Willkommen bei FMTV!
Svara schreibt Fanfiction für eine Fanfiction. Das originale Meisterwerk ist hier zu finden: "Ein Problem nach dem anderen" von Pheephy.
Noch nie war Riley so aufgeregt gewesen. Ihre Hände zitterten unkontrolliert, sie schwitzte plötzlich viel zu sehr und ihr Herz pochte, als wolle es einen Rekord für die meisten Schläge pro Minute aufstellen.
Für einen Außenstehenden wirkte die Situation sicherlich lächerlich, wie die Siebzehnjährige vor der hölzernen, dunkelgrün angestrichenen Tür eines ganz gewöhnlichen Londoner Reihenhauses stand, das sich nahtlos in die Masse der anderen Häuser einfügte. Durch ein Fenster konnte man in das liebevoll eingerichtete Wohnzimmer sehen, der rote Backstein wirkte harmlos und natürlich in seinem städtischen Umfeld. Der ganz gewöhnliche Lebensraum einer ganz gewöhnlichen Kleinfamilie, könnte man meinen.
»Okay«, flüsterte Riley sich selbst Mut zu, »Okay, du kannst das. Es wird alles gut.«
Ein letztes Mal atmete sie tief durch, dann öffnete sie ganz vorsichtig die schmale, grüne Tür, die lautlos nach innen schwang und Riley in einen schmalen, menschenleeren Flur einließ. Vorsichtig machte sie zwei Schritte hinein, in eine fast unheimliche Stille, während die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.
Langsam sah Riley sich um. Ihr Blick glitt über die blasse, weiß-beige gestreifte Tapete, über die leere Garderobe und über den etwas staubigen Holzboden des Hauses, bevor sie sich endlich traute, die Stimme zu erheben: »Hallo?«
Im hinteren Teil des Hauses war ein Rumpeln zu hören. Mit zusammengezogenen Augenbrauen starrte Riley den Türrahmen an, durch den man in die anderen Räume gelangte, dann tauchte in besagtem Türrahmen wie aus dem Nichts eine junge Frau auf.
Für einen Moment konnte Riley sie nur anstarren, hatte sie ihr Bild doch schon so oft im Tagespropheten gesehen, der es sich nie nehmen ließ, in aller Ausführlichkeit über Mary Macdonalds Erfolge und jedes bisschen an Privatleben, das sich auskramen ließ, zu berichten. Jeden dieser Artikel hatte Riley verschlungen, das ein oder andere Foto hatte sie sogar sorgfältig ausgeschnitten und an das ihr gehörende Stück Wand neben ihrem Bett geklebt – mit Klebefluch an die Tapete gehext, sodass sich jetzt auch jede folgende Generation von Ravenclaw-Mädchen das Bild der Frau, die der magischen Welt den Segen des Fernsehers gebracht hatte, ansehen musste.
»Ach, Riley! Miss Hall!«, begrüßte Mary Macdonald Riley mit einem breiten Lächeln, bei dem sich ganz automatisch auch Rileys Mundwinkel hoben, »Ich darf doch Riley sagen? Beim FMTV duzen wir uns alle, es ist so ungewohnt, dass jemand neues dabei ist!« Sie streckte Riley enthusiastisch ihre Hand entgegen. »Ich bin Mary!«
Riley hätte auf der Stelle sterben können vor Glück – Mary Macdonald, ihr größtes Idol, stand nicht nur vor ihr und war so real wie sie nur sein konnte, sondern bot ihr auch noch ihren Vornamen an!
»Klar«, nickte sie nur überfordert, während sie Mary die Hand reichte, und schob dann schnell hinterher: »Freut mich total, dich kennenzulernen!« Innerlich hoffte sie, dass Mary nicht aufgefallen war, wie ihre Stimme ihr vor Aufregung fast weggebrochen war.
Doch die bedeutendste Frau des magischen Fernsehens lächelte nur, drehte sich um und ging auf den Kamin zu, während sie erklärte: »Die Sicherheitsmaßnahmen sind momentan enorm, aber seit wir angefangen haben, für die neue Staffel Sirius Black Macht Dich Reich zu produzieren, werden wir die Aasgeier der Hexenwoche gar nicht mehr los. Furchtbar, sowas.«
Wenn Riley ehrlich war, konnte sie die ›Aasgeier‹ verstehen – wer würde sich schon die Chance entgehen lassen, live dabei zu sein, wenn die erfolgreichste magische Fernsehserie weiter produziert wurde? Und das auch noch unter der Regie von Mary Macdonald, der Frau, die der Tagesprophet zu Pionierin des magischen Fernsehens gekürt hatte – ja, vielleicht war Riley ein bisschen ein Fan von Mary Macdonald, aber wer konnte es ihr verübeln? Es war Mary Macdonald! Gemeinsam mit ihrer Freundin Lily Evans hatte die damals siebzehnjährige Mary noch während ihres siebten Schuljahrs begonnen, mit Fernsehern und Magie zu experimentieren – und die Ergebnisse waren phänomenal gewesen. So phänomenal, dass sie und Lily direkt nach der Schule angefangen hatten, ihren eigenen Sender aufzubauen: First Magical Television, kurz FMTV. Fragte man magische Kinder, wer das Fernsehen erfunden hatte, dann antworteten siebzig Prozent sofort ›Mary Macdonald‹ – das zumindest hatte eine Studie des Tagespropheten ergeben, und niemand scheute sich, sie dafür zu bewundern. Dafür benötigte nicht einmal der Tagesprophet eine Studie.
»Wir flohen rüber«, verkündete Mary, die vor dem Kamin stehen geblieben war, »Lass dich nicht erschrecken, drüben ist es ein bisschen chaotisch.«
Sie schob Riley zum Kamin und reichte ihr dann das leuchtend grüne Flohpulver: »FMTV Studios«, benannte sie Rileys Ziel, »Klar und... ach, das kennst du ja, du bist ja keine Elfjährige mehr.«
Dabei kam Riley sich ihrem großen Vorbild gegenüber wirklich vor wie ein elfjähriges Mädchen, das gerade den lang ersehnten Hogwartsbrief bekommen hatte... Erneut atmete sie tief durch und nahm sich dann das Pulver, das sie in den Kamin warf. Sofort färbten sich die davor nur schwelenden Flammen smaragdgrün und züngelten höher als zuvor. Mit der routinierten Gelassenheit einer Hexe, die bereits mit Flohpulver aufgewachsen war, stieg sie in den Kamin und schloss die Augen: »FMTV Studios!«
Zwischen ihren zusammengekniffenen Augenlidern hindurch sah sie, wie das grüne Feuer das ordentliche Wohnzimmer verschluckte, dann schloss sie ihre Augen wieder ganz, bis sie fühlte, wie das Kaminsystem sie wieder ausspuckte und sie aus dem Kamin stolperte. Aus dem stillen Zimmer war sie durch den fauchenden, rauschenden Kamin an einen Ort gereist, in dem Stimmengewirr eine lebendige, fröhliche Atmosphäre zeichnete. Ein Duft nach Karamellbonbons, Kaffee und Schokolade hing in der Luft, und der Raum war im Vergleich zum sommerlichen London angenehm kühl.
Als Riley die Augen öffnete und sich die Asche von ihrer Kleidung klopfte, fand sie sich in einer hell erleuchteten Eingangshalle wieder. Junge Menschen standen in Kleingruppen beieinander und steckten die Köpfe zusammen, während Papierflieger durch den Raum von einer Person zur nächsten rauschten und ent- und wieder zusammengefaltet wurden. An den Wänden hingen Poster – Fanposter von Sirius Black und Lily Evans aus Sirius Black Macht Dich Reich, die sich lautlos gehext diskutierend gegenüber standen, Bilder von Quidditchmannschaften und Fanposter der Chaos-WG aus den verschiedenen Staffeln in verschiedensten Konstellationen. Dazwischen waren Zeitungsartikel und magische Fotos gepinnt, und in einem kleinen Regal stapelten sich Bücher und Zeitschriften – von Wer bezaubert, einer jährlichen Zeitschrift der Hexenwoche, in der lediglich Zauberer nach ihren Äußerlichkeiten, ihrem Lächeln und ihrem Wohlstand aufgeführt wurden, bis zu Verwandlung Heute, eine Zeitschrift, die auch Professor McGonagall ihren Siebtklässlern in Rileys Jahrgang nahegelegt hatte. Riley entdeckte Geschichtsbücher und Gossenromane in dem Regal, alles stand wild durcheinander, aber es war irgendwie eine liebevolle Art von Chaos.
Das Licht des Raumes wechselte abrupt zu einem grellen Pink und wieder zurück, und riss Riley so für einen Moment aus der Betrachtung des Ortes – bis ihr Blick auf die wirkliche Attraktion fiel: An der Wand ihr gegenüber hing, einrahmt von Fanpostern, Fotos und Skizzen, eine riesige Karte, ein Grundriss. Fußspuren bewegten sich darauf, alle versehen mit kleinen Namensschildern: Lily Evans, James Potter, Sirius Black... Genau in dem Moment, wo Riley den Kamin entdeckte, vor dem sie stand, explodierte auf der Karte an genau dieser Stelle ein kleines, blaues Feuerwerk – sobald die Funken sich wieder gelegt hatten, hatte sich zu den anderen Fußspuren ein weiteres Paar Abdrücke gesellt, betitelt mit Riley Hall.
Das Licht des Raumes färbte sich erneut Pink, jemand rief »Sirius!« und es wurde wieder hell, während hinter Rileys Fußspuren jetzt ein Paar Abdrücke mit der Anmerkung Mary Macdonald auftauchte.
»Ich werd mich nie ans Flohpulvern gewöhnen«, verkündete Mary, die sich die Asche vom Umhang klopfte und neben Riley trat, »Na, gefällt's dir?«
Mit leuchtenden Augen nickte Riley, der es schwerfiel, sich von dem Anblick loszureißen und Mary anzusehen, die ihr ein warmes Lächeln schenkte, bevor sie auf zwei Fingern viel schriller pfiff, als Riley es ihr zugetraut hatte. Aber der Pfiff, der ihr die Ohren klingeln ließ, tat seine Wirkung – die Aufmerksamkeit des Raumes verlagerte sich postwendend auf Mary.
»Hallo«, grüßte die in die Runde, und obwohl jeder von ihr noch ein paar mehr Sätze zu erwarten schien, winkte Mary bloß ab und überließ die anderen wieder ihren Gesprächen. Dabei sah sie sich suchend um.
Zwischen der ganzen Gruppe herrschte eine faszinierende Dynamik, die es ihnen irgendwie ermöglichte, zu ahnen, was die jeweils anderen im Kopf hatten, denn nur Sekunden später tauchte wie aus dem Nichts eine Riley nur allzu vertraute junge Frau vor ihr und Mary auf, die sich mit einem Lächeln die roten Haare aus dem Gesicht strich und anbot: »Soll ich Riley herumführen?«
»Lily, dich schickt der Himmel!«, triumphierte Mary gleichzeitig, bevor sie enthusiastisch nickte, »Ich muss unbedingt...«
Schon wuselte sie davon, ihre Pflichten in sich hinein murmelnd, während Riley kein Wort mehr verstand.
»Schön, dich kennenzulernen«, verkündete Lily Evans, »Ich bin Lily. Ich würde sagen, ich führe dich kurz herum, stelle dir die Leute vor, und dann sehen wir mal weiter.«
Zustimmend nickte Riley – zu Lilys offenem Lächeln und ihrer freundlichen Haltung, die so ganz anders war als die taffe Moderatorin, die Sirius Black Kontra gab und die Hexenwoche im Interview eiskalt abblitzen ließ, wenn die versuchte, in ihrem Privatleben zu wühlen, fasste sie schnell Vertrauen.
»Wir sind hier gerade in der Eingangshalle«, erläuterte Lily, bevor sie auf die Karte wies, »Wenn du jemanden suchst, einfach hier auf die Karte schauen, die kann dir da immer weiterhelfen. So ne richtige Halle ist das jetzt auch nicht, aber... Wir nennen das so. Da links geht es in unsere Studios, da mache ich die Tagesthemen und wir drehen Chaos-WG, Sirius Black Macht Dich Reich, Kochkurs, die Anfangsszenen für Unter Muggeln... und so weiter. Die ganzen Serien eben, die sich hier drehen lassen. Für unsere momentane Interviewserie müssen wir ja zum Beispiel immer an einen anderen Drehort, aber ich persönlich arbeite viel lieber an den Sachen hier.« Sie wandte sich nach rechts und führte Riley dort durch eine Tür.
»Es ist übrigens nur so voll, weil jetzt gerade alle noch frei haben und sich in der Eingangshalle trubeln, da ist es sonst ruhiger. Montagmorgens ist es sowieso am schlimmsten, weil alle Schreiber und alle Kameraleute und Techniker und... ja, alle eben, sind da und holen sich von Mary ihre Pläne für die Woche ab, wann was fertig sein muss und so.« Während sie durch den Flur gingen, wies Lily nun auf einige Türen: »Das ist mein Büro, da vorne ist Marys. Und hier, am Ende des Flurs, ist die Küche.«
Sie öffnete Riley auch diese Tür. »Praktisch gesehen kann man hier problemlos einziehen«, scherzte sie, »Wenn du irgendwas hier lässt, schreib deinen Namen drauf...Oder verhex es am besten gleich, sonst ist es am nächsten Tag weg.« Lily schenkte ihr ein breites Lächeln, während Riley in den Raum spähte.
Die Führung blieb, mit der Begründung, Riley werde sich schon einleben, recht kurz, und sie waren schon bald wieder auf dem Weg in die Eingangshalle, die sich merklich geleert hatte. Schon, als Lily vor Riley in den Raum trat, hob ein junger Mann mit einer Frisur, die aussah, als wäre er aus dem Bett gefallen, den Kopf.
»Lily!« Seine Stimme hätte nicht erleichterter sein können, obwohl sich definitiv ein belustigter Unterton eingeschlichen hatte. »Kannst du bitte schnell kommen, wir haben hier ein Problem.«
Besagtes Problem saß mehr oder weniger überfordert neben dem jungen Mann, den Riley nach einem Moment als James Potter erkannte, der ihr aus Sirius Black Macht Dich Reich und Chaos-WG mehr als bekannt war. Sie hatte in ihrem Kinderzimmer zuhause sogar ein Poster von ihm und Sirius an der Wand hängen.
Neben Riley zog Lily die Augenbrauen zusammen, dann hastete sie durch den Raum zu James hinüber und musterte Sirius Black, der insofern ein Problem geworden war, als dass er aussah, als habe ihm jemand leuchtend grüne Farbe ins Gesicht gekippt.
Lily seufzte.
»Wir haben versucht, das wegzuzaubern!«, rechtfertigte James sich, obwohl auf seinem Gesicht noch der Schatten eines Grinsens zu erahnen war.
Lily seufzte ein weiteres Mal ganz betont, dann meinte sie: »Ich schau mir das mal an... Sirius, du musst in einer Stunde vor der Kamera stehen! James, kümmerst du dich dann um Riley? Stell ihr die wichtigsten Leute vor und so.« Kopfschüttelnd wartete Lily, bis Sirius sich aufgerappelt hatte. Obwohl Lily ganz eindeutig Ungeduld ausstrahlte, ließ Sirius sich eine Verbeugung in Richtung Riley nicht nehmen.
»Ich übernehme meine Vorstellung als wichtigste Person hier mal selbst«, erklärte er dramatisch und legte eine Hand an sein Herz, »Sirius Black, das Erfolgsgeheimnis hinter FMTV und von der Hexenwoche zum schönsten Schauspieler 1980, 1981, 1982, 1983 und 1984 gekürt. Und ich halte den Rekord für den Charmantestes-Lächeln-Preis!« Sirius Black verbeugte sich einmal übertrieben tief, dann eilte er hinter Lily aus der Eingangshalle, während Riley ihm verblüfft nachsah.
James musterte Riley währenddessen mit einem milde überraschten Gesichtsausdruck, als wäre er nicht so richtig darauf vorbereitet gewesen, sich heute noch mit Praktikantinnen zu beschäftigen, während Riley selbst nicht so richtig darum herum kam, den originalen James Potter mit dem Poster an ihrer Kinderzimmerwand zu vergleichen – der echte James war auf jeden Fall älter, aber das war kein Wunder. Seine Haare waren in natura noch chaotischer als auf dem Poster, und er wirkte wenig überraschend lebendiger – aufmerksamer für Riley selbst und nicht irgendetwas schräg hinter ihr.
»Ja... Hi, ich bin James«, stellte James sich noch einmal vor und schenkte Riley ein schiefes Lächeln, »Wer bist du nochmal?«
»Riley Hall«, erklärte sie genauso wortkarg wie überfordert, ihrem Teenage-Crush – einem von vielen – gegenüber zu stehen, dann schob sie hinterher: »Ich mache hier ein Praktikum.«
»Weil du nicht weißt, was du nach Hogwarts machen willst?«, riet er, »Ging mir auch kurz so, aber dann hat Lily mich irgendwie in den ganzen FMTV-Kram hineingezogen, und... naja, hier bin ich.« Er zuckte mit den Schultern, während Riley zustimmend nickte.
»Ich finde FMTV eigentlich wirklich interessant«, gab sie mit einem kleinen Lächeln zu und ärgerte sich kurz darüber, wie heuchlerisch sie klang, »Ich bin mir aber ehrlich gesagt noch total unsicher, ob ich das hinter den Kulissen auch gut finde... oder ob ich nur Fernsehen schauen will.«
James nickte verstehend, was Riley ihm hoch anrechnete, weil sie selbst fand, dass ihre Erklärung ein bisschen unzureichend war.
»Mit siebzehn, achtzehn musst du aber ja auch noch nicht wissen, was du irgendwann machen willst«, meinte er abschließend, dann machte er eine Armbewegung, die wohl den ganzen Raum umfassen sollte, »Auf geht's, ich stelle dir dann mal die Leute vor, die ich hier für wichtig halte. ... Ach, und nimm Sirius nicht zu ernst.«
Sein Lächeln schien zu implizieren, dass seine und Lilys Vorstellungen über die ›wichtigen Leute‹ vielleicht auseinander gingen, aber Riley hatte keine Zeit, da wirklich drüber nachzudenken, denn schon führte James sie quer durch den Raum auf ein Duo zu, das, über einen Zeichenblock gebeugt, vor der riesigen Karte an der Wand saß.
Einer der beiden hob den Kopf, als sie näher kamen. »Hey, Krone«, begrüßte er James gut gelaunt, während er Riley aus hellen, aufmerksamen Augen neugierig musterte.
»Hey«, erwiderte James mit einem echten Lächeln, nicht dem Poster-Grinsen an Rileys Wand, »Leute, das ist Riley. Riley, das sind Dorcas und Peter.«
Dorcas legte den Zeichenblock beiseite, auf dem sich kompliziert aussehende Formeln eng aneinander drängten, und streckte ihre langen Beine aus. »Schön, dich persönlich kennenzulernen«, verkündete sie, »Bist du heute schon bei Sirius Black Macht Dich Reich als Gast dabei?«
»Nah«, verneinte Riley, »Ich glaub nicht. Ich bin nur die neue Praktikantin, die nicht weiß, was sie nach der Schule machen will.«
»Oh, stimmt«, erinnerte Dorcas sich, dann zuckte sie mit den Schultern und verlor relativ offensichtlich das Interesse, wirkte dabei aber eher ehrlich als unfreundlich. »Ach, an dem Punkt waren wir doch alle schon. ... Peter, meinst du, wenn wir die Schnur nicht unten, sondern oben am Eingang befestigen, geht das dann einfacher mit dem Abbauen?«
Peter, dessen Neugier schon gestillt schien, wandte sich mit neuer Begeisterung seiner Gesprächspartnerin zu: »Na ja, zumindest würde niemandem die Schnur unter das Zelt rutschen und so alles unnötig kompliziert machen. Aber meinst du, wir bekommen dann wieder ein Falt-Problem?«
»Hm... Guter Punkt«, überlegte Dorcas, »Ich denke...«
James hatte bereits begriffen, dass sie offensichtlich entlassen waren, und nahm Rileys Handgelenk, um sie unauffällig von dem Duo wegzuziehen. Obwohl sie sich erst in der Unterhaltung der beiden verloren hatte, fiel jetzt auch Riley auf, dass sie hier überflüssig waren, und sie machte ein paar Schritte zurück.
»Peter und Dorcas arbeiten nicht so richtig hier, sie sind nur manchmal als Gäste bei Sirius Black Macht Dich Reich«, erklärte James, »Und manchmal einfach so, weil Peter schwört, dass er hier besser denken kann, als bei ihnen in der Firma, wo andauernd jemand etwas von ihm möchte. ... Meadowes & Pettigrew, die Zeltfirma, kennst du?«
Riley nickte – natürlich, ihr war das Zelt, das ihre Freundin zum 16. Geburtstag bekommen hatte, und auf das sie so neidisch gewesen war, lebhaft in Erinnerung geblieben. Sie hatten damit sehr gute Ferien verbracht.
»Wird Sirius Black Macht Dich Reich eigentlich immer schon Wochen vor der Ausstrahlung ausgezeichnet?«, fragte Riley neugierig nach, »Das klingt jetzt wahrscheinlich albern, aber ich hab früher gedacht, das wäre alles live.«
James lachte leise. »Tut mir leid, dir die Illusion zu nehmen, aber ja, inzwischen wird das fast immer vorab aufgezeichnet.« Er zögerte kurz, dann fügte er hinzu: »Aber die ersten Staffeln haben wir auch noch live ausgestrahlt, die erste Staffel im Sommer... ah, wann war das? Vor sechs Jahren, glaube ich, also... Sommer 79? Jedenfalls, die war live und die erste Herbststaffel, also die zweite Staffel, die auch noch... Bei der vierten oder fünften Staffel haben wir dann irgendwann angefangen, vorab zu produzieren, weil es sonst mit den Plänen total anstrengend geworden wäre.«
Aufmerksam hörte Riley zu und nickte dann. Ihr erschienen James' Ausführungen recht einleuchtend: »1980 habt ihr auch mit der Chaos-WG angefangen, oder?«
»Genau, das war unser Projekt in dem Jahr«, nickte James zustimmend, »Das waren entspannte Zeiten... Jetzt produzieren wir ja so viel auf einmal, ich hab den Überblick total verloren.« Über sein Gesicht huschte ein warmes Lächeln, als er hinzufügte: »Aber Lily und Mary haben zum Glück noch alles im Griff.«
Riley musste mit einem Mal schmunzeln bei der Vorstellung, noch ihr ganzes Praktikum bei FMTV zu verbringen, die Dynamiken kennenzulernen, einen Blick hinter die Kulissen der Serien zu werfen, mit denen sie erwachsen geworden war – theoretisch gesehen zumindest.
Bevor sie James eine nächste von den vielen Fragen, die sie hatte, stellen konnte, schwang eine der beiden Türen auf und eine Frau stürmte in den Raum. Zielsicher richtete ihr Blick sich auf James. Noch während sie auf ihn und Riley zulief, verkündete sie: »Ich hab dich überall gesucht! Du hättest vor einer halben Stunde in der Maske sein müssen, wo warst du?«
James sparte sich eine Antwort, und nickte stattdessen in ihre Richtung, sprach aber zu Riley: »Darf ich vorstellen, Marlene McKinnon.«
Kurz ratterte es in Rileys Kopf, dann ging ihr ein Licht auf und sie starrte Marlene McKinnon einen Moment überrumpelt an, die so ungeschminkt und ohne die charakteristischen zwei Zöpfe, die sie in der Chaos-WG bei allen Gastauftritten trug, kaum Ähnlichkeiten mit dem TV-Charakter Marley, als der sie in der Serie auftrat, hatte.
Marlene schien dieses Phänomen des verspäteten Erkennens aber ziemlich bekannt zu sein: »Und du bist sicher Riley«, verkündete sie, während ein belustigtes Grinsen um ihre Lippen spielte.
»Genau«, nickte Riley lächelnd, aber bevor sie noch etwas sagen konnte, mischte James sich wieder ein.
»Warum wusste außer mir eigentlich irgendwie jeder, dass wir eine Praktikantin haben?«, echauffierte er sich, während er sich mit einer Hand, wie um seinen Unmut deutlich zu machen, durch die ohnehin schon chaotischen Haare fuhr.
Marlene verkniff sich wenig erfolgreich ein Grinsen. »Weil wir anderen aufgepasst haben? Und du zu beschäftigt warst, mit Sirius herumzualbern, als ihre Bewerbung herumgegangen ist?« Bevor James zu einer Entgegnung ansetzte, verkündete sie bereits: »Wir können das ausführlich diskutieren, während Ash dir das Gesicht pudert.«
Entschuldigend zuckte James die Schultern. »Sorry, Riley, ich muss dann wohl los... Ich schicke dir jemanden her, wenn du hier warten willst? Fühl dich wie Zuhause.«
»Ja, klar«, willigte sie auf seinen Vorschlag ein, dann schaute sie Marlene und James kurz nach, die bereits wieder zu einer Tür eilten.
Jetzt allein mit Peter und Dorcas, die nach wie vor in ihre Notizen vertieft waren, hatte Riley endlich die Zeit, sich in Ruhe in der sogenannten Eingangshalle umzuschauen, die ihr jetzt, nach einem genaueren Blick, wie eine absurde Mischung aus Hogwarts-Gemeinschaftsraum, Kirche und Bar erschien.
Es gab eine Sitzecke bestehend aus Sesseln und einer Couch, auf der Decken und Kissen herumlagen, gruppiert um einen flachen Tisch, auf dem ein Schachbrett, mit dem bereits eine Partie begonnen worden war, neben einer ausgebreiteten Zeitschrift stand. All das war Riley zuvor noch nicht aufgefallen, dabei war sie sich ganz sicher, dass es im Ravenclaw-Gemeinschaftsraum genau so eine Sitzecke auch gegeben hatte. An ihren Gemeinschaftsraum erinnerte sie auch das Bücherregal, und vor allem die Art, wo sich beinahe überall im Raum Symbole von Gemeinschaft und kleine, persönliche Dinge fanden. Fotos waren aufgestellt und an die Wände gepinnt worden, auf einem der Sessel lag ein kleiner Teddybär, auf einem anderen ein Notizheft, im Regal entdeckte Riley einen Schlüsselbund und auf dem Kaminsims stapfte eine Miniaturversion eines Quidditchspielers herum – zumindest vermutete sie das anhand der winzigen Kleidung und des Quaffels, den das magische Figürchen unter den Arm geklemmt hatte.
An eine Kirche musste Riley vor allem denken, weil die Eingangshalle extrem hohe Decken hatte, aber auch, weil sich der gesamte Raum hauptsächlich auf die riesige Karte auszurichten schien, die an der Wand hing und Riley schon direkt zu Anfang ins Auge gesprungen war. Fast, als wäre diese Karte das Heiligtum des gesamten Raums. Besonders ausschlaggebend war für sie dabei aber der Tisch, der ein wenig vor der Karte stand, und auf dem Fotos der Besetzungen der jeweiligen Serien standen – er kam Riley ein wenig wie ein Altar vor, obwohl sie zugeben musste, dass sie kaum eine Expertin war, was Kirchen anging, hatte sie in ihrem Leben doch kaum mehr als zwei oder drei Mal eine von innen gesehen.
Dass der Raum sie hingegen an eine Bar erinnerte, war hingegen insofern einleuchtend, dass es tatsächlich eine Bar gab – eine helle Theke, dahinter ein Regal, in dem sich endlos viele Weingläser verschiedenster Formen und Größen aneinander reihten. Auf der Theke standen neben einigen Flaschen auch drei große Gläser, gefüllt mit bunt eingepackten Schokoladenkugeln, Karamellbonbons und Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung, sowie eine Kaffeemaschine, die aber aussah, als habe sie ihre besten Tage schon hinter sich.
Riley war noch so sehr in die Beobachtung des Raums vertieft, dass ihr das plötzlich laut gewordene Prasseln des Kaminfeuers entging. Der Kamin fauchte einmal, doch auch das nahm sie nicht so wirklich wahr, während sie fasziniert auf der Karte nach Mary, Lily und den anderen Berühmtheiten, die sie im bisherigen Verlauf des Tages kennengelernt hatte, suchte.
»Hey«, grüßte hinter ihr jemand in den Raum, dann trat eine Person neben sie: »Hi, Riley.«
Kurz überrascht wandte Riley den Kopf, und ganz kurz entgleisten ihre Gesichtszüge.
»Hi, Regulus«, fasste sie sich dann wieder. Innerlich klopfte sie sich dafür auf die Schulter, während der jüngere der Black-Brüder sie anlächelte und sie sich bei dem Gedanken ertappte, wie man bei diesem Lächeln Sirius, und nicht Regulus Black Preise eben dafür verleihen konnte.
Es war nicht so, dass Riley Regulus Black kannte. Nicht persönlich, jedenfalls – viel mehr hatten sie und ihre Freundinnen Regulus zu Schulzeiten einstimmig zum Crush des gesamten Schlafsaals bestimmt. Sie hatten jedem Auftritt seinerseits in der Chaos-WG entgegengefiebert und stundenlang vor tatsächlicher Ausstrahlung der Serie den magischen Fernseher im Ravenclaw-Gemeinschaftsraum blockiert. Als dreizehn-, vierzehn-, fünfzehnjährige Schülerin hatte Riley die absurdesten Träume davon gehabt, wie sie Regulus treffen würde und wie er natürlich sofort genauso begeistert von ihr wäre wie sie von ihm. Dass er sechs Jahre älter war, hatte sie in ihren Tagträumen ganz getrost ignoriert.
Sie wusste gar nicht, warum es sie so traf, ihn jetzt zu sehen – es war zu erwarten gewesen. Er arbeitete schließlich auch als Darsteller bei mehreren FMTV-Serien mit. Als Gast bei Sirius Black Macht Dich Reich, als anfänglicher Nebendarsteller in der Chaos-WG, wo er immer mehr zum Hauptdarsteller mutierte, und im Winter war die erste Serie ausgestrahlt worden, in der Regulus die Hauptrolle spielte: Mugglekunde für Anfänger stellte verschiedenste Eigenarten der Mugglewelt vor und Regulus' Reaktionen auf diese. Bei halbblütigem und muggelstämmigem Publikum war dieses Konzept ziemlich gut angekommen, während Riley über Umwege gehört hatte, dass einige der traditioneller eingestellten Reinblutfamilien sich durchaus aufgeregt hatten.
»Auf wen wartest du?«, erkundigte Regulus sich neugierig, während er einfach neben Riley stehen blieb, als habe er sonst nichts zu tun. Riley wusste nicht, wie gut sie das fand – ihr Teenage-Schwarm machte sie natürlich durchaus irgendwie nervös, gleichzeitig war sie entschlossen, die Chance zu nutzen, ganz FMTV kennenzulernen und die alberne Schwärmerei endlich zu überwinden.
Unentschlossen zuckte sie mit den Schultern, bevor sie erläuterte: »James musste in die Maske und meinte, er schickt jemanden zu mir, der mich herumführt.«
Das zauberte Regulus schon wieder ein Lächeln auf die Lippen, für das Riley sofort bei jeglichen Preisen der Hexenwoche votiert hätte. Es war einfach viel zu leicht, jetzt daran zu denken, warum ausgerechnet Regulus ihr Crush gewesen war. Verflucht seien die Mädchenabende, in denen sie ihn viel zu oft zum Thema gemacht hatten – natürlich hatten sie auch über andere Darsteller, über Muggleschauspieler und über bekannte Quidditchspieler getuschelt, aber Regulus war ihr am meisten im Gedächtnis geblieben... und ausgerechnet das fiel ihr jetzt auf die Füße?
»James vergisst das sicher«, winkte er gelassen ab, dann breitete er die Arme aus, zuckte unschuldig mit den Schultern und schlug schließlich vor: »Aber hier bin ich. Ich muss zwar auch in die Maske, aber danach kann ich dich gerne durch die Studios führen.«
Sein Lächeln war so hoffnungsvoll, dass sie es, obwohl sie wusste, dass er ein Schauspieler und ihr Angebote zu machen für ihn ein Spiel war, nicht übers Herz brachte, abzulehnen.
»Klar, gerne«, sagte sie also zu, ohne zu zögern, während ihre innere Dreizehn-, Vierzehn-, Fünfzehnjährige vor Freude Purzelbäume schlug.
»Cool.« Regulus lächelte sie an, dann wies er auf eine Tür: »Nach dir, da geht's zur Maske.«
Es fühlte sich befremdlich an, voranzugehen in einen hell gestrichenen Flur, an dessen Ende ein Aufzug wartete, von dem Riley genauso wenig wusste, wo er hin führte. Sie wusste schließlich auch nicht, wo Regulus sie gerade hinschickte.
»Die letzte Tür links«, verkündete er da auch schon hinter ihr, und Riley wandte sich der Tür zu, die vor ihr bereits aufschwang.
In dem Raum fanden sich nicht nur James Potter, sondern auch ein wieder farbfreier Sirius Black und ein junger Mann, den Riley auf den zweiten Blick als Remus Lupin erkannte, sowie Lily Evans, die auf einem Stuhl saß und großteils von jemandem verdeckt wurde, den Riley für Ash hielt – dieser Name hatte bei Marlene ja bereits Erwähnung gefunden.
James bemerkte Riley als erster und lächelte sie ein bisschen zerknirscht an, wohl, weil er sie doch in der Eingangshalle stehen gelassen hatte, ohne das jemand aufgetaucht war, aber seine Miene hellte sich merklich auf, als Regulus sich hinter Riley in den Raum schob. Die beiden Männer begrüßten sich mit einem Handschlag, der lang genug für Riley dauerte, dass ihr Interesse zu Sirius und Remus weiter schweifte.
Letzterer hob grüßend eine Hand und lächelte Riley entgegen. »Hey, ich bin Remus«, stellte er sich ihr kurz vor.
»Mein Freund«, verkündete Sirius stolz, ein Leuchten in den Augen, was ihn nicht nur glücklich und verliebt, sondern auch unglaublich real wirken ließ – anders als sein Abbild auf schier unendlich vielen Postern, die Riley schon gesehen hatte.
»Hallo«, richtete sie sich lächelnd an Remus, »Ich bin Riley.«
»Ash«, verkündete die Person, von der Riley das bereits vermutet hatte, ohne aber von Lilys Gesicht aufzusehen.
»Ich hab Riley in der Eingangshalle gefunden«, verkündete Regulus, der seinen Handschlag mit James offenbar beendet hatte, »Und ihr angeboten, dass ich ihre Führung durch die Studios übernehme?«
»Jaah«, setzte Lily an, bekam von Ash aber mit einem »Psh« den Mund verboten, während Ash in einer atemberaubenden Geschwindigkeit Make-Up auf ihrem Gesicht verteilte.
»Kannst du ruhig machen«, sprach James für seine Freundin weiter, »Du hast ja jetzt keine so große Rolle heute... Nach den Anfangsszenen bist du eigentlich durch.«
Lily zeigte bekräftigend zwei erhobene Daumen, Sirius und Remus hatten bereits nur noch Augen füreinander.
»Super, dann machen wir das so«, nickte Regulus, »Hat Mary schon Pläne für die nächste Chaos-WG?«
James grinste, während Riley die Ohren spitzte. Zwar lief gerade noch die Sommerstaffel, aber wenn es um neue Pläne ging, war sie mehr als gespannt, davon zu hören.
»Ich zieh aus«, erklärte er belustigt, »Und ich glaube, Mary ist noch am Überlegen, ob Remus einzieht, aber bis jetzt weigert er sich... Ich ziehe jedenfalls mit Lily zusammen, aber ich glaube, Mary plant, uns trotzdem weiter einzubringen.«
»Du ziehst aus?«, hakte Riley verblüfft nach, »Ihr seid doch seit der ersten Staffel dabei!«
Sirius, der auf einmal doch wieder am Gespräch teilnahm, warf ein: »Das gibt auch viele Diskussionen! Ich lasse James nicht kampflos gehen!«
»Ach«, winkte James ab, »Ihr seid auch zu zweit genug Chaos... Sonst benennen wir die Serie in Black Apartment um.«
Bevor irgendjemand dazu seine Meinung herumposaunen konnte, war Lily fertig geschminkt und erhob sich von dem Stuhl.
»James, Sirius, wir gehen hoch und fangen an zu drehen«, entschied sie, »Remus, du kannst auch schon mit, ihr seid ja alle fertig...«
Lily strebte bereits zur Tür, wobei James sie mit zwei schnellen Schritten einholte und ihre Hand nahm.
»Black Apartment klingt gar nicht so schlecht«, hörte Riley noch, »Vielleicht als Extrafolge zu Weihnachten oder so...«
Remus antwortete etwas, was Riley schon nicht mehr verstand, dann fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss und sie war mit Ash und Regulus allein. Letzterer hatte sich bereits auf den Stuhl gesetzt, während Ash mit dem Zauberstab mehrere Pinsel durch verschiedene Produkte dirigierte.
»Was hast du für eine Rolle in der Folge, die heute gedreht wird?«, fragte sie neugierig, während sie sich auf die Fensterbank setzte, wo zuvor Remus und Sirius Platz genommen hatten.
Regulus sah kurz zu Ash, dann entschied er, dass die tanzenden Pinsel Ashs Aufmerksamkeit noch lang genug für eine kleine Erklärung beanspruchten: »Ich stehe am Rand und sehe gut aus«, behauptete er, »Und ich sage einmal, ob ich an Sirius glaube, oder nicht, und setze meinen Einsatz. Weil ich da direkt vor der Kamera stehe, werde ich jetzt auch hübsch gemacht. Der Hauptgast in der Folge ist Remus, meine Folge haben wir schon letzten Mittwoch abgedreht.«
Nachdem Ash begonnen hatte, auch Regulus ›hübsch zu machen‹, wie dieser es eben formuliert hatte, schwiegen sie alle drei – zwar brannten Riley ihre Fragen fast ein Loch in die Zunge, aber Ash signalisierte durch einen zwischen die Lippen geklemmten Pinsel eindeutig selbst gewählte Schweigsamkeit und hatte auch Regulus verboten, sich zu bewegen.
Für Regulus schien Ash wesentlich weniger Zeit aufzuwenden als für Lily, denn es hatte höchstens fünf Minuten gedauert, bis er aufstand und Riley ein Lächeln zuwarf: »Dann geht's jetzt ins Studio.«
»Das ging jetzt ganz schön schnell«, stellte Riley fest, als sie neben Regulus zum Aufzug ging, »Oder?«
»Ja«, räumte dieser nach einem Moment ein, »Aber im Gegensatz zu mir steht Lily jetzt stundenlang vor der Kamera... Die Folge dauert am Ende zwar nur eine Dreiviertelstunde, aber es dauert eine ganze Weile, bis man das Material für diese Dreiviertelstunde zusammen hat.«
Der Aufzug öffnete seine Gitter vor ihnen, und Regulus ließ Riley erneut den Vortritt, dann drückte er einen der vielen, scheinbar willkürlich betitelten Knöpfe.
»Halt dich lieber fest«, warnte er sie, die gerade noch rechtzeitig nach dem Geländer griff, dann rauschte der Aufzug los und sie klammerte sich an der eisernen Stange fest, als hinge ihr Leben davon ab... Was, wer wusste das schon, vielleicht auch so war.
»Man gewöhnt sich mit der Zeit daran«, verkündete Regulus, der relativ sorglos an der Wand des Aufzugs lehnte und sich in der spiegelnden Metallwand beäugte.
Im Gegensatz dazu zitterten Rileys Knie unkontrolliert, als der Aufzug nach der Höllenfahrt, die sich anfühlte wie eine Ewigkeit, endlich zum Stehen kam und das Gitter zur Seite rasselte.
»Nach dir.«
Erneut ging Riley also vor und trat in einen Flur, der zwar kürzer schien und auch weniger Türen hatte, in dem sie sich aber nichtsdestotrotz nicht auskannte.
Regulus, der ihr aus dem Aufzug gefolgt war, erklärte: »Die erste Tür – ja, genau die – führt ins Studio. Sekunde.« Er hatte seinen Zauberstab in der Hand, als er sich neben sie stellte und dann einen ebenso laut- wie tadellosen Entsperrungs-Zauber wirkte, woraufhin die Tür sich ohne ein Geräusch öffnete.
Im Studio, das Riley aus der Sendung selbst schon kannte, waren inzwischen alle versammelt. Dorcas und Peter hatten ihre Notizen zurückgelassen, und während Letzterer lautstark mit James diskutierte, ob man den Klitterer oder lieber die Hexenwoche abonnieren sollte, hielt erstere eine kleine Handkamera in der Hand und filmte die Szenerie, wobei Lily und Mary ihr über die Schulter sahen. Riley schnappte dabei sogar das Stichwort Black Apartment auf.
»Beides, Leute, beides. Im Zweifelsfall den Klitterer, weniger Sirius-Black-lastig.« Marlene, die inzwischen ebenfalls zurechtgemacht war, lehnte an der Wand und hatte die anderen genauso interessiert wie Riley beobachtet, bevor sie sich nun in die Hexenwoche-Klitterer-Abo-Diskussion einschaltete.
»Jaah, aber dann entgehen einem einerseits die Fanposter, andererseits die Haushaltstipps, und niemand kann die Kreuzworträtsel im Klitterer lösen«, widersprach James unter Peters heftigem Kopfschütteln, während er sich gleichzeitig hilfesuchend nach Sirius umsah, der aber zu beschäftigt war, mit seinem Freund zu flirten.
»Typische Szenerie«, verkündete Regulus schmunzelnd mit einer Handbewegung, die den ganzen Raum zu umfassen schien, dann beschwor er einen Stuhl für Riley herauf, »Es müsste losgehen.«
Als wäre das ihr Stichwort gewesen, pfiff Mary auf zwei Fingern schrill genug, dass die Gespräche verstummten und sich alle Aufmerksamkeit auf sie verlegte.
»Alle auf ihre Positionen, wenn ich bitten darf«, verkündete sie, woraufhin die ganze Gruppe vor dem an die Wand gepinselten Logo der Sendung zusammenkam. Peter, Dorcas und Regulus gruppierten sich im Hintergrund, während Sirius, James und Lily im Zentrum der Gruppe standen. Marlene und Remus hielten sich etwas hinter ihnen, und dann eilte Mary noch zu Peter, Dorcas und Regulus hinüber, bevor sie der Person hinter der Kamera, die Riley bis dahin nicht aufgefallen war, ein Handzeichen gab: »Und Action!«
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