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Ohne den Kuss zu unterbrechen, antwortete ich auf Liams Hilferuf mit einem simplen 'Ja?' und versuchte gegenüber Louis nicht abgelenkt zu wirken. Sanft liebkoste ich die Lippen meines Omegas, schob meine Hand in seinen Nacken und zog ihn noch etwas näher an mich heran. Louis kommentierte meine Berührungen mit einem seligen Seufzen und vertiefte den Kuss.

Doch wir wurden von Amélie unterbrochen, welche ihre Hände glücklich quietschend nach oben streckte und uns somit vom Küssen abhielt. "Kleiner Frechdachs", lachte ich und drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Lippen. Amélie schien das zu freuen, denn sie gluckste zufrieden und strampelte mit ihren kurzen Beinchen. "Man stört dabei nicht", grinste ich und hielt ihre kleine Hand in meiner.

Hier sind Wilde und... warten?, sprach er verunsichert und holte mich damit aus der kleinen und mit Liebe gefüllten Blase zurück. Ich wollte gerade reagieren, da hörte ich auch die aufgebrachten Stimmen von Mason, Lori und die meines Vaters.

Lasst sie in Ruhe, sie werden schon wieder gehen, teilte ich den vieren mit und gab mein Bestes mir weiterhin nichts anmerken zu lassen. Schmunzelnd gab ich Amélie noch ein Küsschen, ließ ihre Patschehand los und genoss die süßen Laute, welche sie vergnügt von sich gab.

Kurz blickte ich zu Louis, da er keinen Ton von gab und realisierte, dass er uns die ganze Zeit über amüsiert zusah. Er stupste mich mit seiner Nase an als ich ihn ohne Regung beobachtete. "W-Was ist los?", fragte mein Omega verunsichert und blickte zwischen meinen Augen hin und her. "Ich bin glücklich", ließ ich ihn wissen und drückte meine Lippen an seine Stirn. Das ich auch noch still das Gespräch meiner Betas verfolgte ließ ich außen vor.

Mein Herz machte einen kleinen Sprung als Louis sich meiner Berührung etwas mehr entgegenlehnte und ein süßes Grummeln von sich gab. "Ich auch", erwiderte er leise und widmete sich dann Amélie, welche unruhig in seinen Armen lag und erneut nach Aufmerksamkeit verlangte.

Harry? Hörst du überhaupt zu?!, fragte mein Vater aufgebracht und auch von den anderen kam lauter Widerspruch. Ich passte nicht auf, hatte plötzlich nicht mehr das Verlangen mich zusammenzureißen und alles vor Louis zu verbergen. Unbeabsichtigt räusperte ich mich und seufzte anschließend.

Ja, ich höre zu. Ich halte es nur für das Beste die Wilden in Ruhe zu lassen. Das ist alles.

Die Antworten der anderen sorgte dafür, dass ich meine Augen schließen musste. Es war unangenehm, wenn sie ihre Stimmen auf so eine schmerzende Art und Weise erhoben. "Ist wirklich alles in Ordnung?", fragte Louis und zog meine Aufmerksamkeit auf sich.

Ich erwiderte seinen sorgenvollen Blick und versuchte die anderen für einen Moment auszublenden. "Liam hat sich gemeldet." Sobald die Worte meinen Mund verlassen hatten, spannte Louis sich an. "E-Es ist also doch was Schlimmes passiert?" - "Ich bin anderer Meinung, aber die Betas und mein Vater sehen es nicht so entspannt wie ich."

"W-Was... Was ist denn passiert?", wollte er wissen, legte Amélie an seine Schulter und platzierte eine Hand auf ihrem Rücken. "Es sind Wilde an der Schutzwand aufgetaucht", beantwortete ich seine Frage und legte meine Hand zu seiner. Louis sah mich mit großen Augen an und schluckte hörbar. "Sie machen aber nichts", versuchte ich ihn zu beruhigen und fuhr mit meinen Fingerspitzen über seinen Handrücken.

"Sie verhalten sich vollkommen friedlich und warten geduldig auf irgendwas", erklärte ich und seufzte als Liam in meinem Kopf randalierte.

"U-Und... Und auf was warten sie? Nachher machen diese Wölfe doch noch irgendwas", nuschelte er und sah auf Amélie hinab. Unsere Tochter schien entspannt. Anders als heute morgen...Merkte sie nicht das etwas los was oder waren es dieselben Wölfe?

"Das weiß ich leider nicht, aber wilde Wölfe waren heute morgen bereits hier und sind auch gegangen, nachdem ich sie darum gebeten hatte. Womöglich funktioniert es-" Ich konnte nicht aussprechen, da Louis mich mit einem lauten Fauchen unterbrach.

"Warst du... Warst du deswegen mit Amélie draußen?", knurrte mein Omega nicht gerade begeistert und baute sich vor mir auf. "Du... Du kannst doch nicht mit ihr zu diesen Wölfen gegen. Warum- Warum tust du das?", wollte Louis wissen und starrte mich mit seinen blauen Augen böse an. Er blieb auch nicht stillsitzen, sondern schüttelte meine Hand ab und hockte sich hin. Mein Omega war auf Augenhöhe und bevor ich etwas sagen konnte, ertönte ein lautes Knurren, welches auch Amélie zusammenzucken ließ.

"Liebster...", hauchte ich und atmete tief durch. "Ich bin mit unserem Mädchen an die frische Luft, da sie aufgebracht und unruhig war... Es lag an den Wilden. Amélie hat ihre Anwesenheit bemerkt und darauf reagiert", erklärte ich und blickte ihn entschuldigend an.

"Unsere Tochter ist bei mir sicher... Ich habe den Wilden gesagt sie sollen verschwinden und das haben sie getan." Louis schien weiterhin nicht begeistert zu sein und erst als ich meine Hand an seine Wange legte, schien er mir wirklich zuzuhören. "Ich würde Amélie niemals in Gefahr bringen Lou, niemals", wisperte ich und wurde zum Ende hin immer leiser.

Ich betrachtete meinen Omega noch für einen weiteren Moment, strich mit meinem Daumen über seine Haut und fuhr mit meiner Hand hinunter zu seinem Kinn. Sanft packte ich ihn, zog ihn etwas näher an mich heran und stupste mit meiner Nase gegen seine. "Bitte sei nicht wütend, Lou", bat ich ihn und strich mit meinem Daumen über seine Unterlippe.

"Niemals würde ich Amélie solchen Wölfen aussetzten. Nicht eine Sekunde lang", versicherte ich ihm und atmete erleichtert aus als er anfing zu nicken. Ich lächelte leicht, fuhr erneut über seine Lippe und drückte ihm anschließend einen kleinen Kuss auf den Mund.

Louis gab einen erstickten Laut von sich, erwiderte den Kuss jedoch direkt und legte seine Finger um mein Handgelenk. "I-Ich... Ich v-vertraue dir", flüsterte Louis leise, lehnte sich mir mehr entgegen und gab mich noch ein kleines Küsschen. "Ich liebe dich", erwiderte ich auf seine Worte und küsste seinen Mundwinkel, bevor ich mich ganz von ihm löste und vom Bett aufstand. Eigentlich wollte ich nicht aufstehen und mich um etwas kümmern, was auch die anderen problemlos schaffen könnten, doch wenn sich die anderen so quer stellten...

"Ich bin gleich wieder da. Liam wird schon ganz unruhig. Bis gleich", verabschiedete ich mich, hauchte ihm und Amélie noch einen Kuss auf die Stirn und nahm meine Funktionshose mit hinunter. Bevor ich das Haus verlief, wechselte ich die Hose und machte mich dann auf den Weg zu den anderen aus meinem Rudel.

Sobald ich bei den Betas und meinem Vater angekommen war, stellte ich mich zwischen die Mitglieder meines Rudels und den Wilden, die sich an der Barriere aufgestellt hatten. "Verschwindet", brummte ich wenig erfreut, doch das lag eher mehr an Liams Verhalten als an ihrer Anwesenheit.

Mein Beta lief auf und ab, knurrte unentwegt und legte die Ohren an. Die Wilden lösten ihre Blicke von den anderen und betrachteten mich mit ihren leeren Augen. "Ihr sollt gehen, bitte", sprach ich mit sanfter Stimme, da ich gewiss keine weitere Unruhe stiften wollte. So wie heute morgen sahen mich die drei an und verbeugten sich anschließend.

Dieses Mal gingen sie jedoch mehr in die Knie und senkten den Kopf, soweit es ging. Etwas überrascht erwiderte ich trotz der Worte meines Vaters diese Geste. Steh sofort auf Harry. Was soll das werden?!

Siehst du doch, erwiderte ich bissig, hockte mich hin und stützte ein Knie auf dem Boden ab. Ich senkte meinen Kopf nur für den Hauch eines Atemzuges und als ich wieder aufsah, drehten die Wilden sich herum und verschwanden in den Tiefen des dunklen Waldes.

Was zur Hölle war das?, fauchte Mason aufgebracht und stupste mich mit seiner Schnauze an. Auch Lori wollte wissen, was es mit all dem auf sich hatte. Nur Liam blieb überraschenderweise ruhig. Dabei strotze sein Körper nur vor überschüssiger Energie.

"Ich habe ja gesagt, dass sie gehen, wenn man sie darum bittet. Keine Ahnung was sie suchen, aber wenn man sie wegschickt, gehen sie auch. Dafür braucht ihr mich nicht", murrte ich und stellte mich wieder auf die Füße. "Als hätten dieser verweste Abschaum auf uns gehört", erwiderte Lori aufgebracht und hielt sich an meinem Oberarm fest.

"Hazza du schuldest uns echt ein paar Antworten."

Mason stimmte ihr nach seiner Verwandlung zu. Auch Liam kam näher, wechselte seine Form, legte seine Hand auf meine Schulter und sah mich eindringlich an. "Ich vertraue dir mein Leben an Harry, ich habe noch nie Antworten verlangt, aber... aber das wird mir langsam zu viel. Warum hören die Wilden auf dich?" - "Ich weiß es selbst nicht, ich kann euch nur das sagen, was ich Robin bereits erzählt habe."

Die drei schienen einverstanden und sahen mich erwartungsvoll an.

"Wir teilen etwas und das macht mich zu jemanden, der in gewisser Weise auch zu ihnen gehört. Ich habe immer gedacht die Kälte sei etwas Negatives, da man sich davon kaum erholen kann und nur schwer zurückfindet, aber dem ist nicht so... Wilde wurden vielleicht in ihrem früheren Leben verstoßen oder auch ausgesetzt, aber wenn man sich bewusst dazu entscheidet ein Teil dessen zu sein, dann... dann hat man die volle Kontrolle", erklärte ich meine Gedanken zu all dem und sah in die sprachlosen Gesichter der Betas.

"Das... Das soll allen Ernstes etwas Gutes sein? Willst du mich eigentlich-" Ich unterbrach Lori mit einem lauten Knurren und fletschte meine Zähne.

"Knurr mich nicht an Harry! Ich hab' verdammt nochmal Angst... was ist, wenn du dir all das nur einbildest und in Wahrheit verlierst du dich immer mehr?", zischte sie und sah mich mit einem unsicheren Blick an. "Das alles ist doch der reinste Wahnsinn. Kälte kontrollieren, wo leben wir denn?", fauchte sie und schüttelte ihren Kopf.

"Darf ich etwas ausprobieren?", fragte Liam plötzlich und legte seine Hand auf meine nackte Brust. "Sicher das du das machen willst?", hakte Mason nach als er verstand, was mein Beta machen wollte.

"Es ist immer noch Harry, oder nicht? Ich liebe ihn, da muss ich nicht erst noch überlegen, ob ich ihm weiterhin vertrauen kann oder nicht. Wenn ich entscheiden müsste, würde ich ohne weiteres mein Leben für ihn geben." Bei seinen Worten lächelte ich leicht und griff nach seiner Hand, welcher er mir entgegenstreckte.

"Geht mir nicht anders", sprach ich und strich mit meinem Daumen über seinen Handrücken. Auf Liams Lippen bildete sich ein leichtes Lächeln, welches ich automatisch erwiderte.

"Das würden wir alle und Harry würde seins für unseres geben. Ich bin mir einfach unsicher, was ich von der momentanen Situation halten soll", nuschelte Lori und betrachtete das was wir taten mit einem unsicheren Blick. "Ist okay, kann ja verstehen, dass du unsicher bist", ging ich auf Loris Worte ein und atmete tief durch.

Kurz sah ich zu Robin, welcher alles mit verschränken Armen verfolgte und leicht nickte als ich seinen Blick erwiderte. Ich räusperte mich, ließ die Hand meines Betas los und ging einen Schritt auf ihn zu. Vorsichtig legte ich meinen Kopf an seinen. Nach einem tiefen Atemzug schloss ich meine Augen, konzentriere mich auf Liams Wärme und seinen Herzschlag, welchen ich umso deutlicher spürte, desto mehr ich mich auf meinen Beta fokussierte.

"D-Das... Das ist eisig", klagte er plötzlich und sah mich mit großen Augen an. "Wie kannst du das nur aushalten?", fragte Liam und räusperte sich. Kurz sah ich zu den anderen, bevor ich mich an ihn wandte und seine Frage beantwortete. "Ich betäube damit meinen linken Arm... Es würde unheimlich schmerzen, wenn ich es nicht tun würde. Die Narben schränken mich so sehr in der Bewegung ein, dass ich das Gefühl habe meine Haut reißt, wenn ich etwas mache. Selbst wenn ich nur meine Tochter hochheben möchte...", erklärte ich und atmete tief durch.

Deine Tochter... Das klingt so schön, teilte Liam mir mit und sah mich mit einem gewissen Funkeln an. Ich erwiderte seinen Blick und erklärte ihm noch, was ich neben meinem Arm betäubte.

Mein Beta nickte, trat näher an mich heran und schloss seine Augen als er seinen Kopf an meine Schulter lehnte. Ich lächelte, schmiegte mich an ihn und blickte zu Lori und Mason, welche Liam kritisch musterten und sich dann an mich wandten. Doch bevor Mason etwas sagen konnte, fing Liam an seine Gedanken mitzuteilen.

"Ich kann dich ein bisschen mehr verstehen, Harry. Meine Schultern fühlen sich nicht mehr so schwer und verspannt an, wenn ich versuchte die Kälte darauf zu konzentrieren. Aber mir... mir ist das persönlich viel zu viel Kontrolle, welche ich aufrechterhalten muss."

"Es ist anstrengend, ja... aber man gewöhnt sich dran", lächelte ich und sah dann zu den anderen beiden, welche nickten. "Solange du damit umgehen kannst", sprach Robin plötzlich und sah mich mit einem kleinen Schmunzeln auf den Lippen an. Seine Worte trafen mich vollkommen unerwartet, weshalb ich gar nicht dazu in der Lage war, etwas darauf zu erwidern.

Mein Vater nickte mir noch zu und machte sich dann auf den Weg zum Haupthaus. Blinzelnd sah ich ihm hinterher und atmete tief durch. Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Schien er es endlich zu begreifen?

Lori und Mason verabschiedeten sich nicht ohne nochmal sicher zu gehen, ob wirklich alles in Ordnung war, und ließen Liam und mich an der Grenze zurück.

Ich wollte ebenfalls nach Hause zurückkehren, umarmte Liam und war dabei zu gehen als er mich an meiner Hand zurückhielt. Sanft schob er seine Finger zwischen meine, zog mich ohne weiteres nah an sich heran und sah mir tief in die Augen, nachdem sein Blick für einen Moment an meinen Lippen haftete.

"Ich-" Mein Beta legte eine kleine Pause ein, räusperte sich und baute leichten Druck mit seiner Hand auf. "Ja?", hakte ich neugierig nach und erwiderte seinen Blick.

"Als du dir die Kraft der Schutzwand geliehen hast, da hast du etwas angesprochen...", fing er unsicher an und biss sich auf die Lippe. Ich nickte und wusste worauf Liam hinauswollte. "Das Blutsiegel", griff ich mit pochendem Herzen auf und schenkte ihm ein kleines Lächeln.

Liam atmete erleichtert auf und stimmte mir zu. "Ja, darüber wollte ich mit dir sprechen. Es ist bald Neumond und... Ich weiß das eigentlich der Vollmond für solch eine Bindung genutzt wird, aber ich fände den Neumond besser. Er symbolisiert schließlich einen-"

"Neuanfang", sprachen wir gleichzeitig aus und konnten beide ein leises Lachen nicht unterdrücken. "Ich mag den Gedanken, Li", gab ich ehrlich zu und zog meinen Beta an seiner Taille näher an mich heran. Tief atmete ich durch und lächelte leicht bei Liams Herzschlag, der in meinem Kopf pochte. Es war nicht unerträglich, so wie Kopfschmerzen. Es fühlte sich tatsächlich einfach nur gut an.

"Ich bin so erleichtert", hörte ich ihn leise wispern und verstärkte meinen Griff um seine Taille. "Nur wir beide oder sollen die anderen auch an der Zeremonie teilnehmen?", fragte ich und lehnte mich ein wenig nach hinten, um meinem Beta ins Gesicht sehen zu können.

"Es wäre schön, wenn unsere Partner mitmachen würden... Auch wenn Louis und du noch nicht gebunden seid. Für ihn wäre es doch auch eine schöne Erfahrung, oder nicht?" - "Dann machen wir es so", grinste ich und legte meine Hand an seine Wange. Sanft fuhr ich mit meinem Daumen unter seinem Auge entlang und lächelte bei der Tatsache, dass er sich meiner Berührung mehr entgegenlehnte und sie offensichtlich genoss.

Ich spürte, wie sein Herz für einen Moment schneller schlug und streichelte ihn weiter. "Ist Zayn mit all dem einverstanden?", wollte ich wissen und spürte, wie es mich in meinem Inneren immer näher zu meinem Beta hinzog.

"Mhm", brummte Liam und nickte kaum merklich. Ich fühlte es nur, da ich meine Hand immer noch an seiner Wange liegen hatte. "Okay", erwiderte ich in der gleichen Lautstärke und nahm dann doch etwas Abstand zu ihm ein, kämpfte gegen das Band, welches uns beide eng umschlang und atmete durch als es sich ein wenig lockerte.

Ich hatte vergessen wie stark meine Gefühle gegenüber Liam waren, wenn wir uns aufeinander einließen. Auch wenn ich wusste, dass Louis mit all dem einverstanden war, wollte ich es auf keinen Fall vollkommen aus dem Ruder laufen lassen.

"Dann werde ich später mit Louis reden." Allein schon bei dem Gedanken musste ich leise lachen. "Was ist so lustig?", wollte mein bester Freund wissen und sah mich misstrauisch an. "Louis wird sehr viele Fragen stellen. Er ist immer so neugierig, was Dinge, welche er nicht kennt, angeht. Lou gibt erst Ruhe, wenn er mich ausgefragt hat."

"Aber es ist doch was Schönes, wenn er auch so viel Interesse an all dem zeigt. Das ist viel wert." Ich konnte Liam nur schmunzelnd zustimmen. Zum Abschied legten wir unsere Köpfe aneinander und atmeten beide zur gleichen Zeit tief durch. Ich spürte seine Wärme auf meinen Körper übergehen und konnte mir ein kleines Lächeln einfach nicht verkneifen. "Du fühlst dich so gut an", gestand Liam plötzlich und griff nach meinen Händen.

Sanft umschlang er diese mit seinen kräftigen Fingern und ließ mich gar nicht mehr los. "Es tut so gut wieder dieses Leben durch dich fließen zu spüren... So unheimlich gut", sprach er ganz benommen und betrachtete unsere Hände.

Ich musterte meinen Beta, konnte nachvollziehen was ihn die letzten Tage und Wochen belastetet hatte und griff um, so dass ich seine Hände in meinen hielt. "Ich bin ja wieder da, Li... Mach dir bitte keine Sorgen mehr. Ich bin da", versicherte ich ihm und nickte zufrieden als er ein leises 'Ja' nuschelte.

Liam und ich umarmten uns noch für einen weiteren Moment und anstatt danach nach Hause zurückzukehren, entschloss ich mich dazu, denn Wilden nachzugehen. Ich wollte einfach wissen, was es damit auf sich hatte.

Sobald ich aus der Barriere hinausgetreten war, wechselte ich meine Gestalt und nahm die Fährte auf. Es war ein leichtes dem Geruch von Verwesung zu folgen. Langsam und mit leisen Schritten lief ich der Spur nach, hielt Kontakt zu Liam, welcher für mich zu Louis ging und ihm mitteilte, dass es wohl noch eine Weile dauern würde, bis ich zurückkehrte.

Louis ist beleidigt und schmollt.

Mach ihm was zu essen und lass ihn deinen Herzschlag hören. Dann lächelt er ganz schnell wieder. - Du willst echt, dass Zayn mich vor die Tür setzt, oder?, fragte Liam mit belustigter Stimme, versprach mir aber, sich um Louis zu kümmern.

Ich entfernte mich relativ weit von meinem Dorf und fand auf dem Weg zu den Wilden einige Gruben, welche frisch gegraben worden waren. An der Erde haftete der Gestank von altem, verrotteten Fleisch. Der süßliche Geruch davon brannte in meiner Nase und lenkte mich ein wenig von dem ab, was ich eigentlich verfolgen wollte.

Wenige Meter weiter hörte ich plötzlich ein leises Knurren, gefolgt von Lauten, welche ich nicht zuordnen konnte. Neugierig über das, was mich erwarten würde, lief ich geduckt an den Bäumen entlang und entdeckte die drei Wölfe, welche ich bereits zwei Mal weggeschickt hatte.

Langsam näherte ich mich, bedacht keine falsche Bewegung zu machen und blieb abrupt stehen als einer der drei auf mich zukam. Zurückhaltend musterte ich den kleineren Wolf, hielt die Luft an als er nah an mich herantrat und anfing an mir zu schnuppern.

Verwirrt von dem, was der Wilde tat, blieb ich stehen und wartete einfach ab. Währenddessen betrachtete ich die anderen beiden und war überrascht, dass diese geduldig warteten und mich im Auge behielten. Noch nie hatte ich erlebt, dass die Wilden sich so ruhig verhielten. Waren sie so anders?

Das Verlangen sie verstehen zu können stieg ins Unermessliche, doch alles was ich versuchte war wirkungslos. Ich wusste einfach nicht was die drei wollten. Sobald der eine Wolf fertig war, stellte er sich vor mich hin und stupste mich mit seiner Schnauze an. Überrascht hielt ich die Luft an und brauchte einen Moment. Was sollte das werden?

Erneut stupste mich der wilde Wolf an, hob seine Pfote was mich überfordert nach hinten treten ließ. Zittrig holte ich Luft als er mir näherkam und zuckte zusammen als er mit seiner Nase gegen meine Brust tippte, an der Stelle, wo mein Herz verborgen war.

Verständnislos blickte ich ihn an und versuchte diese Geste zu verstehen. Nicht nur ich war verzweifelt, auch der Wolf vor mir schien sich unbedingt mitteilen zu können. Ich nahm all meinen Mut zusammen, verwandelte mich und hielt dem Wolf meine Hand hin.

"Hoffentlich bereue ich das jetzt nicht..."

Er machte einen Satz zurück, fiepte laut und brachte mich dazu zu Lächeln. "Alles gut", murmelte ich und wartete geduldig, bis der Wolf sich näher an mich herantraute. Behutsam legte ich meine Hand auf seine Schnauze, strich mit meinen Fingern über die geschundene Haut und strich hoch über den Kopf. "Du bist ja zahm", schmunzelte ich und wollte wissen, was für ein Geschlecht der wilde Wolf vor mir hatte.

Mit langsamen Schritten ging ich an seiner Seite entlang, glitt mit meiner Hand über den Rücken und beugte mich leicht hinunter, um nachzusehen wen ich vor mir hatte. "Oh ", merkte ich verwundert an und bemerkte die Unruhe, welche von ihr ausging. "Ganz ruhig, meine Schöne", wisperte ich, richtete mich wieder auf und lächelte als sie meinen Blick mit ihren leeren Augen suchte. "Es ist alles in Ordnung", versicherte ich hier und streichelte weiter durch das stumpfe Fell. "Ist etwas unhöflich so nachzuschauen, ich weiß."

Die anderen kamen näher, beschnupperten mich und ließen sich auch von mir anfassen. Ich hatte immer noch eine Menge Respekt vor diesen dunklen Wesen, hätte es mir vor einigen Monaten nicht einmal vorstellen können so bei ihnen stehen zu können, doch es machte mir nicht so viel aus wie gedacht.

Ich fühlte mich sogar wohl und verstanden...

"Wenn ich nur wüsste, was ihr von mir wollt", sprach ich meine Gedanken laut aus und lachte leise als der weibliche Wolf mir mit ihrem Kopf gegen die Schulter stupste und mich damit etwas aus dem Gleichgewicht brachte. "Irgendwie bekomme ich das noch raus... Irgendwie", versprach ich und grinste als sie mich erneut anstupste. "Du bist mir ja eine. Du... Du erinnerst mich an jemanden", hauchte ich und blickte in ihre schwarzen Augen als mir an den Haaren zog. Nach einigen Minuten verwandelte ich mich, da sie mir sogar etwas von dem Fleisch aus einer der Gruben anbot.

Ich mochte den Geschmack von gerottetem Fleisch nicht, doch jetzt etwas abzulehnen wäre nur ungünstig, weshalb ich es annahm und bei dem ersten Bissen in meiner Bewegung stoppte. Ich kannte den Geschmack von dem Fleisch in meinem Maul und sah unsicher zu einem der Wilden hinauf.

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[29/03/2022, 3688 Wörter]

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