Der strahlende Prinz
Jisungs Pov:
Dann beugte sich Minho erneut zu der Schatulle und blickte dann ebenso stolz zu Chan. „Diese Ehre ist längst überfällig, Bang Chan, aber hiermit ernenne ich dich für deine Treue, deine Aufopferungsbereitschaft und dein mutiges Handeln zu einem Freund des Pharaos."
Neugierig beobachtete ich nun Chan und verfolgte seine Reaktion auf die durchaus große Ehre, die Minho ihm da zuteilwerden ließ. Freund des Pharao zu werden, war etwas Besonderes und verlieh dem General neue Privilegien und einen Status, den man nicht so leicht anzweifeln konnte.
Aber gleichzeitig würde es dem Mann, der nun langsam die Stufen zum Thron hinaufstieg, noch mehr Fesseln anlegen.
Meine Augen verfolgten Chans geschmeidige und durchaus selbstbewusste Bewegungen. Gleichzeitig erkannte ich den Stolz in seinem Blick und es erstaunte mich nicht, als er sich direkt vor Minho erneut auf den Boden sinken ließ und die Stirn gegen den Stein presste. Seine Manieren und seine Hingabe zu seinem Pharao waren tatsächlich tadellos und offenbar sah das Minho ebenso, denn er gab Chan rasch ein Zeichen, sich wieder zu erheben.
Als der große Krieger wieder vor ihm stand, bekam er ebenfalls eine Kette aus glänzendem Gold umgelegt und Minho schien ebenso zufrieden mit den Umständen, wie der General selbst. Allerdings erkannte ich auf dem Gesicht von Jeongin ebenso überschwängliche Freude und Stolz.
Es scheint, als sei dies für alle ein freudiger Tag.
Anschließend tauschten Minho und Chan einige Worte, bevor der General die Treppen hinabstieg und ihm Jeongin kurz darauf folgte. Die Aufmerksamkeit der Anwesenden lag nun erneut allein auf dem Pharao, und als dieser noch einen Schritt näher an die Kante der Plattform trat, auf der sein Thron stand, verstummt jegliches Gemurmel.
„Ich lade euch nun alle ein, mit mir gemeinsam diesen Tag des Sieges und des Friedens zu feiern. Für ein Festmahl ist gesorgt und ich bitte euch, alle meine Gäste zu sein." Minho blickte würdevoll auf die Umstehenden herab, und selbst wenn ich ihn so genau musterte wie ich konnte, vermochte ich nicht zu sagen, ob ihm Ansprachen vor so vielen Menschen leicht fielen oder nicht. Mich hätten sie definitiv nervös gemacht – vermutlich sogar panisch – aber der dunkelhaarige Mann, der gerade dort oben stand, ließ sich mit keiner Geste oder einem Entgleiten seiner Mimik anmerken, ob es ihn anstrengte.
Ich wartete noch einige Minuten neben Seungmin, der mir geraten hatte, nicht sofort in den Nebenraum zu stürmen, wo es das Essen gab. Laut seiner Meinung war das Gedränge noch viel zu groß, da nun sämtliche Würdenträger und Beamten den Thronsaal verließen, um so schnell wie möglich über die aufgetafelten Speisen und Getränke herzufallen. Ich vertraute seinem Urteilsvermögen und war ihm sehr dankbar, da ich es wirklich wenig erbaulich gefunden hätte, mit der gesamten Menschenmenge in den nächsten Raum geschoben zu werden. Vielmehr bemühte ich mich darum, im Hintergrund zu bleiben und keinem zu sehr aufzufallen.
Dies funktionierte natürlich nur teilweise gut, da immer wieder Menschen in meine Richtung blickten, obwohl auch allgemein Interesse an den Mitgliedern von Minhos Harem gezeigt wurde. Vielleicht interessierten sich die Leute momentan auch nur so sehr für mich, weil ich der „Neue" in der Runde war und bisher nur wenige wussten, wer und weshalb ich hier war. Vermutlich gab es nach diesem Tag auch außerhalb des Palastes erstes Geflüster über mich.
Schlussendlich liefen Seungmin und ich doch in den angrenzenden Raum und genehmigten uns etwas von den Speisen, da sich vor unseren Augen schier ein Schlaraffenland entfaltet hatte: jede Menge gegrilltes Fleisch, gefühlt ebenso viel gegartes Gemüse und süße Nachspeisen.
Ich griff schließlich sogar nach einem Glas Wein und fühlte mich nach mehreren Schlucken nicht mehr ganz so erdrückt von der Pracht und den Menschenmassen. Selbst als Seungmin kurz darauf in der Menge verschwand, um Hyunjin zu suchen, blieb ich gelassen und stellte mich nur etwas weiter abseits von einer großen Menschentraube neben eine Säule.
Ob Sie überhaupt verstehen, was es bedeutet, diesen Krieg gewonnen zu haben? Während sie hier essen, trinken und feiern, gibt es dort draußen Menschen, die Hungern, Schmerz erleiden oder gar im Sterben liegen, weil sie sich ihr Land angeeignet haben.
Etwas verstimmt kräuselte sich meine Nase und ich bemühte mich, die aufsteigende Verachtung für all das übertrieben feine und erhabene Gebaren hier zu unterdrücken.
„Du musst Jisung sein. Es ist mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen." Überrascht wandte ich mich dem Sprechenden zu und zuckte kurz zusammen, als ich mich fast Auge in Auge mit Prinz Jeongin wiederfand, der mit einem einnehmenden Lächeln zu mir blickte. Aus der Nähe sah er gefühlt noch jünger und knuddeliger aus, als zuvor im Thronsaal.
Diesmal achtete ich besonders auf mein Auftreten und meine Mimik, verneigte mich dann tief und stellte mich nochmal vor.
„Das stimmt, ich bin Han Jisung. Es ist auch sehr angenehm, euch kennenzulernen, Prinz Jeongin."
Die Augen des deutlich Jüngeren wurden schmäler, als er noch niedlicher lächelte und dann vertraut eine Hand auf meine Schulter legte. „Das ist sehr freundlich, aber bitte sei ab heute nicht mehr so schrecklich förmlich zu mir, Jisung. Du gehörst zu meinem Bruder und wenn die Götter es so wollen, werden wir eines Tages durch unser Blut verbunden sein. Also behandele mich ab heute wie deinen Bruder und ich werde das gleiche für dich tun."
Verblüfft starrte ich den Prinzen an und ein komisches Kribbeln lief durch meine Brust bei so viel Herzlichkeit und der Tatsache, dass Jeongin davon gesprochen hatte, ich würde bereits zu seiner Familie gehören. Vor einigen Wochen hätte es mich vermutlich wütend gemacht, dass er von mir sprach, als wäre ich ein Teil von Minhos Eigentum. Auch den Umstand, dass es für mich so klang, als würde Jeongin erwarten, dass Minho und ich tatsächlich eine Familie gründeten, ignorierte ich geflissentlich. Ich hatte im Augenblick nicht das dringende Bedürfnis, Jeongin zu korrigieren oder seine Worte als übergriffig zu empfinden. Stattdessen versuchte ich mich an einem Lächeln und nickte zustimmend.
„Das ist überaus höflich von euch, Pr... Jeongin."
Der Jüngere kicherte und auch ich musste einfach lächeln. Dann blickte ich mich rasch nach Minho um, der vorhin mit einem Mann gesprochen hatte, dem ich zuvor einmal im Tempel des Amun begegnet war. Nun fanden meine Augen keine Spur von ihm. Dafür bemerkte ich, dass Chan auf dem Weg zu uns oder besser gesagt zu Jeongin war. Dieser bemerkte ihn schließlich ebenfalls und ich bildete mir ein, einen sanften Rotschimmer auf den Wangen des Prinzen wahrzunehmen, als er die Augen auf den General richtete. Als Chan beinahe bei uns angelangt war, schien er sich wieder zusammenzureißen und sagte mit deutlicher Stimme:
„Jisung, darf ich dir vorstellen, Bang Chan. Er ist der oberste Feldherr in der Armee meines Bruders." Der Angesprochene verneigte sich und musterte mich dann ebenso interessiert, wie ich es wohl bei ihm tat.
„Es ist mir eine Ehre, Jisung. Ich habe schon von euch gehört. Jeongin- ich meine der Prinz hat mir von den Worten seines Bruders erzählt, die er über euch geschrieben hat." Für einen Moment war ich verwundert und mein Herz setzte einen Takt aus.
Minho hat tatsächlich über mich geschrieben? In Briefen an seinen Bruder? Und warum kennt Bang Chan den Inhalt solcher Briefe?
Ich ließ mir nicht anmerken, was mir alles durch den Kopf ging und lächelte unverbindlich. „Mir ist es eine ebensolche Ehre, Bang Chan. Ich habe im Gegenzug schon viel Gutes von euren Taten und Errungenschaften gehört", versuchte ich das Interesse der beiden von mir auf sie selbst zu verlagern. Aber leider ging Jeongin nur halbwegs darauf ein.
„Mein Bruder hat mir berichtet, dass ihr aus Kerma geflohen seid, kurz bevor wir die Stadt eingenommen haben." Der Prinz schenkte mir einen beinahe mitleidigen Blick. „Es gab auch bei mir Momente, in denen ich mir wünschte, wir müssten keine Gewalt anwenden. Es tut mir aufrichtig leid, was dir wiederfahren ist. Ich habe sogar nach deinem Freund Yeosang fragen lassen, aber leider konnte ihn niemand ausfindig machen."
Nun wusste ich endgültig nicht mehr, was ich erwidern sollte. Nicht nur dass ich mich weiter in Lügen verstricken musste, nein, ich musste auch zugeben, dass Minho offenbar sehr offen zu seinem Bruder gewesen war.
Hat er ihn darum gebeten, Yeosang ausfindig zu machen, um meine Geschichte zu überprüfen, oder hat er es getan, um mir zu helfen? Wenn er es wirklich meinetwegen getan hat, wie kann ich dann noch daran glauben, er sei kalt und berechnend?
Aber da die Blicke von Chan und Jeongin auf mich gerichtet waren, bemühte ich mich rasch um eine Antwort, die möglichst wenig Angriffsfläche bot, um über meine Vergangenheit zu sprechen. „Nun, dann haben wir offenbar mehr gemeinsam als ich dachte. Und ich danke euch für die Mühe, die ihr euch meinetwegen gemacht habt. Statt so deprimierende Dinge zu hören, würde ich gern mehr von euren Eindrücken über mein Heimatland und dessen Bewohner hören", ermunterte ich Jeongin und fügte hinzu: „Vielleicht könnt ihr damit die schöneren Erinnerungen an mein Zuhause wiedererblühen lassen."
Die schmalen Augen weiteten sich wieder und ein eifriges Nicken ließ die glänzend schwarzen Haare um den Kopf des Prinzen wirbeln. „Natürlich, Jisung. Es wäre mir eine Freude, euch mehr von meiner Reise durch die mir fremden Städte zu berichten", bot er sogleich an und blickte fast hilfesuchend zu Chan. „Könnten wir nicht gemeinsam mit meinem Bruder einen Ausflug machen und über unsere Erfahrungen sprechen?"
Der Angesprochene nickte andächtig und schlug dann vor. „Wie wäre es mit einer Kahnfahrt über den Nil. Wir könnten uns von den Strapazen der Reise erholen und gleichzeitig angenehm plaudern."
Dem Prinzen schien diese Idee ebenso zu gefallen und ich wollte ihn schon fragen, ob ich wirklich mitkommen sollte, als Minho plötzlich neben uns auftauchte, als sei er aus dem Boden gewachsen.
„Eine wohlüberlegte Idee, Chan. Euer beider Rückkehr sollte gefeiert werden und ein Ausflug wäre genau das Richtige." Dann trafen sich unsere Blicke und seine Augen blitzten unternehmungslustig auf. „Würdest du mich begleiten, Jisung?"
Ist es mir überhaupt gestattet, diese überaus höfliche Bitte des Pharao abzulehnen? Und will ich das überhaupt?
Schneller als sonst hatte ich meine Entscheidung getroffen und neigte ehrerbietig das Haupt, bevor ich mit einem sanften Lächeln sprach. „Es wäre mir eine große Freude, euch begleiten zu dürfen."
Offenbar sehr zufrieden mit meiner Antwort, blinzelte mir Minho treuherzig zu und sagte dann entschlossen:
„Dann ist es beschlossen. Ich werde einen Boten zu dir senden, wenn es soweit ist."
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Hey ihr Lieben, für dieses Wochenende bleibt es bei dem einen Kapitel. Ich werde mich demnächst mal um eine Lesenacht bemühen, aber das werde ich vorher ankündigen, wenn es soweit ist.
I love you Stay. 💕
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