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{ Lies & Truths }
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„Also alles wieder gut, Dimples?"
Im Gryffindorgemeinschaftsraum herrschte die größte Party, die ich seit langem gesehen hatte. Gryffindor hatte das Quidditchspiel gegen Ravenclaw gewonnen. Harry hatte in rekordverdächtiger Zeit den Goldenen Schnatz gefangen und, das war definitiv das Highlight, einen Patronus-Zauber auf Draco Malfoy und seine Clique losgelassen, die sich als Dementoren verkleidet hatten, um das Spiel zu sabotieren. Seit Stunden waren die Gryffindors mittlerweile am Feiern, so als hätten sie bereits den Hauspokal gewonnen.
„Hier, nimm noch nen Schluck.", meinte Eleanor zu mir und reichte mir das Butterbier, welches wir uns teilten. Ich setze die Flasche an meine Lippen und trank einen großzügigen Schluck. Um ehrlich zu sein hätte ich auch nichts gegen ein wenig Feuerwishky gehabt, allerdings war die Gefahr, dass jemand dies sah und an eine Lehrkraft weiterleitete zu groß. Stattdessen nahm ich noch einen weiteren Schluck vom Butterbier.
Ich seufzte leise, als der Lärmpegel abermals anstieg. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht direkt aufzuspringen und in den Schlafsaal zu gehen. Denn im Gegensatz zu den anderen Gryffindors beschränkte sich meine Partylaune auf ein Minimum. Aber ich wollte weder die Spaßbremse, noch das Sorgenkind spielen, also blieb ich einfach auf der Couch sitzen zusammen mit El, Angelina, Fred und George und Lee Jordan.
Meine Finger spielten unablässig mit dem Saum von meinem dünnen Pullover. Während die anderen miteinander lachten, sich über das Spiel heute oder andere Dinge unterhielten, überlegte ich mir eine gerechtfertigte Ausrede, damit ich den ganzen Zirkus hier verlassen konnte. Je öfter El mich nämlich ansah, mit immer sorgenvolleren Augen, umso stärker bröckelte meine Fassade, ebenfalls Spaß zu haben. Freds Blicke, die er mir zuwarf und ich probierte zu ignorieren, machten das Ganze definitiv auch nicht besser. Ganz im Gegenteil. Ich fühlte mich absolut in die Enge getrieben.
„Ich gehe mal kurz nach oben, ich wollte noch nen Brief an meinen Dad schreiben.", sagte ich schließlich und stand auf. Das war zumindest eine geeignete Ausrede, um für einen Moment Abstand zu bekommen.
„Du kommst aber wieder oder?", fragte mich Angelina mit großen Augen „Der Abend ist noch jung, O und du willst doch nicht den Rest der Party verpassen."
Doch eigentlich schon. Genau das will ich.
„Auf keinen Fall. Ich probiere mich kurz zu halten.", meinte ich zwinkernd und schenkte ihr ein Lachen. Dann drehte ich mich um und lief zu den Treppen, die zu den Schlafsälen führten. Ich hatte noch nicht einmal die erste Stufe betreten, da war mein Lächeln auch schon wieder verschwunden. Ich kam mir schrecklich vor, weil ich meinen Freunden etwas vorspielte.
Kaum hatte ich die Tür des Schlafsaales hinter mir geschlossen, war der Lärm von unten deutlich leiser und erleichtert atmete ich auf. Ich brauchte gerade einfach Zeit für mich. Meine Füße trugen mich automatisch zum Fenster, welches ich weit öffnete und anschließend ließ ich mich auf der breiten Fensterbank nieder, dies war einer meiner Lieblingsplätze in Hogwarts. Die Sterne und der Mond erhellten das Schlossgelände und spiegelten sich im dunklen See wieder. Ich genoss den kalten, erfrischenden Wind auf meiner Haut und ich atmete hörbar aus. Genau das hatte ich nach der Lautstärke und der Hitze im Gemeinschaftsraum gebraucht.
Ich blieb eine Zeit lang einfach nur am Fenster sitzen, bis ich mir schließlich einen Ruck gab und beschloss tatsächlich an meinen Vater zu schreiben. Also kramte ich Feder und Pergament aus meiner Tasche und setze mich an den kleinen Tisch, der in unserem Schlafsaal stand.
Ich starrte auf das Pergament, unsicher was genau ich schreiben sollte. Mein Vater und ich verstanden uns gut, allerdings hatten wir auch nie die engste Beziehung. Nichtsdestotrotz hatte ich ihm immer mitgeteilt, wenn es mir nicht gut ging und mich etwas belastete. Heute zögerte ich aber. Die Sache mit Fred belastete mich und die Tatsache, dass schon wieder etwas zwischen uns stand, was ich nicht genau definieren konnte. Das konnte ich meinem Dad unmöglich erzählen.
Ich fuhr mir durch meine dunklen Haare, ehe ich schließlich die Feder auf das Pergament setze und anfing zu schreiben.
Hi Dad!
Ich wollte dir mal ein kleines Lebenszeichen von deiner liebsten Tochter geben, darauf wartest du sicherlich schon ne ganze Weile.
Bei mir ist alles super gut! Über Weihnachten war ich im Fuchsbau und das war mal wieder absolut zauberhaft, auch wenn Weihnachten mit dir natürlich auch immer wundervoll ist und ich dich dieses Jahr ganz schön vermisst habe... Trotzdem hatte ich eine tolle Zeit mit den Weasleys und ich hab die ganze Familie einmal mehr ins Herz geschlossen.
Ab dieser Woche fange ich nun auch langsam aber sich an, mich auf meine Prüfungen vorzubereiten, ich will unbedingt gute Ergebnisse erzielen. Die nächsten Wochen werden also glaube ich eher ein wenig stressiger, aber für gute Noten ist mir das ziemlich egal, ob ich eine Burnout bekomme oder nicht :)
Ansonsten gibt es nicht viel Neues, außer, dass Gryffindor die Ravenclaws heute vom Platz gefegt haben, das war echt unglaublich mit anzusehen.
Wo bist du gerade unterwegs und was steht bei dir so an?
Ich melde mich sobald es wieder was Neue gibt!
Hab dich lieb, bleib gesund und pass auf dich auf Dad!!
Deine Olivia
Ohne lange drüber Nachzudenken, faltete ich den Brief und tat ihn in einen Umschlag. Ich versiegelte die Lüge, die ich soeben geschrieben hatte. Auch wenn es sich nicht gut anfühlte, würde ich diesen Brief so abschicken. Ich wollte nicht, dass mein Vater sich sorgte und überhaupt bezweifelte ich auch ein wenig, dass er eine passende Antwort für meine Probleme hätte, es war schließlich Mädelskram, womit er sich eher weniger auskannte.
Für einen Moment wünschte ich mir, dass meine Mom noch da wäre. Sie hätte sicherlich einen geeigneten Ratschlag für mich gehabt. Besonders in diesen Momenten vermisste ich sie ungemein. Ihre lockere und freudige Art und wie sie immer alles mit neuem Elan angegangen war. Damals hatte ich sie schon immer dafür bewundert.
Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wangen, als ich merkte wie mir die Tränen in die Augen schossen. Aber ich wollte nicht weinen, ich konnte es nicht. Denn heute war so ein Tag, wo ich die Befürchtung hatte, dass ich, sobald ich einmal mit weinen angefangen hätte, nicht wieder aufhören könnte.
„Reiß dich gefälligst nochmal zusammen, Olivia.", ermahnte ich mich selbst und drückte meine Hände auf meine Augen, um die Tränen dahinter verschwinden zu lassen. Es dauerte ein paar Minuten, ehe ich mich wieder gesammelt hatte und schließlich zurück in den Gemeinschaftsraum ging, in dem die Feier immer noch im vollen Gange war.
„Da bist du ja wieder.", strahlte El, sobald sie mich sah und hob freudig ihre Arme in die Luft. Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht.
„Ich geh noch rasch den Brief abschicken.", meinte ich an meine Freunde gewandt.
„Jetzt noch? Du weißt, dass wir eigentlich nicht mehr auf den Gängen unterwegs sein dürfen.", erwiderte Angelina.
„Als ob mich das jemals aufgehalten hat.", grinste ich.
„Lass dich bloß nicht von Filch erwischen. Ich will nämlich keine Punkte verlieren, die wir uns heute erarbeitet haben.", meinte Angelina und ein missbilligter Unterton lag in ihrer Stimme.
„Ich werd aufpassen. Mach dir mal keine Sorgen um unsere Hauspunkte."
Angelina nickte bloß und ich bahnte mir den Weg durch die anderen Gryffindors zum Ausgang des Gemeinschaftsraums. Ich klettere durch das Loch hinaus auf den Gang und sah mich einmal um, um sicher zu gehen, dass die Luft rein war.
„Sie beiden sind in der Tat mutig. Um diese Uhrzeit sich in die Dunkelheit des Schlosses zu trauen. Aber nur die Mutigen erleben das, was anderen verborgen bleibt.", hörte ich das Gemälde von Sir Cadogans sagen, welches nach einem Angriff von Sirius Black auf die fette Dame mit diesem ausgetauscht wurde.
Verwirrt aufgrund seiner Worte, drehte ich mich um und sah Fred hinter mir stehen. Meine Kehle schnürrte sich zu. Das war gerade echt nicht der Augenblick, wo ich mich auch noch mit Fred unterhalten wollte.
„Was willst du, Fred?"
„Irgendjemand muss ja auf dich aufpassen, wenn du mitten in Nacht durchs Schloss spazierst.", meinte Fred schulterzuckend und ein kleines Lächeln lag auf seinen Lippen.
„Das kann ich alleine. Vielen Dank auch. Geh wieder zurück in den Gemeinschaftsraum, ich werde nicht lange brauchen.", erwiderte ich und drehte mich zum Gehen. Für mich war das Gespräch hiermit beendet.
Für Fred allerdings nicht, er lief mir hinterher und als wir auf gleicher Höhe waren, legte er seinen Arm auf meine Schulter und zog mich etwas näher zu sich.
„Und, ich wollte mit dir reden. Ungestört.", fuhr fort, während ich mit aller Kraft probierte seine Nähe zu ignorieren. Meine Wangen wurden ganz warm und ich konnte förmlich spüren wie meine Atmung ein wenig schneller ging.
„Was willst du bitte mit mir besprechen?", hakte ich nach, obwohl ich ganz genau wusste um was es ging.
Er hielt an und stoppte so auch mich im Weiterlaufen. Während er sich zu mir drehte, starrte ich nur stumm geradeaus. Ich konnte Fred jetzt nicht angucken. Denn dann würde ich direkt an unsere Probleme denken, an meinen Dad, dem ich blanke Lügen in dem Brief aufgetischt hatte und an meine Mom, die ich so unendlich vermisste. Kurz gesagt würde ich direkt in Tränen ausbrechen.
„Was hab ich gemacht, dass du mir nicht mal mehr in die Augen gucken kannst, Dimples?", fragte mich Fred mit leiser verletzter Stimme.
Ich konnte nicht antworten, beim besten Willen nicht. Mein Mund schaffte es einfach nicht Worte zu formen. Vielleicht war weinen aktuell doch die richtige Lösung, um die ganze Anspannung in meinem Körper loszuwerden.
Ich spürte Freds Hand an meiner rechten Wange und wie er probierte sachte meinen Kopf in seine Richtung zu drehen. Ich hielt ihn nicht davon ab und als ich in seine Augen blickte, die voller Besorgnis waren, konnte ich ein lautes Schluchzen nicht länger zurückhalten.
Sofort zog mich Fred in eine feste Umarmung und während ich mein Gesicht gegen seine Brust drückte und einfach weinte, strich er mir behutsam über meinen Rücken. Ich spürte, wie er einen Kuss auf meinen Scheitel setzte, was meinen Körper nur noch stärker zum Beben brachte.
Ich merkte gar nicht, wie Fred uns in ein leeres Klassenzimmer führte, erst als ich eine Tischkante an meinen hinteren Oberschenkel spürte, blickte ich auf und sah mich um. Meine Tränen hatten fast aufgehört zu fließen, nur noch vereinzelt rollte mir eine über mein Gesicht.
„Können wir jetzt reden?", fragte mich Fred und hob mich im nächsten Moment hoch, um mich auf den Tisch zu setzen. Er stellte sich zwischen meine Beine und sah mich erwartungsvoll an. Eine Sache war klar, aus dieser Position konnte ich nicht einfach wegrennen.
Ich schluckte schwer und musterte den dunklen Fleck auf seinem Shirt, den meine Tränen hinterlassen hatten. Abermals spürte ich Freds Hand an meinen Gesicht und wieder hob er es ein wenig an, sodass ich ihn ansah. Mit seinem Daumen wischte er die letzten Tränen von meinen Wangen und musterte mich dann eindringlich.
„Was hab ich falsch gemacht?", fragte er weiter und ich biss mir auf die Unterlippe, um ein Beben dieser und einen neuen Heulanfall von mir zu unterbinden. Für einen ganz kurzen Moment huschte sein Blick hinab zu meinen Lippen und genau diese Sekunde brauchte ich, um mich wieder zu fangen. Als seine Augen wieder meine fanden, schienen sie eine kleine Nuance dunkler als vorher zu sein, aber davon ließ ich mich nicht beirren. Ich holte noch einmal tief Luft, ehe ich schließlich etwas sagte.
„Du hast nichts falsch gemacht.", meine Stimme war ein wenig zittrig, aber das ignorierte ich „es hat mich nur komplett aus der Bahn geworfen, dass El mich heute morgen auf unseren Kuss angesprochen hat. Ich dachte das bleibt ne Sache zwischen uns und ich dachte eigentlich auch, dass du nicht direkt zu George rennst und ihm davon erzählst."
„Erstmal bin ich nicht direkt zu George gerannt, das kannst du mir glauben, aber er ist mein Zwillingsbruder. Ihm ist sofort aufgefallen, dass irgendetwas vorgefallen ist und er hat solange nachgehakt, bis ich es ihm schließlich erzählt habe. Ich wusste doch nicht, dass er diese Information dann direkt an El weitergibt.", erwiderte er ruhig. Er wartete einen Moment damit ich seine Worte verarbeiten konnte. „Und zweitens ist mir das sowas von egal wer von unserem Kuss weiß. Von mir aus kann die ganze Schule davon erfahren, solange du mir wieder in die Augen gucken kannst."
Ich nickte nur, weil ich nicht so recht wusste, was ich darauf antworten sollte. Es war mal wieder so, dass meine Wut, die sich angestaut hatte durch Freds Worte einfach verpuffte.
„Es tut mir leid.", meinte ich schließlich und probierte mich an einem Lächeln, was wohl eher aussah wie eine Grimasse.
„Also alles wieder gut, Dimples?", hakte Fred nach.
„Ja, alles wieder gut."
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Here we go again!!
Hoffe ihr mögt das Kapitel, lasst gerne wie immer Feedback da :)
Und WICHTIG kennt jemand eine/n gute/n Covermaker*in, bin nämlich am überlegen, ob ich ein neues Cover haben möchte...also let me know :)
Ganz viel Liebe <3
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