SIX.

MARLENE || Dorcas hängt kopfüber von ihrem Bett, ihre Hosen an einem Bein hochgerutscht und sieht konzentriert auf die Quidditch-Zeitung, die wir James heute Morgen beim Frühstück geklaut haben. „Sagt mir bitte noch einmal, warum Henry Flynch gut aussieht."

Ich schnappe mir die Zeitung und wedele damit vor ihrem Gesicht herum. „Hast du mal sein Sixpack gesehen? Der ist so hart, da könnte man Eier drauf braten."

„Es heißt ‚Er ist so heiß, da könnte man Eier drauf braten'", lacht Lily. „Aber ja, du hast recht. Die Muskeln können sich schon sehen lassen. Und seine Augen, habt ihr mal seine Augen gesehen? Die haben so ein schönes braun. Es geht wirklich nichts über braune Augen."

Dorcas erobert die Zeitung zurück, die Stirn verzogen und lässt ihre Augen über die Illustration wandern. Henry Flynch dreht eine Runde und winkt mit einem so verschmitzten Lächeln in die Kamera, dass diese Ausgabe sicherlich einige Male verkauft wurde. Nicht nur von Quidditch-Liebhabern, sondern auch von der ein oder anderen Hexe, die für den Kapitän der Appleby Arrows schwärmt.

„Ich sehe es einfach nicht", seufzt Dorcas. „Ich meine nicht die Bauchmuskeln, seine Augen oder sein so tolles Lächeln. Aber ich kann dieses Foto anschauen und es interessiert mich nicht im Geringsten."

Sie sieht Lily und mich an, nicht direkt in die Augen, sondern ein wenig an meinem Kopf vorbei, auf die Wand, die in den vergangenen sieben Jahren schon einiges von uns ertragen musste. Farbsprenkel, geschmissene Schuhe, ein Entlangstreifen Betrunkener in ihren Festumhängen. Dorcas schiebt die Unterlippe vor, ein wenig bloß, aber es ist einer dieser Momente, in dem ihre sonst so sichere Art sich in den Schatten versteckt hält. Ihre Unsicherheit kommt jedes Mal so plötzlich, so einschlagend wie eine Bombe und ich hasse es, sie so zu sehen.

„Glaubt ihr, dass ist falsch? Dass ich einfach absolut kein romantisches Interesse an Menschen habe? Ganz egal, ob Mann oder Frau?", wispert sie. „Ich habe es wirklich versucht. Seit Jahren, ich bin mit so vielen ausgegangen. Aber es funkt einfach nie. Merlin, so sehr, dass ich diesen Sommer gleich mit drei verschiedenen Leuten etwas angefangen habe. Letztendlich hat es mir jedoch nur eine Menge Ärger eingebracht."

Ich lasse mich neben ihr aufs Bett fallen und wuschele durch ihre wilden Locken. „Daran ist absolut nichts falsch, Dor. Das bist einfach du und du bist genau richtig so, wie du bist."

Lily lässt sich mit Schwung zwischen uns nieder, einen Arm jeweils um unsere Schulter gelegt. „Wir würden dich gar nicht anders wollen."

„Meint ihr wirklich?"

„Meinen wir wirklich." Lily drückt ihr einen Kuss auf die Wange. „Und jetzt hoch mit euch. Marlene wollte uns vorführen, was sie in ihren Tanzstunden gelernt hat."

Stöhnend bewerfe ich sie mit einem Kissen. „Ich hasse dich. So sehr, Lil."

Doch sie kennt keine Gnade und zieht mich kurzerhand in die Mitte unseres Schlafsaals, während Dorcas lachend den Schallplattenspieler anwirft.

„Vergesst es, Girls. Ich werde jetzt nicht tanzen", wehre ich mich, während sie mich auffordernd ansehen. „Ehrlich, selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht. Die Tanzschritte sind für mich einfach unverständlich und ich habe alles Gelernte bereits wieder vergessen. Nicht dass da überhaupt anfangs viel hängen geblieben werde.

„Vielleicht solltest du noch ein paar Tanzstunden bei Regulus nehmen", schlägt Lily mit sanfter Stimme vor, so ernst, dass ich ihr nicht einmal böse sein kann. „Es sind nur noch drei Monate bis zum Weihnachtsball. Deine Eltern werden wahrscheinlich nicht begeistert sein, wenn du dort nicht mit ein paar Leuten tanzt."
Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts, denn meine Eltern werden mich mit stiller Nichtbeachtung strafen und allen, die es hören oder auch nicht hören wollen, erzählen, was für eine Enttäuschung ich doch bin. Dass sie einfach nicht verstehen können, was bei mir falsch gelaufen ist, weil ich in ihren Augen doch so gute Gene habe.

„Bevor ich mit Regulus auch nur noch eine weitere Tanzstunde nehme, friert die Hölle ein", stoße ich aus.

Dorcas stützt ihren Kopf auf den Händen auf, während sie mich nachdenklich mustert. „Gibt es nicht irgendwen anderes, den du fragen könntest? Einen von den Jungs?"

„James kann nur tanzen, wenn er sich vor mir zum Affen machen will", meint Lily trocken. „Den solltest du schon einmal nicht fragen."

Ihrer Stimme fehlt der typische Biss, wenn es um meinen besten Freund gibt, wie ich im Stillen mit Genugtuung feststelle. Überhaupt hat James sich in den letzten vier Wochen vorbildlich verhalten und ich habe letzte Woche gesehen, wie er wirklich ein normales Gespräch mit Lily geführt hat. Ich habe mich jedoch gehütet, dass Lily gegenüber auch nur zu erwähnen und lasse sie einfach still machen.

„Remus fällt auch raus, wenn ich daran denke, was er letztes Jahr betrunken im Drei Besen veranstaltet hat", seufze ich. „Und Black werde ich sicherlich auch nicht fragen, da ist selbst Regulus die bessere Option."

„Peter kann tanzen", meint Dorcas.

Ich sehe sie überrascht an. „Wirklich?"

„Wirklich. Er hat vor ein paar Jahren mal Tanzstunden genommen und seitdem so einen Spaß daran gehabt, dass er jede Ferien in eine Tanzschule geht."
„Das wäre gar keine schlechte Option." Ich beiße mir auf die Unterlippe. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich meine Eltern nicht lieber direkt enttäuschen sollte. Aber wenn ich doch noch ein bisschen Üben will, werde ich Peter fragen."

„Und bis dahin werden wir mit dir üben."

Dorcas schnappt sich meine Hand und wirbelt mich durchs Zimmer, schnell, beschwingt und so gar nicht auf die Art, wie meine Mutter es erwartet. Lily hüpft neben uns und zu Dritt machen wir unseren Schlafsaal unsicher, der eigentlich viel zu klein für jegliche Aktivitäten ist.

Diese Art von Tanz ist kein Abwägen, keine mathematische Herausforderung, kein Zählen von Schritten. Diese Art von Tanz ist das Leben selbst. Und deswegen liebe ich es, auch wenn ich Lily lachend auf die Füße trete und sie mir dafür einen Ellbogen in den Bauch haut, während Dorcas meine Haare ins Gesicht gewirbelt bekommt.

Irgendwann fallen wir völlig außer Atem, aber glücklich auf den Boden und starren an die Zimmerdecke.

„Wisst ihr, was ich jetzt brauche?", meint Dorcas. „Eine ganze Flasche Wasser."

Ich schnappe immer noch nach Luft. „Am besten einen ganzen Kübel."

Lily zieht uns kurzerhand aus dem Schlafsaal, wie immer eine Frau der Tat und wir folgen ihr bereitwillig. Die Wendeltreppe kommt mir heute ein bisschen länger vor, wie immer, wenn ich vom Quidditch-Training komme oder eine Tanzrunde mit den Mädchen hinter mir habe. Aber letztendlich erreichen wir doch den Gemeinschaftssaal, der besonders gut besucht ist. Es ist Freitagabend und es scheint, als würde halb Gryffindor die Chance suchen, einfach die Hausaufgaben mal links liegen zu lassen.

Wir quetschen uns an einem Rudel Zweitklässler vorbei, dass den Abend mit einem Zauberschach-Turnier gestaltet, wobei Dorcas es nicht lassen kann, ihrem Cousin Darwin – einem besonders entzückendem Jungen, der mich immer an meinen Bruder Alec erinnert – durch die Locken zu streifen. Er beschwert sich lautstark, um sich vor seinen Freunden nicht die Blöße zu geben, hat jedoch ein kleines, heimliches Lächeln auf dem Lächeln im Gesicht, als seine Cousine ihm zuzwinkert.

Am Ende des Gemeinschaftsraumes steht ein Tisch voller Süßigkeiten und Getränke, auf dem es alles gibt, was man sich wünschen kann. Ich kenne den Raum nicht anders, hat James die Hauselfen doch in unserem ersten Schuljahr mit Engelszungen überredet, hier stets ein kleines Buffet aufzufahren. Alle waren von Anfang an vollends begeistert. Zumindest alle bis auf Lily, die sich von Zeit zu Zeit darüber aufregt, wie viel Extraarbeit die Hauselfen deswegen schultern müssen.

Dennoch hat sie gerade absolut kein Problem, uns drei Wassergläser vom Buffet einzuschütten. Im Laufe der Jahre bin ich augenscheinlich nicht die Einzige, die sich an die Bequemlichkeit gewöhnt hat. Ich grinse leicht, hüte mich aber davor, dass auch nur auszusprechen, weil daraufhin ein Vortrag zu Rechten der Hauselfen folgen würde.

Mit großen Schlucken trinke ich das Glas aus und fülle mir direkt nach, weil ich das Gefühl habe, immer noch völlig ausgetrocknet zu sein.

Dorcas sieht sich im Gemeinschaftsraum um, ein Funkeln in ihren Augen, wie bei allen Dingen, die mit Spaß und Freude zu tun haben. „Was machen wir jetzt, um das Wochenende einzuleiten?"

„Ich wollte eigentlich gleich in die Bibliothek", meint Lily leise.

„Absolut nicht. Es ist Freitagabend." Ich stupse sie an. „Du kannst morgen noch in die Bibliothek, jetzt wird erst einmal gelebt."

Seufzend lehnt sie sich an die Wand neben des Buffets, einen Fuße ein wenig vor den anderen geschoben, die Schultern zum ersten Mal diese Woche völlig entspannt. Ich mag Lily Evans zu jeder möglichen Stunde, aber wenn sie so entspannt ist wie jetzt, bereit für ein bisschen Freude, die ihr Leben so dringend braucht neben konzentrierten Lernstunden, dann habe ich sie heimlich am liebsten. In Momenten wie diesen sprühen ihre Augen funken, ihre Wangen gerötet, bereit für alle Schandtaten, die man der Vertrauensschülerin gar nicht zutrauen würde. Diese Lily Evans bekommen nicht viele Personen zu sehen und ich bin unendlich froh darüber, dass ich sie zur Freundin habe.

„In Ordnung." Lily streicht sich eine rote Haarsträhne aus den Augen, dreht sie zwischen den Fingern, während ihr Blick aufmerksam durch den Raum wandert. „Woran habt ihr gedacht?"

„Wir könnten –"

Dorcas wird durch einen schrillen Pfiff unterbrochen, bei dem ich direkt weiß, zu wem er gehört. James hat die Gabe, deine Ohren einmal so richtig durchzupusten damit und ich hasse es, wenn er dies beim Quidditchtraining anwendet. Auch jetzt zucke ich kurz zusammen, ganz in der Erwartung, dass mich gleich die nächste Konditionsübung erwartet, bis ich mich daran erinnert, dass selbst mein bester Freund nicht wahnsinnig genug ist, um im Gemeinschaftsraum eine Trainingseinheit zu gestalten. Zumindest nicht nach dem letzten Mal, als er unbedingt trainieren wollte und es aufgrund des Schnees nicht auf dem Gelände ging. Die Klatscher hatte zwei Fenster zerstört und McGonagall hat uns so lange nachsitzen lassen, bis mir vom ganzen Schreiben drei Tage lang die Finger geschmerzt haben.

Ich strecke meinem besten Freund den Mittelfinger entgegen, mache mich jedoch bereitwillig mit meinen beiden Freundinnen auf den Weg zu den Jungs, die sich eines der besseren Sofaecken erobert haben. Remus und Peter thronen auf einer geblümten Couch, während Sirius und James das rote Samtsofa gegenüber eingenommen haben. Zwischen ihnen auf dem Tisch liegen ein paar Karten und der Spielausrichtung nach zu urteilen, liefern sie sich gerade eine Partie Snape explodiert.

James grinst mich an, als ich mich neben ihm auf die Sofalehne setze und schlingt mir einen Arm um die Taille. „Du bist meine Rettung, Mar. Wie sieht es aus, hast du Lust auf einen kleinen Ausflug nach Hogsmeade? Uns ist der Feuerwhiskey für die Party morgen ausgegangen."

Ich stupse ihm in die Wange. „Willst statt bei der Party morgen beim Nachsitzen sein?"

„Keine Sorge, ich werde uns ganz unversehrt nach Hogsmeade bringen und wieder zurück." Er wedelt theatralisch durch die Luft und deutet eine Verbeugung an. „Du hast mein Wort."

Meine Füße baumeln in der Luft, während ich mir die Idee durch den Kopf schießen lasse. Einerseits würde ich unheimlich gerne einmal dieses Schloss verlassen und meinen besten Freund dabei als Begleitung zu haben, lässt den Ausflug umso verlockender wirken. Andererseits habe ich diesen Monat bereits zwei Mal Nachsitzen gehabt und bin deswegen schon bei McGonagall in Verruf. Noch einmal darf es nicht passieren, denn sonst besteht die realistische Chance, dass sie meine Eltern benachrichtig und das wäre das Desaster des Jahres. Sie sind ohnehin schon schlecht gelaunt und ich traue es meinem Vater zu, kurzerhand in Hogwarts aufzuschlagen und mich nach Hause zu holen. Das siebte Jahr Ausbildung auf der Schule für Zauberei ist in seinen Augen ein Bonus, den er mir zugesteht und sollte ich mich nicht dementsprechend benehmen, wird er mir das Privileg schneller entziehen, als ich Quidditch sagen kann.

„Ich weiß nicht, Jamie."

Mein bester Freund bekommt Hilfe aus der wohl unwahrscheinlichsten Richtung.

„Du solltest gehen, Marlie", meint Lily und sieht mich lächelnd an. „Was ist das Leben ohne ein bisschen Risiko, oder?"
James starrt sie an. „Wer bist du und was hast du mit Lily Evans gemacht?"

„Du hast doch überhaupt keine Ahnung, wer Lily Evans überhaupt ist", kontert sie und bedeutet ihm dann, ihr seinen Platz zu überlassen. „Gib mir deine Karten, James. Ich spiel die Partie für dich zu Ende, während du Marlene entführst."

Mein bester Freund starrt sie immer noch an, die Augen aufgerissen, und zum ersten Mal in Lilys Gegenwart erlebe ich ihn wirklich sprachlos. „Ich...Ja. Versau es nicht, Lily. Ich habe gerade einen Lauf."

Er drückt Lily die Karten in die Hand, wobei sich ihre Finger ein wenig länger streifen als unbedingt nötig und zieht mich dann aus dem Gemeinschaftsraum, während ich lachend protestiere. Den wahren Widerstand habe ich jedoch längst aufgegeben, zu verlockend ist diese Mission.

„Marlene McKinnon." James richtet sich auf und sieht mich mit feierlichem Ausdruck an, während er ein Stück Papier aus seinem Umhang zieht. „Kannst du ein Geheimnis bewahren?"

Ich schnappe danach und bin erfolgreich, auch wenn er seine Hand zurückzieht.

„Du bist nicht umsonst Sucher geworden", kommentiert er seufzend, jedoch mit einer ordentlichen Portion Stolz in den Augen.

Es trifft mich so unerwartet, so unvorbereitet, dass ich schlucken muss. Jedes Mal wenn solche Worte über seine Lippen fließen, immer wenn über Stolz und Liebe im Hause Potter gesprochen wird, fühle ich mich ein wenig unwohl, während ich mich insgeheim nach dem nächsten Mal sehne. Anerkennung ist ein Fremdwort in meinem eigenen Elternhaus und ich inhaliere sie von anderen, als bräuchte ich es, um lebendig zu bleiben.

„Das ist einfach nur ein Stück Pergament", meine ich stirnrunzelnd, nachdem ich das Papier einer Musterung unterzogen habe.

Ein freches Grinsen legt sich auf James Lippen. „Es kommt immer auf die Sichtweise an."

Mit gezücktem Zauberstab deutet er auf den Zettel und räuspert sich lautstark, wobei ich das starke Gefühl habe, dass dies nur der Vorführung dient. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut."

Ich muss ihm zu Gute halten, dass sich der Spannungsaufbau lohnt, denn ich sehe ungläubig dabei zu, wie sich das Pergament langsam mit Farbe füllt.

Die hochwohlgeborenen Herren Moony, Wormtail, Padfoot und Prongs präsentieren stolz die Karte des Rumtreibers.

„Das ist Wahnsinn", wispere ich, während ich dabei zusehe, wie das gesamte Schloss abgebildet wird, samt unzähliger Personen. Neugierig sehe ich dabei zu, wie McGonagal und Gibbs sich in ihrem Büro befinden, wahrscheinlich bei einer Partie Schach, wie sie es gerne an den Wochenenden tun und Professor Dumbledore in seinem Büro im Kreis tigert.

James folgt meinem Blick. „Das tut Dumbledore andauernd. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wahrscheinlich braucht er das zum Nachdenken. Neulich hat Sirius ihn dabei erwischt, wie er um vier Uhr morgens noch durch das Büro gestapft ist, als würde der Mann nie schlafen."

Ich frage nicht nach, warum Sirius um vier Uhr noch wach gewesen ist, denn ich kann mir meinen Teil dazu schon denken. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind irgendeine Hexe und ein unerlaubter Ausflug in ein Klassenzimmer Teil der Erklärung, weswegen ich Einzelheiten gar nicht erst wissen will.

„Dann lass uns losgehen, bevor Dumbledore uns noch hier erwischt", schlage ich vor.

James sieht mich pikiert an. „Ich bin noch nie erwischt worden, wenn ich mir der Karte unterwegs bin."
„Warum hast du dann letzte Woche Nachsitzen bekommen, weil du nachts unterwegs warst?"
„Weil wir nur eine Karte haben. Manchmal muss man das Risiko also ein bisschen herausfordern."

„Könnt ihr nicht einfach ein paar weitere machen?", frage ich, während wir uns auf den Weg machen.

Er fährt sich durch die Haare. „Wir haben es probiert. Aber irgendwie... nun, irgendwie war beim ersten Mal wohl eine Portion Glück dabei, denn wir bekommen es kein weiteres Mal hin."

„James Potter gibt eine Niederlage zu." Ich lache leicht. „Dass ich das noch einmal erleben darf."

„Gewöhn dich lieber nicht daran, Marlie."

Wir lassen die fette Dame hinter uns, doch als ich gerade die Treppe nach unten nehmen will, schüttelt James den Kopf und zieht mich ein Stockwerk höher, bis wir zwischen zwei Rüstungen stehen bleiben. Wenn mich nicht alles täuscht, hat sich eine von ihnen eindeutig ein wenig in unsere Richtung gedreht.

James tippt der rechten Statue auf den Brustpanzer und das Gemälde daneben klappt nach oben hoch. Ich folge ihm durch die Lücke, bevor er das Gemälde wieder in seine ursprüngliche Position hindurchbringt. Völlige Schwärze umfängt mich, aber ich fürchte mich schon lange nicht mehr vr der Dunkelheit. Dennoch zücke ich meinen Zauberstab.

„Lumus."

James tut es mir gleich und dann sind wir auch schon auf dem Weg den steinernen Gang entlang, dem jegliche Hitzequelle fehlt. Ich fröstele ein wenig und ziehe meinen Umhang enger.

„Wie haben deine Eltern reagiert, als sie erfahren haben, dass Alec nicht in Slytherin ist?", fragt mein bester Freund nach einer Weile, in der wir einfach einstimmig geschwiegen haben.

Ich bin froh darüber, dass mein Gesicht in Schatten verhüllt ist, denn das ist kein Thema, was ich in der Wirklichkeit besprechen kann. Doch hier sind wir so abseits vom Leben, abseits der Realität, dass es mir einfacher fällt, die Worte fliegen zu lassen.

„Sie waren nicht gerade begeistert, aber..."

„Aber?", hakt er nach, als ich die Stille als Freund begrüße.

„Aber es könnte schlimmer sein." Ich zucke mit den Achseln, auch wenn er nur meine Umrisse sehen kann. „Sieh dir die Lestranges, die Blacks, die Goyles dieser Welt an. Meine Eltern sind keine Vorzeigeeltern, aber es geht immer noch furchtbarer. Alles, was sie getan haben, ist Alec einen bösen Brief schreiben. Und mir natürlich, weil ich ihn natürlich angestiftet habe in ihren Augen."

James Schritte ertönen dröhnend neben meinem, als könnten sie den Ernst der Unterhaltung spüren und müssten sich mit aller Kraft in der Wirklichkeit verankern. „Marlie? Wenn es zum Krieg kommt, was meinst du, wie sich deine Eltern entscheiden werden?"

Ich schlucke, die Fingerspitzen verzweifelt um meinen Zauberstab geklammert. Der Gedanke ist mir in den letzten Wochen immer öfter gekommen und egal wie sehr ich ihn auch in meinem Kopf wirbeln lasse, die Wahrheit ist nicht greifbar.

„Ich habe absolut keine Ahnung", flüstere ich, so leise und gleichzeitig doch nicht versteckbar in der Stille dieses Gangs. „Das macht mir am meisten Angst, Jamie. Was ist, wenn sie sich für die falsche Seite entscheiden? Ich weiß nicht, wie ich dann damit umgehen soll. Was ist, wenn ich letztendlich gegen sie kämpfen muss? Ich weiß nicht, ob ich das kann oder ob ich dann einfach aufgeben werde. Macht mich das zu einem Ungeheuer?"

„Nein", murmelt James und legt mir einen Arm um die Schulter. „Es macht dich menschlich."

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