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Es waren bereits zwei Tage vergangen, seitdem ich den Omega gefunden hatte. Leider konnte er sich bisher noch nicht wirklich gut erholen. Er schlief die meiste Zeit und war zwischendurch nur wenige Minuten wach. In diesen Momenten versuchte ich ihm etwas Flüssigkeit einzuflößen. Das mit dem Essen war dann etwas schwieriger, weswegen ich ihm eine Brühe gekocht hatte.
Ich stellte den Tonbecher mit der Brühe wieder auf dem Tischen neben dem Bett ab und legte den Omega wieder in die Kissen. Die Decke vom Fußende breitete ich, nachdem ich seinen Bauch begutachtet hatte, wieder über seinem Körper aus. Die blauen Flecken waren schon fast wieder verschwunden. Als ich mich wieder aufrichtete strich ich ihm sanft über die Wange. "Schlaf weiter, du brauchst die Kraft." Von ihm kam als Bestätigung nur ein leises Wimmern.
Als er eingeschlafen war konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und strich mit meinen Lippen kurz über seine Stirn. Anschließend verteilte ich auf dieser federleichte Küsse. Es war so falsch, aber sein lieblicher Duft machte mich wahnsinnig. Ich konnte nichts dagegen tun. Vorsichtig vergrub ich meine Nase in seinen Haaren und zog seinen Duft ein.
Doch bevor ich auf wirklich dumme Gedanken kam, erhob ich mich von der Bettkante und nahm etwas Abstand zu ihm ein. Ich mochte diesen gierigen, animalischen Teil von mir nie.
Vor allem wenn ich mich in Momenten wie diesen völlig danebenbenahm.
Ich ging zu den Fenstern hinüber und öffnete eins. Kurz genoss ich die frische Luft und verließ dann den Raum. Heute morgen hatte ich ihn in sein eigenes kleines Zimmer gebracht. Gestern war ich die ganze Zeit damit beschäftigt, einen der leeren Räume im Erdgeschoß für ihn herzurichten. So hatte er sein eigenes Reich, wenn er wieder zu Kräften kam und wach blieb. So hatte er dann auch genug Platz für sich und sein Kind.
Wenn er denn überhaupt hier bleiben wollte. Zwingen würde ich ihn nicht, aber...
Ich wusste gar nichts über hin. Was war, wenn er noch irgendwo anders eine Familie hatte? Darüber, dass er womöglich gehen würde, wollte ich nicht im Geringsten nachdenken. Denn wenn ich das tat, zog sich mein Herz qualvoll zusammen. Ich sah noch einen Moment auf die geschlossene Tür, bis ich wieder in die Küche zu meiner Mutter ging. "Schläft er wieder?" Ich nickte nur und setzte mich zu ihr.
"Wie geht's deinem Herzen?" Überrascht schaute ich sie an und verteufelte sie für einen Moment. Sie sah direkt alles und wusste immer Bescheid. "Es ist alles gut", murmelte ich und griff nach meiner Tasse. Der Tee war mittlerweile kalt.
Meine Mutter nickte und legte ihre Hand auf meine. "Tut mir leid, ich mache mir nur Gedanken, mein Schatz." - "Das weiß ich ja und das ist auch lieb gemeint. Nur würde ich mir mehr Sorgen über die Ereignisse da draußen machen." Als es an der Tür klopfte stand ich direkt auf. "Ist es wirklich nötig, dass ihr nochmal geht? Liam und Zayn waren doch gestern schon mehrere Stunden unterwegs." Leise seufzte ich und zog mir meinen Pullover aus. Diesmal war nur die Hose aus dem funktionalen Stoff.
"Sie haben nichts gefunden und ich würde mir gerne selbst nochmal ein genaueres Bild machen. Vorgestern hatte ich den Omega und meine Nichten dabei. Da ging es schlecht."
Meine Mutter nickte und sah trotzdem nicht begeistert aus. "Passt bitte auf euch auf." Sanft lächelte ich sie an und nickte. "Natürlich. Wir kommen in einem Stück zurück. Achte du bitte auf den Omega. Geh am besten zu ihm. Er sollte nicht alleine sein." Die Tür öffnete ich erst, als meine Mutter das Zimmer von dem Blauäugigen betrat.
"Müssen wir echt wieder los? Was ist, wenn sie auf der Lauer liegen und nur auf uns warten? Bisher war die Anwesenheit von anderen Wölfen deutlich zu spüren", sagte Zayn aufgebracht und schaute mich nicht einmal an. "Dir auch einen schönen Tag", knurrte ich und verschränkte meine Arme. "Du musst nicht mitkommen, wenn du schon so viel Angst hast." Ich musste etwas grinsen, als Zayn mich daraufhin vernichtend ansah. "Ich habe keine Angst, ich mache mir nur Gedanken."
Liam kommentierte das alles nur mit einem Lachen und zog mich schließen kurz in seine Arme. "Alles gut?" Ich nicke nur und beantwortete die Frage nicht weiter. Wir verwandelten uns und traten gemeinsam durch den Schutzschild hindurch.
Wir kamen relativ schnell an der Stelle am Fluss an. Und das was ich sah, gefiel mir absolut nicht. Das Blut war mittlerweile getrocknet, doch nach den Spuren zu urteilen, hatte es bereits schon andere Tiere angelockt.
Wir sollten vorsichtig sein.
Liam und Zayn bestätigten es nur mit einem Brummen. Gemeinsam traten wir über die Grenze des Dorfes. Anscheinend war nun auch das letzte Rudelmitglied gestorben. Denn so lange bleibt das Schild erhalten und schützt diejenigen, welche noch lebten.
Aufmerksam schaute ich mich um und war ziemlich geschockt über das Ausmaß der Verwüstung. Bei vielen Häusern waren die Eingangsbereiche vollkommen zerstört und auch sonst sah hier nichts mehr nach einem kleinen idyllischen Dorf aus. Gerade als ich um das nächste Haus bog stoppte ich in meiner Bewegung, weswegen Zayn und Liam in mich hineinliefen.
Kurz knurrte ich die beiden an und blickte dann wieder auf das, was sich vor mir türmte. Bei dem Geruch drehte sich mir der Magen um. Nachdem ich mehrere Male tief durchatmet hatte, gewöhnte ich mich jedoch daran und hatte keine Probleme mehr wenn ich Luft holte.
Ich kann das nicht. Tut mir leid.
Zayn lief mit geducktem Kopf nach hinten und ließ Liam und mich mit all den Leichen, welche sich vor uns stapelten, alleine.
Das waren die Wilden, oder?
Ich schüttelte meinen Kopf und trat näher an die Stelle. Ich wünschte es wären nur wilde Wölfe gewesen. Gegen die konnte man mit genug Übung und Kraft antreten und sie im Schach halten. Es war schwierig aber es war nicht vollkommen unmöglich.
Es waren auch Menschen.
Liam fiepte leise und trat zurück. Verdenken konnte ich es ihm nicht. Er hatte seine Eltern und seine Schwestern an die Menschen verloren. Als sie noch kleiner waren, sind Menschen auf sie aufmerksam geworden und haben ihre Waffen getestet. Liam konnte sich, weil er noch sehr klein war gut verstecken. Die Erinnerungen blieben jedoch.
Geh zu Zayn und passt gegenseitig auf euch auf. Ich kümmere mich um die Toten.
Auch wenn es vielleicht ziemlich gefährlich war in meine schwächere Gestalt zu wechseln tat ich es. In meiner menschlichen Hülle konnte ich viel einfacher in die Häuser und nach den entsprechenden Sachen suchen. Nach dem ich Alkohol und Streichhölzer gefunden hatte, begann ich die Toten in kleinere Gruppen zu unterteilen.
Es schmerzte und es tat unglaublich weh jedem ins Gesicht und in ihre leblosen aufgerissenen Augen, sofern sie noch welche hatten, zu sehen.
Aber es war nicht das erste Mal, dass ich ein Massaker, für welches die Menschen verantwortlich waren, sah. Sie waren schon immer blutrünstig und das hatte sich in all den Jahren nie geändert. Durch ihre Technologien und neuen Waffen konnten sie uns auch aus der Ferne treffen. Dagegen waren wir einfach vollkommen machtlos.
Ich glaube in meinen 52 Jahren hier auf dieser Welt hatte ich mindestens schon 8 dieser Verwüstungen miterlebt. Damals war noch mein Vater an meiner Seite. Gemeinsam waren wir meist die einzigen, die sich an die Toten herangetraut hatten. Es hatte auch etwas Abschreckendes. Nur wollte ich verhindern, das andere Tiere durch das Blut angelockt wurden.
Die Toten sollten ihre Ruhe finden und nicht als Nahrung für andere dienen.
Als ich meine Arbeit getan hatte, blickte ich einen Moment auf die lodernden Flammen und rümpfte meine Nase bei dem Geruch von verbranntem Fleisch. Ich sprach noch ein paar Sätze zum Abschied für die Seelen, die hoffentlich ein besseres Leben im Jenseits hatten, bevor ich zu Liam und Zayn zurückkehrte. Sie schmusten leicht und rieben ihre Köpfe aneinander. Lächelnd betrachtete ich die beiden und war mehr als nur froh, dass sie endlich eingesehen hatten, dass sie ohne den anderen einfach nicht leben konnten.
Als die beiden jedoch zu mir sahen rissen sie ihre Augen auf und traten direkt links und rechts neben mich. Dankbar legte ich beiden meine Hand auf ihr Fell.
"Ich wasche mich im Fluss. Dann gehen wir weiter südlich. Ich will wissen ob da noch mehr ist."
Denkst du nicht, das es reicht? Was ist, wenn sie tatsächlich hier irgendwo warten?
Mein Kopf schmerzte leicht, als Liam mit mir sprach. Als Mensch war es dann doch ziemlich unangenehm sich auf diese Verbindung zu konzentrieren.
"Wir müssen es herausfinden. Ich möchte nicht in Ungewissheit leben."
Die beiden hatten nichts mehr einzuwenden und so ging ich zum Fluss hinüber und wusch mir das ganze Blut und den Geruch ab. Wenige Minuten später liefen wir wieder zu dritt weiter und entdeckten noch zwei weitere Dörfer. Da dort allerdings alles in Ordnung war, zogen wir weiter. Ich wollte die anderen Wölfe nicht mit unserer Anwesenheit verunsichern. Mir wurde auch immer ganz komisch, wenn sich Unbekannte dem Schutzwall näherten.
Es dauerte nicht lange bis das dritte Dorf auftauchte, es war ebenfalls verwüstet. Jedoch auf eine andere Art und Weise. Hier war alles abgebrannt. Der Geruch war noch frisch und als ich noch ein Stück weiter lief spürte ich, wie die Wärme des Bodens auf meine Pfoten überging. Die Flammen waren wohl gerade erst erloschen.
Plötzlich vernahm ich ein Wimmern und schaute mich sofort danach um. Liam tat es mir gleich und auch Zayn half suchen. Wir drei gingen in unterschiedliche Richtungen, standen jedoch die ganze Zeit im Gespräch und diskutierten darüber, ob es sich um eine Falle handelte oder hier tatsächlich noch jemand war.
Allerdings wurde ich fündig und fand zwei kleine Jungwölfe, welche sich unter einem Busch zusammengerollt hatten. Als sie mich entdecken verstummte ihr Wimmern und sie zuckten zurück. Eine der beiden kleinen Wölfe begann plötzlich zu winseln und schaute verschreckt, als ich mich näherte. An meinem Geruch müssten sie längst erkannt haben, dass ich ein Alpha war. Aber nur weil ich einen hohen Rang hatte, musste man doch keine Angst vor mir haben.
Als sie nicht mehr zurückschreckten, stupste ich beide nacheinander mit meiner Schnauze an und ließ mich auf dem Waldboden nieder. So war ich wenigstens halbwegs mit den beiden auf Augenhöhe. Das zurückhaltende Verhalten legten sie nicht ab, aber nach mehreren Minuten stand die größere von beiden auf und stupste mich mit ihrer Schnauze an.
Ihr brauch keine Angst mehr haben, versprochen. Ihr beide seid in Sicherheit.
Ich brummte zufrieden als sie diesmal gemeinsam auf mich zu kamen und sich an mich schmiegten. Kurz leckte ich den jungen Wölfen über den Kopf und bat anschließend Liam zu mir. Ich richtete mich wieder auf und als mein Beta neben mir stand, sah er mich verwirrt an. Als er jedoch hinuntersah riss er seine Augen auf und schaute mich ungläubig an.
Das Wimmern kam von den Kleinen?
Ich nickte und sah zu den beiden, welche sich unter mir versteckten und unsicher zu Liam blickten. Diesmal war es jedoch die kleinere die den ersten Schritt machte und langsam auf Liam zu ging. Zurückhalten schmiegte sie sich an seine Vorderbeine. Die Schwestern blieben ruhig und sagten nichts. Doch ihre Körpersprache verriet, dass sie sich langsam wohler fühlten.
Auch Zayn war von den beiden ziemlich angetan und als sie auch nicht mehr vor ihm zurückschreckten, entschlossen wir uns zurückzukehren. Ich hatte auf fast alles eine Antwort und das genügte mir fürs erste. Vorsichtig packte ich die ältere der Schwestern im Nacken und hob sie hoch. Liam nahm das zweite Kind und so schafften wir es vor Dämmerung nach Hause.
Als wir unsere Grenze überquerten erwarteten uns schon Gemma und Niall. Beide waren ziemlich aufgeregt und wollten unbedingt wissen was dort draußen vor sich ging. Ich setzte das Wolfsmädchen ab und verwandelte mich direkt. Das kleine Wesen tat es mir gleich und stolperte direkt auf mich zu. Kurzerhand hob ich sie hoch und wendete mich an Liam. Auch er hatte das andere Mädchen auf seinem Arm.
Während sich das Mädchen schüchtern in meinen Armen umsah und ihren Kopf auf meine Schulter legte, betrachtete ich Liam. In seinem Blick lag schon so viel Liebe, dass ich wusste das die Mädchen bei ihm und Zayn in guten Händen waren.
"Habt ihr sie da draußen ganz alleine gefunden?" Besorgt schaute Niall auf das Kind und hielt ihr vorsichtig seine Hand hin. Neugierig blickte das blonde Mädchen Niall an und schnupperte an seiner Hand. Nach einem Moment streckte sie zögerlich ihre kleine Hand aus und griff nach Nialls Fingern. Lächelnd beobachtete ich die Annäherungsversuche bevor ich ihm antwortete.
"Ja, ihr Dorf ist komplett abgebrannt. Sie waren die letzten." Vermutlich waren die Kleinen schon eine ganze Weile allein, denn auch wenn sie den Anschein machten, dass sie sich wohl fühlten, zitterten sie am ganzen Körper. Auch waren ihre Augen vollkommen gerötet und ihre Haut mit Dreck überzogen.
"Bring sie zu Zayn und hilf ihnen ein bisschen."Niall nickte und nahm das Mädchen vorsichtig auf seine Arme. Gemeinsam mit ihr ging er zu Liam und Zayn, welche eng beieinander standen und mit der einen Schwester sprachen.
Einen Moment beobachtete ich die fünf, da die Mädchen aber nicht den Anschein machten, dass es ihnen zu viel war, ließ ich ihnen dann ihre Privatsphäre und schaute zu meinem Haus.
"Geh schon." Gemma stupste mich mit ihrer Schulter an und grinste. "Vielleicht ist er ja wach." Langsam nickte ich und lächelte meine Schwester dann an. "Ja, vielleicht...", murmelte ich leise und räusperte mich anschließend.
"Später würde ich gerne mit den Ältesten reden. Es wäre mir lieber, wenn alle wüssten was dort draußen vor sich geht. Die Eltern sollten auch ein bisschen mehr auf ihre Kinder achten und aufpassen, dass keiner über die Grenze tritt." Gemma nickte und versicherte mir, dass sie allen Bescheid geben würde.
Tief atmete ich durch und machte mich dann auf den Weg zu meinem Zuhause. Während wir unterwegs waren, war ich gut abgelenkt. Allerdings spielten meine Gefühle jetzt wieder verrückt und mein Herz zog sich zusammen. Es waren erst zwei Tage, aber ich wusste nicht wie lange mein Herz es noch aushalten würde.
Damals, als ich noch nicht mit Joshua zusammen war, hatte ich auch schon Probleme mit meinem Herzen. Doch jetzt war alles viel intensiver und tausendmal stärker. Es war wirklich unglaublich.
Er war wirklich unglaublich.
Bei mir angekommen, öffnete ich die Tür und lief fast gegen meine Mutter, welche anscheinend gerade das Haus verlassen wollte. "Ich habe dich gehört und wollte sehen wo du bleibst. Er ist wach. Genau genommen ist er jetzt seit fast zwei Stunden bei vollem Bewusstsein. Er ist bei klarem Verstand und schafft es auch zu sprechen. Ich habe ihm den Rest der Brühe gegeben und etwas Brot hat er auch bekommen. Allerdings hat er vor ein paar Minuten angefangen zu zittern und beruhigt sich nicht mehr. Und er fragt nach dir."
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich sie an. "Nach mir?" Sie lächelte und nickte. "Genau genommen hat er nach dem älteren Mann mit den grünen Augen gefragt. Sein Name ist übrigens Louis." Schnell nickte ich, schob mich an meiner Mutter vorbei und betrat das Zimmer.
Geh bitte noch zu Liam und Zayn. Sie brauchen dich. Mein Kopf schmerzte, als ich meiner Mutter noch die Nachricht mitteilte. Sie sollte sich die Mädchen genauer anschauen.
"Louis?"
Langsam ging ich auf ihn zu und ließ mich auf dem Sessel neben dem Bett nieder. Mama hatte ihn anscheinend hierhin gestellt. Der Omega schaute mich mit trüben Augen an und winselte. Sein Blick wurde immer ängstlicher und beschützend legte er seine Hände auf den Bauch.
Besorgt zog ich meine Augenbrauen zusammen und hielt ihm meine Hand hin. Es tat weh ihn so von Angst geplagt zu sehen. Er beugt sich leicht zu meiner Hand vor und atmete zittrig ein. Anscheinend erinnerte er sich an meinen Geruch, denn er entspannte sich etwas und das Winseln stoppte.
"H-Harry?"
Bei dem Klang seiner Stimme schlug mein Herz für einen Moment schneller und kräftiger. Seine Stimme war wie eine Melodie in meinen Ohren, auch wenn sie noch so farblos und gebrochen klang. Lächelnd nickte ich. "Ich denke meine Mutter hat dir schon ein paar Dinge erzählt." Ich sprach langsam und bewegte mich nicht all zu viel. Auf keinen Fall wollte ich ihn verschrecken.
Der Omega nickte langsam, zog die Decke etwas höher und bedeckte somit seinen Bauch, welcher zuvor leicht unter dem Shirt hervorgeschaut hatte. "I-Ist mit Tommy alles.... a-alles in Ordnung? Ich möchte zu ihm, ich möchte zu meinem M-Mann."
Tief atmete ich durch und biss mir auf die Lippe. Seit zwei Stunden wach und er wusste es noch nicht... Mama hatte also nichts gesagt und überließ es mir. Für ihn war es unschön so lange ahnungslos zu sein. Allerdings hätte es mir auch nicht gefallen, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Ich schüttelte langsam meinen Kopf, nahm seine Hand vorsichtig in meine und beugte mich leicht nach vorne.
"Es tut mir wirklich leid Louis, aber dein Mann... Er ist verstorben."
Schlagartig wurde Louis unruhig und seine blauen Augen spiegelten pure Panik wider. Er zog so lange an dem Kragen seines Oberteils, bis er auf seine Brust sehen konnte. Das Mal, welches vorgestern noch auf seiner linken Brust geschimmert hatte, war vollständig verschwunden.
Mit zittrigen Fingern fuhr er über die Stelle und sah mich mit tränengefüllten Augen an. Louis schluchzte immer wieder und durch das Weinen bebte sein ganzer Körper.
Plötzlich begann er zu schreien und rief immer wieder nach seinem Mann. Ich konnte sehen, wie sich ab einem gewissen Zeitpunkt seine Brust nicht mehr richtig hob und auch als er hustete zeigte es mir, dass er keine Luft bekam.
"Louis, versuch tief Luft zu holen." Mit ruhiger Stimme wiederholte ich die Worte und stand auf. Langsam kam ich ihm näher und setzte mich auf die Bettkante. Allerdings drang meine Stimme nicht zu ihm hindurch, denn er weinte weiter und wurde immer hysterischer. Als ich seine Hand nehmen wollte, begann er nach mir zu schlagen.
Ohne wirklich nachzudenken, griff ich nach seinen Handgelenken und hielt sie fest. Es war mir im Moment egal, dass er mich loswerden wollte und nach mir ausgeholt hatte. Aber er sollte sich selbst nicht wehtun.
Doch nichts machte es besser.
Weder meine Worte noch meine Hand, welche ich ihm auf die Schulter legte und zeigte, dass er nicht alleine war. Er schrie weiter und die Tränen liefen ihm über die Wangen und durchnässten sein Oberteil.
Aus Angst, dass er in einen Schock verfiel, berührte ich mit meinen Fingerspitzen seine nasse und aufgeheizte Wange. Da er den Kopf nicht wegdrehte und die Berührung zuließ, legte ich meine Hand richtig an seine Wange und brachte ihn dazu mich anzusehen.
"Louis", sagte ich mit fester Stimme und auch wenn ich es ungern nutzte, zwang ich ihn mit wenigen Worten dazu mich anzusehen. Meine Macht als Alpha missbrauchte ich selten, doch wenn es so weiter ging und er sich nicht beruhigte nahm nicht nur er Schaden, sondern auch das Baby.
"Atme tief durch. Bitte, denk an dein Kind." Ich legte seine rechte Hand auf seinen Bauch und schaute wieder in seine Augen. "Es muss doch noch eine Weile in deinem Bauch bleiben, kräftig werden und wachsen."
Zittrig holte er Luft und atmete tatsächlich das erste Mal seit mehreren Minuten tief durch. Meine Hand ließ ich weiterhin an seiner Wange und brach den Augenkontakt nicht ab. Erleichtert, weil er langsam zur Ruhe kam, lächelte ich. Es wäre wirklich nicht gut gewesen, wenn das Baby durch die Aufregung zu früh kommt. Vor allem nicht, da wir noch nichts vorbereitet hatten.
Es wird nicht einfach dieses kleine Wunder auf die Welt zu bringen.
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[3255 Wörter, 06/11/2020; 10/03/2021]
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