Es vergehen zwei Tage.

James ignoriert mich, genau wie Sirius, der wohl nach dem Motto Tu-meinem-besten-Freund-was-an-und-du-wirst-mit-kalter-Ignoranz-gestraft lebt. Dabei habe ich noch nicht einmal was verbrochen, meine Güte!

Ich habe mich die letzten zwei Nächte in den Schlaf geweint und habe es nur mit der Hilfe von Remus und meinen Freundinnen geschafft, die Schularbeiten auf die Reihe zu bekommen. Glaubt mir, es gibt nichts schlimmeres, als von einem Jungen ignoriert zu werden, der dir alles bedeutet. Dein Herz schreit, blutet und du würdest dich am liebsten am Boden wälzen und heulen. Doch das geht nicht.

Ich habe versucht, mit James zu reden. Das ging voll in die Hose. Aber so richtig.

*Flashback*

James lief an mir vorbei, widmete mich keines Blickes und wäre womöglich noch durch mich durch gelaufen, aber das ging ja nun wirklich nicht.

"James!", rief ich mit lauter Stimme und erfasste ihn am Handgelenk. "Wir reden jetzt."

Er drehte sich langsam zu mir um. Die Haare verstrubbelt wie noch nie, die Brille schief auf der Nase. War er gerade aus dem Bett gekrochen? Er schien zu merken, dass ich ihn musterte und mich dabei wunderte, und rückte rasch seine Brille zurück, was manchmal mein Job ist.

"Ich will nicht mit dir reden", war seine barsche Antwort und merkte wohl nicht, dass ich immer noch seine Hand festhielt. "Willst du mir etwa schön ausgedachte Argumente bringen, die deine Unschuld bezeugen können?" Er begriff nicht, dass er hiermit gerade das Gespräch eröffnet hatte.

"Hör zu. Ich habe Gilderoy Lockhart noch nicht einmal angefasst! Ich ging alleine Patrouille, als mir Lockhart mit einer rothaarigen Ravenclaw entgegenkam, die ich sofort ins Bett schickte und Ravenclaw ein paar Punkte abzog, da wir Lockhart jetzt abends schon zweimal außer Bett erwischt haben; einmal mit Loretta und jetzt mit dieser hier, keine Ahnung wie sie heißt!", erklärte ich und blickte genau in James' rehbraune Augen. Mein Herz zog sich zusammen als ich bemerkte, dass sie keinen Zorn versprühten, sondern mich nur traurig zurück anschauten.

"Aha", machte James. "Gibt es denn überhaupt eine rothaarige Ravenclaw? Ich glaube, außer in Hufflepuff, gibt es nur eine Rothaarige. Und die bist du." Er zog plötzlich seine Hand aus meinem Griff und wandte sich schon wieder ab zum gehen.

"Jetzt warte doch! Bitte."

Er drehte sich nicht um. Er wollte mir keine Chance geben. Er glaubte nur an das, was er erzählt bekommen hatte. Er glaubte seiner eigenen Freundin nicht mehr. Aber war ich denn noch seine Freundin?

*Flashback Ende*

Ich wachte durch das leise Getuschel von Marlene und Alice auf, da diese ihr Klamotten zusammen suchten und sich nebenbei über mich und James unterhielten. Ich setzte mich auf und könnte sofort anfangen zu weinen. Aber ich wollte stark sein. Ich wollte nicht wegen diesem Idioten heulen. Nicht wegen ihm.

Ich zog die Vorhänge auf, schwang die Beine über die Bettkante und sah in die überraschten Gesichter meiner Freundinnen.

"Wie geht's dir?", wollte Marlene wissen und setzte sich zusammen mit Alice links und rechts neben mich. "Du hast gestern Abend wieder geweint."

Jetzt musste ich doch. Für fünf Minuten schniefte ich in Marlenes Armbeuge und hielt Alices Hand. Damals als Mum und Dad gestorben waren, bekam ich von allen Seiten Unterstützung. James war immer da gewesen. Jetzt saß ich hier und weinte wegen ihm.
Auf einmal ging die Tür auf. Ich war zu faul, um aufzuschauen und kniff die Augen zusammen. Ich wollte nicht wissen, wer das war. Es war mir so verdammt egal.

"Oh, sorry. Ich wollte nicht stören." Das war Sirius. Ich erkannte an seiner Stimme, dass er es tatsächlich ernst meinte. Ich wünschte mir, dass er einfach wieder gehen könnte. Doch Alice hatte eine besser Idee.

"Sirius!" Alice ließ meine Hand los und stand auf. "Seid ihr eigentlich komplett hinüber, du und James? Ihr glaubt dieser Ollen, die eine Lügengeschichte auspackt, um die Beziehung zwischen Lily und James zu zerstören?" Sie schrie fast.

Dann hörte ich Mary, die auch aufgestanden sein musste.

"Sonst seid ihr doch immer die Hellsten, warum jetzt nicht? Denkt ihr ernsthaft, Lily würde fremdgehen? Mit so einer Gurke wie Gilderoy Lockhart? Bei Merlins Bart, ihr habt sie doch nicht mehr alle! Schau sie dir doch an, Sirius! Schau sie dir an und sag mir, ob du noch allen ernstes denkst, dass sie lügt und Veronica die Wahrheit sagt!", warf ihm Mary an den Kopf und nahm keine Rücksicht auf Verluste. Ihr war es schnurzpiepegal, ob Sirius jetzt umdrehen würde und mit ihr Schluss machen würde.

"Ich- ich", stammelte er und ich wagte es nicht aufzublicken. "Veronica hat es gesehen! Sie hat hinter einer Statue gesessen, weil sie auf, äh- jemanden gewartet hat und da kam Lily mit Lockhart vorbei. Und wir wissen alle, dass Lily alleine Patrouille gegangen ist!" Das war also sein Argument. Beeindruckend. Wirklich.

Aber mir reichte es, und zwar endgültig.

"Du spinnst doch!" Ich sprang wie vom Hippogreif getreten auf und es wunderte mich, dass Sirius nicht erschrak, so verheult und verschlafen wie ich aussah. "Wir sind Freunde! Schön, du hast eine sehr 'überzeugende' Geschichte gehört, die natürlich nicht stimmt, und stempelst mich sofort als blöde Kuh ab. Schon mal dran gedacht, mich einfach zu fragen, ob das überhaupt wahr ist?! Ich glaube nämlich, dass ich die einzige bin, die genau weiß, was da abging!" Meine Tränenproduktion hörte nicht auf.

Sirius hatte einen betroffenen Gesichtsausdruck aufgelegt und kratzte sich am Kopf.

"Lily, sorry. Es war- Ach, ich bin so scheiße!", wütete er und zog mich total überraschend in eine feste Umarmung. "Man, ich wollte das nicht. Echt nicht. Warum glaubten wir dieser Kranken eigentlich?"

"Ich weiß es nicht", flüsterte ich. Mein Herz machte einen kurzen Hüpfer. Ich hörte auf zu weinen. Immerhin war Sirius wieder auf meiner Seite. Jetzt fehlte nur noch James. "Das war unfair von dir."

Ich spürte, wie er nickte.

"Und was ist mit James?", fragte ich und könnte gerade wieder anfangen zu weinen. "Ich will ihn zurück."

"Er dich auch", gestand Sirius und ließ mich los. Ich hockte mich auf's Bett zurück; Sirius setzte sich daneben. Mary stand immer noch mit verschränkten Armen mitten im Raum, wurde dann aber von Sirius auf seinen Schoß gezogen. "Er war am Boden zerstört als er die Geschichte von Veronica gehört hat. Er wollte nicht mit dir reden, er war komplett von der Rolle. Er weinte sogar."

Ich weiß, es war eventuell unangebracht, aber ich musste kurz auflachen. Er war so süß. Aber es wäre noch süßer, wenn er endlich seinen Hintern hierher bewegen würde und sich entschuldigen würde...

***
Nach einer Stunde Alte Runen (in Sirius', James' und Alices Falle: Wahrsagen) hatten wir Zaubertränke.

Ich wusste nicht, wie James darauf reagiert hatte, als Sirius zurück in seinen Schlafsaal gegangen ist und dort verkündet hat, dass ich 'unschuldig' sei. Jedenfalls saß Sirius mir jetzt schräg gegenüber und grinste mich ab und zu an. Mary schüttelte nur den Kopf über die Dummheit ihres Freundes und schlug sich so ziemlich fest den Mörser auf den Finger, mit dem sie eigentlich die toten Kohlekäfer zerkleinern sollte.

"Hier." Ich zog die Salbe aus meiner Tasche, die mir Madam Pomfrey wegen meiner Hand mitgegeben hatte. "Trag sie jetzt gleich auf, das vermeidet Schwellungen." Ich zeigte ihr meine, zum Glück, nicht angeschwollene Hand und reichte ihr die Tube. James beobachtete mich unauffällig, doch ich bemerkte es trotzdem. Ich bin ja nicht blöd.

Am Ende der Stunde rief Professor Slughorn mich und James zu sich.

"Heute wird noch einmal ein kleines Abendessen bei mir im Büro stattfinden, wissen Sie? Ich würde mich freuen, wenn Sie wieder kommen könnten", dröhnte er uns entgegen und packte nebenbei seine Unterlagen in seine Tasche.

"Äh, natürlich", brachte ich mühsam hervor. "Um wieviel Uhr, Professor?"

"Um sieben Uhr, würde ich schätzen." Er überlegte kurz. "Ja, sieben Uhr ist gut. Also, ich hoffe, Sie erscheinen. Und jetzt husch, ich möchte pünktlich zum Mittagessen kommen!"

James scheint nicht begeistert von dem Abendessen zu sein und davon, dass ich sofort zugesagt habe.

"Treffen wir uns um zehn vor sieben am Porträtloch?", frage ich aus Gewohnheit und steige die Kerkertreppen hoch.

"Ich denke, du kannst auch alleine da runter gehen", gab mir James einen Korb und geht strammen Schrittes in die Große Halle. Na vielen Dank... Vor ein paar Monaten bist du mir noch hinterher gerannt und wolltest mit mir ausgehen, du Vollidiot!

Hallöchen, ihr Lieben!
Hier ist schon das nächste Kapitel, ich hab mich nämlich beeilt und es so schnell wie es ging, geschrieben. Ich hoffe, es hat euch gefallen!❤️

Ich dachte, ich werde erst dann ein Special machen, wenn die Sache zwischen Lily und James geklärt ist, okay?

Also dann...

Bis bald,
-Rel✨