Der Segen der Geister
»Warte bis zum nächsten Vollmond.
Warte bis meine Gestalt sich ändert.
Warte bis ich heule wie ein Wolf.«
EIN UNBEKANNTER WERWOLF,
KURZ VOR DEM ANGRIFF AUF YAARI
»Wer ist das?« Aktur starrte auf die zusammengekauerte Gestalt in der hintersten Ecke der Zelle. Er konnte ihre Gesichtszüge kaum erkennen. Nur die unnatürlich lange Nase war deutlich im Lichtschein einer schwach brennenden Fackel zu sehen.
»Das ist ein Tiergeist. Weißt du, was das ist?« König Zefalo sah den Elfen fragend an. Die Anspannung des Herzogs der Lüfte war deutlich zu spüren und seine Schwerthand ruhte die ganze Zeit über auf dem Griff seiner Waffe.
»Tiergeister. Sind das nicht Geschöpfe, die die Gestalt des Tieres annehmen können, dessen Seele sie in sich tragen?« Er erinnerte sich daran, etwas darüber in der Bibliothek von Ihany gelesen zu haben. »In menschlicher Gestalt sind sie kaum von den anderen zu unterscheiden. Es sei denn, die Tierseele in ihnen hat zu viel an Macht gewonnen. Das kann passieren, wenn sie sich zu oft in ihre Tiergestalt verwandeln.«
»Richtig.« Der König deutete mit seiner linken Hand auf das kauernde Etwas. Aktur war sich ziemlich sicher, dass es sich nicht bewegt hatte. Trotzdem spürte er seinen kalten Blick auf sich ruhen, als würde es sein nächstes Opfer suchen.
»Ihr meint, das dort in der Zelle ist ein Tiergeist?«, fragte der Elf fassungslos. Er hatte noch nie eine solche verwahrloste Kreatur gesehen. Bisher hatte er sich diese Wesen immer fröhlich vorgestellt. Es musste doch bestimmt unheimlich spannend sein, seine Gestalt wechseln zu können. Bewusst. Nicht so wie die Werwölfe es jeden Vollmond taten.
»Dieser Tiergeist ist anders«, erwiderte König Zefalo. »Er hat die Seele eines Wolfes in sich. Als wir ihn gefunden haben, lag er halb tot an den Ufern von Raimy. Wir dachten, er wäre eine gute Seele und so ließen wir ihn in den Goldenen Palast. Er bekam von mir sogar ein eigenes Zimmer unterhalb des Thronsaals.«
»Was ist passiert?«, wollte Aktur wissen und starrte in die Dunkelheit der Zelle. Er konnte den Blick einfach nicht von der Gestalt abwenden, obwohl ihm jede Sekunde Kälteschauer über den Rücken liefen. So unwohl hatte er sich in seinem ganzen Leben bisher noch nicht gefühlt.
»Nachdem er in das Zimmer eingezogen war, hat er sich rasch erholt. Ich stellte ihn als Leibwächter meines ältesten Sohnes Rhince ein. Er machte sich gut. Zweimal hat er ihm das Leben gerettet, indem er sich aufopferungsvoll vor ihn geworfen hat, als jemand ihn aus dem Hinterhalt überfiel. Rhince war sehr zufrieden mit ihm und schenkte ihm eines Tages die Freiheit. Der Wolf verließ uns. Doch nach einem Jahr tauchte er wieder auf. Das müsste ungefähr zu der Zeit des ersten Perlenwaldbrandes gewesen sein, nach dem ich zum König gekrönt wurde. Davor war ich einfach nur ein Krieger unter vielen, aber ein sehr einflussreicher mit vielen Verbindungen nach oben. Rhince und ich freuten uns, als wir Den Wolf wieder sahen. Doch die Freude wehrte nicht ewig. Er hatte sich verändern. Und zwar nicht zur besseren Seite. Zu oft hatte er in seiner Freiheit die Tiergestalt angenommen. Dennoch vertrauten wir ihm. Es war ein großer Fehler.«
Als Aktur den Blick endlich von der Gestalt abwenden konnte, sah er den König an. Er wirkte voller Trauer und die Hand, die auf dem Griff seines Schwertes lag, zitterte. Seine Lippen hatte er fest zusammengekniffen, als würde er sich weigern, weiter zu reden.
»Warum habt Ihr Den Wolf in dieses Verlies gesperrt? Was hat er getan?«, wagte der Elf es, diese Frage zu stellen.
König Zefalo blickte ihn irritiert an. Einen kurzen Moment lang lag Verwirrung in seinen Augen als ob er nicht wüsste, wer die Person neben ihm war. Dann klärte sein Blick sich jedoch und wurde hart.
»Der Wolf hat Rhince getötet«, flüsterte er. Bitterkeit lag in seiner Stimme. Ruckartig zog er das Schwert aus der Scheide. Mit einem lauten Krachen schlug die Klinge gegen die Eisenstäbe des Gefängnisses, sodass Funken aufstoben.
Aus der hinteren Ecke der Zelle drang ein Knurren, dann ein Jaulen. Die Gestalt setzte sich in Bewegung. Aktur konnte es nicht wirklich sehen, doch das Kratzen von Krallen auf Stein und das Schlurfen von Schritten taten das ihre. Plötzlich sprang Der Wolf vor. Der Elf taumelte erschrocken zurück. Weiße Reißzähne krümmten sich um die Gitterstäbe und der Geifer seiner Lefzen floß an ihnen hinunter. Wilde, gelbe Augen starrten ihn an. Solche Augen hatte er bei einem Wolf noch nie gesehen.
Doch auf einmal begriff er. Als er an dem Kopf des Tiergeistes vorbeisah, erhaschte er einen Blick auf eine normale menschliche Haut, bedeckt mit Narben aller Art. Einige Stellen waren aufgerissen und verkrustetes Blut klebte daran. Es schien, als hätte Der Wolf sich selber Verletzungen zugefügt. Doch warum sollte er so etwas tun?
»Das passiert mit einem Tiergeist, der zu oft seine Tiergestalt angenommen hat«, zischte König Zefalo neben ihm und schlug Dem Wolf mit dem Schwert auf die Nase, woraufhin dieser sich wieder winselnd in seine Ecke zurückzog. »Aus einem anständigen Menschen wird ein wildes Tier, das nur von Instinkten beherrscht wird. Und von Wut. Je größer die Wut, desto mehr verfällt der Körper in seine tierische Gestalt.«
»Die Wunden...«, stotterte Aktur. »Hat er sie sich selbst angetan?«
Der Herzog der Lüfte nickte. »Ein Wolf ohne Rudel ist wie ein Vogel ohne Flügel. Ohne sein Rudel ist er nur ein hilfloses Monster. Nicht überlebensfähig. Wir haben versucht, ihn davon abzuhalten, aber«, er hielt kurz inne, um sein Schwert zu verstauen, »es hat keinen Sinn. Wenn wir ihn festbinden, versucht er frei zu kommen und verletzt sich dabei nur noch mehr.«
»Warum zeigt Ihr mir das alles?«, fragte der Elf schließlich und sah den König an.
»Damit du weißt, was du tun musst und welches Risiko du eingehst.«
»Ich verstehe nicht...«
»Erinnerst du dich noch an das Gedicht?« Als Aktur nickte fuhr er fort. »Die Schatten wandern bereits durch das Land, auch wenn niemand sie genau beschreiben kann. Der Drache Ximou, den ich eigentlich schon mal besiegt habe, treibt wieder sein Unwesen im Perlenwald. Doch es gibt noch ein paar weitere Zeilen. Zeilen, die ich von einer Nymphe ins Ohr geflüstert bekommen habe in der Nacht nach meiner Krönung. Sie meinte, diese Worte sind zu wertvoll, als dass man sie jedem anvertrauen könne. Bald würden die Helden Schlange stehen vor dem Goldenen Palast und behaupten, sie wären derjenige, der im Gedicht erwähnt wird.«
»Wie lauten diese Zeilen?« Der Elf sah König Zefalo erwartungsvoll und zugleich etwas verunsichert an. Denkt er wirklich, ich könnte derjenige sein, der darin vorkommt? Nur weil ich ihm von meiner Geschichte erzählt habe? Warum geschehen in letzter Zeit so viele seltsame Dinge. Ich bin doch wohl zu nichts Großem bestimmt! Es gab noch niemanden in Yaari oder Ihany, der es zu etwas gebracht hat.
Der König sagte die letzten Zeilen dennoch auf:
»Der mit dem Segen der Geister,
Der mit dem Leser als Meister,
Er wird die Königin ketten.
Er wird Alarchia erretten.«
Überrascht starrte der Elf den Herzog der Lüfte an. Dieses Gedicht könnte wirklich mich beschreiben. Ich habe Miones Segen bekommen, Cor zu finden. Und Cor ist ein Wolkenleser. Trotzdem war ihm unbehaglich zumute. Die Zeilen sagten, er solle eine Königin ketten. Dabei wusste er nicht mal, welche Königin gemeint war. Geschweige denn, wie er sie ketten sollte. Oder war mit ›ketten‹ etwas anderes gemeint? Und dann war da noch seine Zukunft, die die Schicksalsschwestern ihm gezeigt hatten... Dieser dunkle Ort...
»Lass uns gehen«, sagte König Zefalo nach einer Weile und zerrte ihn am Ärmel zurück zu der Ausgangstür. »Du brauchst sicher Zeit, um darüber nachzudenken. Außerdem wissen wir nicht, wer noch alles zuhört.« Kurz meinte Aktur zu sehen, wie seine Augen zu der Zelle neben Dem Wolf wanderten. Doch der Elf wagte es nicht, zu fragen, wer oder was darin war. Widerstandslos ließ er sich von dem Herzog der Lüfte durch die dunklen Gänge des Kerkers zur Tür und hinaus in die lange Halle des Palastes führen.
Eine Flut von Quattos kam ihnen entgegen. Aktur versuchte zwischen den vielen grauen Gesichtern Rako zu entdecken, doch vermutlich war sein kleiner Freund immer noch bei dem Prinzen. Und so, wie Prinz Mirap gebrüllt hatte, als sie in den Thronsaal gekommen waren, wurde er vielleicht sogar bestraft.
Der König führte den Elfen vorbei an den Palastdienern und auf die Tür am Ende der Halle zu. Zu beiden Seiten des langen Raumes waren goldene Säulen gebaut worden, in die kunstvolle Bilder geritzt waren. Kurz bevor sie das Tor erreichten, blieb König Zefalo an einer von ihnen stehen und deutete auf einen Abschnitt.
»Jede dieser Säulen hat eine Bedeutung. Weiter vorne steht die der Könige, dann kommt die der Kriege, der Fürsten verschiedener Städte und so weiter. Und dies, dies ist die Säule der Helden.« Er fuhr mit dem Finger über das Bild vor ihm. »Jeder Abschnitt steht für ein Zeitalter. Oben sind die ältesten und unten die jüngsten.«
Aktur schaute zum Sockel der Säule, um sich zu vergewissern, dass dort noch keine Helden eingeritzt waren. Mit gerunzelter Stirn erkannte er dennoch einige Figuren auf Pferden oder in Rüstungen. Auch Frauen waren dabei. Sie trugen verschiedene Kleider, einige hatten Tätowierungen, andere schmückten sich mit Ketten oder prächtigen Federn. Er erkannte auch einen Elfen mit nur noch einem Arm und einer Augenklappe. »Warum sind die jüngsten Zeitalter schon eingezeichnet? Oder ist die Säule schon voll?«
Der König schüttelte den Kopf. »Jede dieser Säulen hat eine Fee angefertigt. In ihnen ist Magie enthalten, die die Helden der Zukunft einzeichnet, noch bevor sie überhaupt geboren wurden.« Mit seinem Finger fuhr er immer weiter über die Bilder und ging einmal um die Säule herum, bis er bei einer Figur hängen blieb und einen zufriedenen Seufzer ausstieß. »Komm her und sieh dir das an.«
Der Elf ging zu dem Herzog der Lüfte und sah auf den Mann, über dem der Finger des Königs schwebte. Ihm stockte der Atem. Mehrmals blinzelte er, um sich sicher zu sein, dass das kein Traum war. Schließlich gab er es auf und musste es als Realität akzeptieren. »Das bin ich«, sagte er und bemühte sich darum, seine Fassung zu bewahren.
Dann stimmt es also. Das Gedicht hat nicht gelogen. Ich bin derjenige mit dem Segen der Geister. Derjenige mit dem Wolkenleser als Meister. Ich muss Cor dringend finden!
König Zefalo nickte nachdenklich und wandte sich dann an Aktur. »Du bist ein Held der Zukunft. So wie ich verstanden habe, suchst du nach einem gewissen Kob.«
»Cor«, berichtigte der Elf ihn. Noch einmal wollte er zu seinem Antlitz auf der Säule blicken, doch die Sicht darauf wurde von den weißen Flügeln des Königs versperrt.
»Ich werde meinen Himmelskriegern und Adlerreitern sagen, dass sie nach einem solchen Mann Ausschau halten sollen«, bestimmte der Herzog der Lüfte. »Doch es wird lange dauern, bis wir ihn gefunden haben. Alarchia ist nicht gerade klein. Es gibt viele kleinere Stämme und Völker, die in vollkommener Abgeschiedenheit leben. Bis es soweit ist, wirst du unter meinem Schutz stehen und die beste Ausbildung bekommen, die ich dir bieten kann. Du wirst lernen, mit einem Schwert umzugehen, um gegen die Königin, die uns bedroht, kämpfen zu können. Du wirst in der Kriegskunst unterrichtet werden, hier, im Goldenen Palast, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein.«
Voller Staunen blickte Aktur dem König entgegen. Vom Professor zum Krieger, dachte er. Anscheinend war mein Schicksal schon von Geburt an vorherbestimmt. Mein größter Traum ist nun Wirklichkeit geworden. Ich werde dem König im Goldenen Palast dienen!
Erneut musste er an das denken, was die Schicksalsschwestern ihm gezeigt hatten. Und an die Stimme der Rothaarigen. »Du wirst doch wohl nicht gehen, ohne dein Schicksal erfahren zu haben!« Das hatte sie gesagt. Noch immer war er zu verwirrt von dem, was er gesehen hatte.
»Ihr habt eben von einem Schwert gesprochen. Muss ich jetzt...« Die Worte blieben in seinem Hals stecken. Er konnte sich nicht vorstellen, je mit irgendjemandem zu kämpfen. Oder zu töten.
»Du bekommst ein Schwert, das von einer Fee gesegnet wurde. Nur den Besten der Besten kommt diese Ehre zuteil, denn es gibt nur sieben ihrer Art. Vier von ihnen sind in den Wirren der Zeit verloren gegangen oder zerstört worden. Um die restlichen drei vor diesem Schicksal zu bewahren, haben die sieben Könige vor dreihundert Jahren beschlossen, dass die letzten Schwerter an einem sicheren Ort verwahrt werden müssen. Die Wahl fiel auf den Goldenen Palast. Das ist eine große Ehre für unseren damaligen König Tchenu gewesen. Eines der verlorenen Schwerter wurde jedoch erst vor einiger Zeit wiedergefunden. Was für ein Glück für uns!«, erklärte König Zefalo ihm und bedeutete ihm mit einer Geste, vor zu gehen. Nachdem sie durch die Tür in einen großen Saal getreten waren, fuhr er fort: »Hinter der Tür am Ende des Raumes findest du eine Treppe, die zu dem Platz führt, auf dem die täglichen Kampfübungen stattfinden. Dort wird aus dir ein richtiger Krieger werden.«
Der König ging zu einem der Holzschränke, die wie Bücherregale entlang der Wände aufgestellt waren, und öffnete ihn. Aktur stellte sich an seine Seite und staunte. Vor ihm befanden sich genau drei Schwerter. Vorsichtig streckte er die Hand nach einem von ihnen aus. Ein wohliges Kribbeln machte sich in seinen Fingern breit, als würde er nach einer eiskalten Nacht wieder am Feuer sitzen.
»Jede dieser Waffen ist mit Feenmagie durchdrungen. Ich sehe, dass du sie spürst«, hörte Aktur die Stimme des Königs wie aus weiter Ferne. »Jede von ihnen ist einzigartig.« Der Herzog der Lüfte griff nach einem Schwert, dessen Klinge längs in drei Teile gespalten war. Es bestand aus einem ungewöhnlich dunklen, fast schwarzen Metall. Milchig weiße Edelsteine verzierten die Parierstange und den Knauf. Ein seltsamer Stich bohrte sich in das Herz des Elfen, als König Zefalo es berührte. Einfach so berührte. Ohne Respekt vor der Magie in dem Metall. Er war nicht würdig genug, es zu berühren. Er... Aktur stoppte seinen Gedankengang. Was denke ich da eigentlich? Er ist der König! Natürlich darf er jeden Gegenstand berühren, den er möchte!
Als hätte der Herzog der Lüfte seine Eifersucht nicht bemerkt, hob er das Schwert und ließ es ein-, zweimal durch die Luft sausen, bevor er es gerade vor sich hielt, sodass die Klinge sein Gesicht in zwei Hälften zu teilen schien. »Das ist Zalco, der Spalter des Nebels. Ein sehr machtvolles Schwert. Es war eines meiner Favoriten, als ich nach meiner Krönung vor die Wahl gestellt wurde. Schließlich habe ich mich aber für Lyz entschieden, die Klinge der Sonne.«
Dabei klopfte er auf das Schwert an seinem Gürtel, bevor er den Spalter des Nebels zurück an seinen Platz hängte und Aktur erwartungsvoll ansah. Dieser schaute sich die restlichen zwei Klingen an. Wahrlich, jede von ihnen war einzigartig. Doch eine war ihm sofort ins Auge gefallen. Er hatte sie schon einmal gesehen. In seiner Zukunft. Es war das Schwert, das ihn töten würde. Noch hatte es keinen Besitzer. Wenn es keinen Besitzer hatte, wem gehörte dann die Hand, die es geführt hatte? Ich muss verhindern, dass diese Waffe ihren Weg zu meinem Mörder findet. Am besten, ich nehme sie selbst an mich. Ich werde das Schwert nie weggeben, dann kann man mich damit auch nicht töten.
Langsam und etwas unsicher streckte er seine Rechte nach dem Griff der Waffe aus. Die Klinge war aus einem silbrigen Metall gemacht und das Heft war mit schwarzem Leder umwickelt. Dunkler Obsidian funkelte zwischen den schmuckvollen Verzierungen der Parierstange. »Wie heißt das hier?«, fragte er den König voller Ehrfurcht.
Der Herzog der Lüfte sah ihn an. Unsicherheit lag in seinem Blick. »Bist du dir ganz sicher? Die anderen Waffen sind ebenfalls hervorragend geeignet.«
Verwundert schaute Aktur König Zefalo an. »Stimmt etwas nicht mit diesem Schwert?«
»Es hat seinen vorherigen Besitzer getötet«, antwortete er etwas zögerlich.
»Wie ist so etwas möglich? Es ist nur ein Schwert! Der Krieger führt es.«
»Aber denk daran, es ist eine Waffe, die mit Magie durchdrungen ist. Einige berichten von plötzlichen Richtungsänderungen im Kampf. Die Fee, die dieses Schwert gesegnet hat, war offenbar noch nicht sehr vertraut mit ihrer Kunst.« Der König wollte nach der Waffe greifen, doch Aktur zog sie schnell weg, bevor er auch nur das Metall berührt hatte.
»Ich wähle aber dieses Schwert«, sagte der Elf bestimmt. Das Obsidian funkelte im Licht der Sonne, die durch die Fenster hinein schien. »Wie heißt es?«, fragte er erneut.
»Es hat keinen Namen«, meinte König Zefalo und richtete sich groß auf. »Da du deine Waffe gewählt hast, werde ich dir nun dein Zimmer zeigen. Es ist gegenüber von dem, in dem Der Wolf untergebracht war, bevor er meinen Sohn getötet hat.« Bitterkeit lag in seiner Stimme, doch der Elf überhörte das.
Zufrieden mit sich selbst nickte Aktur und folgte dem König wieder hinaus in die lange Halle mit den goldenen Säulen. Wie von selbst flackerte sein Blick zu der Säule der Helden, doch die Bilder schienen sich verändert zu haben. Er sah nur noch die Hälfte seines Gesichts, die andere Hälfte war auf der Hinterseite der Säule verborgen. Hat sich meine Zukunft verändert?
»Es ist eine große Ehre für mich, im Goldenen Palast zu sein«, sagte er dem König nach einigen Schritten. Sie gingen zwischen zwei Säulen hindurch, passierten eine angelehnte Tür und kamen in einen langen Gang, von dem mehrere Türen abzweigten. Vor einer von ihnen stand ein schwarzhaariger Elf und schien tief in Gedanken versunken zu sein. Er bemerkte gar nicht, dass der König mit einem Fremden an ihm vorbeigingen.
»Und es ist eine Ehre für mich, einen zukünftigen Helden Alarchias ausbilden zu dürfen«, entgegnete der Herzog der Lüfte und blieb vor der letzten Tür auf der rechten Seite stehen. Sie war erstaunlicherweise aus rot lackiertem Holz und grenzte direkt an die hinterste goldene Wand, in der er die Umrisse einer Tür ausmachen konnte.
»Das ist dein Zimmer«, sagte König Zefalo und deutete auf die rote Tür, dann auf die goldene. »Das ist eine ganz besondere Tür. Wenn du durch sie hindurchgehst, wird eine Treppe dich direkt zum Thronsaal führen. Sie öffnet sich aber nur, wenn du ein wichtiges Anliegen hast. Sonst ist sie immer geschlossen. Morgen fängt deine Ausbildung an. Sorge dafür, dass du bei den ersten Strahlen der Sonne auf dem Kampfplatz auftauchst. Du erinnerst dich?«
»Die Tür am Ende der Halle gegenüber der Treppe zum Kerker.«
Der König nickte und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Viel Glück, junger Held. Möge der Segen der Geister wirklich auf dir ruhen und dich beschützen.«
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