Prolog
,,Ich bin schon so oft gefallen...", murmelte ich, wohlwissend, dass er mich, auch wenn er gegangen war, hörte. ,,Morgen werde nicht ich brennen. Morgen brennt das Königreich."
D E L M I R A
Ich sah mich um. Es war noch recht früh am Morgen, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Die Straßen um mich herum waren leer. Ich seufzte, woraufhin sich eine Atemwolke in der Luft bildete, dann lief ich los, durch den knöchelhohen Schnee. Ich zog meine Schultern hoch, es war schön dämlich von mir gewesen, dass ich mich nicht umgezogen hatte und nun in hochhackigen Stiefeletten, einem bauchfreien T-Shirt mit Kapuze und einem für die Parallelwelt viel zu kurzen Rock herumlief. Er ging mir bis zur Mitte meines Oberschenkels, hier sollte man am Besten in langem Kleid herumlaufen, und dann so prunkvoll wie möglich.
Ich vergrub seufzend meine Hände in den Taschen meiner Lederjacke, bevor ich stillschweigend weiterging. Als ich vor dem Schloss ankam, atmete ich erleichtert auf. Es brannte bereits Licht. Bald würde das ganze Gebäude brennen. Ich klopfte zittrig gegen das große Eichentor vor mir, bereit, die Mitleidsschiene zu fahren.
Doch als mir geöffnet wurde, hatte ich gar nicht die Möglichkeit, etwas zu sagen; ich wurde gleich reingezogen und grob von zwei Wachmännern an den Armen festgehalten.
,,Hey!", gab ich von mir, in dem Versuch, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, da sie mich bereits zum Thronsaal schoben. Doch sie reagierten nicht. Ich versuchte es erneut, doch wieder hatte ich keinen Erfolg.
,,Was ist hier los?"
Ich drehte mich so gut wie möglich um, und atmete auf, als ich sein vertrautes Gesicht sah. Das Gesicht, das ich gesucht hatte, damit nicht auch er sterben müsste.
,,Deimos.", seufzte ich und schloss kurz meine Augen, um durchzuatmen. Als ich meine Augen wieder öffnete, schmunzelte er. ,,Delmira.", begrüßte er mich dann, bevor er zu den beiden Wachen sah. ,,Lasst sie los."
,,Mister Carter, wir..."
,,Sie ist keine Gefahr.", unterbrach er den Mann kühl, als dieser ansetzte, um zu protestieren. ,,Lasst sie los.", wiederholte er seine Worte mit Nachdruck, woraufhin sogleich von mir abgelassen wurde. Er warf mir ein zärtliches Lächeln zu. ,,Komm her, meus anima."
Augenblicklich schoss Hitze in meine Wangen. Er hatte mich soeben auf Lateinisch meine Seele genannt. Und da Lateinisch hier eine weit verbreitete Sprache war, blickten nun auch die Wachmänner verwirrt zwischen uns hin und her. Ich lief mit schnellen Schritten zu ihm, woraufhin er mich in seine Arme schloss. ,,Was machst du nur?", murmelte er in meine Haare, während er mich festhielt.
,,Zu dir kommen.", nuschelte ich, woraufhin er rau auflachte. ,,Und dir nebenbei wahrscheinlich eine Erkältung holen... na komm, du brauchst was Vernünftiges zum Anziehen." Mit diesen Worten legte er seine Hand auf meinen Rücken und schob mich sanft zu seinem Zimmer, wo ich mich zunächst auf das große, weiche Bett setzte und ihn dabei beobachtete, wie er die Tür schloss.
Ich sah ihn verwirrt an, als er auch noch den Schlüssel herumdrehte, doch er lächelte nur sanft und lief zu mir, bevor er mich küsste.
Ich keuchte leise auf, während meine eine Hand in seinen Nacken glitt, woraufhin sich ein leichtes Schmunzeln auf seine Lippen legte. Nur nebenbei nahm ich wahr, wie er mich auf die Matratze hinabdrückte und sich über mich kauerte, deshalb reagierte ich auch entsprechend wenig, als die Kirchenglocken sechs Uhr schlugen. Augenblicklich zuckte ich zurück, als ich mir ins Gedächtnis rief, weshalb ich hier war, woraufhin er mich verwirrt und besorgt musterte. ,,Stimmt etwas nicht?", fragte er dann, als er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
,,Du musst hier weg.", flüsterte ich dann. ,,Nimm deine kleine Schwester und geh, Deimos. Du musst gehen, er wird euch umbringen..."
Ja, vielleicht schob ich es gerade auf meinem Vater. Aber es war mir egal, dass ich log, er würde mich nie wieder sehen. ,,Ein bisschen Zeit haben wir noch...", murmelte er und senkte seinen Kopf zu meinem Hals, doch ich stieß ihn von mir weg. ,,Haben wir nicht, Deimos. Wir haben keine Zeit mehr, du musst verdammt nochmal gehen!"
Er betrachtete mich, dann strich er über meine Wange. ,,Liebling, er wird nichts tun, solange du hier drinnen bist. Es wird nichts passieren." In mir stieg ein Schluchzen auf, und ich machte mir nicht die Mühe, es zurückzuhalten. Schwere Tränen stiegen in meinen Augen auf, woraufhin er mich erstaunt ansah. ,,Deimos, du verstehst es nicht... du musst mir vertrauen, ein aller letztes Mal. Du musst deine kleine Schwester nehmen und hier weg, so weit weg wie du kannst, verstehst du? Jetzt!"
Er seufzte schwer, dann nickte er. ,,Okay.", murmelte er, bevor er über meine Wange strich und einen Kuss auf meine Stirn drückte, woraufhin ich meine Augen schloss, meine Tränen nicht weiter zurückhielt. ,,Ich liebe dich, meus anima.", flüsterte er dann.
Ich zwang mich zu einem Lächeln, und auch, wenn ich die Augen geschlossen hatte, wusste ich, dass er ebenfalls lächelte. ,,Ich liebe dich auch, meus animos." Es kostete mich viel Überwindung, ihn meine Seele zu nennen, doch das kleine Lachen, welches ich daraufhin von ihm hörte, machte mir diese Mühe wert.
,,Du... du musst jetzt gehen.", flüsterte ich, woraufhin ich seine Lippen einige Sekunden lang auf meinen spürte. Dann seufzte er schwer auf und zog sich von mir zurück, wenig später hörte ich, wie er die Tür aufschloss und ging. Ich öffnete meine Augen, konnte ein Seufzen nicht zurückhalten und sah mich in dem Zimmer um. Es war schlicht eingerichtet, die Möbel bestanden aus hellem Holz. Die Wände waren in einem hellen Blauton gestrichen, es war einfach typisch Deimos: so schlicht und unnahbar wie möglich. Es gab nichts Persönliches in diesem Raum.
Ich schüttelte meinen Kopf, um meine Gedanken loszuwerden, dann stand ich auf und lief mit schnellen Schritten in den Flur, bevor ich meine Augen schloss und tief durchatmete. Ich konnte Deimos nirgendwo spüren, seine kleine Schwester auch nicht. Offensichtlich war er weg. In der Parallelwelt oder irgendwo in diesem Königreich, es war mir egal, er war weg, und das war gut so. Nun konzentrierte ich mich auf die Türen. Darauf, dass sie verschlossen wurden, darauf, dass niemand mehr sie öffnen konnte.
Dann auf das Wasser, dass es nirgendwo in der Stadt mehr war, dass das Element abgeschirmt war, niemand es herbeirufen konnte - dass niemand das Schloss vom Brennen abhalten konnte. Ich atmete tief durch, dann lief ich los. Die Treppen hoch, bis zum Balkon, von welchem aus ich das ganze Königreich vor mir sehen konnte, wie es sich ausstreckte - und noch seelenruhig schlief.
Ein winziges Lächeln stahl sich auf meine Lippen, bevor ich mich zu dem Schloss umdrehte, auf meine Hände hinabsah. In meinen Handflächen züngelten Flammen, welche ich nun auf das Gebäude losjagte, in die einzelnen Räume, sodass es nicht allzu viel Schaden anrichtete - bis auf die Menschenleben, die es beendete, beschädigte es die Gemäuer recht wenig.
Als ich den Schrei eines Phönix' wahrnahm, drehte ich mich um, und augenblicklich legte sich ein Lächeln auf meine Lippen. Er war riesig, sein Kopf war gefühlt so groß wie mein Oberkörper. ,,Hallo.", murmelte ich dann und streckte meine Hand vorsichtig nach ihm aus, woraufhin er leicht mit dem Schnabel klapperte und mich gewähren ließ.
Augenblicklich schoss Hitze durch meinen Körper und ich schloss meine Augen. Als ich meine Augen wieder öffnete, war der Phönix verschwunden. Dafür hatte er sich als kleines Tattoo in mein Handgelenk gesetzt, als Figur aus vielen Verschnörkelungen, und ich wusste, was das bedeutete. Er hatte sich in meinen Körper gesetzt, sich mit mir verbunden und seine Unsterblichkeit auf mich übertragen.
Ich sah nun wieder auf die Stadt, die Menschen starrten mich von ihren Fenstern und Haustüren aus mit großen Augen an. Ich schmunzelte leicht. ,,Sie ist die letzte.", murmelte dann jemand, woraufhin das Lächeln von meinen Lippen verschwand.
Die Worte schoben sich wie ein Murmeln durch die Menge, während ich von allen ehrfürchtig angestarrt wurde. ,,Die... letzte?", gab ich nur leise von mir. ,,Der letzte vollständige Phönix... herzlichen Glückwunsch." Ich wirbelte herum und betrachtete meinen Vater, ich hatte nicht damit gerechnet, dass er ohne Ankündigung hier auftauchen würde. ,,Sie sind tot.", fügte er noch mit einer Kopfbewegung Richtung Schlossgemächer hinzu, woraufhin ich seinem Blick kurz auswich. ,,Verstehe.", murmelte ich dann, bevor ich die Türen wieder öffnete.
Augenblicklich quoll mir Rauch entgegen. Ich sah an mir hinab, spürte, wie Energie durch mich schoss - doch ich konnte nichts damit anfangen.
Einen Moment lang sah ich zu meinem Vater, woraufhin dieser schwer seufzte. ,,Du kannst die Herrschaft auch an mich abgeben."
,,Herrschaft?", piepste ich leise, woraufhin er leicht schmunzelte. ,,Kleine, der Phönix ist der Herrscher. In deinem Fall die Herrscherin."
Ich sah zu den Menschen, welche mich noch immer anstarrten. ,,Sie können sich nicht wehren?"
,,Bei deinem Befehl sind sie Marionetten.", antwortete er mir, woraufhin ich lächelte. ,,Vorerst lasse ich sie in Ruhe... vorerst."
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