19 | Rosarot

Ich hoffe, es gefällt euch. Also ich liebe es, aber das müsst ihr entscheiden :)

Ich fuhr mir lächelnd mit der Hand über das Gesicht, als ich meinen Wagen rechts vom Gebäude abstellte. Noch immer ging mir Edita nicht aus dem Kopf; nicht, weil es mich so sehr erregt hatte, sie zu küssen, sondern, weil ich mich wirklich zu ihr hingezogen fühlte. Es war ihr gelungen, mich in ihren Bann zu ziehen.

Ich hatte meine Worte ernst gemeint. Auch, wenn ich sie attraktiv fand – ihre sexuellen Reize waren nur sekundär wichtig. Sie war wichtig; sie als Mensch und dass wir einen Weg fanden, einander zu vertrauen. Gerade deshalb wollte ich ihr zeigen, dass ich sie nicht auf ihre sexuellen Reize reduzierte und hatte meinen dummen Spruch noch bereut, während ich ihn ausgesprochen hatte. Mich mit ihr in all diesen zärtlichen Küssen zu verlieren, hatte mich beinah wahnsinnig gemacht; auf eine lieblich-süße Art und Weise. Doch obwohl mich dieser atemberaubende Austausch von Zärtlichkeiten fast schon qualvoll angeturnt hatte, hatte ich es nicht darauf angelegt, Edita zu verführen, sondern hatte die Situation aufgelöst, um nicht in das nächste Fettnäpfchen zu treten. Ich wollte ihr zeigen, dass mir die Sache zwischen uns ernst war. Sie war nicht irgendeine Frau für mich und sie sollte das spüren. Gerade bei unserer Vergangenheit wäre es noch viel zu früh gewesen, mit ihr zu schlafen.

„Tut mir leid, aber ich hoffe du verstehst, dass ich dich allein lassen musste", tippte ich und schickte den Text an Edita, bevor ich aus dem Auto stieg. Es dauerte keine Minute, bis das Smartphone in meiner Hosentasche vibrierte. Ich zog es wieder heraus und warf einen Blick auf Editas Antwort.

„Macht nichts. Ich mache mir einen schönen Abend mit dem heißen Barbaren aus Game of Thrones."

Ich lachte auf. Meinte sie Khal Drogo? Was fanden die Weiber nur an dem Typen?

„Der stirbt in der ersten Staffel und außerdem schminkt er sich. Ich habe mehr von dir erwartet", tippte ich schmunzelnd zurück.

„Dafür ist er ein richtiger Mann und kümmert sich um Daenerys, statt sie sich selbst zu überlassen", antwortete sie. Ich lachte.

„Du wirst dir noch wünschen, dass ich dich dir selbst überlasse", versicherte ich ihr, wohl wissend, dass ich die nächste freche Anspielung vom Stapel ließ. Doch jetzt, wo ich ihr deutlich gesagt hatte, worauf es mir wirklich ankam, hoffte ich, dass sie mir meinen derben Humor nicht länger übelnahm.

„Versprich nichts, das du nicht halten kannst."

Ich lächelte. Ich mochte diesen stetigen kleinen Schlagabtausch zwischen uns.

„Morgen Abend, acht Uhr, bei mir", tippte ich und wechselte einfach das Thema.

„Sollte das eine Art unhöfliche Einladung sein?", wollte sie wissen.

„Ich schick dir die Adresse. Bis morgen", schrieb ich, statt auf ihren indirekten Protest einzugehen, und legte mein Handy zur Seite.

Zum Glück schlug ich mir die gesamte Nacht mit John um die Ohren und konnte verhindern, dass meine Gedanken immer wieder zu Edita zurückkehrten.

Dabei hatte ich bis heute Nachmittag wirklich selbst nicht mehr damit gerechnet, dass überhaupt noch etwas zwischen uns passieren würde.

Nach ihrer letzten Zurückweisung vor ein paar Wochen hatte ich mich bei ihr nicht mehr gemeldet. Ich war wirklich abgefuckt von diesem nervigen Hin und Her und hatte keinen Bock darauf, ihr nachzulaufen.

Aber auch Edita hatte sich bei mir nicht gemeldet, also hatte ich es einfach erstmal laufen lassen. Erst, als ich sie heute im Büro gesehen hatte und sie wieder so distanziert gewesen war, war mir schließlich der Geduldsfaden gerissen.

Ich hatte keinen Bock mehr auf diesen nervigen Schwebezustand, also hatte ich entschieden, das zwischen uns jetzt endgültig zu regeln.; ich hatte mich dagegen entschieden, sie weiterhin zu sehen und so zu tun, als wäre nie etwas zwischen uns vorgefallen. Ich hatte keinen Bock darauf, weiter darauf zu warten, wie sich das zwischen uns entwickelte. Ich wollte Edita – und zwar ohne das ganze Drama drum herum. Ich wollte, dass sie sich endlich eingestand, mich auch zu mögen.

Als ich Edita vor ihrem Haus überrascht hatte, hatte ich es in Editas Augen gesehen. Sie versuchte, irgendeine lächerliche Fassade aufrecht zu erhalten und versteckte sich hinter dem Vorwand der Professionalität, nur, um sich mir zu entziehen. Dabei war es dafür schon lange zu spät. Also hatte ich einfach alle Einwände ignoriert und sie geküsst. Es war an der Zeit, die ganze Vergangenheit hinter uns zu lassen.

Am Abend des folgenden Tages warf ich achtlos die Tür des Kleiderschranks hinter mir zu. Edita würde gleich hier sein. Ich war in den letzten Tagen aber durch die viele Arbeit im Studio kaum zuhause gewesen und deshalb nicht zum Aufräumen gekommen. Also versuchte ich, oberflächlich Ordnung zu schaffen.

Obwohl ich mit dem Gedanken spielte, mir ein Haus zu kaufen, wohnte ich derzeit noch immer in einer schönen, hellen Maisonette-Wohnung auf zwei Etagen. Ich war momentan nicht so oft hier und sah deshalb noch nicht den Sinn darin, umzuziehen oder mich räumlich zu vergrößern. Neben meiner Wohnung in Berlin hatte ich mir noch eine Wohnung in Wien gekauft, in der ich schlief, wenn ich dort war.

In den nächsten Wochen würde ich neben den Studioterminen viel mit John unterwegs sein, um ein paar Auftritte zu spielen. Deshalb war es mir wichtig, dass wir uns nach unserer Versöhnung – wenn man es so nennen konnte – noch einmal sahen, bevor ich erst einmal wieder auf Achse war.

Es war seltsam, doch seit ich mich entschieden hatte, einen Neuanfang zu machen und Edita und mir eine Chance zu geben, hatte ich ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Das Interesse der Medien an Raf Camora war gerade riesengroß und ich hatte nur wenig Zeit, mich auf eine ernsthafte Beziehung mit Edita einzustellen. Natürlich war mir das auch vorher bewusst gewesen, trotzdem wollte ich Edita an meiner Seite, also musste ich es irgendwie hinkriegen.

Inzwischen war es okay für mich, dass ich mich ab und zu dabei erwischte, wie ich an sie dachte und dabei zufrieden lächelte.

Als es an der Tür klingelte, warf ich einen flüchtigen Blick in den Spiegel im Schlafzimmer. Ich hatte mich für eine lässige Jogginghose und ein T-Shirt entschieden. Mich zu rasieren, hatte ich nicht mehr geschafft. Also musste Edita sich mit meinem inzwischen für mich typischen Dreitagebart zufriedengeben.

Ich verließ das Schlafzimmer, lief die Treppe nach unten und betätigte den Summer. Dann erwartete ich Edita im Türrahmen meiner Wohnungstür und schob dabei meine Hände in die Hosentaschen. Als sie am Treppenabsatz auftauchte, lächelte ich unwillkürlich. Sie trug eine bequeme dunkle Jeans und einen hellen Pullover, dazu einen seidigen bunten Schal und Sneakers. Als sie mich sah, begann sie zu grinsen.

„Hey...", begrüßte sie mich und drückte mir einen Kuss auf. Ich genoss es einen Moment, ihre Lippen auf meinen zu spüren. Ich fuhr mit meinen Händen durch ihre offenen Haare und drückte meine Lippen etwas länger als nötig auf ihre. Dann trat ich nach hinten und ließ sie herein. Sie machte einen Schritt nach vorn und schaute sich kurz zu allen Seiten um. Da die Wohnung offen gestaltet war, hatte sie schon von der Wohnungstür aus einen guten Überblick über das rechts gelegene Wohnzimmer, die offene Küche und den Essbereich, die Wendeltreppe, die nach oben führte, und die Empore, auf der sich das Schlafzimmer und das Bad befanden.

„Wow, richtig riesig", sagte sie und zog ihre Schuhe aus. Ich schmunzelte. Im Gegensatz zu ihrer Wohnung war meine geradezu ein Palast, trotzdem war alles eher schlicht eingerichtet.

Ich mochte es gemütlich, für mich musste es keine weiße Designer-Linie sein. Mir reichte eine schlichte Schrankwand-Kombination im Wohnzimmer mit einer spärlichen Wohnlandschaft bestehend aus einer Couch, einem Sessel und einem Wohnzimmertisch. An der Wand stand ein Regal, in dem ich meine Plattensammlung aufbewahrte. In einer kleinen Ecke hatte ich provisorisch mein Büro eingerichtet, worauf ein kleiner Schreibtisch, ein Schreibtischstuhl und ein paar Aktenordner hindeuteten. In der anderen Ecke standen meine Anlage und eine Gitarre, immerhin liebte ich Musik. In Fensternähe standen ein paar Grünpflanzen. Mein Bad war auch eher einfach gehalten. Schlichte weiße Kacheln, eine Badewanne und eine Dusche. Ein kleines schmales Längsfenster ließ helles Licht herein.

Ich folgte Edita in mein Wohnzimmer. Dort ließ sie sich auf die Couch fallen und schaute sich um.

„Dein Fernseher ist schon... dezent, oder?", stellte sie trocken fest, als sie auf den riesigen 60-Zoll-Flachbildschirm an der Wand starrte. Ich grinste. „Ich weiß, er ist eher unauffällig..."

Edita schüttelte beeindruckt den Kopf.

„Kompensierst du damit irgendwas?", fragte sie frech und ich ließ mich neben sie auf die Couch fallen.

„Meinen kleinen Schwanz...", sagte ich trocken.

Edita seufzte betreten.

„Kann ich verstehen", sagte sie in derselben Tonlage.

Ich stand wirklich auf ihren Humor und noch mehr stand ich darauf, dass sie meinen – oft doch recht stumpfen – Humor verstand.

„Wir können natürlich auch lieber bei dir zuhause auf deinem Hobbit-TV einen Film schauen, wenn du dich dann besser fühlst."

Edita lachte, dann sank sie in meine Arme. Einen Moment schauten wir einander einfach nur schweigend in die Augen, bis sie schließlich zu sprechen begann.

„Seid ihr denn gut vorangekommen?"

„Ja, wir haben die halbe Nacht gejammt und gesoffen, deshalb erwarte heute nicht all zu viel von mir", grinste ich. Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich habe wirklich Respekt vor deinem Lifestyle. Mir wäre das alles zu anstrengend. Ich brauche einfach meinen Schlaf. Die nächsten Monate steht ziemlich viel an bei dir, oder?"

Ich nickte. Sie hatte Recht. Wir würden ein paar Shows spielen und planten ein paar Videodrehs. Der übliche Wahnsinn würde uns also schon sehr bald einholen. Außerdem plante John auch noch ein Solo-Projekt und hatte schon mehrfach fallenlassen, dass nur ich ihn produzieren durfte.

„Ja, aber wir spielen jetzt erstmal die Shows vom letzten Album, da können wir schon ein paar neue Songs vorstellen. Sobald das neue Album kommt, wird es wahrscheinlich echt wild", sagte ich nachdenklich.

„Wird bestimmt komisch ohne dich", sagte sie gedankenverloren. Ich lächelte.

„Ich will nicht lügen. Ich komme bestimmt nicht oft dazu, mich zu melden in den nächsten Wochen. Aber das heißt nicht, dass ich nicht an dich denken muss."

Sie grinste.

„Was?", wollte ich wissen.

„Du gibst also zu, dass du an mich denkst", stellte sie zufrieden fest.

Ich musste gestehen, dass ich mich ihr gegenüber mittlerweile immer mehr öffnete, was für mich wirklich ungewöhnlich war.

„Du hättest mir ruhig sagen können, dass es morgen schon losgeht", fügte sie hinzu, als ich nicht auf ihre letzten Worte reagierte. Ich seufzte lautlos.

„Es hat sich irgendwie nicht ergeben. Für mich war es wichtiger, andere Sachen mit dir zu besprechen. Außerdem wusste ich, dass du durch Jamaal weißt, was bei mir passiert. War keine böse Absicht, aber ich hätte heute sowieso mit dir darüber gesprochen", erklärte ich.

„Schon okay", sagte sie zu meiner Erleichterung, statt aus der Sache jetzt ein Drama zu machen.

„Hast du Hunger? Wir könnten uns was bestellen", schlug ich vor, um das Thema zu wechseln. Sie lächelte. „Was hast du dir vorgestellt?" Ich zuckte mit den Schultern. „Mir egal. Entscheide du, worauf du Hunger hast."

Edita entschied sich für einen Pizzalieferdienst. Nach der Bestellung über eine App lagen wir kuschelnd auf meiner Couch und unterhielten uns. Sie erzählte mir von den neuesten Entwicklungen auf der Arbeit, von ihrer Sehnsucht nach ihren Eltern und dass sie ihre beste Freundin Monika für ein paar Tage nach Berlin einladen wollte. Ich berichtete im Gegenzug von meinem Wunsch, mir ein neues Auto zu kaufen und meine Großeltern so schnell wie möglich wieder zu besuchen.

Erst, nachdem wir die Pizza verdrückt hatten, schauten wir uns irgendeinen Film auf Netflix an. Dabei hielt ich sie in meinem Arm und sie streichelte meinen Bauch. Es fühlte sich gut an, dass sie jetzt zu mir gehörte.

Erst nach dem zweiten Film löste Edita sich von mir und richtete sich auf. Sie wirkte müde und erschöpft und fuhr sich mit ihrer Hand durch die langen Haare. Als sie Anstalten machte, aufzustehen, umfasste ich ihre Hand mit meiner. „Schlaf bei mir."

Es war keine Bitte, sondern vielmehr eine Aufforderung; nicht, weil ich sie flachlegen wollte, sondern, weil es mir nicht passte, dass sie so spät noch nach Hause fuhr. Sie war während des zweiten Films bereits zweimal kurz weggenickt und auch jetzt schien sie nicht sonderlich fit zu sein. Sie zog ihre Unterlippe zwischen die Zähne, während sie mich nachdenklich aus ihren großen, funkelnden Augen betrachtete.

„Du bist müde und solltest dich wirklich hinlegen", fügte ich hinzu, um meine guten Absichten deutlich zu machen. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem leichten Lächeln.

„Hast du was zum Anziehen für mich?"

Nur kurz darauf zog ich eines meiner vielen T-Shirts aus dem Kleiderschrank in meinem Schlafzimmer. Edita, die hinter mir stand und geduldig wartete, zog ich zu mir heran und drückte ihr das T-Shirt in die Hand.

„Hier", sagte ich und lächelte, während ich sie mir darin vorstellte.

„Danke", sagte sie, drückte mir einen Kuss auf und verschwand in meinem Badezimmer. Als sie zurückkehrte, hatte sie ihre Jeans und den Pullover gegen das ihr viel zu große Shirt getauscht. Ich hatte mein Shirt bereits über den Kopf gezogen und stand nur in Jogginghose vor ihr. Sie senkte ihren Blick.

„Was ist?", stichelte ich amüsiert.

„Du hast dich optisch auch ganz schön verändert", räumte sie frech grinsend ein, bevor sie mir wieder in die Augen schaute. Ich lachte, streifte mir die Jogginghose von den Hüften und fiel auf mein Bett. Edita folgte mir und kuschelte sich an mich.

„Wir sagen es niemandem, oder?"

Es dauerte einen kurzen Moment, bis ich verstand, was sie meinte. Dann wurde ich ernst.

„Nein. Niemandem", erwiderte ich entschieden. Ich versuchte, in Editas Blick zu lesen, doch es gelang mir nicht.

„Das ist gut. Jamaal sollte es nicht erfahren. Ich möchte meinen Job nicht verlieren", sagte Edita.

„Passt mir gut. Ich will dich aus all dem Trubel raushalten. Wie gesagt, die Medien reißen sich gerade um jede noch so kleine Information aus meinem Privatleben. Dass ich eine Freundin habe, geht niemanden etwas an", erwiderte ich erleichtert darüber, dass Edita und ich offensichtlich einer Meinung waren. Sie lächelte, bevor sie mir einen Kuss aufdrückte.

„Das ist okay für mich", sagte sie, bevor sie ihren Kopf auf meiner Brust ablegte und ihre Augen schloss. Ich hielt sie einfach nur in meinem Arm und zog schließlich irgendwann die Decke über uns. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, mit ihr gemeinsam einzuschlafen.

Und, seid ihr verliebt? Also ich schon. :) Was glaubt ihr, wie es weitergeht? Oder was wünscht ihr euch? Bin gespannt. 

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