Erfreuliche Nachrichten
Jisungs Pov:
„Jisung?!" Yeji rüttelte mich sanft an der Schulter wach und lächelte mich an. „Die Boote legen gleich an Land an. Wir sind bald zurück im Palast", informierte sie mich und strich sich eine vorwitzige Haarsträhne zurück hinters Ohr.
Noch etwas schlaftrunken setzte ich mich auf und sah mich auf dem Deck der königlichen Barke um. Es wurden bereits Vorkehrungen für das Anlegen getroffen und ich war wohl der Einzige, der die Ankunft in Theben beinahe verschlafen hätte. Allerdings hatte ich während unserer Heimreise, die länger gedauert hatte als erwartet, auch nicht viel zu tun. Statt wie auf dem Weg nach Memphis nur drei Tage unterwegs zu sein, hatten wir diesmal fast eine ganze Woche auf dem Boot zugebracht. Da wir gegen die Strömung fahren mussten und uns der trockene Wüstenwind nicht wirklich geholfen hatte, waren aus den eingeplanten fünf Tagen eben sieben geworden.
Mitunter war die Reise auf dem Wasser trotzdem interessant gewesen und ich konnte am Ufer des Nils die angelegten Felder, die arbeitenden Bauern oder kleinere Siedlungen erkennen, aber größtenteils erblickte ich nur den breiten Grünstreifen mit den großen Palmen und dahinter die weite Wüste, die irgendwann mit dem Horizont eins wurde. Aber die teilweise so ermüdend gleichförmige Tagesbeschäftigung hatte auch ein Gutes: Ich schonte meine Verletzung und konnte deutliche Verbesserungen bezüglich meiner Schmerzempfindlichkeit und der Beweglichkeit meines Rückens feststellen. Minhos Leibarzt hatte noch zweimal nach der Wunde gesehen, frische Tinkturen aufgetragen und daraufhin einen neuen Verband angelegt.
Nach dem gestrigen Tauschen des Verbandes hatte der Heiler eine vorsichtige Prognose gewagt und mir mitgeteilt, dass er glaube, es würde nur eine schmale, kaum sichtbare Narbe zurückbleiben. Dies stimmte mich hoffnungsvoll und dementsprechend gut war auch meine Laune.
Und als ich jetzt von Yeji hörte, dass wir bald zurück in Theben waren, konnte ich ein kleines Lächeln nicht mehr unterdrücken.
„Cool, dann kann ich endlich wieder im Garten spazieren gehen und muss nicht immer zwischen Bug und Heck hin und her laufen", freute ich mich und registrierte den verwunderten Gesichtsausdruck von Yeji gar nicht. Allerdings lächelte sie gleich darauf wieder vergnügt und nickte zustimmend.
„Du hast Recht. Es ist viel angenehmer, in den Palastgärten eine ausgiebige Runde zu gehen, statt nur diese wenigen Schritte."
------
Die Ankunft im Palast war im Gegensatz zu unserem Aufbruch um einiges lebhafter. Die Bediensteten warteten schon hinter dem großen Haupttor auf uns, versorgten alle umgehend mit Getränken und machten sich sogleich daran, unsere Habseligkeiten zurück an ihre angestammten Plätze zu tragen oder sogleich zu waschen. Mich überwältigte dieser ganze Trubel jedes Mal ein bisschen – auch bei der Ankunft an Ani Hameds Anwesen war der Empfang ähnlich gewesen.
Verstohlen sah ich mich nach Minho um und konnte ihn etwas weiter vorn zwischen Felix und einem seiner Leibwächter entdecken. Ich folgte ihm und den anderen nun also in die Eingangshalle und erkannte, dass Minho ebenfalls etwas erschöpft von der Reise zu sein schien. Er sprach nur in knappen Worten mit einem seiner Berater und auch die nächsten Befehle an die Leibwache umfassten nur das Allernötigste.
Aber bevor sich die kleine Gesellschaft auflösen konnte, eilte ein gut gekleideter Mann auf Minho zu, warf sich vor ihm auf den Boden und verkündete dann mit lauter Stimme: „Eure Majestät, ich darf euch mitteilen, dass ich vor wenigen Stunden einen Boten eures Bruders gesprochen habe."
Mit dieser Aussage hatte er die Aufmerksamkeit aller im Raum und auch Minho schenkte dem Mann seine ganze Aufmerksamkeit. „Sprecht, welche Neuigkeiten gibt es von meinem Bruder?"
„Euer edler Bruder lässt euch von seiner Rückkehr nach Theben unterrichten. Er hat erfreuliche Neuigkeiten für euch, Majestät."
Ich beobachtete, wie Minhos Haltung sich entspannte, da er wohl mit einer weniger positiven Mitteilung gerechnet hatte.
Vielleicht hat er gedacht, sein Bruder sei verletzt oder erkrankt.
„Nun, und welche erfreulichen Neuigkeiten sind das?", fragte Minho nun direkt nach, da er sich wohl sicher war, dass der Bote seinem Berater darüber ebenfalls Auskunft gegeben hatte.
Dieser ließ sich erneut zu Boden sinken und drückte dann die Stirn fest auf den kühlen Marmor. „Eure Majestät, die Truppen, die ihr nach Nubien gesandt habt, waren siegreich. Das Land gehört euch, oh allmächtiger Pharao."
Etwas überfordert blickte ich zwischen Minho und dem unterwürfigen Mann hin und her, der gerade diese große Siegesbotschaft verkündet hatte.
Nubien ist erobert. Das bedeutet, es passiert so, wie es auch die Geschichtsschreibung überliefert. Aber wie viel Zeit bleibt mir dann noch?
Ich warf Minho einen Blick zu, der sichtlich zufrieden schien.
Und wie lange bleibt ihm noch?
Meine tristen Gedanken verflüchtigten sich jedoch schnell, als sich Minho nun zu uns umwandte und dann sprach; „Diese wunderbare Nachricht sollten wir mit einem prachtvollen Fest feiern. Zu Ehren der Rückkehr meines Bruders und unserem Sieg über Nubien werden wir einen Tag voller Freude und Jubel verbringen." Kurz streifte mich Minhos Blick, und seine braunen Augen lagen kurz ergründend auf mir, so als wolle er sich versichern, dass es mir gutging. Zunächst verstand ich nicht einmal wieso, bis mir wieder einfiel, dass jeder hier glaubte, ich sei aus Nubien vor dem Krieg geflohen und meine Heimat wäre jetzt unter ägyptischer Herrschaft.
Ich entschied mich, Minho nur flüchtig anzusehen, und hoffte, dass ich nun nicht wieder im Fokus der Aufmerksamkeit stehen würde.
„Wann wird mein Bruder voraussichtlich hier eintreffen", hörte ich Minho dann fragen und ich lauschte ebenso interessiert der Antwort.
„Euer Bruder und der Kommandant eurer Truppen werden in etwa einer Woche in Theben ankommen. Sie sind vor wenigen Tagen aus Naqa aufgebrochen. Mögen die Götter sie auf ihrer Reise behüten."
Minho neigte den Kopf. „Das werden Sie." Er drehte sich zu dem Berater neben ihm um und wies ihn an: „Und ihr werdet für heute Nachmittag eine Sitzung meiner Berater einberufen, um das Fest zu planen und auch die Vorbereitungen für die Nilzeremonie abzuschließen." Mit diesen Worten entließ er seine Ratgeber und schließlich auch uns, sodass wir zu unseren Räumlichkeiten zurückkehren konnten.
------
„Jisung, möchtest du mit mir ein Bad nehmen? Ich kann dir gern helfen, wenn deine Wunde noch schmerzt oder du beim Waschen Hilfe brauchst." Seungmin lief dicht neben mir und musterte mich gründlich, so als würde er abwägen, ob es mir gut ging.
Sicher macht er sich auch Sorgen um mich, weil er denkt, die Nachricht von gerade eben würde mich aufwühlen.
Eigentlich wollte ich nach der langen Bootsfahrt und der unzureichenden Bewegung am liebsten in die Palastgärten, aber bei genauem Nachdenken erschien mir ein erfrischendes Bad ebenso wichtig. Zwar hatten wir uns selbst auf dem Boot mindestens einmal am Tag gewaschen, aber die Aussicht auf erwärmtes Badewasser, duftendes Öl und Entspannung ließ mich rasch zusagen. „Ich komme gern mit, aber ich denke, ich schaffe das schon allein."
Ein leises Seufzen kam von Seungmin. „Du weißt doch, Jisung. Wir sind hier für einander da. Du musst nicht alles allein schaffen. Und wenn du jemanden brauchst, der dir zuhört und dir hilft, dann sind die anderen und ich da."
Er hat Recht. Ich sollte mich nicht wieder zurückziehen.
Nun war es wohl an mir, meine Worte zu präzisieren. Natürlich wusste ich, dass Seungmin es gut meinte und er mich entlasten wollte. Dennoch war es für mich schwierig, Hilfe von anderen zu akzeptieren. Ich war in einem Zeitalter, das mir so rau und ungebändigt vorkam. Jeder Fehler konnte schlimme Folgen haben. Außerdem fiel es mir hier noch schwerer, den Menschen zu vertrauen oder generell anderen zu glauben. Was sehr schade war, denn so verpasste ich auch die aufrichtigen und ehrlichen Hilfsangebote und Freundschaften, die ich möglicherweise schließen konnte. Erst jetzt verstand ich das richtig und mit entschuldigendem Blick sah ich Seungmin in die Augen.
„Du hast Recht, ich werde lernen, öfter um Hilfe zu bitten, wenn ich sie benötige." Sogleich hellte sich die Miene meines Gegenübers auf und ich setzte hinzu. „Gehen wir gleich zum Waschraum? Möglicherweise kannst du mich tatsächlich beim Haarewaschen unterstützen. Ich glaube, ich kann meine Hände noch nicht so lange über dem Kopf halten, ohne dass mein Rücken wieder schmerzt."
Ich erkannte die Erleichterung in Seungmins Augen, als ich ihm diesen Strohhalm an Vertrauen zuwarf. „Ja, wir gehen gleich dahin. Die Bediensteten habe ich vorhin schon gebeten, Wasser vorzubereiten."
Und so legten wir den Weg zum Waschraum angeregt erzählend zurück. Größtenteils sprachen wir über die Reise und über das Anwesen von Ani Hamed und welche Vorzüge der königliche Palast doch hatte. Dabei bemängelte Seungmin an Memphis vor allem die fehlende Möglichkeit, allen wichtigen Göttern zu huldigen. Er befand, dass die dort lebenden Menschen den alten Göttern zu wenig Bedeutung beimaßen und noch weniger opferten.
Mir war das zwar gleichgültig, dennoch lauschte ich seinen Worten aufmerksam und nickte einige Male, als würde ich ihm beipflichten.
Im Bad angekommen wurden wir von mehreren Bediensteten erwartet, die bereits für uns beide Wasser in zwei der großen Wannen gefüllt hatten und zu meiner Freude stiegen sogar kleine Dampfschwaden auf, die bestätigten, dass das Wasser angenehm warm sein würde.
„Ihr dürft euch zurückziehen", sagte Seungmin höflich an die Bediensteten gerichtet. Er wusste mittlerweile, dass ich es nicht mochte, wenn Diener beim Baden um mich herumliefen, und er akzeptierte das. Als die Tür hinter uns zufiel, tauchte Minnie eine Hand in das warme Wasser und summte zufrieden. Dann begann er sich auszuziehen und ließ sich anschließend in eine der Wannen sinken. Genüsslich schloss er die Augen und gab mir damit den Moment, den ich brauchte, um mich unbeobachtet entkleiden zu können. Zuvor hatte ich zwar mein Reisegewand abgelegt, aber bei dem Lendenschurz war ich doch etwas verhaltener. Nun streifte ich ihn rasch ab und stieg dann ebenso nackt ins erhitzte Wasser. Beim ersten Kontakt mit der verschorften Wunde zuckte ich ein wenig zusammen, aber es war weniger schlimm als erwartet.
Nach einigen Minuten lehnte ich mich ebenfalls entspannt zurück und döste vor mich hin. Erst als ich das Plätschern von Wasser hörte, fand ich aus meinem tranceähnlichen Zustand zurück und griff nach dem bereitstehenden Öl und dem Schwämmchen. Gewissenhaft rieb ich mein Gesicht, die Schultern und die Arme ab, dann auch meinen Bauch und die Beine, aber beim Rücken und den Haaren würde ich wohl wirklich Unterstützung benötigen. Kurz biss ich mir auf die Lippe, bevor ich in die angenehme Stille hineinfragte.
„Minnie? Kannst du mir beim Rücken und den Haaren helfen?"
Zustimmend summte Seungmin und ich hörte, wie er aus seiner Wanne stieg, um zu mir zu kommen.
„Rutschst du ein Stück nach vorn?", fragte er und ich tat dies rasch, bevor ich ihm das Lilienöl und auch das Schwämmchen übergab. In den nächsten Minuten rieb Minnie mit kreisenden Bewegungen das Öl ein und war dabei umsichtig genug, nie die Wunde zu berühren. Als er dann auch noch dazu überging, meine Haare zu waschen und die Kopfhaut zu massieren, konnte ich ein wohliges Seufzen nicht mehr ganz unterdrücken. Minnie kicherte und kämmte mit neuem Elan durch meine nassen Strähnen.
„Lass dich ruhig ein wenig verwöhnen, Jisung. Du hast es dir verdient."
Zutraulich schloss ich die Augen und tat genau das. Es fiel mir nicht mehr ganz so schwer, und nachdem ich noch einige Minuten in einem so komfortablen Zustand verbracht hatte, bedankte ich mich bei Seungmin, der daraufhin wieder in seine eigene Wanne stieg und sich selbst die Haare gründlich wusch.
„Wenn ich wieder gesund bin, werde ich diesen Gefallen erwidern", scherzte ich und Seungmin schnaubte erbost, bevor er tatsächlich sein Schwämmchen nach mir warf.
„Das war kein Gefallen, den du erwidern musst, Jisung. Ich habe das gern getan."
Ich lächelte nur still vor mich hin und lehnte mich wieder zurück, um das warme Wasser so lange wie möglich zu nutzen.
„Seungmin?"
„Mhm?"
„Wie ist Minhos Bruder eigentlich so?", fragte ich ruhig und schielte nur kurz hinüber zu meinem Gesprächspartner. Aber als dieser nicht einmal die Augen öffnete, um zu antworten, machte ich es mir auch wieder bequem.
„Jeongin ist sehr freundlich und hilfsbereit. Ich bin mir sicher, du wirst ihn mögen, wenn du ihn kennenlernst. Er steht Minho immer bei, unterstützt ihn und ist für unser Land und unseren Pharao ein wichtiger Helfer."
Ich zog die Stirn kraus und antwortete dann: „Und das macht er vollkommen uneigennützig? Ich meine, ist es nicht vielmehr üblich, dass sich nahe Verwandte um die Herrschaft streiten?"
Ein kurzes Plätschern war zu vernehmen, als sich Seungmin offenbar anders in der Wanne positionierte. „Das würde Jeongin niemals tun. Er hat keine Ambitionen, Minho den Thron zu entreißen. Die beiden verstehen sich gut und so wird es auch sicher bleiben."
Daraufhin erwiderte ich nichts mehr. Ich versank eher in meinen eigenen Überlegungen.
Wenn sich nichts am Verlauf der Zeit ändert und ich nichts durcheinanderbringe, wird Jeongin dennoch Pharao werden – ob er das nun will oder nicht.
-------
Hey ihr Lieben, heute kommt nur das eine Kapitel. Das zweite lade ich euch am Sonntag hoch. 💕
I love you all. ✨
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top