Smaragdgrüne Augen

Triggerwarnungen für dieses Kapitel: Blut

Jisungs Pov:

Doch als ich gerade einmal noch drei Meter von ihnen entfernt war, ertönte ein unheilvolles Knacken und der Boden unter meinen Füßen erbebte.


Fuck!

Panisch verharrte ich eine Sekunde lang, dann sprintete ich los. Ich wusste, dass es nahezu zwecklos war, doch ich tat es. An meine Ohren drang das unangenehme Schaben von Metall auf Stein und verzweifelt beschleunigte ich meinen Lauf noch einmal. Gerade als ich zum rettenden Sprung auf die nächste Bodenplatte ansetzte, zog sich ein brennender Schmerz durch meine rechte Wade und ich schrie auf, dennoch sprang ich und landete hart direkt vor den beiden Katzenstatuen.

Für einen Moment blieb ich liegen, atmete hektisch ein und aus und bemühte mich, den entstandenen Schaden zu ermitteln. Meine Knie taten schrecklich weh, da sie beim Aufprall über den Stein geschrammt waren. Ebenso malträtiert sahen meine Handflächen aus, die mit Schürfwunden und Kratzern übersäht waren, als ich sie zu mir drehte. Als ich mich aufsetzte, erinnerte mich mein rechtes Bein an die unsanfte Begegnung mit der Falle, indem warme Flüssigkeit über meinen Unterschenkel lief.

In exakt diesem Moment hörte ich Yeosang schreien. „Jisung! Verdammt, antworte mir! Geht es dir gut?!" Seine Stimme klang schrecklich besorgt und so schnell es ging, richtete ich mich auf und ignorierte den Schmerz.

„Alles okay, Yeosang. Ich lebe noch", versuchte ich halb im Spaß zu sagen und stand dann mit wackeligen Knien auf. Dabei fiel mein Blick auf meinen linken Arm und ich verzog missmutig das Gesicht, als ich eine weitere, tiefe Fleischwunde bemerkte, die sich längs über meinen Unterarm zog.

Erst jetzt drehte ich mich um und blickte auf den Gang hinter mir. Nun erkannte ich, was meine Wunden verursacht hatte. Ein Wall aus dicht aufgereihten Lanzen ragte beinahe senkrecht nach oben und knapp dahinter folgten zwei weitere Reihen, die ähnlich aufgebaut waren. Direkt vor meinen Augen stak eine Lanze mit Bronzespitze, von der noch ein wenig von meinem Blut herabtropfte und ich betrachtete die dunklen Punkte auf dem steinernen Untergrund mit immer noch wild klopfendem Herzen.

Vermutlich sollte ich von Glück reden, dass ich nicht tot war oder aufgespießt auf diesen Speeren langsam verblutete.

Ich hörte, wie Yeosang einige der Speerschäfte abbrach, da diese lediglich aus Holz bestanden. Er bemühte sich, einen Durchgang zu mir zu schaffen und ich überlegte nicht lange, sondern tat dasselbe auf meiner Seite. Vorsichtig packte ich das Holz und spannte meine Muskeln an, um den Schaft auf etwa der Hälfte der Höhe abzubrechen.

Schließlich war der Durchbruch breit genug, sodass Yeosang zu mir gelangen konnte.

„Scheiße... du blutest ja", meinte er aufgewühlt und dirigierte mich zu den wenigen Stufen, direkt zwischen den zwei Katzenstatuen. „Besser ich reinige das gleich... ich glaube, ich habe noch einen Verband und etwas von diesem Wundkleber dabei, das ist die perfekte Gelegenheit ihn zu testen." Fast schon fachmännisch desinfizierte er zunächst beide Wunden, was leider höllisch wehtat und mir die Tränen in die Augen trieb, doch der folgende Prozess war fast noch schmerzhafter. Er zog die gereinigten Wundränder etwas auseinander, träufelte den Gewebekleber darauf und presste die Haut dann sanft zusammen. Das war wirklich unangenehm und ich wäre am liebsten zurückgezuckt, doch ich unterdrückte es erfolgreich.

„In zwei Minuten sollte es soweit getrocknet sein, dass du dich wieder bewegen kannst, aber bitte vorsichtig", mahnte er mich mit Fürsorge in der Stimme, nachdem er die Prozedur bei meinem Bein wiederholt hatte. Mein Kumpel erhob sich, kramte in seinem Rucksack nach dem Verbandsmaterial und wickelte einen Teil um meinen Arm und den Rest um mein Bein. Es kam ab und an vor, dass man sich während der Ausgrabungen verletzte und für solche Fälle hatten wir immer zumindest einen Verband dabei. Yeosang seufzte und wuschelte mir kurz durch das dunkelbraune Haar, als ich ihn dankbar anlächelte. „Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein, hast du mich verstanden?"

Ich nickte gehorsam und blickte hinauf zu den beiden Katzenstatuen. Sie so aus der Nähe zu betrachten, war wirklich eine Augenweide. Sie waren aus dunklem Granit gefertigt und sogar abgeschliffen worden, sodass sie glänzten, als würde tatsächlich Licht auf ein geputztes Katzenfell treffen. Doch das Beeindruckendste waren die Augen der Statuen: In goldenen Einfassungen saßen dunkelgrüne Smaragde, die die Pupillen darstellen sollten.

„Also dieser Typ muss echt reich gewesen sein. Der hat sogar seinen Miezen ein paar funkelnde Äuglein verpasst." Meinte ich gut gelaunt und rappelte mich auf, dabei achtete ich darauf, meinen Arm kaum zu beanspruchen und tätschelte anschließend einer der Katzen den Kopf. Yeosang schüttelte amüsiert den Kopf und sah mich mit einem so-gehst-du-also-mit-ausgestandener-Todesangst-um-Blick an.

„Ach komm, war doch halb so wild. Ich hab es ja überlebt", flötete ich ein wenig zu euphorisch für den eben erst überstandenen Schockmoment und winkte ab, als mein Freund auf meinen Arm deutete und meinte, dass das ganz sicher nicht Nichts sei.

„Machen wir uns lieber daran, in die Grabkammer zu gelangen", versuchte ich von dem unschönen Erlebnis abzulenken und betrachtete ein wenig ratlos die massiv wirkende Wand aus Kalkstein vor mir. Ich trat näher und untersuchte den Stein ganz genau. Dabei achtete ich erneut auf Lücken oder unnatürliche Vertiefungen im Gestein oder gar einen Griff oder irgendetwas, aber da war nichts, absolut nichts.

Frustriert und gehetzt durch die wenige, verbleibende Zeit, starrte ich auf den versperrten Durchgang.

Ich bin so weit gekommen und habe mir sogar eine Verletzung zugezogen, nur um jetzt von einer verschlossenen Tür gestoppt zu werden? Niemals!

Nochmal ließ ich meine Finger den Stein absuchen und stieß auf drei kleine, fast schon unscheinbare Vertiefungen, die gerade einmal so groß waren wie meine Fingerkuppen. Verwirrt legte ich den Kopf schief und sah mich nach weiteren Vertiefungen dieser Art um, aber nein, da waren nur diese drei.

Wenn ich mich ein Stück herabbeugte, waren sie auf Augenhöhe, allerdings konnte man nicht hindurchsehen oder etwas hineinschieben. Resigniert richtete ich mich auf und sah hinab auf meinen bandagierten Arm und verlagerte mein Gewicht von einem Bein aufs andere.

Vielleicht sollten wir die Suche für heute ruhen lassen. Bevor wir in Erklärungsnöte kommen, sind wir besser dran, morgen in einem unbeobachteten Augenblick nochmal herzukommen. Außerdem wird der Rückweg mit meinen Verletzungen länger dauern und deutlich kräftezehrender werden. Immerhin haben wir Fortschritte gemacht und so viele neue Sachen herausgefunden, die noch keiner außer uns weiß.

Also wandte ich mich zu Yeosang um. „Wir sollten für heute umkehren. Ich weiß nicht weiter und-"

„Scheue dich nicht vor dem starren Blick der Bastet", rezitierte mein Kumpel die betreffende Zeile, während ich im Vorbeigehen das Köpfchen der rechten Katze streichelte. „Wir müssen uns die Augen genau ansehen, Jisung." Überrascht hielt ich in der Bewegung inne, drehte mich zu der Katze, die ich gerade noch berührt hatte und sah schlussendlich zurück zur Wand.

„Gott... bin ich blöd", murmelte ich und winkte meinen Begleiter zu mir. „Hilf mir mal." Ich stellte mich direkt neben die Statue und stemmte mich gegen sie, bis sie sich auf ihrem Steinsockel nach rechts drehte, sodass sie nun die Wand anstarrte. Den gleichen Prozess wiederholten wir bei der anderen Katzenstatue und dann prüfte ich, ob sie ungefähr in dem Winkel standen, um auf die Vertiefungen der Wand zu blicken. Dabei sollten die beiden inneren Augen gemeinsam auf die mittlere Vertiefung sehen.

Nichts geschah, als die beiden Granitstatuen richtig ausgerichtet waren und ich zweifelte bereits an meiner spontanen Eingebung, als Yeosang der linken Katze seine Taschenlampe vor die Augen hielt und diese erst in einem matten, dann immer satteren Grün leuchteten und schließlich das Licht reflektierten und zur Wand zurückwarfen. Ohne zu zögern tat ich das Gleiche mit meiner Lampe und sah gespannt dabei zu, wie auch die zweite Katze ihre wunderschönen Smaragdaugen dazu nutzte, um die kleinen Vertiefungen mit den grünlichen Lichtstrahlen zu treffen.

Und dann ertönte das fast schon schönste Geräusch, das ich je vernommen hatte. Ein lautes Knacken war zu hören und die Steinplatte kippte nach hinten und gab den Durchgang mit einem dumpfen Aufprall frei.

Den Durchgang in die Grabkammer eines Pharaos.

Mit einem Jubelschrei richtete ich mich wieder auf und hetzte ungeachtet meiner Verletzungen in den folgenden Raum und drehte mich dort einmal um mich selbst. In diesem kurzen Augenblick schien tatsächlich die Zeit langsamer zu vergehen und die Pracht des Grabmals überwältigte mich nahezu.

Die bunt bemalte Decke wurde von hohen Säulen gestützt, die Opfergaben waren zahlreich und säuberlich an den Wänden aufgereiht. Dazwischen standen kleine Altare, angefüllt mit Schmuckstücken aus Gold, Silber und Edelsteinen. Die Wände waren ebenso kunstvoll bearbeitet, teilweise mit Hieroglyphen versehen oder mit Reliefdarstellungen geschmückt, doch am beeindruckendsten war der hohe quaderförmige Block aus Kalkstein in der Mitte der Grabkammer. Er war so hoch, dass man nicht sehen konnte, was sich auf ihm befand und dennoch war die Decke der Kammer hoch genug, um aufrecht auf diesem Quader stehen zu können. Es wirkte so, als sei er aus dem ursprünglichen Gestein gehauen und extra als eine Art Erhöhung für den Sarkophag, der hoffentlich auf dem Block stand, gedacht.

Yeosang kam nach mir in den Raum gestürmt und stand jetzt ebenso staunend neben mir. Dann fielen wir einander in die Arme und ein befreites Lachen kam über meine Lippen. „Wir sind wirklich die Ersten, die all das hier sehen dürfen", jauchzte ich und spürte eine bisher unbekannte Erleichterung über diese Tatsache.

Wir haben es tatsächlich geschafft.

Als Yeosang und ich uns endlich ein wenig von unserem sensationellen Fund erholt hatten, stellten wir unsere Rucksäcke neben dem Eingang ab, um uns frei in der Grabkammer umsehen zu können. Wir betrachteten zunächst den Schmuck und die wertvollen Grabbeigaben. Das meiste war unglaublich gut erhalten, sehr hochwertig verarbeitet und fast schon exorbitant prunkvoll – vor allem für die damalige Verhältnisse.

Auch die vielen Hieroglyphen waren so interessant, dass ich einige Bruchstücke übersetzte. Dabei verwirrte mich ein Fakt ganz besonders. Nirgendwo war der Name des Verstorbenen erwähnt und auch die Verwandtschaftsverhältnisse wurden nicht sofort klar. Gut, in Königsgräbern fand man die Kartuschen mit den Namen und Titeln des Herrschers häufig in einem Schacht über der Grabkammer oder direkt im Sarkophag.

Und ein weiteres Detail weckte meine Neugier. Viele der Zeichnungen zeigten zwei Männer, die Seite an Seite standen. Der eine war etwas kleiner, aber dennoch nobel und überaus erhaben dargestellt, der Größere hingegen trug die Pharaonenkrone und dem Krummstab, die Symbole seiner Macht. Ihm sah man sofort an, dass er der Herrscher war, doch der Kleinere neben ihm, schien ebenfalls eine bedeutende Rolle zu spielen.

Dann fiel mir etwas ein, dass diese Darstellung erklären könnte. Es wäre möglich, dass es sich bei dem kleineren Mann um den jüngeren Bruder des Pharao handelte. Derjenige, der später über Ägypten herrschte und deshalb auf diesen Zeichnungen noch nicht als König dargestellt wurde.

War das also das Grab seines Bruders? Das wäre wirklich die Sensation schlechthin. Denn zu diesem Pharao hatte es nie viele Hinweise auf seinen Verbleib gegeben, keinen Vermerk, wo sich sein Grab im Tal der Könige befand. Einige Forscher hatten sogar gemutmaßt, dass er für seine grausamen Taten selbst aus der Stadt der Toten verbannt worden war und dass ihm nicht einmal ein eigenes Grabmal hier zuteil geworden war.

Aber das wäre mit diesem Fund ein für alle Mal widerlegt.

Gerade als ich weiter die Abbildungen analysieren wollte, lachte Yeosang vergnügt auf. „Guck mal Sungie. Hier auf dem Tisch." Er winkte mich zu sich und deutete auf ein paar geschnitzte Elfenbeinfiguren. Es gab einen kleinen Wüstenfuchs mit großen Öhrchen und geschlossenen Augen, sowie ein weiteres Tierchen, das einer Katze recht ähnlich sah, allerdings einen sehr puscheligen Schweif besaß.

Auch ich bestaunte für einen Moment die Schnitzereien und drehte mich dann zu dem hohen Quader um, auf dem hoffentlich das zu finden war, was wir uns erhofften.

Den Sarkophag eines Pharao.


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Hello meine Lieben,

heute kommt leider nur ein Kapitel und am Sonntag vermutlich auch, wenn ich es überhaupt bis dahin schaffe, ein weiteres Kapitel zu korrigieren. Seht es mir einfach nach, wenn ihr heute viele Rechtschreibfehler gefunden habt, aber meine Konzentration in einem Haus voller schreiender Kinder und aufmerksamkeitsbedürftiger Erwachsener geht gegen Null. Mein Weihnachtsfest war dementsprechend auch eher anstrengend statt entspannend und zu meiner unbändigen Freude bleiben meine Verwandten sogar über Silvester... Ich hoffe, bei euch war es ruhiger und friedlicher über die Feiertage und ihr habt tolle Geschenke bekommen. 

PS: An diejenigen von euch, die auch meine Oddinary Oneshots lesen, ich lade erst nächste Woche das Kapitel hoch aus den oben genannten Gründen. 

I love you Stay. 

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