an Jamaal vorbei. Also blieben wir kurz stehen, um ihm zu begrüßen.

„Bist du allein hier?", fragte ich scheinheilig, als sein Gesprächspartner, der sich als irgendein Typ vom Vertrieb herausgestellt hatte, verschwunden war. Jamaal schaute sich suchend um.

„Nee, ich hab ein paar Leute dabei, aber ich hab keine Ahnung, wo die schon wieder sind", erwiderte er. Die Vorstellung, dass Edita irgendwo mit Yannic allein und ihm vielleicht sogar ausgeliefert war, machte mich nur noch nervöser.

„Ich habe dir deine Cola besorgt."

Editas Stimme ließ mich erleichtert herumfahren. Sie kam gerade mit zwei kleinen Colaflaschen in den Händen auf uns zu und reichte eine davon an Jamaal weiter.

„Hey..."

Edita gelang es ganz gut, ihre Unsicherheit mit einem strahlenden Lächeln zu überspielen, bevor sie zuerst John und dann mich mit einem Händedruck begrüßte.

„Hey, Edita. Geht's dir gut?", fragte ich und schaute ihr prüfend in die Augen. Edita wusste genau, dass ich das nicht einfach als oberflächliche Begrüßungsfloskel meinte. Sie nickte.

„Ja, alles super, wirklich. Und bei dir?", fragte sie und lächelte über die unangenehme Situation hinweg.

„Mir geht's gut, danke", sagte ich.

„Wo hast du Yannic gelassen?", fragte Jamaal irritiert und schaute sich ein weiteres Mal um. Sofort spannte sich jeder einzelne Muskel meines Körpers an.

„Sie hat mich bei den Getränken abgehängt."

Ich fuhr gemeinsam mit den anderen zu Yannic herum. Er wirkte etwas mürrisch, doch als er John und mich erkannte, setzte er ein Fake-Lächeln auf und stellte sich uns vor. Ich hasste diese ganzen Blender!

Ich verwickelte Jamaal in ein unnötiges Gespräch über die Tourplanung, nur, um noch ein wenig länger in Editas Nähe zu sein. Doch irgendwann mussten wir weiterziehen, um nicht aufzufallen.

„Wir sehen uns später", sagte John jetzt und zog demonstrativ an seinem Joint, bevor er als Erster von uns seinen Weg in Richtung Ausgang fortsetzte. Ich warf Edita einen letzten prüfenden Blick zu, bevor ich ihm folgte.

„Du hast sie gefickt."

Ich starrte John aus großen Augen sprachlos an, als er auf dem Weg nach draußen plötzlich stehenblieb und mich mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen wissend anstierte.

Woher zum Teufel wusste er das?!

John lachte amüsiert, als er meinen verblüfften Blick sah. Ich hatte ihm seit Editas Abgang von der Party nichts mehr von uns erzählt.

„Du kannst mir nichts vormachen. Du hast sie gerade direkt noch mal geblickfickt", sagte er überzeugt, dann zog er an seinem Joint und hielt ihn mir hin. „Hier, siehst so aus, als könntest du nen Zug gebrauchen."

Ich nahm den Joint und zog daran.

„Mal im Ernst, Bruder, woher weißt du-?", fragte ich überrascht. John grinste.

„Ihr Blick. Dein Verhalten. Sofort erkannt. Auf dem Roten Teppich schon."

Kurz schaute ich mich um, nur, um sicherzugehen, dass uns niemand belauschte.

„Das zwischen uns ist was Ernstes", sagte ich dann leise, zog noch einmal, dann gab ich ihm den Joint wieder. Es fühlte sich an wie eine Befreiung, John von uns zu erzählen. Er lächelte. „Weiß ich doch. Hast du's deshalb nicht erzählt?"

Ich nickte.

„Keine Sorge, bleibt unter uns."

„Dieser Yannic belästigt sie auf der Arbeit", fügte ich leise hinzu.

John wurde ernst.

„Was meinst du?"

„Sexuell."

Sein Blick verdunkelte sich.

„Regeln wir heute im Laufe des Abends", versicherte er mir, dann setzten wir unseren Weg nach draußen fort.

„Raf..."

Ich seufzte lautlos, als ich ihre Stimme hinter mir hörte. Obwohl ich es nicht wollte, fuhr ich zu ihr herum. Blöde Reflexe.

„Hey, Lara."

Ich weiß, so extrem viel Spektakuläres ist nicht passiert, obwohl, doch. Immerhin belästigt Yannic Edita jetzt öffentlich und außerdem hängt auch Lara dort herum. Eigentlich kann der Abend dann ja nur in einer Katastrophe enden, oder was sagt ihr?

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