Eine plausible Erklärung?
Jisungs Pov:
„Mein Freund konnte meine Vermutung bestätigen und wir sind gemeinsam zu einem sicheren Urteil gelangt, was das Unwohlsein Eures Gemahls betrifft. Meine Glückwünsche, Eure Majestät, zu eurem Erben."
Wie vor den Kopf gestoßen stand ich da. Der Stoff, den ich gerade wieder richtig um meinen Körper hatte legen wollen, entglitt meinen Fingern und ein empörter Laut drang über meine Lippen. Jedoch fand er wenig Beachtung in dem folgenden Gespräch.
Minhos Haltung veränderte sich merklich und seine Augen weiteten sich, bevor er von seinem immer noch knienden Leibarzt zu mir blickte und kurz nach Atem rang, bevor er fragte. „Seid Ihr euch auch ganz sicher, Meister Horum?"
Der Mann zu seinen Füßen nickte eifrig. „Wir sind uns sicher, Majestät. Die von mir wahrgenommenen, unnatürlichen Geräusche des Herzens sind in Wirklichkeit die Laute des Kindes. Sie waren in Bauchnähe auch wesentlich stärker und eindeutiger von denen Eures Gemahls zu unterscheiden. Mein geschätzter Freund hat meinen Verdacht bestätigt. Er kennt sich in diesem medizinischen Bereich deutlich besser aus und hat schon einige Schwangerschaften begleitet."
Mit mehr Kraft, als es benötigt hätte, schnürte ich mein Gewand an der Seite zu und musste mich stark zusammenreißen, den sogenannten Meister seines Faches nicht direkt anzuschreien. Aber ich konnte momentan keine Szene machen, denn die beiden Ärzte durften nicht wissen, dass ich aus der Zukunft kam und deshalb mit Sicherheit wusste, dass ein Mann nicht schwanger werden konnte.
Allerdings wollte ich für Minhos Seelenfrieden unbedingt dieses absurde Missverständnis aufklären. Ihm musste doch klar sein, dass ich ihm keine Kinder schenken konnte. Und eigentlich sollte man sowas gar nicht erklären müssen.
Meine Hand schloss sich zur Faust. „Ihr müsst euch irren, Meister Horum." Und bevor ich es verhindern konnte, entschlüpfte mir ein: „Das ist nicht möglich."
Sowohl Minho als auch die beiden Mediziner blickten mich verwundert an, und dann löste sich Minho von seinem Platz neben einer der Säulen, lief zu mir und umfasste meine Hände, die ich beinahe widerwillig für ihn öffnete. Ich erkannte Freude und grenzenlose Erleichterung in seinen schimmernden Augen und das alles gepaart mit so viel Liebe, dass es mir beinahe leid tat, ihn enttäuschen zu müssen. Aber ich musste es nochmal deutlich aussprechen.
„Ich kann nicht schwanger sein, Minho."
Doch statt allmählichem Verständnis oder einer enttäuschten Miene sah ich, wie Minhos Blick noch sanfter wurde, bevor er über meine Wange streichelte.
„Ich verstehe, dass das sehr überraschend ist, Jisung. Ich kann es selbst noch nicht ganz glauben, aber ich bin zutiefst dankbar. Und wenn das die Erklärung für dein Unwohlsein ist, ist es die beste, die ich jemals gehört habe."
Mein Kiefer spannte sich an und ich war kurz davor, sogar Minho einmal kräftig zu schlagen, sodass er wieder klar denken konnte. Stattdessen tat ich etwas ähnlich Mutiges. Mit Schwung drehte ich mich zu den beiden Ärzten und befahl mit erschreckend gebieterischer Stimme. „Geht, dieses Gespräch betrifft nur seine Majestät, den Pharao, und mich. Hinaus!"
Ich deutete auf die Tür und blieb stumm, während die zwei Männer eilig ihre wenigen medizinischen Instrumente zusammenpackten, sich verneigten und dann zur Tür eilten. Grimmig sah ich den beiden Unglücksbringern nach und entspannte meine Haltung erst wieder, als sie aus meinem Sichtfeld verschwunden waren. Nun drehte ich mich erneut zu Minho um und erkannte in seiner Mimik Unverständnis und Verwirrung. Nun war ich derjenige, der zu ihm lief und seine Hände in meine nahm.
Ich sollte diesmal einfühlsamer mit ihm sprechen. Egal wie absurd diese Behauptung klingt, ich will Minho nicht mit meinen Worten verletzen. Es gibt andere plausible Erklärungen für die Symptome und dieser angebliche zweite Herzschlag ist vollkommener Unfug. Ich sollte selbst nachforschen, um Minho, wenn nötig, mit validen Argumenten zu überzeugen. Und bis dahin muss ich zumindest seine Vorfreude bremsen. Warum ausgerechnet jetzt, wo ich meine Zeit vielmehr darauf verwenden sollte, das Attentat auf ihn zu verhindern?
Zärtlich strich ich über seinen Handrücken und suchte seinen Blick. „Minho, das, was dein Leibarzt gesagt hat, ist unmöglich. Zwei Männer können keinen Nachwuchs miteinander haben. Denk doch mal nach. Ist dir je von einem solchen Fall berichtet worden?"
Logik und Vernunft waren mein erster Ansatz der Intervention, und tatsächlich sah es so aus, als würde Minho darüber nachdenken – allerdings kam er dabei zu einem anderen Ergebnis als ich.
„Nicht zu meiner Lebenszeit, nein. Aber eine Geschichte aus der zweiten Dynastie erzählt von der Geburt eines Jungen, der von zwei Männern abstammt und aufgezogen wurde. Und Ähnliches soll in der zehnten Dynastie geschehen sein. Wieso also hältst du es für unmöglich, Jisung?"
Ich seufzte laut und sah ihm dann wieder fest in die Augen.
Diese beiden Überlieferungen sind entweder vollkommener Schwachsinn oder sie verheimlichten einfach einen Teil der Wahrheit.
„Weißt du noch? Auch ich habe dich aufgrund von fehlenden und falschen Informationen für einen grausamen Mann gehalten. Alles nur, weil das überlieferte Wissen lückenhaft war und niemand außer dir und deinem Bruder die Wahrheit kannte. Diese Geschichten könnten ebenso unwahr sein. Außerdem habe ich in der Zukunft nie von einem Fall erfahren, in dem eine solche Vereinigung geglückt ist. Es ist wider die Natur, Minho. Wir zwei mögen füreinander bestimmt sein und sehr glücklich zusammenleben, aber dennoch kann ich dir durch meine Anatomie keine Kinder schenken."
In Minhos Kopf schienen die Synapsen auf Hochtouren Verknüpfungen herzustellen und noch eifriger mögliche Erklärungen zu suchen. Und schließlich blitzten seine Augen auf und ein überzeugter Ausdruck trat auf seine Gesichtszüge.
„Was ist, wenn es von den Göttern so vorgesehen ist? Ich bin ein Pharao, der göttliche Vertreter auf dieser Erde, und du weißt, ich habe lange nicht an meine Bestimmung geglaubt, da mein Lebensweg und die ständigen Machtdemonstrationen mir keinesfalls angenehm erschienen. Aber seit du hier bei mir bist und ich weiß, dass du nicht aus dieser Zeit stammst, habe ich wieder Hoffnung. Und egal, wie wenig ich den Göttern traue, so haben sie doch dafür gesorgt, dass wir uns finden und das unmöglich Geglaubte vollbringen."
Ich schüttelte abwehrend den Kopf und wollte schon protestieren, aber Minho sprach einfach weiter.
„Möglicherweise sind sie doch gerecht. Die Götter haben ein Leben genommen, um ein anderes zu geben. Sie schenken uns das Wunder, damit wir neuen Mut schöpfen." Seine dunklen Augen glänzten so voller Liebe und Zärtlichkeit und seine Hand legte sich fast schützend über meinen flachen Bauch. „Möglicherweise war es nie nur meine Bestimmung, sondern unsere. Die Bestätigung, dass es richtig war, um die Krone Ägyptens zu kämpfen, damit sie eines Tages an unser Kind übergehen kann."
Zu meiner grenzenlosen Verwirrung verstand ich seine Worte und die dahinterstehende Hoffnung. Ich konnte sie sogar irgendwie nachempfinden und gerade diese Tatsache machte mich jetzt umso wütender. Ich wollte den Mann, den ich liebte, nicht enttäuschen. Ich wollte in seinen Augen nicht die Ernüchterung und den Schmerz sehen müssen, wenn er verstand, dass ich die Wahrheit gesprochen hatte. Mit etwas mehr Nachdruck als gewollt zog ich seine Hand von seinem Bauch und trat einen Schritt zurück.
„Zum letzten Mal, Minho. Ich bin nicht schwanger. Ich kann es nicht sein. Bitte versteh das endlich."
Erst als ich in die geschockt geweiteten Augen sah, merkte ich, wie laut ich geworden war. Und nicht das erste Mal an diesem Morgen spiegelten sich Schmerz und Verzweiflung in Minhos Augen wider.
„Zuerst dachte ich, du hättest nur Angst vor der Verantwortung, die uns erwartet, und womöglich auch vor dem, was alles schiefgehen kann. Ich wollte dir beweisen, dass mich das ebenfalls beschäftigt, aber ich genauso bereit bin, das mit dir durchzustehen", wisperte der Pharao kaum hörbar und mein Herz krampfte sich bei seinen Worten ungewollt heftig zusammen.
Ich möchte ihn nicht verletzen. Ich wünschte, es wäre anders.
Dann holte Minho tief Luft. „Aber deine Reaktion lässt mich befürchten, dass da noch etwas anderes ist. Du willst keine Kinder, oder, Jisung?" Die sonst so strahlenden Augen meines Pharaos wurden matt, als er nur noch erstickt flüsterte. „Oder willst du sie nur nicht mit mir, weil du glaubst, dass ich doch sterben werde?"
Bei meinem nächsten Atemzug brannten nicht nur meine Lungen, sondern auch meine Augen. Dann liefen die ersten Tränen, während wir uns beide geschlagen und tief verletzt anstarrten.
Es tat unglaublich weh, dass Minho mich nicht verstehen wollte und sogar lieber glaubte, ich würde keine Kinder mit ihm haben wollen, als der Realität einer Unmöglichkeit ins Auge zu sehen. Aber ich musste diesmal auf meinem Standpunkt beharren. Deshalb atmete ich zittrig ein und schüttelte entschieden den Kopf.
„Ich liebe dich, Minho- mehr als sonst jemanden. Ich bin bereit, mein Leben für dich zu riskieren, und wenn ich es nur könnte, würde ich gern mit dir Kinder aufziehen. Für mein Verständnis bin ich dazu noch beinahe zu jung, aber in deiner Zeit ist es nicht unüblich, früh zu heiraten und Kinder zu bekommen. Und bei den Göttern, mit dir traue ich mir sogar das zu... Aber du musst verstehen, dass das nicht möglich ist. Und wenn du so über mich denkst und meine Einschätzung so wenig respektierst, ist es wohl besser, wenn ich jetzt gehe."
Momentan waren wir beide gebrochen und verwirrt und es gab nichts mehr zu sagen.
Mit wackeligen Beinen trat ich zur Tür, drehte mich nicht nochmal um, um nicht Gefahr zu laufen, einfach in Minhos Arme zu sinken und zu weinen, bis ich zu erschöpft zum Gehen war. Stattdessen lief ich möglichst würdevoll zu den Räumlichkeiten des Harems und gab mich erst meinen Tränen hin, nachdem ich die schwere Holztür zum Schlafraum hinter mir zugezogen hatte.
Ich weinte, weil alles in meiner Umgebung plötzlich so unsicher erschien, weil ich nicht wusste, was mit meinem Körper los war, und weil ich mich bei dem Streit mit Minho gefühlt hatte, als müsste ich mich gegen ihn und seine Worte wehren.
Ein zaghaftes Klopfen ertönte und ohne auf das Herein zu warten, zwängte sich Hyunjin durch den Türspalt und trat zu dem Lager, auf das ich mich beinahe achtlos hatte sinken lassen.
„Kann ich etwas für dich tun, Jisung?"
Nachdrücklich schüttelte ich den Kopf und schluchzte in das nächstbeste Kissen.
„Nein."
Ich wollte nicht unhöflich sein, aber die ganze Situation überforderte mich und dieser Streit mit Minho machte mich unnötig emotional. Alles fühlte sich gerade ganz besonders schrecklich an.
Fuck- beschreiben all diese Filme eine Schwangerschaft nicht immer genau so? Ein Gefühlschaos? Aber das geht nicht! Es gibt eine vernünftige Erklärung.
Plötzlich spürte ich eine warme Hand auf meinem Schulterblatt und dann hörte ich Hyunjins Stimme, die sanft, aber bestimmt zu mir sprach.
„Du musst nicht darüber reden. In den vergangenen Monaten warst du so oft für mich da. Glaube nicht, ich hätte nicht bemerkt, wie du dich um mein Wohlergehen bemüht hast. Und jetzt möchte ich den Gefallen gern erwidern. Also, wenn ich dir irgendwie beistehen kann, dann lass es mich wissen."
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Und was denkt ihr? Gibt es eine andere Erklärung für die Symptome? 👀
I love you Stay. 💕
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