- 013 -

Vorsichtig hob ich das kleine Mädchen in die Wanne und stütze sie mit meinem Arm. Ich begann damit Amélie zu waschen und sah kurz zu Louis, welcher das Ganze vom Türrahmen aus beobachtete. "Du kannst sie auch gerne selbst waschen", bot ich ihm an. Doch er verneinte es und lehnte seinen Kopf gegen den Rahmen.

Jedoch ließ ich nicht locker, weswegen Louis nach einigen Minuten näherkam und sich an meine Seite gesellte. "Ich habe Angst das ich was falsch mache", murmelte er und ließ die Schultern hängen. "Wirst du nicht. Allein durch deine Instinkte machst du das Richtige. Komm, versuch es." Aufmunternd sah ich Louis an und lächelte als er meinen Platz einnahm und Amélie stütze.

"Siehst du? Du brauch keine Angst haben. Du bist ihre Mama, du kannst im Grunde gar nichts falsch machen." Louis schien noch nicht ganz überzeugt zu sein, weswegen ich zögerlich meine Hand auf seine Schulter legte, sanft zudrückte und seinen Kopf küsste. "Du kannst das, hab' mehr Vertrauen in dich selbst."

Egal wie oft ich diesen Satz die vergangenen Tage gesagt hatte... Ich würde ihn so oft wiederholen bis Louis es endlich verstand.

Louis nickte leicht und lehnte sich leicht an mich, weswegen ich seinen Kopf erneut küsste. Seit der Geburt der Kleinen versuchte ich es mit den Berührungen etwas auszureizen und bisher hatte Louis keine meiner Gesten abgelehnt. Meist verlangte er sogar nach mehr oder lächelte einfach nur glücklich vor sich hin.

Ich wusste noch nicht, warum es seit zwei Wochen so gut lief... Momentan genoss ich die Momente, in denen wir kuschelten oder er in meinen Armen einschlief, ohne es zu hinterfragen. Gestern waren wir gemeinsam ein kleines Stück gegangen und selbst da hatte Louis meine Nähe gesucht und gelächelt, wenn sich unsere Hände 'ganz zufällig' berührten.

Es war erschreckend, wie sehr ich so etwas vermisst hatte. Für die anderen im Rudel da zu sein war nicht ansatzweise mit dem vergleichbar was es in mir auslöste, wenn ich für diesen einen bestimmten Omega und seine Tochter sorgen konnte.

"Harry?", fragte Louis zögerlich und sah mich mit roten Wangen an. "H-Hörst du mir überhaupt zu?" Ertappt biss ich mir auf die Innenseite meiner Wange und schüttelte leicht mit dem Kopf. "Ich war in Gedanken. Verzeih mir bitte."

Louis nickte und sah auf Amélie hinab, welche glücklich quietsche und es genoss in dem warmen Wasser zu liegen. "I-Ich... Ich hatte etwas gefragt und-"

Gespannt sah ich von der Seite an und wartete auf deine Frage, da Louis aber nicht antwortete hakte ich nach. "Was möchtest du denn wissen?", fragte ich und beobachtete seine Gesichtszüge. In den vergangenen Tagen hatte ich festgestellt, dass er mit den Augen hin und her zuckte, wenn ihm die Frage zu unangenehm war.

Da Amélie genug gebadet hatte und ich Louis nicht anstarren wollte - nachher verstummte er wieder- hob ich das kleine Mädchen aus der Wanne und wickelte sie in eines der flauschigen Handtücher ein. Ich trocknete sie gerade ab, da spürte ich Louis hinter mir und grinste vor mich hin als er sein Gesicht an meinem Rücken vergrub.

Ihm war die Frage anscheinend sehr unangenehm.

"Sag es einfach, ich werde dich nicht verurteilen Louis. Das müsstest du doch mittlerweile wissen", sprach ich ruhig und legte Amélie ihre Kette um. Für einen kurzen Moment betrachtete ich das Amulett und strich mit meinen Fingerspitzen über den schimmernden Anhänger.

"Ich hatte überlegt... Ob... Ob wir zu dir- Ob wir zu dir zurückziehen", sprach er so schnell, dass ich kaum ein Wort verstehen konnte. Mit Amélie in den Armen drehte ich mich zu Louis und sah ihn fragend an. "Wenn du etwas langsamer sprichst kann ich dich auch verstehen."

Louis lief direkt rot an und nickte leicht. "I-Ist das Zimmer bei dir noch frei?", fragte er unsicher und brach den Blickkontakt ab. Mit großen Augen sah ich ihn überrascht an und blickte anschließend zu Amélie herunter, da sie vergnügt quietschte.

"Du möchtest...?" Louis bejahte es nuschelnd und nahm seine Tochter an sich. "Ich möchte wieder zu dir... Es war- Es war ein Fehler zu gehen."

Vollkommen überrascht stütze ich mich an der Kommode hinter mir ab und atmete tief durch. "Ein Fehler...? Louis du hattest deine Gründe", fing ich an wurde allerdings direkt unterbrochen, indem er seine Hand hob und mich entschuldigend ansah.

"Es- Es war nicht... Es lag an... Tommy oder eher mehr an seiner Familie", wisperte er und sah zur Seite. "I-Ich... Wenn sie hierhergekommen wären und ich bei dir und-" Louis brach mitten im Satz ab und sah zu seiner Tochter, welche zufrieden an dem Amulett nuckelte. Bevor sie noch eines der kleineren Steine verschluckte nahm ich es ihr vorsichtig ab und hielt ihr stattdessen meinen kleinen Finger hin.

"Tommys Familie?" Hatte ich mit Robin nicht alle vernichtet? Waren es doch noch mehr...?

"Sie sind unheimlich stark Harry... Wenn sie uns beide gesehen hätten. Du- Du... Sie hätten dich..." Ich nickte wissend und legte meine freie Hand an seine Wange. "Und was macht dich so sicher, dass sie nicht mehr kommen werden?", fragte ich gespannt und sah in seine blauen Augen. Vielleicht wusste er gar nicht, dass sie nicht mehr am Leben waren. Dann war die ganze Panik umsonst.

Er hätte einfach bei mir bleiben können.

Aber nach dem Tod seines Mannes hätte ich ihm ja kaum mitteilen können das diese Seite seiner ganzen Familie von mir ausradiert wurde und als ich Louis entdeckt hatte wusste ich ja auch noch gar nicht, dass es sich bei Tommys und 'seiner' Familie um diese alte Blutlinie handelte.

"Sie haben es bisher nicht", murmelte er und sah zur Seite. "Sonst brauchen sie nur wenige Tage. Ich dachte das sie noch kommen würden aber... Ich bin jetzt schon ein paar Wochen hier. Amelie hat ihr Amulett und ich denke, dass ich bei dir sicher bin."

Ich wusste nicht was ich auf all das erwidern sollte, weswegen ich ihn sanft in meine Arme zog und darauf achtete Amélie nicht dabei zu erdrücken. Sollte ich ihm sagen was ich getan hatte? Louis sollte sich schließlich nicht vor einem Angriff, welcher niemals stattfinden wird, fürchten. "Ich schütze dich Louis, egal was passieren mag", versicherte ich ihm und fuhr mit meiner Hand über seinen Rücken.

"Harry, sie sind unglaublich mächtig. Ich... Ich weiß nicht, ob du das wirklich kannst", äußerte Louis seine Bedenken, drückte sich von meiner Brust weg und sah mich mit einem sorgenvollen Blick an.

Ich kratze mich im Nacken und sah zur Seite. Ich sollte es ihm sagen... "Wenn sie dich finden würden dürften es nicht mehr als ein paar Wölfe sein...", fing ich an und schluckte. Es könnte tatsächlich sein, dass es noch einen weiteren Zweig der Familie hab.

Louis schüttelte direkt seinen Kopf. "Es sind mehr, viel mehr. Harry sie gehören-"

"Ich weiß. Mein Vater und ich... Wir haben bereits gegen sie gekämpft und dezimiert."

"W-Was?!" Louis atmete erschrocken aus und nahm direkt Abstand. "W-Wie hast d-du... Du bist nur ein Alpha." Entgegen meiner Erwartung schien er überhaupt nicht von ihrem Tod betroffen zu sein... Louis' Mundwinkel zuckten sogar leicht nach oben.

War das Erleichterung, welche sich in seinen Augen abzeichnete? Dieses Strahlen? Er war glücklich darüber...

"Es ist einige Jahre her und ich besitze sehr wohl die Kraft dazu, es braucht nur ein wenig Geschick und Training." Louis fiepte daraufhin leise und machte sich etwas kleiner. "Louis..." Er sollte doch keine Angst vor mir haben...

Vorsichtig hob ich meine Hand und hielt sie ihm ihn. Für einen Moment sah er mich unsicher an legte dann aber seine Wange in meine Hand und erlaubte es mir mit meinem Daumen unter seinem Auge entlang zu streichen. "Du bist hier sicher. Auch bei mir", flüsterte ich ihm zu und lächelte als sein Fiepen stoppte.

"Komm her", wisperte ich und zog ihn näher an mich heran. Louis schmiegte sich direkt an meine Brust und mein Herz begann darauf hin schneller zu schlagen. "Dein Herz", hauchte Louis und presste sich noch etwas näher an mich heran.

Langsam nickte ich und platzierte meinen Kopf auf seinem. So gerne würde ich ihm sagen das mein Herz für ihn allein schlug, aber... das wäre zu viel. Nur weil er meine Berührungen akzeptierte, sich manchmal nach mehr sehnte bedeutete es nicht, dass wir in irgendeiner Form schon soweit waren. Vor allem da er bisher nicht viel erwiderte.

Wir standen noch weitere Minuten eng umschlungen im Bad, bis Amelie sich meldete und anfing mit ihren Beinchen zu strampeln. "Hast du Hunger?", fragte Louis seine Tochter während er sich von mir löste. "Ich- gehe mal kurz." Ich nickte und schenkte ihm ein kleines Lächeln. Da Louis die kleine Maus stillte räumte ich in der Zeit das Bad auf und sammelte auch die Klamotten ein, welche sich über die Tage hinweg im ganzen Zimmer angesammelt hatten.

"Du willst also wirklich wieder mit zu mir? Ins Haus?", fragte ich nach dem Aufräumen sicherheitshalber nach und sah ihn gespannt an. "J-Ja?", antwortete Louis unsicher und nickte anschließend.

Ich schmiss die Wäsche in den entsprechenden Korb und ging zu ihm herüber ans Bett. Louis rutschte ein wenig zur Seite und ich ließ mich auf der Bettkante nieder, wobei ich ihm so nah war, dass unsere Oberschenkel sich berührten. Auf der einen Seite wusste ich, dass er sich langsam immer wohler fühlte und gerne in meiner Nähe war, andererseits konnte ich mir nicht vorstellen das er einfach nur aus Angst vor einem Angriff gegangen war. Schließlich ist er nur in ein anderes Haus innerhalb des Dorfes.

Da ich ein Alpha war hätten sie mich direkt im Visier gehabt. "Louis? Kann ich dich noch etwas fragen?" Da er es nicht verneinte setzte ich nach einem Räuspern fort. "Warum bist du gegangen? Lag es wirklich nur an Tommys Familie oder hat dich meine Nähe so nervös gemacht? War es mein Duft oder...?"

"M-Mein Herz."

Bei seinen Worten hielt ich die Luft an und musste diese zwei Worte erst einmal verarbeiten. Sein... Sein Herz? Es war nicht nur meins was nicht so funktionierte wie es sollte? Louis war ebenfalls davon betroffen?

"Es hat einfach nicht aufgehört zu schmerzen und ich konnte nicht die ganze Zeit bei dir sein damit es aufhört. Es... Als du mich gefunden hast... Du warst so sanft und vorsichtig. Du hast mich gefragt ob es okay sei, du hast gesagt was du als Nächstes mit mir machst und... Ich durfte entscheiden. Harry, du hast mich respektiert und ich konnte es einfach nicht verhindern", hauchte er und sah direkt weg.

"Louis", wisperte ich und drehte seinen Kopf zu mir. Meine Hand ließ ich an seinem Kinn liegen und mit der anderen strich ich ihm die Strähnen aus der Stirn.
"Was konntest du nicht verhindern?" Ich wollte es einfach aus seinem Mund hören. Zu lange hatte ich mich mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt.

"W-Wir gehören zusammen, o-oder? Deswegen... Deswegen schlägt mein Herz so komisch...Du fehlst..."

Ich zog meine Hände zurück und fuhr mit durchs Gesicht. "Weißt du was das bedeutet?"

"Ja, aber ich hatte das noch nie so, Tommy hatte einfach- Was soll ich machen?", stammelte er verzweifelt und sah mich niedergeschlagen an. "Ich kenne mich überhaupt nicht aus und ich- Ich weiß nicht was ich tun soll. Hazza? Was ist denn richtig? Ich-"

Hatte er mich gerade Hazza genannt?

Sanft legte ich meine Hand auf seinen Mund und brachte ihn damit zum Schweigen. "Atme tief durch und versuche deine Gedanken zu sortieren", schmunzelte ich und streifte mit meinen Lippen ganz kurz Louis' Stirn.

Louis lehnte sich dieser Berührung entgegen, weshalb ich meine Lippen diesmal vernünftig auf seine Stirn legte und dort für einen Moment verweilte. Tatsächlich beruhigte sich Louis langsam, atmete tief durch und ließ sich gegen meine Schulter fallen. Amélie war kurz davor einzuschlafen, sie blinzelte schon verdächtig und gähnte.

Behutsam nahm ich Amélie und legte sie hinter uns in die Kissen. Ich wollte Louis vernünftig in den Arm nehmen und mit Amelie dazwischen war das Ganze nicht so einfach. "Was machst-" Louis verstummte als ich ihn fest in meine Arme schloss und mit meinen Fingern über seinen Rücken strich. Die andere Hand hatte ich in seinem Nacken liegen und hielt ihn so eng bei mir.

"Zieh erstmal wieder zu mir ins Haus, über alles andere machen wir uns keine Gedanken. Lassen wir es auf uns zu kommen, ja?"

"Du machst also nichts?", fragte er überrascht, löste sich aus meiner Umarmung und sah mich ganz merkwürdig an. "Was sollte ich deiner Meinung nach denn machen?" An was dachte er denn jetzt wieder? Was hatte dieser Tommy alles getan?

"Wirst du mich nicht markieren?"

Ich zog ihn an seinem Shirt zurück als er versuchte sich an meiner Schulter zu verstecken und sah ihn entsetzt an. "Nein, auf gar keinen Fall."

"Nie?", fragte er direkt, wandte sich aber schnell ab und versuchte sein Gesicht zu verstecken. "Louis... Über was denkst du nach?" Zu gerne wüsste ich was für Gedanken sich in seinem Kopf breitmachen.

"Tommy hat mich direkt...", flüsterte er und fummelte an einem von Amélies Spucktüchern herum. "Macht man das nicht so?"

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[2171 Wörter  11/05/2021]

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