Jungs und Redbull Dosen

Ich spüre, wie mein Handy in meiner Hand vibriert, und mein Blick wandert automatisch zum Bildschirm. Es ist so langweilig ohne dich, Süße. Aber du wirst es nicht glauben, wer auf der anderen Seite von mir und Daniel sitzt 🤩. Beim Schreiben halte ich mein Handy ein bisschen schräg, sodass Frau Lessing nicht den Chat mitlesen kann.

Ich entsperre mein Handy mit meiner Face ID.

WER? schreibe ich in Großbuchstaben in unseren WhatsApp-Chat.

Ein Video wird mir geschickt. Ich klicke drauf und halte es an mein rechtes Ohr, da ich nicht will, dass Frau Lessing das Video mitbekommt. „Und rein damit!", schreit Tom motivierend, und ich höre, wie eine Dose zerdrückt wird. Im Hintergrund höre ich einige Mädchen aus unserer Klasse kreischen.

Sehnsüchtig schaue ich nach hinten. Mein Blick trifft auf Jan Orion, der sich eine weitere Dose in den Mund kippt. Irgendwann wird er aufs Klo müssen. Ich schaue mir das Video genauer an, ohne Lautstärke. Das Video zeigt Tom, wie er Jan eine Dose Red Bull in die Hand drückt.

Red Bull auf Klassenreise ist doch verboten. Das hat uns Frau Lessing mindestens fünfmal auf unserer Packliste geschrieben. Aber so sind die Jungs halt. Wenn sie das rausfindet, wird den Jungs das Red Bull weggenommen oder Schlimmeres.

„Trink eine für mich mit", schreibe ich.

Marie antwortet, indem sie mir ein Bild schickt, wie sie von Jan Orion eine Dose in die Hand gedrückt bekommt. Sehnsüchtig seufze ich, denn zu gerne hätte ich auch eine Dose von ihm bekommen.

„Alles okay?" Frau Lessing tätschelt meine Schulter. „Ja, alles gut. Ich bin nur in Gedanken." Weiche ich ihr aus, was auch ein bisschen stimmt. „Du kannst immer mit mir reden, wenn du Redebedarf hast", meint sie, bevor sie weiter ihre Notizen durchgeht.

„Du bist bestimmt eifersüchtig, dass du nicht bei ihm sitzen kannst, um mit ihm eine Dose Red Bull zu teilen."

Ertappt. Wieso weiß sie immer, was ich denke?

„Red Bull, ja; teilen, nein", antworte ich ihr abgehackt.

„Ach komm schon, Hope. Bestimmt stellst du dir vor, wie er die Zunge in seine Red Bull Dose steckt."

Wie zur Hölle kann Marie so etwas Dreckiges schreiben? Ich lächle wie ein Honigkuchenpferd, und ich spüre, wie mein Herz vor Aufregung schneller schlägt. Sie hat nicht ganz unrecht. Nur dass seine Zunge nicht in die Red Bull Dose wandert, sondern in meinem Mund. Der Gedanke an die Situation lässt mich ganz warm werden, und ich spüre, wie die Hitze in meine Wangen aufsteigt.

„Ich werde für dich keine Red Bull Dose von ihm besorgen, das musst du schon selbst tun."

Hope: „Warum sollte ich von ihm eine Red Bull Dose holen?"

Marie: „Weil du total auf ihn stehst."

Ich lächle. Soll ich es wirklich tun?

Hope: „Aber Red Bull ist doch verboten auf der Reise."

Marie: „Ist doch egal. Heutzutage machen eh alle, was sie wollen."

Ich werfe Frau Lessing einen Blick zu. Eine Red Bull Dose von seinem Crush zu holen, ist doch kein Verbrechen, oder? Warum fällt mir diese Entscheidung so schwer?

Marie: „Du willst nur keine Red Bull Dose von Jan holen, weil du der Lehrer-Liebling bleiben willst, sonst wärst du schon längst hier."

Und wieder hat sie mich ertappt. Sie ist und bleibt eben meine beste Freundin. Keiner außer ihr hätte das so schnell gecheckt. Ich liebe Frau Lessing, da sie meine Lieblingslehrerin ist, und ich will sie nicht enttäuschen. Andererseits will ich auch Jan näherkommen. Ich fühle mich hin- und hergerissen.

Marie: „Frau Lessing würde dich immer noch mögen, auch wenn du hinter ihrem Rücken Red Bull trinkst. Du bist einfach die liebenswerteste Person, die ich kenne."

Beim Lesen dieser Nachricht von ihr wird mir ganz warm ums Herz. Was würde ich nur ohne sie machen?

Ich schicke ihr ein rotes Herz-Emoji, und sie schickt ein gebrochenes zurück. Ich bin ihr nicht sauer deswegen, es ist einfach Maries Art, ihre Freundschaft zu zeigen. Hauptsache, sie weiß, dass ich dankbar bin, sie zu haben. Schließlich kennen wir uns seit vier Jahren.

Marie: „Wie sieht's aus? Kommst du rüber oder versteckst du dich eher bei Frau Lessing, in dem ihr miteinander kuschelt?"

Was geht nur in Maries Kopf vor? Ich würde niemals mit ihr kuscheln. Das ist doch mega grenzüberschreitend. Genervt rolle ich mit den Augen.

Hope: „Wir kuscheln nicht miteinander! Wie kommst du denn auf sowas? Sie hat nur versucht, mit mir über meine Gefühle zu reden, und ich bin ihr ausgewichen."

Schreibe ich in der Hoffnung, sie vom Thema abzulenken.

Marie: „Naja, du bist ein Kuschel-Mensch, und ich würde euch das zutrauen."

Ich schicke ihr einen Mittelfinger.

Hope: „Aber doch nicht mit meiner Lehrerin!"

Ich schaue über meinen Stuhl rüber zu Jan Orion. Seine dichten braunen Haare fallen ihm tief in die Stirn, zu gerne würde ich mit meinen Händen durch sein weiches Haar streichen.

Marie: „Möchtest du nur starren oder mit ihm reden?"

Ohne nachzudenken tippe ich eine Nachricht.

Hope: „Wenn ich gleich mit Jan spreche und was Dummes sage, dann ist das alles deine Schuld. Du hast mich schließlich gedrängt, zu ihm zu gehen."

Marie: „Ich habe dich nicht dazu gedrängt, du bist nur leicht zu überzeugen. Das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge."

Ich stehe vom Sitz auf und quetsche mich durch, bis ich im mittleren Gang vom Bus stehe. Ich bin aufgeregt, denn ich habe noch nie so wirklich viel mit ihm gesprochen. Wir haben nur „Hallo" gesagt, aber das zählt nicht. „Wo möchtest du hin, Hope?" Frau Lessing schaut mich fragend an. Wenn ich jetzt Jan verpfeife, wird das nie etwas zwischen uns. „Ich gehe mir nur die Beine vertreten, wieso fragen Sie?" „Naja, du hast die ganze Zeit ruhig neben mir gesessen und nun stehst du auf." „Ich komme gleich wieder", versichere ich ihr, bevor ich rüber zu Jan Orion gehe.

Der schmale Gang im Bus fühlt sich endlos an, als würde er nie enden. Auf dem Weg zu ihm spiele ich nervös mit meiner Halskette. Es ist nur eine Dose Red Bull und kein Heiratsantrag. Jan sitzt ganz hinten im Bus, rechts am Gang. Neben ihm ist noch ein Platz frei, und auf seinem Schoß stapeln sich Red Bull Dosen. Gegenüber von Jan sitzen Tom und Marie. Jan macht gerade etwas auf seinem Handy. Vermutlich spielt er ein Spiel oder so.

Zu gerne würde ich ihm durch die braunen wuscheligen Haare streicheln und seine Jawline berühren. „Hi Jan." Meine Stimme hört sich überraschenderweise normal an. „Hope." Überrascht schaut er zu mir auf. „Was willst du von mir?" Seine Stimme klingt bedrohlich, doch er jagt mir keine Angst ein. „Wie kommst du darauf, dass ich etwas von dir will?", antworte ich ihm schlagfertig. Er steht langsam von seinem Sitz auf, während er sein Handy in seine Hosentasche schiebt. „Ach, tu nicht so, Hope. Sonst wärst du ja nicht hier hinten, in der gefährlichen Ecke."

Er streicht sich selbstbewusst durch seine hellbraunen Haare, und seine dunklen, fast schon schwarzen Augen funkeln mich an. So, als würde er etwas von mir wollen. Ein kalter, wohliger Schauer jagt mir über den Rücken, und es wird auch nicht besser, als er mich an der rechten Schulter mit seiner rechten, starken Hand berührt. Sein frischer Duft von Zitrone und Zedernholz steigt mir in die Nase. Er drückt ganz leicht zu, aber es tut nicht weh, es fühlt sich eher angenehm an, wie eine Massage. Ich zittere leicht, während er ein Stück näher auf mich zu geht.

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