TWENTY.
Marlene || Ich küsse Sirius Black, im Mondschein neben dem Teich, in dem ich in den Sommermonaten regelmäßig baden gehe, nur hundert Meter abseits von der Party, die meine Eltern schmeißen und alleine der Gedanke ist so absurd, dass ich anfangen muss zu lachen. So sehr, dass unsere Lippen sich verlieren.
„Was?", fragt er, das breiteste Grinsen im Gesicht.
„Du hattest Recht. Das ist die absolut dümmste Idee überhaupt", murmele ich, seinen warmen Atem auf meinen Lippen. „Aber ich mag dumme Ideen. Dumme Ideen sind meine liebsten Ideen."
„Absol-"
Ich verschlucke seine Worte, lege meine Lippen wieder auf seine und schließe die Augen, genieße jede Sekunde, jeden Augenblick, jede kleine Ewigkeit, die uns gegeben wird, bevor die Zeit uns alles klaut.
Unser Kuss ist nicht sanft, er ist nicht weich, er ist lebendig.
Als wären wir das Letzte, was uns an der Schwelle zum Leben hält.
Immer wieder finden sich unsere Lippen, mal schnell, mal sanft, mal neckend.
Wenn ich die Augen öffne, kann ich seine Wimpern zählen, so ewig lang. Sehe die Wangenknochen vor mir, die im Laufe der Jahre so viel schärfer geworden sind. Und seine Augen, so wunderbar grau, beständig gegen die Zeit. Ein leichter Schimmer liegt in ihnen.
Meine Finger fahren durch seine Haare, ein wenig zu lang, und so weich unter meinen Händen.
„Marlie", seufzt er in unseren Kuss hinein. Immer wieder.
„Marlie. Marlie. Marlie."
Es ist mein neues Lieblingslied.
Seine Hände streichen über meine Rippen, die nackte Haut an meinem Rücken und zögern kurz.
„Es ist okay", murmele ich und schiebe seine Finger die fehlenden Zentimeter weiter nach unten.
Er zieht mich an sich, so fest, dass ich quietschen muss und dann leise lache. Zumindest so lange, bis ich seinen Körper an meinem spüre. Ich keuche, als ich seine Härte spüre. Ein wenig überrascht, dass ich es bin, die dieses Verlangen in ihm auslöst. Noch mehr überrascht, dass ich es will.
Sirius hebt mich hoch und ich schlinge die Beine um seinen Oberkörper, ziehe ihn so nah an mich, bis kein bisschen Luft mehr zwischen uns ist. Seine Finger streichen über meine Beine, immer weiter, immer näher, bis ich schließlich keuchen muss.
„Nicht hier", flüstere ich außer Atem. „Nicht hier. Lass uns woanders hingehen."
Sirius hebt den Kopf an, die Lippen geschwollen und die Augen funkelnd. „Wo dann?"
Ich bedeute ihm, mich langsam wieder zu Boden gleiten zu lassen, dann nehme ich seine Hand in meine. So sicher, so bestimmt, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes gemacht. Dabei ist das hier wahrscheinlich die wahnwitzigste Aktion, die ich je in meinem Leben gestartet habe.
Doch heute Abend will ich nicht über die Konsequenzen nachdenken. Heute Nacht weiß ich einfach, was ich will und werde es mir nehmen.
„Hier lang", wispere ich und ziehe ihn dann lachend durch die Dunkelheit.
Meine Füße finden die Stolperfallen wie von selbst, diesen Weg könnte ich im Traum laufen und Sirius läuft mir einfach hinterher, stets einen Schritt hinter mir, sein ganzes Vertrauen in mich gelegt. Er zögert nicht und einen Augenblick lang liebe ich ihn dafür.
Der Weg teilt sich und ich biege nach rechts ab, bis wir am Rand des Waldes auf die Hütte treffen, die schon seit Ewigkeiten hier ihr Dasein fristet. Vergessen von so vielen, nur noch in einigen wenigen Köpfen lebendig gehalten. James weiß, dass sie existiert, weil wir hier einige Sommertage verbracht haben. Alec, weil ich ihm die Hütte gezeigt habe in dem Sommer, bevor ich nach Hogwarts gekommen bin, um ihm einen Rückzugsort vor unseren Eltern zu geben. Und jetzt Sirius Black.
Ich öffne das Zahlenschloss, das mittlerweile ein wenig rostig ist und schiebe Sirius in die Hütte. Als ich die Tür schließe, ist es fast dunkel um uns herum, der Mond scheint einzig durch ein paar Ritzen und taucht uns in flackerndes Licht.
„Hier hat meine Oma mich früher oft mit hingenommen. Sie hat wahnsinnig gerne im Garten gearbeitet und ich war der einzige ihrer Enkel, die sie gerne begleitet hat. Ich glaube, meine Eltern wissen nicht einmal mehr, dass diese Hütte überhaupt existiert", rede ich drauf los, denn plötzlich wird mir die Bedeutung dieses Augenblicks bewusst. Ich sitze hier. Mit Sirius Black. Und wir werden gleich miteinander schlafen. „Im Laufe der Zeit habe ich sie umgewandelt in meinen Rücksichtsort. Siehst du das Kissen da? Das haben James und ich in dem Sommer genäht, bevor wir nach Hogwarts gekommen sind und...Das interessiert dich eigentlich gar nicht, oder?"
Sirius grinst mich an. „Doch, es interessiert mich. Sogar sehr. Aber gerade kann ich nicht wirklich nachdenken. Willst du mir das alles vielleicht später erzählen?"
Ich schiebe ihn zu dem Bett herüber, das den Namen eigentlich nicht wirklich verdient, ist es doch nur eine Einzelmatratzw aufgebaut auf Paletten Holz und lache, als Sirius erstaunt ein Stück nach hinten stolpert, bevor er weich landet.
„Du bist gefährlich, Marlene McKinnon." Seine Hände ziehen mich zu sich herunter, drehen uns, bis er über mir liegt und ich sein Grinsen im schwachen Mondlicht erkennen kann. „So verdammt gefährlich."
Ich streiche ihm eine Strähne aus den Augen, vergebene Mühe, denn sie fliegt bereits im nächsten Augenblick wieder zurück. „Zu gefährlich für dich?"
„Absolut nicht", flüstert er, seine Lippen bereits wieder gegen meine Haut gedrückt.
Sein Mund fährt über meinen Hals, verteilt Küsse über mein Schulterbein und dann über meine Brust, der Stoff meines Kleides wie eine sichere Barriere zwischen uns, die ich so unbedingt brechen möchte.
„Das Kleid", murmele ich keuchend. „Weg damit."
Lachend drückt er sich nach oben und der fehlende Körperkontakt lässt mich wimmern.
„Merlin, wer hätte gedacht, dass du so ungeduldig bist, Mar?"
Ich haue ihm gegen die Schulter. „Mach schon."
„Ich mach ja schon", grinst er und dann grinst er plötzlich nicht mehr, weil ich meine Hand in seine Hose schiebe.
Mit einem breiten Lächeln streiche ich einmal an seiner Länge hoch. „Wenn du mehr davon willst, zieh mir endlich das Kleid aus."
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich jemand schon einmal schneller meiner Kleidung entledigt hat.
Und dann liege ich vor ihm.
Völlig nackt.
Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich nicht das Bedürfnis, meine Arme zu verschrenken um meine zu kleinen Brüste zu verstecken.
Zum ersten Mal in meinem Leben hebe ich nicht die Oberschenkel an, um meine Beine dünner, länger, verlockender wirken zu lassen.
Zum ersten Mal in meinem Leben lege ich kein verführerisches Lächeln auf meine Lippen, sondern lasse das echte entstehen, das sich nur zeigt, wenn ich glücklich bin.
Zum ersten Mal in meinem Leben ist es mir egal.
Und Sirius Black ist der Grund dafür.
Der Gedanke ist so grotesk, so wahnsinnig und gleichzeitig doch so wahr wie nichts anderes in diesem bitterkalten Leben.
„Wunderschön", murmelt er. „So verdammt wunderschön."
Seine Lippen malen Muster auf meine Haut, verwandeln mich in ein Kunstwerk, strahlend und in allen Farben, die es je gegeben hat. Sie wandern tiefer, bis sie an der Stelle ankommen, an der ich ihn so dringend brauche, bringen mich zum Seufzen, rauben mir den Atem.
Mit jeder Bewegung seiner Zunge streifen seine Haare über meine Haut und mit jeder Bewegung bringt er mich näher an den Rand. Gibt mir Flügel und stößt mich schließlich über den Abgrund, über den ich falle und dann mit den schillersten Farben in den Himmel entfliehe.
Einen Augenblick lang schließe ich die Augen, koste den Moment aufs Äußerste aus, dann öffne ich sie blinzelnd wieder.
Sirius sieht zu mir hoch, sein Kopf immer noch zwischen meinen Beinen, einen Mundwinkel nach oben gezogen. „Okay?"
„Mehr als okay", seufze ich und ziehe ihn wieder zu mir hoch.
Ich schlinge meine Beine um seine Mitte, presse mich an ihn, was uns beiden ein Stöhnen entlockt. Meine Hände fahren über seinen Rücken, malen die Muskelstränge nach, die ich nach Jahren des Quidditchtrainings blind auf ein Paper malen könnte. Sirius ist nie jemand gewesen, der seinen Körper versteckt hat. Aber es ist trotzdem etwas anderes ihn jetzt so auf mir zu haben. Offener. Verwundbarer. Echter.
Als wäre der Sirius Black, den ich bisher kannte nur ein Abziehbild des Mannes, der nun sanfte Küsse auf meinen Hals verteilt.
Ich schiebe meine Hände zwischen uns, umfasse ihn und lasse meinen Daumen leicht über seine Spitze streichen. Streiche auf und ab, bis er die Augen zusammenpresst.
„Bist du soweit?", murmele ich gegen seine Lippen.
Er streckt mir die Zunge heraus. „Ich war schon vor zehn Minuten soweit."
Lachend küsse ich ihn, schmecke seine Worte in der Stille zwischen uns. Meine Beine ziehen ihn noch näher zwischen uns, bis ich das Feuer in meiner Mitte durch seinen Druck beinahe stillen kann. Einen Moment lang bleiben wir still, reglos, in den Atem des anderen verliebt.
Dann streicht Sirius mir eine Haarsträhne aus der Stirn. „Hast du –"
„Neben dem Bett auf der rechten Seite ist eine Box, da sind Kondome drin."
Er stützt sich auf die Ellbogen, sodass er mich ansehen kann. „Wie viele Übernachtungsgäste hast du hier so? Ich meine, nicht falsch verstehen, meinetwegen kannst du hundert haben, ich will nur wissen, ob das hier irgendwas bedeutet oder ob – Vergiss es, es geht mich nichts an."
„Gideon war der letzte", antworte ich leise auf seine Frage, die eigentlich gar keine Antwort verdient.
Er küsst mich auf die Stirn. „Okay."
Ich will die Augen schließen, nichts will ich lieber, doch das wäre der einfache Weg und ich habe mich noch nie für den einfachen Weg entschieden.
„Es bedeutet etwas, okay?", murmele ich und weiche seinem Blick aus, weil er plötzlich zu nah, zu brennend, zu wirklich ist. „Ich weiß nicht was, vielleicht ist es nur Sex. Aber es ist nicht unwichtig."
Ich sehe, wie er schluckt. „Nur Sex. Okay."
Bevor ich länger über seine Worte nachdenken kann, ist sein Mund wieder auf meinem und wir führen den friedlichsten Kampf, den es im Universum je gegeben hat. Seine Zunge stupst gegen meine, neckt mich, bis ich lachen muss.
Und dann liegen wir dort in der Dunkelheit, raues Lachen zwischen uns, einen Augenblick lang Unendlichkeit.
„Kondome", erinnere ich ihn irgendwann leise.
„Ja, Kondome."
Er grinst mich an, dann rollt er sich zur Seite und tastet blind in der Dunkelheit, bis ich einen Schmerzenslaut höre.
Ich setze mich eilig auf. „Alles okay?"
Er flucht. „Ja... Ich habe mir nur den Kopf gestoßen."
„Blutest du?" Ich taste seine Stirn ab. „Nein, anscheinend nicht."
„Danke. Das hätte ich dir auch sagen können", meint er trocken.
„Entschuldige bitte, dass ich mich versichern will, dass ich dich nicht in meiner Gartenhütte auf dem Gewissen habe und –"
„Mar?" Grinsend unterbricht er mich. „Weniger reden. Mehr küssen."
„So schon mal gar nicht. Du kannst mir nicht sagen, was ich –"
Seine Lippen schneiden mir das Wort ab und ich kann nicht sagen, dass ich unbedingt traurig darüber bin. Nicht wenn er mir mit seinen Küssen den Atem nimmt, so gekonnt und nervig zugleich.
Ich reiße ihm das Kondom aus der Hand und ziehe es ihm über, vielleicht ein wenig langsamer, quälender als ich es sonst getan hätte. Doch Sirius sieht mir einfach mit verhangenem Blick in die Augen, ein Grinsen in seinen Mundwinkeln.
Dann drückt er mich sanft auf die Matratze zurück und legt sich über mich, leicht auf den Ellbogen abgestürzt.
„Bist du sicher?", murmelt er.
Ich nicke. „Und du?"
„So verdammt sicher."
Unsere Münder finden sich und zum ersten Mal ist der Kuss nichts weiter als ein Windhauch, so sanft und federleicht, das er mir im Herzen schmerzt.
„Für mich bedeutet es auch was, Marlie", flüstert Sirius gegen meine Lippen.
Dann dringt er in mich ein, langsam und so bittersüß, einen Augenblick abwartend, auch wenn ich seine Arme zittern sehen kann. Ich nicke und er beginnt sich zu bewegen.
Es ist nicht perfekt. Unsere Zähne knallen aneinander, er kommt zu schnell, meine Küsse sind zu atemlos. Doch es ist dieses Wahre, dieses Unperfekte, für das ich so unheimlich dankbar bin.
Sirius ist nicht der erste Mann, den ich mit ins Bett nehme. Er wird wahrscheinlich nicht der letzte sein.
Doch zumindest für heute Nacht will ich so tun, als wäre er der Einzige. Als würde das hier wirklich etwas bedeuten. Als wäre es nicht nur eine wahnsinnig dumme Idee, die wir bei Sonnenaufgang bereits bereuen werden.
Danach liegen wir in der Dunkelheit, den Blick auf die Decke über uns gerichtet, die wir nicht einmal erkennen können.
„Geht es dir gut?", murmelt Sirius, seine Lippen gegen meine Haare gedrückt.
„Ja. Und dir?"
„Mehr als gut." Er stützt sich auf einen Ellbogen und sieht zu mir herunter, gespenstisch weiß durch das Mondlicht und all die Schatten, die in seinem Gesicht ums Überleben kämpfen. Doch selbst sie können seinen leuchtenden Augen nicht verstecken. „Wir sehen uns dann übermorgen bei James?"
Ich beiße die Lippen aufeinander, weil ich nicht weiß, was ich erwartet habe. Vieles, nur nicht das.
„Ich...Ja, ich werde da sein."
Einen Augenblick lang gewinnt die Stille, dann fliegen weitere Worte über seine Lippen.
„Findest du den Weg zurück ins Haus? Oder soll ich mitkommen?"
Ich presse die Augen zu, weil ich nicht will, dass er die nahenden Tränen sieht. „Ich finde den Weg alleine.
„Okay." Seine Lippen legen sich noch einmal auf meine Stirn, so federleicht. Dann zieht er seine Kleidung an und verschwindet.
Ein leichtes Wimmern entfährt mir, als ich ihm hinterhersehe und plötzlich fühle ich mich nur noch leer. Dann lache ich über mich selbst, denn es ist doch genau das, was ich wollte. Nur Sex. Nicht mehr. Einfach und schnell.
Das Problem ist, dass ich mir zum ersten Mal im Leben wünsche, mehr zu haben.
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