34- Der größte Fehler seines Lebens

Unser Schlafsaal glich einem Saustall. Marlene hatte den Drang, alles, was sich in ihrer Kommode befand, auf den Boden zu werfen und sich dann zu entscheiden, was sie alles mit in die Ferien nehmen wollte. Alice, Mary und ich taten uns da lange nicht so schwer.

"Marlene, wie läuft es eigentlich mit Remus? Wir bekommen euch beide kaum noch zu Gesicht und vor lauter Schmetterlingen im Bauch kriegst du den Mund kaum noch auf", forschte Alice augenzwinkernd nach und ich musste ihr zustimmen. Marlene und Remus waren außer während dem Unterricht gar nicht mehr bei uns. James und ich und Mary und Sirius verhalten uns überhaupt nicht auf so eine Art und Weise. Aber egal, jedem das seine.

Marlene lief rot an. "Läuft gut", nuschelte sie und schmiss einen BH in ihren Koffer. "Super, läuft's." Die dazu passende Unterhose folgte.

Mary, Alice und ich zogen gleichzeitig die Augenbrauen hoch. "Sicher?"

"Natürlich. Ich rede da halt nur nicht so gerne drüber." Mit diesen Worten drehte sie sich um und packte weiter ihren Koffer, ohne sich in das Gespräch über Professor Binns einzubringen, den sie wie Drachenmist hatte, weil er über die Ferien sehr deftige Hausaufgaben aufgegeben hat.

Ich beschloss, sie komplett in Ruhe zu lassen.
Manchmal war sie noch komischer als Peter.

Nachdem jeder damit fertig war, seinen Koffer mit den (un)nötigsten Dingen vollzustopfen, beschließe ich, in die Eulerei zu gehen und nachzuschauen, ob Wanda da ist.

Während ich zusammen mit Mary durch den Schnee stapfe, muss ich an den Weihnachtsball denken, der eigentlich in den Ferien hätte stattfinden sollen. Doch er wurde abgesagt, da zu wenige Schüler über die Ferien in Hogwarts bleiben, da sie lieber die Zeit mit ihrer Familie verbrachten. Die meisten dachten wohl, genau wie ich: Es ist Krieg. Dein Leben kann jeden Tag zu Ende sein.

"Wolltet ihr in den Ferien nicht Skifahren gehen?", frage ich Mary. "Du hast mir doch in den Sommerferien erzählt, ihr hättet eine riesige Skihütte gemietet?"

"Doch", meinte Mary, deren Mund ganz schmal wurde. "Aber wir haben die Reise storniert, wir müssten sonst zu viel Geld zu bezahlen, da es sich nicht lohnt, eine Hütte für fünf Leute zu mieten, wenn man nur noch zu dritt ist." Eine Träne rollte ihre Wange hinunter. Ich nahm sie in den Arm.

Ich dumme Nudel hatte das gar nicht beachtet. Ich weiß gar nicht, wie Mary das verkraftet. Sie tut mir so unendlich leid, doch mehr als sie in den Arm nehmen, leise mit ihr reden, sie trösten und einfach für sie da sein, kann ich auch nicht.

"Kommst du uns besuchen?"

Mary lächelt schwach. "Klar."

***
Ich reiße die Tür zum Schulsprecherabteil und lasse mich sofort auf einen Sitz fallen, um gleich darauf die Augen zu schließen.

"Lily? Kannst du vielleicht deinen Koffer nicht mitten in der Tür stehen lassen?", beschwert James sich und kickt mein Gepäck mit dem Fuß ins Abteil, was ich an dem Rumpeln unf seinem Fluch erkennen kann.

Nachdem ich widerwillig den Koffer verstaut habe, setzt sich der Zug auch schon in Bewegung und fährt Richtung Süden. Es schneit und in den Abteilen ist es einwenig zu kalt, meiner Meinung nach. Ich kuschele mich an James. Wir sagen nichts. Es fühlt sich gut an und wir wissen beide, was dem jeweils anderen gerade durch den Kopf geht.

So könnte alles für immer bleiben. Kein Krieg. Kein Voldemort. Keine Todesser, die unschuldige Menschen umbringen. Keine komplett durchgeknallten Slytherins, die einen Gefallen am Verletzen anderer Leute gefunden haben. Doch leider herrscht hier gerade das Gegenteil...

Gegen Mittag taucht die Hexe mit dem Imbisswagen auf, wo ich mich ordentlich eindecke, um später alles mit meinen Freundinnen und den Rumtreibern aufzuessen, die uns zwischenzeitlich besuchen kamen.

Gegen Abend erreichten wir King's Cross. Der Himmel war übersät mit Sternen und es funkelte wie wild. Ich stand eine Weile am Zugfenster und beobachtete das Spektakel am Himmel, bis James mich daran erinnerte, dass wir schon längst da sind. Er hatte bereits die Koffer aus dem Gepäcknetz gewuchtet und gemeinsam transportierten wir die Gepäckstücke auf den Bahnsteig, auf welchem mittlerweile alle Schüler und deren Familien versammelt waren. James entdeckte seine Eltern. Ich sah sie zum ersten Mal.

James' Mutter war groß, schlank und dunkelhaarig. Ihre langen Haare waren zu einem Zopf gebunden und ihr Lächeln war so breit wie meins, als ich damals erfahren habe, dass ich eine Hexe bin. James selbst war das exakte Ebenbild seines Vaters: die struppigen, schwarzen Haare, die rehbraunen Augen und die runde Brille. Dies war das perfekte Beispiel dafür, dass Aussehen, Mimik und Gestik eins zu eins vererbbar ist.

"Hallo ihr Lieben!" Mrs Potter eilte zu uns und schloss uns gleich beide in ihre Arme. Sie küsste ihren Sohn auf die Wange und geriet völlig aus dem Häuschen als sie sich mir als Eugenia vorstellte und mir erzählte, dass sie sich unglaublich freue, weil James endlich eine Freundin hat. Wenn sie jedoch wüsste, wie es mit diesem und den Mädchen läuft und was James sich diesbezüglich schon alles geleistet hat, würde die Sache ganz anders aussehen...
Auch James Dad Charles war sehr nett. Er war derjeniege, der uns daran erinnerte, dass wir Sirius vergessen hatten, als wir den Bahnsteig verlassen wollten, nachdem ich mich von meinen Freundinnen (Mary war nicht aufzufinden) verabschiedet hatte. Wo die Rumtreiber (insbesondere Sirius) steckten, wusste niemand so genau.
Schließlich fanden wir ihn bei Mary, hinter einem Pfeiler. Sie schienen mehr oder weniger beschäftigt zu sein, weshalb es James ein besonderes Vergnügen war, die beiden zu unterbrechen.
Ein paar Minuten später apparieren wir zum Anwesen der Potters.

***
Das erste was ich sehe, ist ein großes Haus umgeben von zwei Trauerweiden und einem Teich, der in unmittelbarer Nähe der Haustür liegt. Hinter dem Gartenzaun befinden sich als zusätzlicher Sichtschutz hohe, geradegeschnittene Hecken. Es sieht total schön aus.

Die drei Koffer nehmen uns die Hauselfen ab, die wie aus dem nichts neben uns erscheinen und geleiten uns ins Haus, das von innen noch imposanter als von außen wirkt.

"Da schaust du, was?", kommentiert Sirius meinen Blick, den ich durch die kleine Eingangshalle schweifen lasse. Die Potters scheinen ein ziemlich großes Verließ in Gringotts zu besitzen, dessen Inhalt auch relativ ordentlich sein muss.

Mit der Neuigkeit, dass wir heute bei McKinnons zu Abend essen, schickt uns Mrs Potter nach oben, um auszupacken und um uns umzuziehen. James' Mutter scheint den selben Tick wie meine Schwester zu haben: Blumentapeten, Flatterdecken und Tischpflanzen. Bei Merlins Bart...

"Hier-", James reißt eine weiße Holztür auf, "schläfst du!" Er zeigt auf ein großes, kuschelig aussehendes Bett (Flatterdeckenalarm!) und grinst. "Nachts kannst du natürlich auch gerne zu uns kommen, in meinem Bett ist noch ausreichend Platz."

"Ich dachte, wir hätten geklärt, dass ich die Evans-Rolle übernehmen darf?!", wirft Sirius ein, gackert und verschwindet polternd im Nebenzimmer, wo er sich dem Quietschen nach erstmal auf's Bett geworfen hat, dessen Federn sich wohl auch schon gesünder angehört haben.

"Für drei Leute ist auch Platz", meint James und küsst mich, bevor er ebenfalls im Zimmer nebenan verschwindet, in welches ich noch nicht gewagt habe, einen Blick zu werfen.

Ich schließe die Tür und entledige mich meiner Schuluniform. Aus dem Koffer, den die Elfen auf mein Bett gelegt haben, ziehe ich ein Kleid heraus und krame danach nach einem Paar Schuhe, das letztes Jahr noch nicht am großen Zeh gedrückt hat...

Die restlichen Sachen verstaue ich in der Kommode neben dem Bett, auf der ein Bild von James steht, als er klein war. Er hat sich kaum verändert. Ich lächele und frage mich gleichzeitig, warum ich nicht schon früher gemerkt habe, dass James gar nicht so der Blödmann ist, für den ich ihn immer gehalten habe. Doch dann entsinne ich mich wieder an seine unzähligen Taten und Worte, die mich oft genug zur Weißglut gebracht haben.

"Lily?" Genau der Junge, über den ich die ganze Zeit nachdenke, steckt den Kopf ins Zimmer. "Bist du fertig?"

Ich nicke.

"Du siehst schön aus", sagt James und lächelt mich warm an.

"Dankeschön." Ich lächele zurück und küsse ihn. "Du auch."

"Jetzt ist's aber genug!", ruft Sirius und scheucht uns die Treppe hinunter.

***
Marlenes Familie ist groß. Sie hat einen großen, gut aussehenden Bruder und zwei kleinere Schwestern, die genau wie sie selbst, wunderschön sind. Mrs McKinnon könnte glatt als Model durchgehen und Mr McKinnon hat sein Aussehen an seinen Sohn weitervererbt, wie es bei den Potters auch ist.
Zu meiner Freude ist Alices Familie inklusive Frank auch da.

Zu dritt sitzen wir uns ans Kopfende. Frank gesellt sich zu James, Sirius und Marlenes Bruder. Alice beginnt gleich zu erzählen, was sie in den Ferien vorhat, während Marlene einfach still dasitzt und völlig abwesend zu sein scheint.

"Hey!" Ich stupse sie mit dem Ellenbogen an. "Alles in Ordnung bei dir?"

Marlenes Kopf schießt in meine Richtung; ich scheine sie erschreckt zu haben. Als ich ihr in die Augen schaue, kann ich sehen, dass diese mit Tränen gefüllt sind.

"Marlene, was ist los?!", zische ich und stehe auf. Ich ziehe meine beiden Freundinnen in die Eingangshalle, in der es wesentlich kühler ist, als im Esszimmer.

"Remus!", schluchzt sie nur und beginnt plötzlich zu weinen. Alice nimmt sie sofort in den Arm.

"Was ist mit Remus? Ist etwas passiert?", will sie wissen und streicht über Marlenes Engelslocken.

Ich kann sie ein leises "Ja." schniefen hören. Danach löst sie sich aus der Umarmung.

"Er hat Schluss gemacht."

Ich muss wohl ausgesehen haben, wie jemand, dem man ein Brett gegen den Kopf gehauen hat.

"Wie bitte?!", stoße ich völlig entsetzt hervor.

Das kann doch nicht wahr sein...

"Ist das dein Ernst?" Alice hat den selben ungläubigen Blick wie ich aufgelegt.

"Ja." Marlene schluchzt. "Gestern Abend. Er meinte, er würde mich lieben, doch da er ein Werwolf ist, besteht die Gefahr, dass er mich immer verletzen könnte und das will er nicht."

"Wie bitte?! Bei Merlins Zahnbürste, das glaube ich jetzt nicht..." Ich kann nur den Kopf schütteln und nehme Marlene wieder in den Arm. Deshalb war sie heute Morgen so kurzangebunden. Was fällt Remus bloß ein?

"Er macht den größten Fehler seines Lebens!", flucht Alice und bricht ebenfalls in Tränen aus.
Alice ist immer die erste, die mitweint.

Unsere verlassene Freundin zuckt nur mit den Schultern. "Ich suche mir jemand neuen. Ich will von Remus nichts mehr hören."

So ganz kaufe ich ihr das nicht ab. Und ich kaufe es meinem besten Freund auch nicht ab, was er da von sich gegeben hat. Das riecht nach  Ermittlung und Verhandlung à la Lily...

Es tut mir so unendlich leid, dass 1 Monat nichts kam, aber mein Wattpad hat seine eigenen Denkweisen entwickelt und ich konnte nicht updaten. Verzeiht mir noch einmal!😢

Trotzdem hoffe ich, dass euch das Kapitel gefallen hat und ihr noch weiterhin dabei seid!😚

Außerdem haben wir die 8,5 Tsd Reads geknackt und über 900 Votes, vielen Dank!💗 Es freut mich total zu sehen, wie immer mehr Leute dazu kommen und meine Story anfangen zu lesen...

Na dann!

Bis bald,
-Rel

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