25- Gartenteich als Grab

Ich schlage die Augen auf. Sofort werde ich vom Sonnenlicht geblendet, das durch die Vorhänge fällt und spüre einen Arm, der um meine Hüfte herum gelegt ist.

Ich drehe meinen Kopf und betrachte den neben mir liegenden James für eine Weile.

Dann hebe ich vorsichtig seinen Arm an und lege ihn sanft auf der Decke ab, damit ich aufstehen kann.

Etwas verschlafen schlüpfe ich mich in meine Hausschuhe und watschele ins Bad.
Dass ich nur mit Unterwäsche bekleidet bin, fällt mir jetzt erst auf.

Ups.

Ich öffne gerade die Badezimmertür, als mich eine Stimme zusammen fahren lässt.

"Ziemlich freizügig, meinst du nicht?"

Ihren kritischen Blick kann ich nicht ertragen, weshalb ich mich nicht umdrehe und brav die dunkle Holztür anstarre.

"Kümmere dich um deinen eigenen Kram, Mrs Dursley." Die letzten zwei Worte betonte ich extra gehässig.

"Wenn Mum und Dad erfahren, dass du mit diesem Typen geschla-", beginnt Petunia, doch soweit lasse ich sie nicht kommen.

"Mum und Dad ist das ziemlich schnuppe. Ich weiß jedoch ganz genau, dass sie nie wollten, dass ihr Tochter schon mit einundzwanzig heiratet und schon gar nicht ein Nilpferd wie Vernon!", schleudere ich ihr entgegen und verschwinde rasch im Bad.

Natürlich war das gelogen.
Mum und Dad ist es komplett egal, wann oder wen wir heiraten, solange wir glücklich sind.
Und sie reden mir in der Sache James und Intimität auch nicht rein.

Zehn Minuten später traue ich mich wieder aus dem Bad und hoffe, dass Petunia fort ist.
Glück gehabt, die Luft ist rein. Wahrscheinlich petzt sie trotzdem.

James ist schon wach. Er hockt auf dem Bett und schaut sich in einer Spiegelscheibe an, die ich zuvor noch nie gesehen habe.

"Wo hast du die denn gefunden?", frage ich und hocke mich neben ihn auf's Bett.

"Die ist mein." Er lächelt und küsst mich.

"Krone, mach das gefälligst dann, wenn ich nicht zuschaue!", sagt plötzlich eine Stimme, die eigentlich nicht hier im Raum sein sollte.

Mein Kopf schnellt zur Tür. Da ist aber niemand.

"Beruhig dich, Tatze", kommt es von James, welcher in den Spiegel spricht.

Ich beuge mich näher heran. In der Scheibe ist Sirius' Kopf zu sehen.

"Was zur Hölle ist das?", will ich wissen.

"Ein verzauberter Spiegel", erklärt James und grinst mich an. "Eine Art Telefon der Muggel, nur mit Bild."

"Krass", kommt es über meine Lippen. "Wo habt ihr den her?"

"Berufsgeheimnis", ruft Sirius aus dem Spiegel. "Na, war's schön, Evans?"

"Was? Die Hochzeit oder-"

"Beides."

"Tatze!" James dreht den Spiegel um und schiebt ihn unter's Kissen. "Sorry."

"Schon okay", sage ich.

James streicht mir eine Strähne hinter's Ohr.

"Ich liebe-"

"LILY!" Petunias Stimme hallt durch's Haus.

"So kann man das auch ausdrücken...", murmelt James und rollt mit den Augen.

Doch mir gefriert das Blut in den Adern. Das ist nicht der typische Räum-deinen-Scheiß-hier-weg - Schrei, sondern ein anderer.
Einer, den ich nur einmal bis jetzt im Leben gehört hatte. Und damals haben wir unsere Katze leblos im Gartenhaus gefunden.

Mir wird heiß und kalt sogleich.
Ich kralle mir meinen Morgenmantel und stürze fluchtartig aus dem Zimmer. James ist mir dicht auf den Fersen; sein 'Ich liebe dich' konnte er ja nicht mehr zu Ende bringen...

Die Tür zum Zimmer unserer Eltern steht auf.

"Was ist?"

Zitternd betrete ich das Zimmer.

Petunia steht mit tränennassem Gesicht am Bett von Mum und Dad, Händchen haltend mit Vernon.

"Sie sind tot!"

"WAS?!"

Ich stolpere ans Bett.

Mum und Dad liegen nicht wirklich auf ihren Matratzen. Mum liegt zusammen gesackt auf dem Fußboden und Dad hängt noch halb auf der Matratze.

Ich beginne zu weinen. Ich bemerke es nicht.

"James. Zauberstab", bringe ich stockend hervor.

Petunia und Vernon weichen zurück. James rennt davon, um die Zauberstäbe zu holen.

"STELLT EUCH NICHT SO AN!", kreische ich meine Schwester und deren frisch gebackener Mann an.

Ich knie mich neben Mum und hebe ihren Kopf an.

Die Augen sind geöffnet und ihr Gesichtsausdruck ist neutral. Bei Dad ist es genauso.

Ich habe eine böse Ahnung.

"Lily, mach was!", wimmert Petunia.

"Ich kann nix mehr machen", erkläre ich ihr und nehme James meinen Zauberstab ab, da er soeben ins Zimmer gekommen ist.

Ich richte das Wort an die beiden: "Legt sie ordentlich auf's Bett und verlasst nicht das Haus." Dann drehe ich mich zu James um.
"Wir gehen jetzt schauen, ob- ob das Mal über dem Haus ist."

"Was für ein Mal?", grunzt Vernon, doch James und ich ignorieren ihn und begeben uns vor die Haustür.

Mein Herz wird jeden Moment aus meiner Brust springen, mein Blutdruck wagt sich auf gefährliche Höhen und meine Angstschweißproduktion ist im vollen Gange.

Uns stockt der Atem.

Über dem Dach prangt ein giftgrüner Totenkopf, aus dessen Mund sich eine Schlange windet. Ein kalter Wind streicht um's Haus und ich bin kurz davor zu kollabieren.

"Gestern Abend müssen sie sich ins Haus geschlichen haben", stellt James trocken fest und nimmt meine Hand.

"Anscheinend." Tränen verlassen meine Augen. "Warum? Warum sie? Mum und Dad haben die magische Welt kein bisschen beeinträchtigt." Ich schluchze auf und werde von dem süßesten Jungen der Welt in den Arm genommen.

Doch im nächsten Moment ertönen Schreie, Rufe und ich werde umsanft herumgerissen.
Ich öffne erschrocken meine Augen, die ich für kurz geschlossen habe und mein Gesicht in James' Schulter vergraben habe.

Vor uns stehen Todesser. Drei Stück. Die Mörder meiner Eltern.

"Wen haben wir denn da?" Eine Frau mit wirren Locken und gehässigem Grinsen hat gesprochen. Bellatrix Lestrange.
Sie ging nach Hogwarts, als ich in meinen ersten Jahren dort war.

Neben ihr stehen zwei Männer. Ich kenne sie nicht, auch nicht aus der Zeitung.
Trotzdem werde ich mich rächen.

"Jungs?" Bellatrix nickt den Männern zu. "Lasst uns reinen Tisch machen."

Bevor ich mich auch irgendwie verteidigen kann, zielt sie mit dem Zauberstab auf mich.
Der grüne Strahl schießt genau auf mich zu.

James' Reflexe retten mich. Er zerrt mich zu Seite, bemerkt dann allerdings die zwei Flüche nicht, die die zwei Männer auf mich losgelassen haben.

Sie treffen mich. Direkt in die Brust. Dorthin, wo sich mein Herz befindet. Ein Herz, das so viel liebt, hasst und alle meine Gefühle sammelt und auslöst.

Ich spüre Schmerz. Und gleichzeitig wie etwas warmes meine Arme, Beine und Oberkörper hinunterläuft.

Plötzlich wird alles schwarz.

***
Ich vernehme Stimmen. Viele.
Und ich werde selbst durch meine geschlossenen Augenlieder von Licht geblendet. Wo bin ich?

Ich öffne die Augen.

Ich erkenne alle Gesichter auf Anhieb.
James, Sirius, Mary, Remus, Alice und Marlene. Selbst Peter.

"Hallo", krächze ich.

"Hi", kommt es siebentönig zurück.

"Wo sind wir?", flüstere ich und nehme meine Umgebung genauer unter die Lupe.

Ich befinde mich in einem Bett und überall hängen Bilder von Menschen, deren Verletzungen deutlich dargestellt sind.
Das hier ist nicht der Krankenflügel von Hogwarts oder ein sonstiger Raum der Schule.
Soweit ich sehe, ist es auch kein Muggelkrankenhaus, da die Bilder sich bewegen.

"St. Mungo", antwortet James und streicht mir liebevoll über den Kopf. "Kannst du dich erinnern? An das, was vor vier Tagen geschehen ist?"

Ich krame in meinem Oberstübchen.

Und dann ist diese eine Erinnerung wieder da, die ich am liebsten in die nächste Mülltonne werfen würde.

Die Bilder in meinem Kopf werden glasklar.

Petunia, komplett außer sich, vor dem Ehebett von Mum und Dad.
Meine Eltern tot am Boden.
Das Dunkle Mal grün, leuchtend und bedrohlich am Himmel.
Die Todesser vor uns auf der Straße.
Ihr Angriff auf uns.
Der Schmerz, dessen Herkunft ich nicht weiß.

Ich beginne bitterlich zu weinen und muss wie ein Baby aussehen.

Das einzige was ich will, sind diese Menschen vor mir in den Arm zu nehmen und einen Zauberstab, um all diese Erinnerungen in Flammen zu setzen.

Ich werde von allen Seiten umarmt. Sie weinen mit mir. Mein Körper tut weh. Mein Herz auch.

Nachdem die anderen sich von mir gelöst haben, blicke ich an mir herunter. Ich erschrecke bei diesem Anblick.

Ich bin komplett bandagiert und trage ein weißes Nachthemd.

"James?" Meine Stimme ist zittrig.

"Du hast zwei Flüche abbekommen, die es eigentlich gar nicht gibt, zumindest sind sie nicht rechtlich vermerkt. Eine Eigenkreation der Todesser, wahrscheinlich. Du hast dreißig tiefe Schnittwunden und einen Schädelbruch", erklärt er und streichelt mit seinem Daumen meinen Handrücken.

Ich schlucke schwer.

"Was ist danach passiert? Also nachdem ich hinüber war?", stelle ich weitere Fragen und fühle mich schlapp wie ein Waschlappen.

"Uff, da ist ne' lange Geschichte. Ich habe die Schule und das Ministerium verständigt. Sie waren sofort da. Solange habe ich versucht, die Todesser in Schach zu halten, was mir mehr oder weniger gelungen ist." James deutet auf seinen Hals, wo sich ein roter Striemen befindet. "Deine Eltern wurden von so einem Muggel-Beerdigungsinstitut abgeholt, um was sich deine Schwester und Vernon gekümmert haben. Dich haben wir ins St. Mungo gebracht, wo du erstmal ne' Zeit lang-"

"Vier ganze Tage", plappert Sirius dazwischen und erst jetzt wird mir klar, wie fertig meine ganzen Freunde eigentlich sind.

"Jaja, ist doch egal. Jedenfalls hast du vier Tage geschlafen. Die Heiler haben sich um deine Verletzungen gekümmert und meinten, dass du mehr als Glück hattest", beendete James seine Aufzählung. "Die Heiler kommen gleich. Eigentlich sollten wir ihnen Bescheid geben, sobald zu wach bist."

"Was ist mit Mum und Dad's Beerdigung? Und ihrem Testament? Hat es jemand gefunden, Petunia vielleicht?", wollte ich wissen.

Mit einem Mal wurden die Gesichter meiner Freunde ernst. Sehr ernst.

"Lily, die Sache ist die", begann Remus zögerlich und fuhr sich nervös durch die Haare. "Dein Eltern wurden verbrannt, was wohl eine Art der Muggel-Bestattung ist. Deine Schwester und Vernon haben heute Morgen einen Beerdigung im kleinsten Kreise einberufen und die Asche in euren Gartenteich getan. So wollten sie es."

"Sie- sie haben die Beerdigung ohne mich veranstaltet? Es sind auch meine Eltern!", rief ich und starrte die anderen verzweifelt an. "Das kann nicht sein!"

"Doch, es war so. Wir wussten alle nicht, wann du aufwachst und so haben sie es ohne dich getan", klinkte sich Mary ein und eine Träne kullerte ihre Wange hinunter. "Es tut uns leid."

Ich habe noch nie solch einen Hass meiner Familie gegenüber gespürt. Oma, Opa, Tante, Onkel, Petunia und Vernon, sie alle haben meine Eltern ohne deren Tochter ins Reich der Toten verabschiedet? Meiner Meinung nach ist das eine Sauerei.

"Danke", sage ich nur.

"Wofür?", fragen sie im Chor.

"Danke, dass ihr da seid."

"Das machen Freunde nunmal."

Hello!
Ich weiß, etwas sad, aber ich habe letztens gelesen, dass Lilys Eltern relativ früh sterben und musste es irgendwie einbauen, sorry.😕

Danke für's Lesen und schaut bei meiner 2. Story vorbei, was mich freuen würde!❤️

Tschau,
-Rel🔥

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