»Glaube an dich selbst und an deine Fähigkeiten.«

»Nur das Kompliment deines Feindes

ist ein wirkliches Kompliment.«

WEISHEIT DER MENSCHEN

»Du bist nicht bei deinen Eltern im geborgenen Zuhause in Yaari, Ihany oder wo auch immer du auch herkommst!«, schrie Nadir ihn an. »Du bist schon drei Tage hier und hast nicht einen ganz bis zum Schluss ausgehalten! Irgendwann ist meine Geduld auch vorbei! Und du hast meine Geduld auf eine hohe Probe gestellt, Blondchen! Es steht mir bis hier!« Die Hand zuckte bis hoch über seinen Kopf.

Hinter ihm trainierten die anderen Novizen weiter, allerdings weniger hart. Sie wollten jedes Wort mitbekommen. Niemandem gefiel es, dass Aktur meistens ohne Strafe davonkam, wenn er nach einer weiteren Übung nicht mehr aufrecht stehen konnte. Zwar hatte er jetzt Akla als Partnerin bekommen, die vorsichtiger und nicht darauf bedacht war, ihm zu schaden, doch diesmal war es seine eigene Schuld, dass er nicht mehr weitermachen konnte. Er war selber ausgerutscht und ungünstig hingefallen.

»Ich...«, hob Aktur zu einer Erklärung an, wurde aber von dem General unterbrochen.

»Dein Rumgejammere will ich nicht hören!« An Akla gewandt fügte er hinzu: »Bring ihn in sein Zimmer und schau zu, dass er das alles nicht nur vortäuscht, um sich zu drücken!«

»Ja«, sagte die zierliche Elfe und half Aktur auf, sobald der General davon stampfte, um andere Novizen anzuschreien. Diesmal waren Chetaya und ihre Gruppe an der Reihe, wie er schadenfroh feststellte. Sie waren die einzigen gewesen, die sich getraut hatten, ganz mit der Übung aufzuhören.

»Tut es sehr weh?«, fragte Akla, als sie den Kampfraum verlassen hatten und durch die Halle der Säulen zu dem Flur mit den Zimmern gingen.

»Es ging mir schonmal besser«, seufzte Aktur. Sie stützte ihn so gut sie konnte, bis er bei seiner roten Tür angekommen war. »Danke fürs Herbringen«, sagte er mit einem Lächeln. »Morgen geht es mir bestimmt besser.«

»Hoffentlich«, entgegnete die Elfe freundlich. »Mein Bruder, mit dem ich eigentlich trainiere, wurde zum Putzen des Adlerturms verdonnert, weil – wie hat der General es genannt? – er das Schwert wie einen Kochlöffel angefasst hat. Zum zehnten Mal oder so.«

Also habe ich richtig vermutet. Der Elf, der ihr so ähnlich sah, ist ihr Bruder. »Der General scheint Strafen zu mögen«, stellte er fest. »Aber bei mir macht er immer wieder Ausnahmen. Das gefällt den anderen offenbar nicht.«

Akla schmunzelte. »Sie sind nur neidisch, weil du in der Gunst des Königs stehst. Wie ist es eigentlich dazu gekommen? Du kannst...« Sie hielt inne und meinte dann vorsichtiger: »Du bist nicht der beste Krieger, dem ich begegnet bin.«

Soll ich es ihr erzählen? Besser nicht, sonst bringe ich mich selber in Schwierigkeiten. Doch die Elfe vor ihm sah nicht aus, als führe sie etwas Böses im Schilde. Sie lächelte ihn aufmunternd an. Schließlich nickte er und bedeutete ihr, in sein Zimmer zu kommen.

»Es ist schön hier«, bemerkte sie, als sie eintrat und Aktur die Tür hinter ihr schloss. Das Schwert lehnte er gegen die Wand.

»Schön?« Er schaute sich um auf der Suche nach irgendwas Schönem, das er übersehen hatte, aber da war nichts. Alles war so wie vorher. Der klapprige Schrank in der Ecke, der Tisch mit der Waschschüssel, das Bett, auf dem Akla sich jetzt niedergelassen hatte.

»Du hast mein Zimmer nicht gesehen. Das ist um einiges kleiner und besteht nur aus einem Bett und einem Stuhl, auf dem sich alle meine Sachen schon türmen. Und ich habe auch kein Fenster«, erklärte sie und rieb eine Strähne ihres blonden Haares zwischen ihren Fingern. »Nun sag schon, warum hängt der König so sehr an dir? Meine Familie musste viel Geld bezahlen, um meinen Bruder und mich in den Goldenen Palast zu bekommen. Eigentlich sollte Ethajon zu einem Himmelskrieger ausgebildet werden und irgendwann seine Flügel bekommen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er es noch in seiner Lebenszeit hinbekommt, ist gering. Dafür ist er immer noch besser mit dem Schwert als du.«

Aktur konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und drehte den Kopf weg, damit sie es nicht bemerkte. Er setzte sich auf die andere Seite vom Bett und fühlte sogleich, wie alle Anspannung von ihm abfiel. Seine Füße mussten ihn jetzt nicht mehr tragen. »Ich bin eigentlich kein Krieger, sondern ein Professor«, gab er zu. »Es war auch eher ein Unfall, dass ich in den Goldenen Palast gekommen bin. Eine Schwebende Insel hat sich unter meinen Füßen gelöst und mich nach oben getragen.«

»Und deswegen hat der König dich unter seinen Schutz gestellt?«

Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich es sage, wirst du mir nicht glauben.«

Akla lachte fröhlich auf. »Versuch es doch! Dann entscheide ich, ob ich dir glaube oder nicht.«

Aktur zögerte kurz, bevor er anfing zu sprechen. Sie ist vertrauenswürdig, redete er sich ein. »In der Halle der Säulen gibt es eine Säule der Helden. Darauf bin ich abgebildet. Der König hat es mir selbst gezeigt. Und es gibt eine Sage über das Ende der Goldenen Welt, in der ich erwähnt werde. Also... Umschrieben werde. ›Der mit dem Segen der Geister, der mit dem Leser als Meister, er wird die Königin ketten, er wird Alarchia erretten‹, heißt es darin. Meine...«, er schluckte, bevor er fortfuhr und fühlte wieder, wie sein Herz sich schmerzvoll verkrampfte, »Meine Geliebte war ein Baumgeist und gab mir ihren Segen, um ihren Mörder zu finden. Deswegen...«

Eine Weile schwiegen sie. Akla machte keinerlei Anstalten, loszulachen, sondern schaute ihn ernst und gefasst an. »Ich glaube dir«, sagte sie endlich. »Das mit deiner Geliebten tut mir leid. Ich habe gehört, dass das Lied der Baumgeister sehr schön sein soll.«

»Das ist es auch.«

»Als ich klein war, hat meine Mutter mir das Singen beigebracht. Alle meinten, ich sollte Sängerin werden, weil ich eine schöne Stimme habe, aber...«

Aktur sah sie an, aber sie hatte einfach aufgehört zu reden. Ihr war anzusehen, dass es ihr unangenehm war, weiter zu sprechen. Sie zupfte weiter an ihrer Haarsträhne herum und war tief in Gedanken versunken. Dann blinzelte sie und ruckte mit dem Kopf hoch, als wäre sie soeben aus einem Traum aufgewacht.

»Ich hoffe, dass dir nichts passiert, Aktur.« Aklas Stimme war jetzt sehr leise, fast ein Flüstern. Sie blickte ihm direkt in die Augen. »Wenn es stimmt, was du sagst, hängt das Schicksal der Goldenen Welt von dir ab. Du darfst nicht aufgeben, egal, was geschieht. Merk dir das. Glaube an dich selbst und an deine Fähigkeiten und du wirst dein Ziel erreichen. Du wirst hart zu kämpfen haben, um mit dem Schwert so gut wie Finarfiniel oder Ishayon zu sein, aber du wirst es ganz bestimmt schaffen.«

»Danke.«

Die Elfe stand auf und strich sich die blonden Haare hinter die spitzen Ohren. »Ich muss jetzt wieder zurück zum Kampfplatz. Ich verspreche dir, dass ich nichts von dem, was du mir anvertraut hast, weitererzähle.« Zum Abschied legte sie ihm eine Hand auf die Schulter.

Aktur lächelte sie dankbar an und ließ sich erleichtert ins Bett fallen, als sie die Tür hinter sich schloss. Ich muss an mich selbst glauben und an meine Fähigkeiten, dachte er trotzig, wobei sein schmerzender Rücken ihm ganz klar zu verstehen gab, dass seine Fähigkeiten im Schwertkampf praktisch nicht vorhanden waren. Aber ich werde mich anstrengen, um besser zu werden!

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