Teil. 2 Die einzig wahre, süße Lösung

Von Tiz

Die Fahrt in dem 1926er Bentley ging an dem Engel seltsamerweise sehr gediegen vorbei.
Beide Geschöpfe hingen ihren jeweils eigenen Gedanken nach und genossen die Stille, nach dem groß-kleinen Gefühlsausbruch des hell Beflügelten.
Wallten zwar in einem noch die etwas stärkeren Emotionen nach, erging es dem Schlitzäugigen doch eigentlich kaum anders.
Nichts zeugte mehr von der inneren Ruhe, welche Crowley während der Zeit im Ritz ausgestrahlt hatte. Eher rief sich der Dämon den genauen Ablauf der weltberühmten französischen Crêpes Zubereitung in sein jahrhundertealtes Gedächtnis zurück.
Wollte er unter keinen Umständen sein Versprechen an Tölpelei scheitern lassen und vor seinem baldigen Gast, inkompetent dastehen.
So verging die Zeit rasend schnell. Engel und Dämon, je in Gedanken vertieft, bis sie plötzlich am Ziel ihrer gemeinsamen Reise angelangten.
Ein todschickes, top-modernes Hochhaus, in einem Viertel London's, in welches es besonders den Engel so gut wie gar nicht verschlagen würde.
(dennoch fand er, es passte zu dem Brillenträger genau hier unterzukommen)

Sie traten in das meterhohe Gebäude, welches nur aus Glas zu bestehen schien und den Eindruck von Erhabenheit vermittelte. Die Flure zu den Aufzügen erinnerte an den Himmel, lag der einzige Unterschied in der mattgrauen Farbgebung. Ein frösteln ging durch den Engel und instinktiv trat er einen Schritt an Crowley. Ein Schutzmechanismus seinerseits, da er sich bei seinem eigentlichen Gegenspieler und besten Freund doch am sichersten fühlte, gegen Widersacher aller Art.
Der Fahrstuhl brachte sie beide dann dem Himmel und Crowley's Apartment ein Stück näher.
Es war für Aziraphale das erste mal, die heiligen Hallen der sagenhaften Schlange Eden's zu betreten. Es hatte etwas Elektrisierendes, als hätte ihn der Blitz getroffen, aber statt ihn zu bräteln, bescherte es dem Engel nur einen prickelnden Nachgeschmack.
Crowley verschwand schlängeln in Richtung Küche, nachdem sie über die Schwelle des Dämon's Zuhause traten, wie der Engel vermutete. So hatte Aziraphale kurz Gelegenheit dieses prickelnde Gefühl zu genießen und sich in dem Heim seines Gefährten umzusehen, zu erahnen wie dieser hier lebte und seine Zeit vertrieb. Eine Sprühflasche auf dem Tisch und die Wohl gehüteten Pflanzen im Raum nebenan, zeugte von einem Hobby welches der Brillenträger noch zuvor nie erwähnte.
Der Engel lächelte herzlich in sich hinein und dachte im Stillen, wie süß es doch war.
„Möchtest du herzhafte oder süße Crêpes?", kam es aus den nördlichen Gefilde des Apartments gerufen. Eilig machte sich der himmlische Bote auf den Weg, in eben jene Richtung und fand seinen Dämon zwischen Mehl, Eiern, einer Schüssel mit Schneebesen und Milchgläsern wieder. Eine pechschwarze Schürze war um seine schmalen Hüften gewunden, das Jackett hatte er abgelegt. Ein unfassbar makaberer Anblick und einen Moment musste sich Aziraphale ein erröten verkneifen.
„Bitte süße Crêpes, ein Engel braucht schließlich seine tägliche Dosis Zucker." Das zauberte dem nicht-gehörnten Dämon vor ihm ein Lächeln auf die Lippen, welches Aziraphale's Wangen noch intensiver färbte.
„Dachte ich mir, fast." Gott sei Dank, löste der Brillenträger seine Blicke wieder vom Engel, um sich auf das Zubereiten des Teiges zu konzentrieren. Der Engel wischte sich die plötzlich schweißnassen Hände an seiner beigen Hose ab und wusste nicht so richtig mit sich anzufangen.
Also beobachtete er, wie Crowley ein Ei in die Hand nahm, es am Rand der Schale aufschlug und geschickt mit einer Hand in die Schüssel gab. Dies wiederholte er mit dem zweiten Ei. Danach folgte das quirlen und die Zugabe von Salz und abwechselnd Mehl, sowie Milch.
Während er es zu einer gelblichen Masse zusammen rührte, fühlte sich der Engel in seinen Bewegungen so gefangen, dass sich die Worte ganz allein aus seinem Mund schlichen.
„Weißt du, der Flur unten, hat mich etwas an den Himmel erinnert. Es kam fast an die perfekte Offenheit und Geradlinigkeit heran.", die Sätze kamen leise und gedankenverloren über des Engel's Lippen.
„Das mochte ich es damals nicht und heute habe ich mich noch immer nicht daran gewöhnt. Sie erinnerten mich an die Unnachgiebigen Blicke der Erzengel... Sollen sie als Vorbild und stolze Stellvertreter Gottes fungieren, fühlte ich mich in ihrer Gegenwart immer tollpatschig. So betrachteten sie mich auch, als würde ich ihnen permanent auf den Schlips treten. ...", atmete er leicht leidig aus, doch führte er fort.
,,Ich versuchte doch ihren Anweisungen gerecht zu werden, sie hatten doch recht. Sie haben immer recht-"
,,Hatten sie nicht, das hast du doch an der Beinahe-Apokalypse gesehen!", unterbrach ihn Crowley harsch und sah von seinem eingerührten Teig auf.
Beschämt senkte Aziraphale den Kopf.
„...Erinnerst du dich an Rom?", kam es leise von dem Blonden.
,,Wie könnte ich nicht, die Preise waren Wucher."
,,In dieser Zeit erhielt meine Misere ihren Ursprung. Die Köstlichkeiten aus griechischen Tagen besaßen ihren ganz eigenen Zauber und ließen mich die Blicke der Erzengel und meine eigenen negativen Gedanken vergessen. Schlechte Gedanken schickten sich eben nicht für einen gesandten Gottes!"
„Aziraphale...", entgegnete Crowley mit, in Emotionen gelegten Gesichtszügen.
,,Ein Engel hat keinen Grund zu klagen. Wir sind göttliche Wesen, gemacht, um den unerfindlichen Plan zu unterstützen-"
,,Engel !" Crowley hatte die Schüssel auf die Arbeitsfläche geknallt, der recht flüssige Teig spritzte in alle Himmelrichtungen und hinterließ seine Spuren auf Küchenflächen und Kleidungsstücken. Der Engel war den Tränen nahe, kniff aufgrund des Gefühlsausbruches, seitens des Dämones, die Augen zusammen und schniefte leise.
Sofort tat dem Rothaarigen seine Reaktion leid, doch konnte er nicht anders. Sein gesamtes Innere kochte vor Wut auf die Gesandten des Himmels, mit Ausnahme von einem, welcher sich momentan auf der Erde herum trieb.
Mit beiden Händen umfasste der Dämon die Oberarme des Blonden, würde ihn am liebsten durchschütteln sodass alle herunterziehenden Gedanken von ihm abfallen mögen.
,,Es ist längst nicht mehr wichtig, was die Erzengel von dir denken oder wie du gedenkst deine Zeit zu verbringen! Du bist frei von dieser Art Pflicht. Lass endlich dein Denken durch dich beeinflusst werden, und nicht durch Andere. Schließlich bist du der erste Engel, der das tun darf, was er von Herzen liebt. Egel, ob es Bücher lesen und verwalten, oder Süßigkeiten vernaschen ist. Tu, was dich glücklich macht! Was hätte ein Engelsdasein denn sonst noch für einen Sinn!?", sprach Crowley seinen Gedanken laut und meinte jedes einzelne Wort so, wie er es sprach.
Man sollte meinen, der Dämon hätte mit dem Folgenden gerechnet. Denn wie in einem Buch, fühlte sich diese Wendung an, so angekündigt. Und doch riss es den Größeren fast aus den Socken, als sein Gegenüber sich blitzschnell nach vorne gelehnt hatte, die Augen geschlossen und die dämonischen Lippen mit Engelsgleichen verschloss. Noch immer standen Aziraphale Tränen in den Augenwinkeln, doch die bestärkenden Worte Crowley's ließen es Freudentränen sein, als dieser sich dazu entschied mit all seiner angestauten Liebe zu erwidern. Neckisch begann der Dämon seine Lippen zu bewegen und seine spitze Zunge mit ins Liebesspiel zu bringen. Eine Hitze gleich der Sahara breitete sich in den Gliedern bis hinauf zu den Haarspitzen des Engel's aus.
Crowley löste seinen verkrampften griff und schlang lieber die Arme um seinen weichen Buchhändler, genoss diese ungewohnte Nähe zu jemand, welchen er bereits schon solange liebte. Aziraphale erging es nicht anders, liebkoste er mit den Fingerspitzen die Wange seines Gegenübers.
In diesem Schlüsselmoment verstand der, manchmal begriffsstutzige, Engel das es sehr wohl noch unerklärliche Wunder gab.

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