11. Und ihr Segen
So schnürte es sich um seinen Hals.
Es waren zwar ihre Worte und sie waren stets die, der reinsten Wahrheit, doch ihre Phrasen legten sich, wie dicke und dichtgeknotete Taue um seinen Hals, so dass er keine einzige Zeile mehr von seinen Stimmbändern entsenden konnte.
Und so liefen Mutter und Sohn nun durch den unendlich langanmutenden Ballsaal. Mundlos hielt Crowley Ihre Hand, blickte starr, beinahe verängstigt, in das Weiß der unendlichen Ferne.
Das Gewicht der Worte Mutters, die klammen Taue, sie lagen so fest und schwer, und sie schienen die Absichten zu besitzen, ihn unter den Massen erdrosseln zu wollen. Er konnte das Ächzen seiner Hülle förmlich hören, wie sie litt, wie er litt, als die gutgemeinten Floskeln seinen Fassung ins Chaos stürzten.
,, Ich..". Die eigene Stimme des Dämons schien kurz über die bitterliche Schlacht des Verstands zu triumphieren.
Es ist bereits so lange vergangen, seit dem er Ihr das letzte Mal derart nahe war, ihre Hülle an der seinen fühlte, aber ihre verrufene Beichte, es spaltete sie beide weiter, als je zuvor.
,, Bevor du etwas weiteres sagst, lässt du mich dir bitte etwas zeigen ?". Er schaute zögernd und zweifelnd zugleich in das vertraute Gesicht, doch ging er ihrer Bitte nach, ließ sie ihm erklären.
Zumindest versuchen und mit einem Nicken war sein scheues Einverständnis besiegelt.
,, Dann horch mir bitte einfach zu, Crowley".
Als ihr Sohn zurück in den monumentalen Saal blickte, hatte sich die Gestalt der Himmelsgegend völlig verändert. Wolken, eher schleierhafte Nebelschwaden, welche sich vor den beiden himmlischen Wesen auftaten, sie waren durchtränkt mit Erinnerungen und Gedanken. Eine unbeholfene Wolke, die in Front von Crowley halt machte, zeigte ihm ein längste vergangenes Geschehnis.
Er wandte sich zu ihr und entdeckt ein bestimmtes Ereignis.
Ein Ereignis an sein Dasein als Engel.
,, Das... bin ich", stotterte er verwundert, geplagt von weiteren Fragen.
,, Ja, du, als Engel", sprach sie stolz.
,, - Diese Wolken, wie sie auf der Welt genannt werden, sind Wächter und Hüter unser aller Erinnerungen", beantwortete sie es Crowley aufschlussreich.
,, Oh, schau ! Dein erster Tag als Engel, der Sterne". Die Mutter klang völlig begeistert, als die Wolke Crowley's ersten Tages sich auftat.
,, Du hast dich hervorragend geschlagen. Deine Geschwister waren neidisch, wie auch stolz", fügte sie überzeugt hinzu, doch Crowley musterte die Erinnerung nur reserviert.
,, Ich erinnere mich bloß an den Neid und ihre gefälligen Blicke".
Stark bedrückt klingend, wandte er sich ab und schaute gen der Nächsten. Seine Mutter schnaubte leise aber geschafft aus, denn sie war sich äußerst im Klaren: der Bruch ihres Sohnes, welches alles in ihm spaltete, er benötigte viel Zeit, oder vielleicht bloß die rechte Heilung.
,, Alle Taten, deine Taten, als Dämon". Auf das Weiß der gefolgten Wolke deutend, suchte sie seine geringe Aufmerksamkeit.
,, Doch siehst du, Crowley ? Dein gutes Herz, es schimmerte immer etwas hindurch", sprach sie bestärkend und blickte den nicht besonders teuflischen Handlungen ihres Sohnes beherzt zu. Crowley selbst, er widmete seinem abgebildeten Charakter bloß verachtende und ungläubige Blicke.
Tat er wirklich so schlecht als Dämon ?
,, Mein Favorit ist es, als du das Waisenhaus, in der Gegend um Whitechapel, in flammendes Rot tauchtest, jedoch alle zuvor, fast unbemerkt, in Sicherheit brachtest. Das war selbstlos von dir, Sohn".
,, Und es handelte mir beinahe 100 weitere Jahre des Fegefeuers ein, dank wütenden Fürsten von Unten", entgegnete er kalt und schritt weiter.
,, Ich weiß", fügte Sie hinzu, klang allwissend. Wie, als wüsste sie stets über das Schicksal ihrer Kinder Bescheid, und sie tat es schließlich ja auch.
Sie, die Mutter, samt wiedergekehrter Sohn, bestritten ihre geteiltanmutenden Pfade steigt den Wolken folgend.
,, Aziraphale ?". Er verschluckte sich beinahe, als die folgende Nebelschwade ihre Geschichte offenbarte.
Sie zeigte den siebten Tag auf Erden, den letzten Tag für Eva und Adam im Paradis.
Auf der Mauer des östlichen Tores stehend, mit leidigen Blicken den Vertriebenen nachschauend, knetete ein Engel nervös die Finger.
,, Ich sagte: Der Typ fiel, wie eine bleierne Ente", hörte Crowley, sein 6000 Jahr jüngeres Selbst, sprechen.
Schon lag der Mittelpunkt der Erinnerung, welche sich auf dem Flaum der Wolken abbildete, auf dem ätherischen Engel. Er war in leichte Leinen gehüllt, es schmeichelte ihm sehr.
Sachte streckte Crowley seine dürre und zugleich bebende Hand aus, berührte sachte das Mollige der Wolke, doch da, wo Aziraphale noch Flügelschläge zuvor abgebildet stand, befand sich nun sein verschwommenes und kaum erkennbares Porträt.
Wie, als löste sich die Erinnerung einfach auf, und sein Ausdruck wandelte sich wieder in tiefstes Unglück.
,, Das war euer erstes Aufeinandertreffen", sprach sie, die verblasste Erinnerung musternd, und Crowley bejahte ihre Aussage stockend.
,, Du hast ihn wirklich geliebt.... und er dich auch", fügte sie noch bedacht hinzu.
,, Ich liebe ihn immer noch !". Er sprach, getrieben von purer Gewissheit.
,, Ich weiß", entgegnete sie jedoch allgütig.
,, Und euer gemeinsames Handeln über die tausend von Jahren, in jenen ihr etliche Leben schütztet. Ihr wisst gar nicht, wie viel Gutes ihr getan habt". Sie klang lobend, aber ihre gepriesenen Phrasen, sie brachten den Dämon auch nicht wieder zurück.
,, Du warst immer der eine wahre Engel unter den Gefallenen".
Nach seiner Hand greifend, blickte Sie dem Sohn aufrichtig in die traurig-verletzten Gesichtszüge.
,, Das warst du, stets", wisperte sie warm, doch erreichte es das gefrorene Herz ihres Gegenübers nicht.
,, Dann verrate mir, Mutter. Weshalb musstest du mir erneut alles nehmen ? Wahr ich etwa ein zu schlechter Engel und Dämon zugleich?". Er wagte es nicht Ihr in die Augen zu schauen, denn wieder bahnten sich Tränen ihre Wege.
Nun legten sich sanfte Züge um die rote Lippen der Mutter, überschatteten den absiegenden Schmerz des Kindes.
,, Nein, du warst perfekt".
Den Hinterkopf ihres Jungen kraulend, beschwichtigte Sie wirkend sein Tosen.
,, Du warst die einzige Seele, auf welche ich vertrauen konnte. Die, die Dunkelheit zu zügeln wusste".
Seine erröteten Augen weiteten sich und das Gelb in ihrem Zentrum, es versank in einem Meer aus salzigem Nass, denn die tosende See war in sich zusammengebrochen.
,, Und doch stehe ich nun hier...".
,, - und doch stehst du nun hier".
Ihre Aura strahlte wieder leicht siegende Wellen aus Friede aus, welcher den Gefallenen (Gestoßenen) begann zu umhüllen.
,, Wolltest du das nicht immer?".
Crowley bedachte ihre Worte konfus, ließ sie sich ein erneutes Mal, vielleicht noch ein weiteres Mal, durch den Kopf gehen.
Wollte er das wirklich ?
Nach seinem ersten Fall, er glaubte alles verloren zu haben, und nichts wollte er sehnlicher, als wieder zurückzukehren zu den Sternen.
Doch jetzt ?
,, Aziraphale...", sprach er flüsternd und voller Kummer.
In seinen Gedanken lächelte ihm ein stolzer Engel in das fahle Gesicht, nahm zärtlich seine Hand und küsste ihm auf den zitternden Handrücken.
,, Ich... möchte nicht zurück zu den Sternen".
Sie blickte ihn fragend an, verstand wohl nicht gänzlich, was er meinte.
,, Und ein Engel ? Ich will nicht wieder Engel sein !", sprach der Sohn völlig kraus.
,, Rede keinen Unsinn ! Das Dämonsein ist, trotz aller Ausnahmen, unverzeihlich", klang Sie lehrend und zugleich mahnend.
Doch der Spross verstand immer noch nicht.
,, Und was heißt das nun für mich ?". Ihm wurde es förmlich schlecht, gierend auf Erlösung.
Eine getrübte Wolke tat sich neben ihm auf, getränkt in schwere Tränen.
Schwelend zeigte sie ein unscharfes Abbild von Crowley's Aziraphale. Der Engel kniete, sich quälend in Trauer und Kummer, neben der leblosen Hülle seines Besten. Der Gefallene konnte das Salz der Tränen beinahe schmecken.
,, Es tut mir so leid, Engel", sprach er heiser, doch machte der Klos in seinem Hals keine Anstalten sich zu regen.
Überrascht fühlte er eine zärtliche Berührung auf seiner verspannten Schulter, zuckte leicht zusammen.
,, Du bist gefallen und die Finsternis wurde ein stetiger Teil von dir. Du hast allerdings dein Engelsein nie ganz abgelegt. Du hast dich für denjenigen hingegeben, den du am meisten liebtest, um ihn zu schützen".
Crowley musste bedenklich schlucken, wollte nicht gänzlich verstehen, worauf Sie hinaus wollte.
,, Crowley, Sohn. Ich tat dir großes Unrecht... und glaube mir, ich bereue nichts mehr".
,, Ja, aber was möchtest du mir damit sagen ?".
Aziraphale's Schluchzen war im Hintergrund leicht, doch stetig, zu vernehmen.
Es raubte Crowley alles, doch blieb er standhaft.
,, Ich vergebe dir, Crowley".
Sie klang endgültig an, die Stimme in reinster Allmächtigkeit rekelnd.
,, Aber !", fuhr Sie mahnend fort.
,, Du wirst weder Dämon, noch als Engel wieder sein. Ich kann bereits Geltendes nicht gänzlich umgehen".
Sie schilderte es ihm, trotz seines schwer herabprasselnden Unglaubens.
,, Vertraust du mir ?".
Crowley's Augen weiteten sich, wie die eines Raubtieres, kurz bevor es seine verheerenden Fangzähne, in das zarte Fleisch der Beute hineintrieb.
,, Ja...das tu ich ", doch sein stetiger Zweifel nagte an ihm.
Gutmütig begann die Mutter trotz allem zu strahlen, hatte Sie seine Ahndung exakt vorhergesehen, denn ihr Sohn war solch ein offenes Buch.
,, Dann kehre auf die Welt zurück".
Seine Hände nun haltend und den kalten Schweiß in den eigenen Handflächen spürend, übergab sie ihm seine neugeborene Bürde.
,, Kehre auf die Welt zurück, als mein jüngster Seraph. Nimm ihre Gaben an". Nun ruhte ihre Hand auf seiner zitternden Wange. Er fühlte einen Kuss auf der rosigen Haut seiner Stirn, hatte er letztlich doch unter Tränen der Erlösung und Freude, die Augen verschlossen.
Erinnerungen und Geschichten der stolzen Seraphim, an Ihrer Seite wachend und schützend. Sie tanzten in Crowley's Gedanken.
Sie waren Wächter, Beschützer Gottes.
Dargestellt, als prächtige Drachen, oder erhabene Schlangen, wenn herkömmliche Menschen ihr Antlitz beschrieben, doch war ihre Erscheinung Wandelbar, nicht an das stetige Sein gebunden. ˋ
Sie gehören zu Gottes höchstem Rat, seine engsten Vertrauten. Werden sie zwar nur wage erwähnt, ohne sie gäbe es jedoch das Leben auf der Welt nicht so, wie es Crowley und Aziraphale so liebten.
Eine Pracht an Flügeln haben sie, die für Drachen und für Schlangen gehaltenen Wesen.
Und es gab bloß noch eine rare Anzahl von ihnen.
,, Crowley, mein Jüngster der Seraphim", sprach Mutter stolz, nun eng an der Seite des Sohnes, so lauschte er ihren weiteren Worten, als er das Licht in seinen Augen wieder erduldete.
,, Ein Beschützer".
Sie führte ihn immer weiter durch den unendlichen Saal, der nun von Wolken nur so befallen war, und auf allen von ihnen prangten lauter Abbildungen von Aziraphale und Crowley, glücklich.
Manche in ein Gelächter verwickelt, ein anderes in einen Streit geraten, Und Crowley hörte sie alle.
,, Nur Sohn, deine Pflicht wird sein, über ihn zu wachen. Du wirst eine Menge mit ihm verbringen müssen". Dringlich klang Sie, wie, als wäre es Crowley's satanischste Bestrafung. Sie sprach mit gespaltener Zunge.
Ein beflügelnder Unterton von Gunst war in ihrer Stimme vertreten, denn ihr Jüngster, er war nun in seiner neuen Bürde gefangen.
Sie hatte ihre Schuld beglichen, er war nun kein Gefallener mehr
Gegen Tränen kämpfend, wusste der junge Seraph nicht, was er fühlen sollte.
,, Ich... danke dir, Mutter.
Still wurde sein Sprechen, als er es wiederfand - und Dankbarkeit war dies, was den Kummer und die Furcht aus seinen Adern trieb, ihn endlich freite.
,, Es ist Zeit". Mutter klang sanft, doch eine Mutter sorgt sich stets und eine Mutter kümmert sich stets. Sie würde für ihre Kinder durch die Hölle schreiten.
Eine Tür, welche sich zuvor noch nicht in der pompös-gestalteten Innenwand des unendlichen Ballsaals installiert befand, was nun in Reichweite zu Crowley.
Auf dem Türbalken, neben goldenen und marmorierten Reliefs, prangte ein aus Schiefer anmutende Platte, eingraviert stand: Die Welt.
Fröstelnd umfasste Crowley den ebenfalls goldenen Türknauf.
,,Ich bin stolz, so stolz". Sein Kopf lag auf ihrer Brust und er konnte ihre Herz im Einklang zu seinem Schalgen hören. Es sollte die letzte Umarmung für eine weitere lange Zeit werden, doch Crowley, er ist verließ sein Heim mit Heiterkeit in der Brust.
,, Warte mal !", wandte sich Crowley auf dem gebrochenen Absatz seiner Schuhe um.
,,Was ist mit meinem Auto ? Deine Allmächtigkeit und Unergründlichkeit hat meinen Bentley und Freddie Mercury auf dem Gewissen". Er sprach ja aus völligem Recht, und so nickte Sie ihm bloß zu, ihre Augen, sie sprachen vielversprechende Bände.
,, Der Engel wartet, Beeilung", hörte er noch Ihre Stimme in seinen Gedanken, als er endlich durch die Tür schritt und ihn warmes, ja fast friedliches Licht, umhüllte.
- und es sich mit ihm vereinte.
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