- 047 -

Leise seufzend schloss ich die Haustür hinter mir und strich mir geschafft durch die Haare. Es war ein unglaublicher Akt Louis und Amélie ins Bett zu bekommen und ich hatte nicht sonderlich Lust jetzt noch bei meiner Mutter und Gemma vorbeizuschauen, um ihnen bei dem Nähen der Klamotten für die Zeremonie zu helfen.

Am liebsten würde ich mich zu meiner kleinen Familie legen, mich zu ihnen kuscheln und beiden beim Atmen zuhören. Ihre Anwesenheit und Wärme genießen und sie küssen, aber wenn ich mir noch einmal von Robin anhören musste, dass ich meinen Pflichten nicht nachgehen würde... Ich wollte einfach nichts provozieren.

Nicht gerade mit der besten Laune klopfte ich bei Gemma an der Haustür und trat ein nachdem mir Rose die Tür geöffnet hatte. "Onkel Harry", lächelte sie glücklich und schlang ihre Arme um meine Taille. "Hey Maus", begrüßte ich meine Nichte und erwiderte ihre Umarmung. "Mama und Oma sitzen schon im Wohnzimmer. Ally mag nicht mehr helfen, sie hat sich zu oft mit der Nadel in den Finger gestochen..."

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, folgte ihr zu den anderen und ließ mich am Tisch neben meiner Mutter auf den Stuhl fallen. "Oh, auch mal da?", fragte sie etwas angefressen und sah mich mit zusammengekniffenen Augen nicht gerade begeistert an.

"Ich wäre früher gekommen, aber Amélie zahnt bereits und Louis hat sich beim Toben draußen den Fuß verdreht", seufzte ich leise. War sie so schlecht gelaunt, dass sie es direkt an mir auslassen musste?

"Deine Tochter bekommt schon Zähnchen?", fragte Gemma und sah mich überrascht an. "Rose war schon schnell in ihrer Entwicklung, aber nach so wenigen Monaten?" Ich zuckte mit meinen Schultern. "Es muss an den Genen liegen, sie ist einfach etwas schneller was das angeht", murmelte ich und griff nach den Stoffen auf dem Tisch.

Ich hatte aufgehört mich darüber zu wundern wie schnell Amélie sich entwickelte... Bei ihrem Vater war doch alles möglich.

"Und wie geht es deinem Omega?", fragte Gemma nach und sah mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Es heilt schon und er ist tief am Schlafen." Meine Schwester schien nachdenklich, nickte aber und nähte den Saum weiter. Es liegt an Robin, stimmt's?

"Wir brauchen nur noch die Kleidung für Liams Familie, dann sind wir fertig", lächelte meine Mutter dann etwas sanfter und reichte mir ihre Notizen mit den Maßen von den vieren. "Du kannst die für Liam machen, wenn du magst. Ich denke er würde sich freuen, wenn er hört, dass sein Alpha ihm die Hose genäht hat."

Leise brummte ich, lächelte bei dem Gefühl von dem Stoff zwischen meinen Fingern und dachte daran, wie die erste Zeremonie war. Damals war alles so hektisch und wir hatten uns kaum Zeit gelassen.

Ich wollte gerade anfangen und mit Kreide ein paar Markierungen auf dem cremefarbenen Leinenstoff einzeichnen als ich ein kribbeliges Gefühl auf meiner Haut verspürte. "Harry?", fragte Gemma besorgt und schien ebenfalls zu merken, dass etwas nicht stimmte. "Ist jemand an unserer Schutzwand?" - "Ja und ich weiß auch wer...", murmelte ich und schickte meine Nichte auf ihr Zimmer.

Meine Schwester sah mich nicht begeistert an, schien dann aber zu verstehen, dass es mir wichtig war. "Louis' Mutter", sprach ich nach einem Moment und atmete tief durch. "Louis' Mutter? Ich dachte sie sei eine Wilde..." - "Ist sie auch, sie hat jedoch ihren Sohn gefunden und scheint jetzt irgendwas zu haben", stellte ich die Vermutung an und sah auf meine Mutter hinab, da sie mich daran hinderte aufzustehen.

"Sie wird in wenigen Minuten immer noch an Ort und Stelle sein", sprach sie mit fester Stimme. "Würdest du uns wenigstens aufklären? Ich kann verstehen, dass du dein eigenes Leben führst, ich kann auch verstehen, dass du nicht alles mitteilen möchtest, aber du kannst nicht von mir erwarten, dass ich keine Fragen stelle. Vor allem nicht, wenn es um die Mutter deines Seelenverwandten geht, Harry."

Ich wusste das sie Recht hatte, auch Gemma stimmte unserer Mutter mit einem Nicken zu und bat mich ebenfalls wieder Platz zu nehmen.

Schweren Herzens setzte ich mich hin und versuchte das ungute Gefühl, welches das Kribbeln auf meiner Haut auslöste, zu ignorieren. Wenigstens für einige Minuten. "Ich hatte sie vor vier Tagen an unserer Grenze entdeckt, den Morgen danach war ich mit Louis bei ihr", fing ich an zu erzählen und blickte dabei in sprachlose Gesichter. Es war beiden deutlich anzusehen, dass sie keine Worte fanden, aber anders als erwartet schienen sie mich nicht für meine Entscheidung zu verurteilen.

"Johannah ist anders als die Wilden, die ich bisher erlebt hatte... Schließlich gab es bereits unangenehme Begegnungen und Kämpfe, welche nicht immer so gut ausgegangen sind. Ihre beiden Gefährten schienen bisher auch sehr ruhig und hören auf jedes ihrer Worte. Louis hat sich in der Nähe seiner Mutter und auch bei den zwei Wilden sicher gefühlt", sprach ich weiter und wusste nicht ganz, was meine Schwester und Mutter von mir hören wollten.

"Ich würde jetzt gerne nach ihr-" Doch Mama unterbrach mich. "Nimm bitte Gemma mit, wenn es Louis' Mutter ist, dann sollte sie mehr von uns kennenlernen, damit sie nicht zurückschreckt und weiterhin in der Nähe unseres Dorfes bleibt. Es wäre schade, wenn sie aus Misstrauen zu uns auch Abstand zu ihrem Sohn einnimmt."

"Das ist so verrückt", sprach Gemma auf dem Weg zur Barriere und schien unheimlich aufgeregt zu sein. "Atme tief durch, Gems. Niemandem ist geholfen, wenn du jetzt deine Nerven verlierst und bitte erschreck dich nicht. Johannah ist vermutlich in ihrer menschenähnlichen Gestalt, hat schwarze Augen und die Knochen leuchten nur so unter ihrer hellen und vernarbten Haut. Bitte reiß dich zusammen", bat ich meine Schwester und erhielt als Antwort einen festen und schmerzvollen Schlag auf meinen Oberarm.

"Autsch", murrte ich und rieb mir über die warm werdende Stelle. Gemma zischte nur: "Also manchmal habe ich echt das Gefühl, dass du vergisst das wir den gleichen Vater hatten. Ich bin nicht so schwach, wie du es dir vielleicht ausmalst. In meiner wahren Gestalt bin ich ein bisschen größer als du. Nur weil meine Hülle da nicht mitgemacht hat, heißt es nicht das du mich als hilflos abstempeln darfst."

Ich grinste nach ihren Worten nur, gab ihr den Klaps zurück und liefen gemeinsam weiter zur Grenze. Schon von Weitem konnte ich erkennen, dass Johannah sich gegen die Barriere lehnte und versuchte hindurchzukommen. Gemma und ich sprinteten schon fast und sobald wir angekommen waren, legte meine Schwester ihre Hände an die schützende Wand.

"Schaffst du es sie zu öffnen?", wollte ich wissen und legte meine Hand neben ihre. "Es ist was schwerer geworden nachdem wir die Barriere gestärkt haben, aber ich schaffe das schon. Auf die Schnelle funktioniert das sowieso nicht", murrte sie leise.

Erleichtert atmete ich aus als Johannah mir in die Arme stolperte. Ich wollte sie erstmal vernünftig begrüßen, doch ich spürte etwas Nasses an meiner Hand, weshalb ich ihr auf den Rücken sah und bei der klaffenden Wunde zwischen ihren Schulterblättern erschrak. Ich hatte mir nicht ansatzweise vorstellen können, dass sie so schwer verletzt war.

"Was ist passiert? Warst du jagen?", wollte ich wissen und erhielt von ihr nur ein gequältes Bellen. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippe und überlegte was wir für sie tun konnten.

"Lass uns zur Quelle, das reine Wasser wird ihr helfen", schlug Gemma vor und brachte mich zum Stocken. "Wir können sie nicht zur Quelle bringen... Das geht nicht." - "Und warum nicht? Weil es nur für Zeremonien und die Ältesten bestimmt ist? Scheiße Harry es geht um die Mutter deines Gefährten."

Hin und hergerissen sah ich zu der Frau in meinen Armen und nickte nachdem ich ihr in die Augen gesehen hatte. Ich hatte die Quelle nicht einmal genutzt als ich vor wenigen Wochen in unglaublich schlechter Verfassung war und jetzt brachten wir Louis' Mutter an diesen Ort?

"Schaffst du es uns zu folgen?", fragte ich Johannah und erhielt nur ein benommenes Nicken, nahm sie an der Hand und ging mit ihr an Gemmas Seite zum Fluss, welcher nicht weit von hier seinen Ursprung hatte.

"Das Wasser ist stellenweise sehr tief, aber es ist klar und sauber. Damit kann ich dir die Wunde auswaschen", erklärte meine Schwester und hielt Johannah ihre Hand hin. Sie sah mich unsicher an, krallte sich an meinem Unterarm fest und schnupperte an Gemmas Hand. Johannah schien sich zu entspannen und als sie soweit war, half ich ihr ins Wasser.

Gemma stand bereits bis zur Hüfte drin, hob ihre Arme, um zu helfen und kicherte leise als Johannah anfing das Wasser anzuknurren. "Es ist ziemlich kalt... Ich weiß", gab ich zu und biss die Zähne zusammen als sie ihren Griff erneut verstärkte. Sie hatte so eine enorme Kraft...

Vorsichtig stützte ich sie an ihrer schmalen Taille und passte auf, dass sie nicht auf den mit Algen überzogenen Steinen ausrutschte. "Ich wasche dir die Wunde ein wenig aus, erschrecke dich bitte nicht", warnte Gemma sie vor, nahm eines der großen Blätter vom Ufer und fing damit etwas Wasser, welches sie zum Ausspülen verwendete, auf.

Johannah fauchte laut als das kalte Wasser über ihren Rücken lief und krallte sich mit ihren blutigen Fingerspitzen in meine Brust. "Lass es raus, es ist okay", wisperte ich und strich durch ihre klebrigen Haare. Ich ließ ihre Taille los und streckte ihr meine Hände von, damit sie sich festhalten konnte, was sie dann auch tat.

"Spürst du den Schmerz?", fragte ich nachdem Gems die Wunde gereinigt und ich ihr ein Stück Rinde unterhalb des Schulterblattes entfernt hatte. Johannah schüttelte ihren Kopf, nickte dann aber und zuckte schlussendlich mit den Schultern was mich zum Schmunzeln brachte.

"Ich wünschte ich könnte mich mit dir unterhalten", wisperte ich und blickte in ihre leeren Augen. "Sie spürt also keinen wirklichen Schmerz?", hakte Gemma nach und musterte die abgemagerte Frau. "Sie fühlt aber irgendwas, denn so wie sie sich vorhin bewegt hat... Irgendwas belastet sie...", dachte meine Schwester laut nach und erhielt ein leises Bellen von Johannah.

"Geht es dir denn jetzt ein wenig besser?", wollte ich wissen und atmete erleichtert auf als Johannah sich für wenige Sekunden zufrieden brummend an meine Brust schmiegte und mich leicht drückte. Ungern hätte ich Louis schlechte Nachrichten nach dem Aufstehen mitgeteilt...

Nach einem kurzen Moment blickten wir zeitgleich auf als ich ein Rascheln zu meiner Linken vernahm. Die Wilden, welche auch sonst zu jeder Sekunde an Johannahs Seite waren, tauchten auf und ließen sich am Flussufer nieder. Zur Begrüßung streckte ich mich ein wenig mehr in ihre Richtung und legte meine Hand auf ihren Schnauzen ab.

Meine Schwester begrüßte sie jedoch nur mit einer angedeuteten Verbeugung und musterte anschließend mich. Sind das die, welche immer bei ihr sind? Ihre Frage erwiderte ich nur mit einem Nicken und sah erneut zu den Wilden. Beide gaben ein merkwürdiges Geräusch von sich und verfolgten jede unserer Bewegung als wir Johannah aus dem Wasser halfen.

"Sie möchten das du mitkommst, oder?" Johannah nickte nur, drehte uns den Rücken zu und strich ihre Haare zur Seite. Von ihr kam nur noch ein zufriedenes Brummen.

Ich war stets davon ausgegangen, dass die Wunden bei Wilden weder bluteten noch heilten. Das sie einfach da waren und keinen Schaden zufügten. Schließlich hatte ich das auch bei mir beobachten können. Allein nur durch Louis' Anwesenheit und die Tatsache, dass ich mich nicht vollständig lösen konnte, hatte mein Körper sich weiterhin gewandelt anstatt alles 'einzufrieren'.

Bei Johannah konnte ich hingegen mit bloßen Augen sehen, wie die Wunde stetig kleiner wurde. Dabei beherrschte die Kälte ihr Inneres, oder? Gemma sprach mich ebenfalls auf dem Rückweg zu unserer Mutter drauf an. Sie verstand genauso wenig wie ich.

Irgendwas an Johannah war anders...

———

"Warum kommt Liam denn mit zu Mama?", fragte Louis neugierig und sah zu meinem Beta, welcher neben mir herlief. "Darf er nicht?", fragte ich stattdessen und lächelte leicht als Louis mit einem 'Doch, dann lernt Mama euch alle kennen' antwortete.

"Ich denke auch, dass sie es interessieren würde, mit wem du Zeit verbringst und wem die verschiedenen Gerüche gehören, die an dir haften", erklärte ich und lachte leise als Louis mich überrascht ansah. "Liams Duft klebt an mir?", wollte er verwundert wissen und schnupperte an dem Kragen seines Oberteils.

"Ein wenig, ja." - "Ich rieche nichts", murmelte Louis etwas enttäuscht und sah zu Liam, welcher sich ebenfalls nur schwer ein Lächeln verkneifen konnte. "Wirst du auch nicht, weil dein Herz zu meinem gehört. Seelenverwandte könnten meist nur den Duft des jeweils anderen beschreiben, sobald sie sich gefunden haben."

"Heißt das, du kannst auch nur meinen- ?" Doch ich schüttelte den Kopf und verneinte seine nicht ausgesprochene Frage. "Ich kann nahezu jeden wahrnehmen, aber das hängt mit mir und meinen Fähigkeiten als Alpha zusammen", erklärte ich und zog meinen Omega an seiner Hand etwas näher an mich. "Schade", seufzte er frustriert und zupfte an seinem Shirt herum.

"Du kannst aber den von deiner Mama wahrnehmen, von unserer Tochter und auch von zukünftigen Welpen. Den von meiner Familie ebenfalls. Nur von anderen männlichen Wölfen nicht..." Worüber ich ganz froh war, denn allein die Vorstellung, dass er von den Pheromone anderer Wölfe beeinflusst werden könnte...

Louis schien mir schon gar nicht mehr richtig zuzuhören und sah sich nur verträumt um. Vielleicht war es besser, dass er wieder dem nachging, womit er sich momentan am meisten beschäftigte.

"Harry? Ich wechsle schon mal meine Gestalt, okay?" Ich nickte nur, versuchte Louis' Aufmerksamkeit zu erlangen und verwandelte mich ebenfalls als er bereit dazu war auf meinem Rücken zu klettern. Dieses Mal lief ich in einem weitaus gemütlicheren Tempo durch den Wald und sah hin und wieder zu meinem Beta, welcher alles genau im Auge behielt.

Liam war noch recht misstrauisch und das konnte ich ihm auch ziemlich ansehen. So angespannt wie seine Muskeln waren... Ich wollte ihm Sicherheit vermitteln, näher an ihn heran bis ich seine Wärme auf meinem Körper spürte, doch ich riss mich zusammen und nahm sogar noch etwas mehr Abstand zu ihm ein.

Es dauerte nicht lang und wir hatten eine kleine Lichtung erreicht an der Johannah sich schon in der Sonne räkelte und es sich auf einem warmen Fleck Waldboden bequem gemacht hatte. Sobald sie unsere Anwesenheit bemerkte, tapste sie zu uns und leckte Louis übers Schienbein.

"Mama", lachte er glücklich, rutschte von meinem Rücken hinunter und drohte umzufallen, doch Johannah war schneller und hielt ihn an seinem Hosenbund zurück. Sie knurrte ihren Sohn an und zwickte ihm in den Oberarm. "Autsch", wimmerte er leise, sah seine Mutter traurig an und blickte dann zu mir, doch ich war der gleichen Meinung. Er sollte vorsichtiger sein.

Nach einem kurzen Moment und nach Absprache mit Liam, wechselte ich meine Gestalt und kam Johannah zur Hilfe als sie es ebenfalls versuchte. "Ich habe dich", wisperte ich und hielt sie sanft an ihrer dünnen Taille fest. Schweratmend lehnte sie sich gegen meine Brust und hatte noch stark mit den Nachwirkungen zu kämpfen.

"Mami?", fragte Louis unsicher, trat an meine Seite und umarmte seine Mama von hinten. Mein Omega schmiegte sich an ihren Rücken und tatsächlich half es ihr. Zwar wurde das Krampfen ihrer Muskeln nicht weniger, aber sie konnte sich ein wenig mehr fallen lassen und sich auf ihre jetzige Gestalt besser einlassen.

"Hazza, sie hat sogar noch die Klamotten an, die ich ihr gegeben habe", lächelte er stolz und zupfte an der Funktionskleidung seiner Mama herum. "Ich dachte sie mag sie nicht", murmelte er nachdenklich und sah zu mir hoch. "Es ist ungewohnt für sie, Lou." Mein Omega nickte nur. Ich löste mich allmählich von Johannah und gab ihr somit die Möglichkeit sich auch von mir lösen zu können, doch sie blieb bei mir, legte ihre dürren Arme fester um meine Taille und atmete tief durch.

Es war einige Tage her das sie nach ihrer Verletzung erneut ihren Weg zu uns gefunden hatte und seitdem verbrachten wir wenige Stunden des Tages mit ihr außerhalb unserer Schutzwand. Sie wollte uns nicht folgen und bevorzugte es lieber mit ihren beiden Gefährten in den Tiefen des Waldes zu leben.

Louis konnte oder wollte es nicht verstehen, doch ich merkte das ihm auch die wenige Zeit mit seiner Mutter ganz guttat.

Johannah brummte plötzlich unzufrieden, visierte mich mit ihren kalten Augen an und trat mehrere Schritte zurück. Irgendwas lag in der Luft was sie störte... Louis' Mutter verengte ihre Augen und schaffte es zu meiner Überraschung in kürzester Zeit sich zu verwandeln. Ich konnte ihr ansehen, wie sehr sie sich quälte, aber als sie auf ihren vier Pfoten stand konnte ich nur lächeln.

Allerdings benahm Liam sich ähnlich, witterte etwas in der Luft und visierte mich mit seinen braunen Augen an. Was ist los?, wollte ich wissen, da ich nichts unauffälliges bemerkte. Doch ich erhielt keine Antwort.

"Gehst du?", fragte Louis seine Mama und fiepte als sie ihn an seinem Shirt enger zog und durch das Gesicht leckte. Mit einem Lächeln betrachtete ich die beiden und schmunzelte als sie anfing ihn zu putzen. "Sie möchte vermutlich nur bereit sein zu gehen, wenn sie es für richtig hält."

Louis schien nicht begeistert, hielt jedoch still und ließ sich nach wenigen Minuten in das Gras fallen. Seine Mama folgte ihm und putze fleißig weiter sein rechtes Ohr und den Nacken.

"Li? Komm her...", bat ich ihn leise als er unruhig die Lichtung abging. Hier ist nichts. Mein Beta kam allmählich zu mir und ließ sich hinter den Ohren kraulen. "Lass dich nicht von den Geräuschen verwirren. Hier ist viel mehr los als innerhalb unserer sicheren Barriere. Wenn was passiert schütze ich dich... Okay?"

Mein Beta blinzelte überrascht und schnaubte mich dann an. Grinsend hab ich ihm einen Kuss auf die feuchte Nase und lehnte mich an seine starke Schulter.

Als ich ein Rascheln hörte, hob ich meinen Blick und lächelte als ich Mason erkannte. "Eleanor meinte ihr seid noch hier, da wollte ich mal schauen", erklärte er und sah dann zu Louis' Mutter, welche in ihrer Bewegung stoppte. Mason dachte nicht lange nach, ging in die Knie und verbeugte sich anständig und voller Respekt.

Johannah musterte ihn kurz, widmete sich dann weiter ihrem Sohn und schien sich nicht von Mason beirren zu lassen. "Hättest du mir vor ein paar Wochen gesagt, dass du deine Nachmittage mit einer Wilden verbringst, hätte ich dich vermutlich aus dem Dorf geschmissen." - "Aus meinem Dorf?", hakte ich grinsend nach und lachte als Mason mit den Augen rollte. "Du weißt, wie ich das meine."

"Ich weiß", erwiderte ich und setzte mich auf das trockene Gras, Mason folgte mir und auch Liam nahm in seiner menschlichen Hülle neben mir Platz. "Es ist wie früher", stellte der Beta zu meiner rechten fest und sah mich mit seinen grünblauen Augen lächelnd an.

"Wie... Wie früher?", fragte Louis verwirrt nach und schaffte es seine Mutter an ihrer Schnauze wegzudrücken. "Mhm... Naja, es war zwar anfangs Robins Rudel, aber Harry war derjenige der es aufgebaut hat." Liam stimmte direkt mit einem Kopfnicken zu und versuchte es ebenfalls meinem Omega zu erklären.

"Harry hatte mich nach dem Tod meiner Eltern gefunden, als Vollwaise wurde ich von Joseph, Robins Beta, aufgenommen und aufgezogen. Ich bin nicht wirklich ein Mitglied der Betafamilie, aber Harry hat mich ausgesucht und niemand traute sich Widerspruch einzulegen." Sobald das letzte Wort seine Lippen verlassen hatte, konnte ich einfach nicht anders, gab diesem ständigen Drang ihn berühren zu wollen erneut nach und drückte ihm einen kleinen Kuss auf den Mundwinkel.

"Ich würde dich immer aussuchen, wenn ich es erneut tun müsste", wisperte ich und lächelte bei dem Anblick von Liams rosigen Wangen. Meinen Blick konnte ich nicht von ihm losreißen, legte meine Hand an sein Kinn und fuhr mit meinem Daumen über seine Unterlippe. "Haz", murmelte Liam und holte mich aus der Trance zurück. Wir sind nicht allein und ich weiß nicht, ob das jetzt so angebracht ist...

"Entschuldige", hauchte ich beschämt und räusperte mich verlegen. Kurz sah ich zu Louis, er schien alles mitbekommen zu haben und erwiderte meinen Blick mit einem unsicheren aber liebevollen Lächeln, welches mich nur durcheinanderbrachte.

"Harry hat auch Emily und Lori gefunden", setzte Mason die Erzählung fort und dachte einen Moment nach. "Davor war glaube ich aber noch etwas mit Eleanor und nach dem die beiden Schwestern gefunden worden waren, folgte Sara. Sie ist heute mit Niall zusammen. Der, welcher kaum mehr anzutreffen ist, da Sara ihn voll mit in die Erziehung einspannt", grinste er und legte seinen Kopf in den Nacken als die Sonne hinter den Wolken hervorschaute.

Ich blickte erneut zu Louis und sprach weiter. Er sah so gespannt aus, da wollte ich ihn nicht noch länger warten lassen. "Dann habe ich einige Jahre später Ava und Mia, Liams Töchter, gefunden und-" Ich musste mich räuspern und atmete anschließend tief durch.

"Da warst du allerdings schon bei mir." Louis riss seine Augen leicht auf und nickte benommen. "Und dann hast du Mama gefunden", hauchte er mit zittriger Stimme und sah zu ihr. Johannah hatte sich neben ihrem Sohn eingerollt und die Augen geschlossen. Sie schien sich ein wenig ausruhen zu wollen und zuckte nur leicht mit den Ohren als Louis seine Hand auf ihr verschmutztes Fell legte.

"Harry ist der tragende Pfeiler in diesem Rudel. Er ist nicht einfach nur das Oberhaupt, er verbindet uns alle. Harry ist Familie", lächelte Mason und legte seine Hand auf meine Schulter. "Er verbindet uns alle", wiederholte er etwas gedämpfter und löste sich dann von mir.

"Ich sollte wieder los... Vielleicht ist Robin schon zurück. Er wollte mit Jonathan und Olli Vorräte holen", murmelte Mason und war genauso schnell, wie er zu uns gefunden hatte auch wieder verschwunden. Ich sah dem Beta noch einen Moment nach, atmete tief durch und kuschelte mich trotz Liams leisen Knurren an seine Seite.

"Lou?", fragte ich leise nach als minutenlang keine Reaktion von ihm kam. "Du bist Familie", griff mein Omega Masons Worte auf und fing plötzlich an zu weinen. Schluchzend saß er da, zusammengekauert, umschlang seine Beine und presste sie näher an seine Brust. "Lou", hauchte ich überfordert, erhob mich und zog ihn direkt fest an mich.

"Lou...", murmelte ich, schlang meine Arme um seine Taille und legte meinen Kopf auf seinem ab. "Was ist los?", wollte ich wissen, doch anstelle einer Antwort erhielt ich nur ein leises Schluchzen. "Ich... Ich will auch zu deiner Familie gehören", weinte er und krallte sich an meinen Seiten fest.

"Aber-" Ich wollte ihm sagen, dass er das doch schon längst war, aber ich verstand allmählich, worauf er hinauswollte. Fest hielt ich ihn in meinen Armen und verstärkte meinen Griff als er durch das ganze Weinen anfing zu zittern. "I-Ich traue mich nicht", schniefte er, legte seine Hände an meine Brust und drückte mich von sich.

"A-Aber ich will zu dir gehören... Ich will auch Familie sein", schluchzte Louis und gab einen erstickten Ton von sich als ich meine Lippen auf seine drückte. Während ich ihn küsste, glitt ich mit meiner Hand in seinen Nacken und drückte so lange zu, bis Louis ruhiger wurde.

"Wir machen das in unserem Tempo, in Ordnung? Du weißt was ich für dich empfinge Lou, ich bleibe an deiner Seite. Egal was kommen mag." Mein Omega biss sich fest auf die Lippe, zog seine Nase hoch und nickte langsam. Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln, wischte seine Tränen von seinen Wangen und strich mit meinen Fingerspitzen über seine Stirn und schließlich durch seine Haare.

"Für mich bist du Familie, Liebster. Du bist mir so unheimlich wichtig, dass ich einfach nicht weiß, wie ich ohne dich leben könnte. Ich liebe dich", hauchte ich gegen seine Stirn und gab ihm ein kleines Küsschen auf den Haaransatz. Louis erwiderte meine letzten Worte und zuckte zusammen als seine Mutter hinter ihm stand und ihn mit ihrer Schnauze antippte.

"Sie möchte sich verabschieden", übersetzte ich ihre leeren Blicke und schenkte dem Wolf vor mir ein leichtes Lächeln.

"S-Schon?", murmelte Louis und ließ seine Schultern hängen. "Wir sind doch noch gar nicht so lange hier..."

"Sie kommt wieder", mische Liam sich auf einmal mit ein und gesellte sich ebenfalls an die Seite meines Omegas. "Sie wird nicht mehr aus deinem Leben treten", ließ er Louis wissen und lächelte ihn sanft an. "Woher... Woher weißt du das?", wollte wer wissen und musterte Liam neugierig.

"Ihr Blick... Der Blick einer Mutter, die ihr Junges liebt", hauchte er zittrig und legte seine Hand unsicher auf die Schnauze von Johannah. Sie erlaubte die Berührung und schmiegte sich sogar seiner Hand entgegen. "Sie wird immer zurückkehren, solange niemand ihr in den Weg kommt. Und wenn das passieren sollte, dann wird sie eine Lösung finden."

Ich hörte Liam aufmerksam zu und konnte ihm ansehen, wie schwer es ihm fiel darüber zu sprechen. Ich wusste ganz genau, was sich gerade in seinen Gedanken abspielte und hoffte trotzdem, dass er nicht gerade das Bild, welches ich sah, betrachtete.

Louis schienen die Worte meines Betas geholfen zu haben, denn er nickte langsam und schmiegte sich dann tatsächlich an seine Seite, zog mich gleichzeitig aber auch mit. Etwas überfordert legte ich beiden Wölfen einen Arm um die Taille und drückte sie fest an mich. Gemeinsam sahen wir Johannah nach, bis sie in der Dunkelheit verschwand und uns zurückließ.

"Ich möchte zu Amélie", brach Louis nach einem Moment die Stille und lenkte meine Aufmerksamkeit auf ihn. Auch Liam sah ihn an und nickte dann. "Zayn freut sich bestimmt, wenn er sich nicht mehr um drei Kinder kümmern muss", lachte Liam leise und löste sich aus der Umarmung.

Louis kicherte, griff nach meiner Hand und schob seine Finger zwischen meine. "Magst du auch zu Amélie?" - "Selbstverständlich", erwiderte ich mit einem Lächeln und drückte meine Lippen auf seine Stirn. "Selbstverständlich", wiederholte ich meine Worte leise flüsternd und gab Louis noch einen kleinen Kuss, bevor wir uns auf den Weg machten und unsere Tochter abholten.

_____
[13/05/2022, 4258 Wörter]

♥️

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top