Kleinen Herzen
„Vera?!", schreit mich Mutter von weitem an, weil sie erst jetzt gemerkt hat, dass ich ganz weit hinten bin. Ich schlucke und marschiere nach vorne.
Soll ich Enzo zurückrufen und fragen ob bei ihm alles in Ordnung ist? Aber er hat hinter meinem Rücken sich mit Stella getroffen und noch dazu mit ihr geschrieben, wobei ich das erst bei unserem letzten Streit ja herraus gefunden habe.
Was soll ich machen? Wieso kann mir das alles nicht am Arsch vorbei gehen, wie es mal bei Emil war? Wieso kann mir dieser scheiß Idiot Enzo nicht egal sein?
Ich könnte aber seine Nachrichten öffnen und schauen. Mache ich aber später.
Im Laden angekommen, kann ich mich auf nichts konzentrieren, weil mir die Nachrichten im Kopf sind. Wer schreibt schon 41 Nachrichten?
„Mama, ich gehe in die hintere Küche. Ich muss was trinken!", sage ich und will die Tür öffnen.
„Vera, öffne doch von hier eine Flasche. Ist viel besser als Leitungswasser", meint sie.
„Ähm...das...nein geht schon klar Mama. Ich will Leitungswasser trinken!", sage ich und ihr Blick hat schon den Verdacht geschöpft. Doch das ist mir egal, ich verschwinde einfach in die Küche und öffne schnell die Nachrichten. Sogar dabei klopft mein Herz wie wild.
„Vera, ich werde verrückt, wenn du nicht hier bei mir bist."
„Ich vermisse dich jetzt schon."
„Ohne dich ist das Haus hier ganz leer."
„Überrede deine Mutter zurück zu kommen!"
„Bitte sei nicht sauer auf mich."
„Zu Stella bin ich nicht gefahren. Ich habe komplett den Kontakt mit ihr abgebrochen."
„Stellas Eltern haben ihr verziehen und somit wird sie mich in Ruhe lassen."
„Sag mir deine Adresse, damit ich dich sehen kommen kann."
„Bitte ignoriere mich nicht!"
„Vera du musst wissen, dass ich...."
Weiter konnte ich nicht lesen, weil meine Mutter sofort mein Handy weg geschnappt hat. „Was machst du da? Wo trinkst du Wasser?", meckert sie wütend. Ich habe sie gar nicht rein kommen hören.
„Mama, gib mir mein Handy wieder! Das sind wichtige Nachrichten", gebe ich von mir verzweifelt.
„Von Enzo ja? Was hat dir Vanessa gesagt? Du musst auf uns hören, Vera!", meint sie und geht mit dem Handy in der Hand aus der Küche und ich ihr nach.
„Mama, ich mache nichts. Ich will nur die Nachrichten lesen und dann kannst du mein Handy von mir aus auch haben."
„Nach der Arbeit!", sagt sie mit einem ernsten Blick. Ich nicke seufzend und werde versuchen hier den Tag zu überstehen.
—
Nach qualvollen 5 Stunden betrete ich unser hässliches Haus. So kaputt wie heute war ich schon lange nicht mehr. Wieso tut mir das Mutter an? Vanessa darf immer schon zuhause für ihre Prüfungen lernen und ich werde gezwungen zu arbeiten. Auch wenn ich an die Uni gehe und für die Prüfungen zu lernen habe, wird mich Mutter trotzdem nicht in Ruhe lassen. Sie denkt, nur weil ich noch eine Schülerin bin, dass bei mir der Schulstoff kinderleicht ist.
„Mein Handy?", erinnere ich sie und strecke meine Hand vor ihre Nase.
„Zuerst wird Vanessa die Nachrichten lesen, dann kannst du sie haben", meint sie und geht ins Wohnzimmer. Erstaunt blicke ich ihr nach. Ich könne auszucken, wie sehr sie mich nervt!
„So...dieser Enzo hat deine Schwester viele Nachrichten geschickt. Schau nach was für Nachrichten es sind! Ich weiß jetzt schon, dass er versucht sie um den Finger zu wickeln, da Vera eh immer alles glaubt was er erzählt", redet Mutter und währenddessen öffnet Vanessa die Nachrichten.
„Nein Mama, er sagt, dass er mich sehr liebt! Er wird sterben, wenn ich nicht zu ihm gehe. Zwischen uns ist eine unglaubliche starke Liebe", spricht aus mir der Sarkasmus und ich nähere mich zu Vanessa, um mir mein Handy zu schnappen. Sie weicht schnell ihre Hand aus und erhebt sie vom Sofa mit dem Blick auf das Handy gerichtet.
„Das sind nur harmlose Nachrichten!", fängt Vanessa an zu lachen.
„Wenn das so ist, gib mir mein Handy!", sage ich fast schon am schreien.
Mutter guckt uns zu und schüttelt ihren Kopf.
„Vera, verstehst du nicht? Er erzählt dir hier lügen! Er hat sich mit Stella getroffen", redet Vanessa und versteckt mein Handy hinter ihren Rücken.
„Beweise es mir!", kommt mir raus.
„Gerne!", grinst sie mich schadenfroh an und holt ihr Handy raus. Da ist ein Foto, wie Enzo und Stella rum machen.
„Das Foto ist sicher alt!", gebe ich unglaubwürdig von mir.
„Das denke ich nicht! Weißt du wieso? Weil ich an dem Tag Kris angeschrieben habe. Er meinte dass du wolltest, dass er dich zur Schule fährt und irgendwie habt ihr kurz gestritten und du bist aus dem Auto gestiegen. Er meinte, ich soll mir dabei nichts denken, wenn du mir etwas erzählen wirst, etwas was ich nicht erfahren darf. Lange Geschichte, kurzer Sinn...auf jeden Fall, haben wir weiter geschrieben und ich habe ihn gefragt wo er steckt und er hat mir gleich ein Foto geschickt von Enzo und Stella. Und er hat sich gewundert, weil Enzo Stella ja weg geschickt hatte und plötzlich war er in der Uni mit ihr hinter dem Gebäude. Ist das genug?", fragt Vanessa.
Mein Magen knotet sich zusammen. Ich beiße mir auf die Zunge um den Schmerz das ich in meinem Herzen fühle nicht zu spüren. Sprachlos bleibe ich da stehen und lasse mir tausende von Gedanken durch den Kopf gehen.
Er hatte mir gesagt, dass er mich liebt. Alles war so echt aber wieso...?
Vanessa schaut mich prüfend an und umarmt mich, was die Situation nicht einfacher macht. Meine ganze Emotionen kommen hoch und ich fange an zu weinen. Da kommt Mutter auch zu mir und umarmt uns beide.
„Ich verspreche euch, ihr werdet jemanden finden, der eure kleinen Herzen Wert schätzen weiß. Meine Töchter werden nicht leiden, dafür werde ich sorgen!", redet meine Mutter.
Da wo sie sagt, dass ihre Töchter nicht leiden werden, wird mir schlecht. Ich leide aber. Wegen ihr ist mein Leben schwierig. Ich ziehe die beiden vorsichtig von mir weg und gehe schweigend in mein Zimmer. Ich will im Moment Keinen sehen.
Ich lasse mich auf meinem Bett fallen und heule mich aus. Jetzt verstehe ich wieso einige Mädchen so sehr leiden, wenn ihre Beziehung aus ist.
...
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