Erwachen
»Eine Wüste aus Farben
so zahlreich wie die Völker der Goldenen Welt
schwebt über einer Höhle aus Schätzen,
die niemand erreichen kann.«
AUS DER AUFZEICHNUNG
»ERINNERUNGEN EINES VERGESSENEN«
Yudra fühlte sich einfach nur elendig. Sie wartete nicht mal, bis die vier Menschen im Nebenraum verschwunden waren, sondern legte sich hin, sobald sie ihr allesamt den Rücken zugewandt hatten. Das Bett war gemütlich, viel gemütlicher als der Sessel in der Bibliothek, auf dem sie immer geschlafen hatte, und die halb auseinander gefallene Liege im Gasthaus Schwarzes Lamm. Dabei hätte sie vor einem Monat noch froh sein können, wenn sie eine halbwegs weiche Düne in der Ohawa-Wüste gefunden hatte, unter der keine Sandmaden oder Weberische auf den Einbruch der Nacht warteten. Ihr Leben war gefährlich gewesen, ja, und sie wäre mehrmals beinahe verdurstet oder an einem Hitzeschlag gestorben, aber es war das Leben einer Hüterin der Erde gewesen. Nicht so wie hier.
Zowuza ekelte sie nur noch an. Es widerstrebte sie, auch nur einen weiteren Tag hier zu verweilen. Und zum Glück würde sie das bald auch nicht mehr tun müssen. Sie war im ersten Moment geschockt gewesen, als Nurov ihr erzählt hatte, dass Tara, Yatepa und er dem General den Rücken zukehren und zusammen mit Cor aus Zowuza fliehen wollten. Tara bringt sich damit in Gefahr. Sie ist die kleine Seherin. Versteht sie nicht, wie wichtig sie ist? Sie setzt so leichtfertig ihre Gesundheit, vielleicht sogar ihr Leben, aufs Spiel! Aber sie hatte schnell verstanden, dass es in der Nähe des Generals mindestens genauso gefährlich war. Also hatte sie Nurov versprochen, sie zu unterstützen, wo sie konnte. Dabei hatte sie keine Ahnung, ob sie dazu überhaupt noch fähig war...
Beinahe zärtlich strich die Dryade sich über das Quay-Tattoo. In der Mitte wölbte sich ihre Haut in einem unschönen Wulst nach außen, wo der Heiler ihr den tiefen Schnitt zusammengenäht hatte. Die Verbindung zu ihrer Inneren Magie war abgeschnitten. Wieder. Wie viel Pech konnte man haben? Diesmal spürte sie jedoch, dass es anders war. Auf ihrem Weg vom Schneevolk bis in diese Stadt hatte sie wenigstens die Anwesenheit der magischen Kraft in sich gespürt. Ein zaghaftes, leises Kribbeln dicht unter der Haut. Yudra hatte sie zwar nicht nach außen lenken können, aber sie war eindeutig da gewesen. Nicht so wie dieses Mal.
In ihr hatte sich ein unendlich großes, schwarzes Nichts aufgetan. Eine Leere, in der ihre Magie verschwunden war. Nie hätte sie gedacht, dass so etwas möglich gewesen wäre. Und es machte ihr Angst. Mittlerweile war sie sich sicher, dass es an dem ›Gebräu gegen göttliche Ausstrahlung‹ lag, das die Kräuterfrau ihr bei jedem ihrer Besuche mitgegeben hatte. Auf der lakenbedeckten Kommode auf der anderen Seite des Zimmers stand dieser unheilbringende Trank. Yudra hatte Thac darum gebeten, ihn zu holen, gleich nachdem sie in diesem Geisterhaus angekommen waren. Er hatte keine Fragen gestellt. Vermutlich war er davon ausgegangen, dass es ein Medikament war, das sie regelmäßig einnehmen musste. Soviel zu dem vermeintlichen Alchimisten.
Zusätzlich zu der Abwesenheit ihrer Magie bedrückte sie Beihuns plötzliche Entscheidung, einfach abzureisen. Einen Tag nach ihrem Einbruch in das Haus des Generals hatte ihr alter Freund seinen Entschluss bekannt gegeben. Zenit Schwarzbart hatte daraufhin sofort seine Verbindungen eingeschaltet und am nächsten Nachmittag hatte ein Schiff für ihn bereit gestanden, das ihn nach Chala bringen sollte, in die Stadt des Lichts. Was ihn dazu bewogen hatte, konnte die Dryade nur erahnen. Es musste etwas mit dem zu tun haben, das er in den Gedanken des Generals gesehen hatte. Aber warum hatte er sie dann nicht eingeweiht? Er hat sich furchtbar verändert...
Yudra ließ sich ins Kissen fallen und bereute es sofort. Die Wunde an ihrem Hinterkopf fing wieder an schmerzhaft zu pochen. Ein Handgriff nach hinten und ein Blick auf ihre Finger bestätigten ihr, dass sie wieder angefangen hatte zu bluten. In der Hoffnung, dass die vier Menschen nicht ausgerechnet jetzt zu ihr hinüber sahen, setzte sie sich langsam auf und griff nach Cors Stab. Sollten sie sich ruhig weiter darüber wundern, dass ihre Verletzungen so schnell heilten. Sie würde nicht zulassen, dass die anderen sich der Gefahr, vom General erwischt und angegriffen zu werden, alleine entgegen stellten. Ich bin nicht nutzlos. Selbst ohne Magie kann ich kämpfen. Ich muss nur... schneller heilen.
Der Stein an der Spitze des weißen Steckens fing bei ihrer Berührung an, in einem blassblauen Licht zu pulsieren. Etwas Wärme kroch in ihre Fingerspitzen, dort, wo sie seine Oberfläche auch wirklich streifte, denn die wurzelartigen Auswüchse bedeckten ihn beinahe vollständig. Das vertraute Kribbeln der Magie breitete sich in ihrem Körper aus. Sie erschauerte. Als sie sich sicher war, dass die Kopfverletzung sich geschlossen hatte, stellte sie den Stab zurück an seinen Platz.
Die Erdfee hatte keine Ahnung, wie dieser Stein funktionierte und hätte sie den Stock nicht gehalten, während Thac sie und Cor in einer geschlossenen Sänfte zum Geisterhaus hatte tragen lassen, hätte sie seine heilende Wirkung auch nie entdeckt. Doch trotz allem wollte sie kein Risiko eingehen und seine Kraft zu lange in Anspruch nehmen. ›Heilung gegen Schmerz und Schmerz gegen Heilung‹ hatte Rassou ihr anfangs immer wieder eingeflößt, bis sie bemerkt hatte, dass ihre Schülerin die Gabe des Heilens nicht besaß. Vielleicht erlitt Cor in seinem Schlaf jedes Mal unerträgliche Qualen, wenn die Dryade sich seinen Stab nahm und die Magie des Steins verbrauchte. Diese Schuld wollte sie nicht auf sich nehmen. Sie hatte schon genug angerichtet, indem sie den Schatten freigelassen hatte. Nur Jeovi wusste, wie Gasoka reagieren würde, wenn er ihr vom hier Geschehenen berichtete.
Seufzend legte Yudra sich wieder ins Bett und schloss die Augen. Das Getuschel der vier Menschen im Nebenraum drang zu ihr hinüber, doch das interessierte sie gar nicht. Sie fragte sich, ob der Geist, der hier hauste, vielleicht zu ihr sprechen würde. Jedenfalls gab es einen, da war sie sich sicher. Ein Haus im Armenviertel, das nicht mal von den Dieben als Lager oder von den Kindern als Mutprobe benutzt wird, sondern einfach vollkommen verlassen ist, kann nur ein Geisterhaus sein. Denn die Seelen bösartiger Geschöpfe waren das einzige, vor dem die Menschen sich so sehr fürchten konnten, dass sie die Möglichkeit eines Unterschlupfes sofort ausschlugen, sobald er auch nur annähernd mit ihnen zu tun hatte.
Die Erdfee glaubte an Geister, keine Frage. Sie war einst sogar einem begegnet. Anscheinend war die Ohawa-Wüste früher noch nicht so ausgedehnt gewesen und auch ihr Sand musste einfarbig gelblich-weiß gewesen sein. Denn zum Ende der Totmonde hin war sie mit ihrer Lehrerin auf eine Ruine gestoßen. Yudra erinnerte sich noch an jedes kleinste Detail, obwohl es schon zweihundert Jahre her war. Die zerfallenen Steine hatten wie kleine Türme aus einer grünen Düne geragt. Wenige Tage zuvor waren sie noch nicht da gewesen, doch der Sandsturm hatte die Bruchteile freigelegt. Rassou hatte darauf bestanden, die Felsbrocken zu untersuchen um sicher sagen zu können, dass von ihnen keine Gefahr ausging.
»Vielleicht sind einige Steine während des Sturms heruntergefallen und haben ein Tier eingeklemmt«, hatte sie erklärt. »Oder sie sind so instabil, dass das jederzeit passieren könnte.«
Die Dryade war noch unerfahren gewesen, hatte die Bewegungen ihrer Lehrerin nachgeahmt und versucht, sie sich einzuprägen. Als sie die Hälfte der Arbeit erledigt hatten, hatte Rassou ihr erlaubt, sich die andere Seite der Ruine alleine anzuschauen. Sie hatte sich furchtbar gefreut, war aber in ihrer Hast den Hang der Düne hinunter gerutscht. Unmengen von grünem Sand waren aufgewirbelt und als er sich gelegt hatte, hatte sich ihr ein kleines, steinernes Tor offenbart. Es hatte ausgesehen, als gehörte es hier hin, als wäre es mit der Düne zusammengeschmolzen. Seltsame Schriftzeichen hatten sich über seinen Türrahmen gezogen, die sie nicht hatte entziffern können. Unter anderem deshalb, weil sie damals den Zauber dafür noch nicht gekannt hatte. Sie hatte Rassou ihre Entdeckung verschwiegen und war in der Nacht heimlich zurückgekommen.
Das Tor war immer noch da gewesen. Unverrückbar, unzerstörbar. Nur der Wind hatte einige Sandkörner hierher getragen, die sich über den unteren Rahmen gelegt hatten. Wie leicht der erste Flügel damals aufgeklappt war, wie leicht der andere. Drinnen war es dunkel gewesen, sodass sie mit einem Blitz ein Holzstück angezündet hatte, das sie immer bei sich getragen hatte. Zuerst hatte die Erdfee nicht viel entdecken können, doch schon bald war ihr der ungewöhnliche Sand aufgefallen. Er war farblos gewesen und hatte sich in den Ecken des Raumes zu kleinen Haufen aufgeworfen. In der Mitte hatte ein steinerner Würfel gestanden und beim Nähertreten hatte sie das Knirschen bleicher Knochen unter ihren Stiefeln gehört. Sie war stehen geblieben und hatte sich nicht getraut, weiterzugehen, als plötzlich ein leuchtender Schemen aus dem seltsam geformten Stein aufgetaucht war.
Die Gestalt war auf sie zu geschwebt, eine Handbreit über dem Boden. Das Gesicht war kaum zu erkennen gewesen, nur ein vager Umriss. So wie auch der Rest des Körpers. Vor ihr hatte der Geist inne gehalten und sie angestarrt, bis sie einen Schritt zurückgewichen war. Das hatte ihn aus seiner Starre gerissen. Er hatte ein leises Wort geflüstert und angefangen zu sprechen. Mittlerweile glaubte Yudra, dass die einsame Seele einem magiebegabten Wesen gehört hatte, das ebenfalls zwischen den Sprachen wechseln konnte.
»Schon lange Zeit schlafe ich unter den Toten«, hatte der Geist gesagt. »Wer bist du, dass du es wagst, meine Ruhe zu stören?«
Die Erdfee hatte keine Antwort gewusst, also hatte sie geschwiegen.
»Gehörst du zu den Zkeldar?« Das Wesen hatte eine Kälte ausgestrahlt, jedoch eine angenehme, die nicht an das Eisige in der Höhle beim Schneevolk herankam. »Hat die Schattengängerin dich geschickt? Du kannst ihr sagen, dass ich mein Geheimnis nicht preisgebe.«
Wie ein Wirbelwind war der Geist davon geweht und in dem Steinwürfel verschwunden. Daraufhin war die Dryade geflohen, hatte das Tor fest verschlossen und die Sanddüne zum Rutschen gebracht, sodass es verschüttet worden war. Ihrer Lehrerin hatte sie nichts davon erzählt. Die Ruine war beim nächsten Sandsturm sowieso begraben worden.
Yudra fuhr hoch, als ein leichter Windhauch ihr über die Wangen strich. Ruckartig setzte sie sich auf, hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf und starrte dann verwirrt auf das leere Bett gegenüber. Im selben Moment ertönte ein ungläubiges Keuchen und ein spitzer Entzückensschrei aus dem Nebenraum. »Cor!«
Alle Befürchtungen und Ärgernisse der letzten Tage waren wie weggeblasen. Mit einem Sprung war die Dryade auf den Beinen und hastete zum Türrahmen, an dem sie sich sogleich auch abstützen musste. Sie konnte ihren Augen zuerst nicht glauben. Der Wolkenleser stand, zwar mit Hilfe seines Stabes, aber aufrecht, in der Mitte des Zimmers und hatte Tara in die Arme geschlossen. Die junge Frau schien Freudentränen zu weinen, was Yudra allerdings nur daran erkannte, dass sie dabei schluchzend redete.
»Du bist wach! Ich dachte schon, du würdest nie mehr aufwachen. Alles nur wegen diesem... diesem Buch. Du glaubst nicht, welche Sorgen ich mir gemacht habe!«
Während Tara weiter plapperte, strich Cor ihr immer wieder beruhigend über die schwarzen Haare. Der Hauch eines Lächeln lag auf seinen Lippen und seine furchteinflößenden Augen funkelten vor Freude. »Es ist vorbei«, flüsterte er nach einer Weile, woraufhin die kleine Seherin sich von ihm löste. Sie wischte sich verlegen eine Träne weg und trat zurück an Yatepas Seite. Auch die beiden Brüder wirkten erleichtert, nur Thac knetete etwas nervös die Hände, doch das schien nur Yudra aufzufallen, weshalb sie erst nach einigen Augenblicken der Stille bemerkte, dass Cor sie angesprochen haben musste.
»Was?«
»Du bist verletzt. Ich wollte dich nicht wecken«, wiederholte der Wolkenleser seine Worte.
»Ich habe nicht geschlafen«, entgegnete sie zähneknirschend und fing sich einen vorwurfsvollen Blick von Tara und Yatepa ein, die es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht hatten, sie an die menschlichen Höflichkeiten zu gewöhnen. Ich werde sie nie benutzen. Warum sollte ich sie dann lernen?, dachte sie bei sich.
Cor nickte ihr jedoch nur zu und wandte sich wieder an Tara. »Wie ich sehe, ist einiges passiert, während ich die Folgen der Schwarzen Magie ertragen musste. Wo sind wir?«
»In einem Haus im Armenviertel«, antwortete die junge Frau. »Thac hat uns hierher gebracht, nachdem es in der Bibliothek nicht mehr sicher genug war.«
Der Wolkenleser musterte den Alchimisten, der gequält lächelte und eine ungelenke Verbeugung andeutete. »Es hat sich also mehr verändert als ich angenommen habe«, sagte er ohne ihn aus den Augen zu lassen.
»Ja, wir haben viel zu erzählen«, gab Tara zu. Yudra fürchtete schon, die junge Frau könnte hier, in Anwesenheit von Thac, versehentlich herausplatzen, dass sie fliehen wollten, aber zum Glück hielt sie sich zurück.
»Ich auch, mein Kind, ich auch«, murmelte Cor. »Doch uns fehlt die Zeit.« Bevor jemand fragen konnte, was genau er damit meinte, hatte er die auf dem staubigen Boden ausgebreitete Karte umrundet und blieb neben Yudra stehen, die überrascht zu ihm aufschaute. Der alte Mann drehte sich zögernd um, schwer auf seinen Stab gestützt. »Es fällt mir schwer, aber ich habe keine andere Wahl als euch zu verlassen«, verkündete er mit gesenktem Blick.
Schockiertes Schweigen legte sich über das gesamte Geisterhaus. Tara war die erste, die sich fing. »Du bist doch gerade erst aufgewacht!«, rief sie verzweifelt aus. »Du kannst jetzt nicht gehen! Wir brauchen dich!«
Der Wolkenleser schüttelte traurig den Kopf. »Tut mir leid. Es geht nicht anders. Ihr seid in furchtbarer Gefahr, wenn ich bei euch bleibe. Das kann ich dir nicht antun. Das kann ich keinem von euch antun.«
Ungläubig starrte die kleine Seherin ihn an. Plötzlich presste sie die Lippen fest zusammen und ballte die Fäuste. »Dann geh doch!«, schrie sie ihn an. »Geh einfach!« Bittere Tränen rannen ihre Wangen hinab und diesmal machte sie sich nicht die Mühe, sie wegzuwischen. »Warum habe ich auch nur einen Augenblick lang geglaubt, dass du bei uns bleiben würdest? Wir sind dir egal!« Unwirsch schüttelte Tara Yatepas Hand ab, der sie festhalten wollte, und stürmte an Yudra und Cor vorbei. Das laute Krachen ließ vermuten, dass sie das angenagelte Holzbrett, das den Eingang versperrte, nun vollends abgerissen hatte. Yatepa warf den Anwesenden einen entschuldigenden Blick zu und rannte dann hinter Tara her. Als seine Schritte verklungen waren, wandte Yudra sich an den Wolkenleser, obwohl sie wenig Hoffnung hatte, ihn zum Bleiben bewegen zu können. Hauptsache, alle verlassen auf die eine oder andere Art diese verfluchte Stadt.
»Du wirst wirklich gehen?«
Cor nickte.
»Wohin?«
»Das kann ich dir nicht sagen«, entgegnete er. Ihm war deutlich anzusehen, dass diese Entscheidung ihm nicht leicht gefallen war. Selbst seine Stimme klang belegt.
»Zu meiner eigenen Sicherheit nehme ich an?«
»Genau.« Doch ihre Frage entlockte ihm kein belustigtes Grinsen. Stattdessen wirkte er noch trauriger. Auf einmal ergriff er ihre Hand. Sie war so überrascht, dass sie kurz zusammenzuckte. Noch mehr erstaunte sie allerdings die Tatsache, dass der Wolkenleser ihr seinen Stab in die Hand drückte. »Der gehört jetzt dir.«
»Was? Aber...«
»Du wirst ihn brauchen«, unterdrückte Cor ihr Aufbegehren. Seine unheimlichen Augen strahlten eine Entschlossenheit aus, die sie beunruhigte und die Narben auf seiner linken Gesichtshälfte wirkten plötzlich wie die eines Monsters aus den Geschichten ihrer Lehrerin. Warum tut er das? Er kann unmöglich wissen, was wir vorhaben! Und selbst dann würde er seinen Stab doch nicht einfach so weggeben! Erst recht nicht mir. Tara kennt er schon viel länger!
»Ich weiß aber nicht, wie man ihn benutzt!«, widersprach Yudra, doch der Wolkenleser lächelte nur leicht. Weiß er vielleicht, dass ich mithilfe des Steins schon meine Wunden geheilt habe und gibt ihn mir deshalb? Sie biss sich auf die Lippen.
»Traue ihnen nicht«, flüsterte er ihr noch zu, verabschiedete sich mit einem Nicken von Nurov und eilte davon.
Die Dryade wusste nicht, wie lange sie so dagestanden und auf den Stab in ihren Händen gestarrt hatte, bis Yatepas Bruder sie an der Schulter antippte. Erschrocken fuhr sie hoch. »Was hat er dir gesagt?«, wollte er wissen.
Hinter ihm faltete Thac gerade die Karte zusammen. Er war vollkommen unberührt geblieben, summte jetzt sogar leise vor sich hin. »Später«, wisperte sie Nurov zu. Auf den Stab gestützt, wie Cor es immer getan hatte, schleppte sie sich zurück zum Bett. Diese Nacht würde sie allein dafür verwenden, ihre Wunden vollständig zu heilen. Und darüber nachzudenken, wie sie Nurov von der Idee überzeugen konnte, die ihr soeben gekommen war. Jemand muss den General ablenken, damit die anderen fliehen können, dachte sie. Es ist die einzige Möglichkeit. Tara weiß nicht, wer sie beobachtet. Oder wie sie beobachtet wird. Yudra schloss die Augen und hörte wie als Bestätigung das gedämpfte Bellen eines Hundes, kurz bevor Yatepa mit Tara zurückkehrte. Die junge Frau weinte immer noch. Aber Cor war schon fort.
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