Kapitel 8 - Teil 1
8
Heute war der dritte Tag auf dem College. Mittwoch. Dieser Tag war laut meinem Stundenplan der entspannteste nach Donnerstag, da ich heute nach dem Mittagessen nur noch eine Stunde hatte, die jedoch ausfiel. Marleen hatte noch zwei Stunden, also ging ich mit Mia und ein paar anderen aufs Zimmer, weil wir zusammen Biologie Hausaufgaben machen wollten. Gelassen setzten wir uns auf den Boden und versuchten, die Aufgaben zu lösen. Mia rutschte ein wenig näher an mich heran und flüsterte mir ins Ohr: "Amy?"
„Ja?", flüsterte ich genauso leise zurück.
„Du ähm ... kann ich dich mal was fragen? Eher was Intimeres?" Ich sah sie mit gerunzelter Stirn an. Etwas Intimeres?
„Klar, was denn?" Sie holte hörbar Luft und sah zu Dean herüber, der sie mit zusammengekniffenen Augen anstarrte. Ich starrte genauso blöd zurück.
„Ähm ... Du kennst doch bestimmt Nathan Lambert - oder?", fragte sie. Na klar, dachte ich mir. So ein Mistkerl vergisst man nicht.
„Ja, warum?" Was wollte sie denn jetzt bitte wissen? Und was um Himmels Willen hatte sie jetzt mit Nathan zu tun?
„Okay, ich schieß einfach los. Hattest du Sex mit ihm?" Völlig perplex schaute ich sie an. Wie bitte?
„Bist du bescheuert? Natürlich nicht! Wie kommst du bitte darauf?"
Sie atmete erleichtert auf. „Weil du sein Trikot anhattest, denkt fast jeder, dass du mit ihm geschlafen hast. Und niemand trägt seine Klamotten, nachdem er mit irgendjemanden gevögelt hat."
„Mein Gott, Mia", sagte ich. „Das war ganz sicher nicht so. Ich hab das morgens unterbewusst angezogen, weil er es am Tag zuvor einfach in die Menge geworfen hat, okay?"
Ich füllte ein paar Lücken in dem Lückentext, dann tätschelte Mia mir den Rücken.
„Gut so." Oh ja, gut so. Warum sollte ich mit so jemanden Sex haben? Warum drehten alle am Rad, nur wegen einem dummen Kerl? Ich verstand es einfach nicht.
Nachdem wir unsere Bio Aufgaben fertig hatten, die ich übrigens mal wieder zu 90 Prozent abgeschrieben hatte, widmeten wir uns unseren anderen Hausaufgaben, bei denen wir uns aber überwiegend nicht helfen konnten, da wir ja fast alle komplett verschiedene Kurse hatten. Ich brauchte nicht lange, weil es eigentlich nur Fächer waren, in denen ich größtenteils mitkam. Als ich mit allen Aufgaben fertig war, kam Marleen ins Zimmer. Sie trug einen großen Papierstapel bei sich und ihre Haare klebten ihr kreuz und quer im Gesicht.
„Hey", begrüßte sie uns. Ich stand auf, um ihr mit dem Papierstapel zu helfen, den sie in den Schreibtischschubladen verteilte. Allerdings ließ sie mich den Stapel nicht mal anfassen. Was würde das wohl sein? Ich fragte lieber nicht nach, gerade weil alle da waren. Ich erkannte nicht, was auf den Blättern stand, da Marleen sie zusammengeheftet hatte und auf dem ersten Blatt nichts stand.
„Was ist das?", fragte ich sie leise, ohne, dass die anderen es mitbekamen. Sie schaute mir in die Augen.
„Nichts Wichtiges. Ein Referat für Spanisch." Ihre Lippen zitterten, als würden sie gleich ein Erdbeben ankündigen. Was zum Teufel war das für ein Stapel?
„Alles klar. Brauchst du Hilfe?" Wir wussten beide, dass sie wie gedruckt log.
„Nein", lehnte sie dankend ab und verschloss die Schreibtischschubladen, in denen der Papierstapel nun verteilt war und die ihr gehörten. Die restlichen 4 Schubladen waren für mich bestimmt. Dass sie abgeschlossen hatte, machte mich noch neugieriger und stutziger. Verheimlichte sie etwas von mir? Auch wenn meine Neugier die Befriedigung suchte, ließ ich es bleiben, weil sie mir mit ihrem Blick signalisierte, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dazu war. Okay. Heute drehten wirklich alle komplett durch. Zugegeben, ich war auch nicht gerade die entspannteste, aber so abgedreht wie die war ich ganz sicher nicht.
Was war nur mit den beiden los? Meine Neugier ließ sich nicht befriedigen. Ich wollte unbedingt heraus finden, was das für ein Stapel in den Schubladen war.
Genervt, müde, erschöpft und was weiß ich was ich noch sagen könnte, knallte ich die Badezimmertür zu. Ich hatte mich gerade geduscht, um mich darauf vorzubereiten, von Marleen eingekleidet zu werden. Es war Samstagabend und wir hatten noch ungefähr zwei Stunden Zeit, bis die Einweihungsparty anfing. Ich hatte null Bock darauf, aber wie immer zwang Mar mich förmlich dazu, mitzukommen. Dass übrigens jeder dort hin ging, bezweifelte ich.
„So,zieh das mal an", sagte sie und reichte mir ein Mini Kleid, das einen 5 Meilen Ausschnitt hatte und mit reichlich viel Glitzer bestückt war. Ach du Scheiße. Das konnte ja nur heiter werden. Widerwillig zog ich es mir über meine Unterwäsche und betrachte mich im Spiegel, der in der inneren Tür des Kleiderschranks angebracht war. Zu dem überdimensionalen kurzen Kleid trug ich knallrote High Heels, deren Absatz mir größer vorkamen als mein ganzer Kopf. War das ihr scheiß Ernst?! Ich sah aus wie ein billiges Flittchen, dem jeden Moment drohte, das Kleid am Arsch zu reißen! Mal abgesehen davon, dass man förmlich meine Brustwarzen sehen konnte!
Okay Amy, ganz ruhig. Jetzt übertreib nicht. Der Ausschnitt ist jetzt nicht so übertrieben. Sie meint es nur gut. Sag ihr einfach, dass das Kleid dir nicht gefällt.
Warum redete ich eigentlich mit mir selbst?!
„Ähm ...", wollte ich anfangen, jedoch unterbrach sie mich sofort.
„Na gut, da muss ich dir ausnahmsweise mal zustimmen, du Nuss. Das sieht echt beschissen aus." Ich lachte und unsere Blicke trafen sich im Spiegel. So stimmte sie in mein Lachen mit ein und wir krümmten uns, sodass ich ein Geräusch wahr nahm, dass ich anhörte, als wäre das Kleid tatsächlich gerissen. Grundgütiger. Mit großen Augen schaute Marleen mich im Spiegel an.
„Nein, nein, alles gut. Es hat nur geknackst", lachte sie noch mehr und hielt sich schon den Bauch. Oh man, wie ich es vermisste, so mit ihr zu lachen. Warum musste sie auch immer alles daran setzen, den Jungs zugefallen? Es gab weitaus Wichtigeres. In dieser Zeit sollte sie lieber mit mir etwas machen. Und sich mehr auf das College konzentrieren, immerhin zahlte sie ja auch 50000 Dollar dafür, um hier zu sein.
Dann rede doch einfach mit ihr.
Und was soll ich zu ihr sagen? Hey, Marleen, konzentrier dich doch bitte mehr auf das College. Darauf würde sie niemals hören!
Versuch es doch einfach.
Ach, halt die Klappe. Warum redete ich mit einer meiner eigenen Stimmen in meinem Kopf?
Ich war wirklich total verrückt.
„Dann versuchen wir es eben mit etwas anderem", kündigte sie nun an und wir versuchten die verschiedensten Kleider heraus. Zu meinem Bedauern testete sie nur Kleider aus, keine kurzen Hosen oder so. Und wie zu erwarten, hasste ich Kleider. Ich hasste hohe Schuhe. Ich hasste Partys. Ich hasste die Jugendlichen, die dort immer wild rumknutschten. Ich hasste die Jungs dort, die dachten, sie würden dort jede kriegen und die jedes Mädchen antanzten.
Naja, dich tanzt fast keiner an.
Okay, besser gesagt niemand. Wie konnte man denn so hirnverbrannt sein und einfach mal so ein Mädchen gegen ihren Willen dauerhaft begrabschen? Ich konnte das Gefühl zwar nicht nachvollziehen, aber Marleen konnte es und selbst sie sagte, dass es nervt. Und ich meine - hallo - wenn sogar sie das sagt?! Es nervte einfach jeden (außer die Notgeilen).
Naja - jedenfalls egal. Ich musste jetzt erstmal schauen, was ich anziehen würde, denn wir hatten nur noch 40 Minuten und ich musste mich noch schminken und mir die Haare machen. Außerdem war die Hütte 15 Minuten entfernt. Und so wie es aussah, würden wir für mich gar nichts mehr zum Anziehen finden.
„Wenn wir jetzt innerhalb der nächsten 10 Minuten nichts finden, bleibe ich hier, das schwöre ich dir. Ich hab echt keine Lust mehr."
Mar seufzte laut. "Du hast nie Lust auf etwas, jetzt zick nicht rum und probier das hier an", sagte sie und übergab mir das locker 100. Kleid. Wie viele Kleider hatte sie überhaupt dabei?
Es war mir im Moment gleich, da ich jetzt mal etwas finden musste, das ich anziehen konnte.
Mir standen einfach keine Kleider. Ich war zwar schlank, dafür war aber meine Taille meines Erachtens nach total verkrüppelt und meine Beine viel zu kurz.
Obwohl ich die Hoffnung schon längst aufgegeben hatte, gab Marleen mir schließlich ein dunkelblaues Kleid, das schon fast schwarz war. Ich wunderte mich, dass sie so etwas überhaupt in ihrem Schrank besaß. Es war trägerlos, zeigte zu meinem Erleichtern nicht so viel Ausschnitt und war an der Taille sehr eng. Außerdem endete es in einem sehr kurzem Tellerrock. Okay, stop mal: Normalerweise hasste ich Tellerröcke wie die Pest, weil sie aussahen, als wäre ich ein 12-jähriges Mädchen,das sich jede Minute mit diesem bescheuerten Rock dreht und davon dann kotzen muss. Zudem war es ziemlich kurz. Nun ja, so kurz nun auch wieder nicht, aber ich verwettete meinen Arsch, dass ihn jeder zu sehen bekommen würde, wenn ich mich nur ein einziges Mal bücken würde.
Oh nein, nein, nein. Das zog ich ganz bestimmt nicht an.
Okay, vielleicht doch. So schlecht sah es gar nicht mal aus.
Man wird deinen ganzen Arsch sehen.
Nein ... Vielleicht ja doch nicht.
Doch.
Ach, halt die Klappe! Du hast gar nichts zu melden, innere Stimme!
„Ziehst du es mal an?", fragte meine Freundin und unterbrach damit meine Diskussion mit mir selbst. Ich nickte und schlüpfte in das Kleid hinein. Gott, ich dankte dir, dass niemand meine Gedanken lesen konnte. Ich wollte gar nicht wissen, was wäre, wenn das jemand könnte. Also ... Nein. Denk nicht mal darüber nach.
Mit Mühe zog ich mir das Kleid über, Marleen zog den Reißverschluss am Rücken zu.
Dann gab sie mir noch passende High Heels, die im Übrigen keinen Keilabsatz hatten,was mich darüber nachdenken ließ, wann ich heute Abend wohl auf die Fresse fliegen würde.
Wie im Namen des Herren hatte sie es geschafft, so viele Kleider und Schuhe in einen Koffer zu packen?! Und dann hatte sie noch zu fast jedem Kleid die passenden Schuhe in der selben Farbe!
Egal - zurück zum eigentlichen Thema. Ich betrachtete mich im Spiegel. Hm ... So schlecht sah das Kleid gar nicht mal aus. Abgesehen davon, dass ich blass wie eine Leiche war, meine Oberweite aussah wie MINUS Doppel D und ich wegen der Hacken ein wenig wacklig auf den Beinen war.
„Mar ...", fing ich an.
„Nein. Das sieht gut aus. Jetzt habe ich auch keine Lust mehr. Und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich keine Lust mehr habe, sondern weil es dir wirklich steht. Und nein, man sieht deinen Arsch nicht, wenn du dich bückst, außer du streckst ihn natürlich zum Himmel."
Seufzend drehte ich mich um und bückte mich. Na gut, ich musste zugeben, dass man meinen Po nicht sah. Ich nahm mir einfach vor, mich immer so zu bücken, dass ich gerade auf den Boden zuging. Und ich meine, warum sollte ich mich auf einer Party bücken?
Halbwegs zufrieden ging ich in das Badezimmer, um mich ein wenig zu schminken. Eigentlich schminkte ich mich nicht oft, weil ich entweder keine Zeit hatte, weil ich immer verschlief oder weil ich einfach zu faul war. Heute wollte ich allerdings mal frischer aussehen und nicht immer wie die lebendige Leiche, weshalb ich ein wenig Make Up auftrug.
Damit das Ganze nicht so übertrieben glänzte, puderte ich noch ein bisschen mein Gesicht ein und trug Rouge auf, sodass es nicht so künstlich aussah. Meine Augen betonte ich mit Wimperntusche und einem Eyeliner. Naja, soweit man bei meinen dunklen Augen überhaupt von betonen sprechen konnte. Zu meinem Erstaunen hatten das Aussuchen des Kleids und das Schminken insgesamt nur 15 Minuten gedauert, also hatte Mar noch an die 20 Minuten Zeit, um meine Haare zu machen. Ich nahm einen Schreibtischstuhl, klappte die Tür meines Schranks auf, in der der Spiegel befestigt war und setzte mich davor. Marleen stellte sich dahinter und machte mir mit ihrem Lockenstab ein paar Locken ins Haar, welche eher wie leichte Wellen aussahen. Das nahm ich als Gelegenheit, endlich mal ihr Aussehen für heute Abend zu checken.
Sie trug ein rotes Kleid, das perfekt zu ihren schwarzen Naturlocken, die sie heute geglättet hatte, passte. Es hatte dünne Träger und ging im Gegensatz zu meinem nicht auseinander, es schmiegte sich an ihre perfekte Hüfte und betonte sie. Weil das Kleid so eng war, sah es nebenbei auch so aus, als hätte sie Doppel Z. Wenigstens hatte es aber keinen weiten Ausschnitt und hielt sich mit der Länge im Gegensatz zu den Schuhen noch im Rahmen.
Ihre Absätze waren locker doppelt so hoch wie meine, jedenfalls kam es mir so vor. Wie konnte sie darauf überhaupt laufen? Müsste der Absatz nicht abbrechen? Und wie tanzte man bitte damit? Tat das nicht weh am Fuß?Tausende Fragen über ihre Schuhe schwirrten mir im Kopf herum, die so unnötig waren wie die ganze Party.
„So, fertig", verkündete sie nach einer Weile und machte den Lockenstab aus.
Ich betrachtete mich noch ein letztes mal im Spiegel, dann zog ich mir meine schwarze Lederjacke, die nur bis zur Taille ging, an und steckte mein Handy in die Jackentasche. Der Witz dabei war, dass ich bisher nur eine einzige Nummer hatte: Marleens.
Die Nummer von Mom und Dad beziehungsweise die Nummer unseres Telefons kannte ich auswendig, also musste ich sie auch nicht einspeichern ...
Nein, Amy. Heute nicht. Heute reißt du dich zusammen und genießt die Party.
Wie sollte ich auf diesen Hacken die Party genießen? Ich konnte in den Dingern ja kaum laufen!
Genervt liefen wir auf den Parkplatz, der sich vor dem Hauptgebäude erstreckte. Zumindest war ich genervt. Erst jetzt fiel mir auf, dass sogar der Parkplatz umzäunt war. Wir liefen durch das eiserne Tor und mussten erstmal gefühlte Stunden ihren verdammten Wagen suchen. Die Dunkelheit machte das doppelt so schwer, nicht mal irgendwelche Straßenlaternen gab es hier, die uns die Suche erleichtern würden. Nach einer Ewigkeit fanden wir es ziemlich weit hinten und stiegen ein. Es standen nicht all zu viele Autos auf dem Parkplatz, da die meisten schon auf dem Weg zur Party waren, deshalb wollte ich gar nicht wissen, wie lange es dauern würde, das Auto zu finden, wenn der Parkplatz komplett voll war. Meine Füße fingen jetzt schon an zu pochen. Oh Herr im Himmel, mach, dass ich diese Nacht überlebe.
Schweigend startete Marleen den Motor und fuhr in Richtung Westen. Das Navigationssystem wies ihr den Weg. Die Stille nahm ich als Gelegenheit, sie mal auf Dean anzusprechen.
„Du?"
Sie drehte ihren Kopf zur Seite und starrte mich an, um mir zu zeigen, dass sie zuhörte.
„Ich wollte dich mal was fragen ..."
„Na dann los?", hetzte sie mich und bog nach links ab. Die Stimme des Navigationssystems machte mich unnormal aggressiv, weil sie so hoch und schräg war.
„Halloooo?"
„Ah, sorry. Also ... Hattest du eigentlich etwas mit Dean?", fragte ich sie und kratzte mich am Kopf. Warum fragte ich sie das eigentlich? Weder ein ja noch ein nein würden mir weiterhelfen oder mich überraschen. Wieder einmal richtete sie ihren Blick von der Straße auf mich und setzte ihren Ist-das-dein-Ernst Blick auf. Gott, dieses Mädchen hatte so unmöglich viele Blicke drauf, die mich echt nervten und zur Weißglut brachten.
„Von welchem Dean redest du? Es könnte sein, dass wir den jenigen verwechseln und ich von einem anderen Dean rede. Ich glaube der Name Dean von verschiedenen Personen steht schon ziemlich oft auf meiner Liste." Wie bitte? Meinte sie das ernst?
Ich sagte nichts, sondern schaute einfach nur weiter gerade aus. Es herrschte wieder vollkommene Stille, bis Mar sie plötzlich mit einem Lachflash des Jahrhunderts unterbrach.
„Mein Gott, Amy, das war Spaß! Ich hatte mit keinem Dean etwas und ich führe auch keine Liste. Außerdem hatte ich bis jetzt nur mit Ethan etwas, der von den Chemie Hausaufgaben."
Ich glaubte ich hatte mich überhört. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Nur mit Ethan?
Grundgütiger, das war ja ein Rekord! Innerlich freute ich mich, dass sie es nicht mit so vielen trieb. Nun hör aber mal auf. Du übertreibst ja gerade völlig!
Halt die Schnauze da oben. Ich glaubte das College veränderte sie, genau wie mich. Um nicht länger in völliger Stille hier rumzusitzen, nahm ich wieder den Faden auf.
„Herrgott, der Dean von Mia oder wie auch immer ich diesen Bubi bezeichnen soll."
Jetzt lachte sie noch mehr. Ihr Lachen übertönte sogar die Musik und die schräge Stimme des Navigationssystems, das ihr sagte, sie solle nach rechts abbiegen und in 200 Metern nochmal links. Mir fiel auf, dass ihr Lachen ganz anders war. Es klang viel Marleen mäßiger. Schriller, fröhlicher, lauter, ... Seit dem Horrortag hatte ich sie nicht mehr richtig lachen gehört, aber das war jetzt allem Anschein nach vorbei. Ja, genau.
Das war die Marleen, die ich kannte.
„Dean der Bubi also? Nein, wie gesagt, ich hatte nichts mit ihm. Wie kommst du darauf?", fragte sie und nahm inzwischen die linke Kurve. Ich bemerkte, dass wir schon eine Weile in einem Wald fuhren. Ach du lieber, war diese Hütte etwa in einem Wald?!
Nein, natürlich nicht. Warum sollten wir dann durch einen Wald fahren?
Ach, sei doch einmal ruhig!
„Naja, als Mia mich fragte, ob ich zur Party komme, hat er total hoffnungsvoll davon geschwafelt, dass es cool wäre, wenn du auch kommen würdest", erklärte ich ihr mit schulterzuckenden Achseln.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, sie würde gleich wieder in einem niemals endenden Lachflash enden, doch sie hielt sich Gott sei Dank zurück und hielt eine Hand vor ihrem Mund, um ihr Lachen zu verkneifen. Dadurch wurde sie puterrot.
Oh ja, das wurde sie immer, wenn sie lachen musste. Rot wie eine Tomate.
„Wenn du dich jetzt mal mit deinem scheiß Lachen beherrschen könntest, würde ich gerne eine Antwort bekommen!", protestierte ich sarkastisch. Sie atmete kurz ein, um sich zu beruhigen. Dann fuhr sie fort. „Ich hab ihn abblitzen lassen, das ist alles. Dann hat er gesagt, irgendwann würde ich noch eifersüchtig werden. Das ist einfach zum Totlachen, Amy! Also bitte! Als würde ich auf so einen Bubi stehen und dann noch eifersüchtig werden!"
Okay, zugegeben, das war echt peinlich. Das war wohl auch der Grund, weshalb er es bei mir versuchte. Oh man. „Nicht dein ernst. Er hat's am Mittwoch auch bei mir versucht", kicherte ich, was allerdings schnell zu einem unaufhaltbaren Lachflash mit meiner besten Freundin wurde. Oh, wie sehr ich es vermisste, mit ihr so zu lachen. Dieser Abend würde bestimmt toll werden. Außer du fällst wegen den Schuhen auf die Fresse, man sieht dein Höschen oder du blamierst dich einfach mit irgendetwas anderem, was du sowieso immer tust.
Na toll, danke Stimme. Das vermieste schon fast meine Laune.
Während wir uns vor Lachen kaum noch beherrschen konnte, hielt Marleen an.
„Warum hälst du an?", fragte ich verwirrt.
„Ehm, weil ich auch später noch raus kommen möchte. Wenn wir weiter vor fahren, kommen wir nicht mehr raus, weil da schon zig Autos stehen."
Natürlich hatte sie recht, als wir ein Stück liefen - meine Füße taten noch mehr weh - und die hölzerne Hütte sahen, die durch den Mondschimmer ein wenig beleuchtet wurde. Es waren fast keine Bäume hier, was ziemlich günstig war, weil ich bezweifelte, dass so viele Leute in eine derartige Hütte passen würden. Die Musik, die mir jetzt schon in den Ohren weh tat, hallte über den ganzen Platz und es schien fast so, als würde sogar das Wasser des Sees sich durch die ohrenbetäubenden Bässe bewegen. Im Wasser spiegelte sich das Mondlicht.
Auf einmal blickte ich mich um. Durch das atemberaubende Naturspektakel war mir gar nicht aufgefallen, wie viele Leute hier waren. Heilige Scheiße, das war ja wirklich fast die ganze Schule! In Gedanken musste ich mir schon glatt eine gut durchdachte Strategie ausdenken, wie ich mich zur Hütte durchkämpfen konnte.
Erstens: Ich hatte hohe Schuhe an und der Waldboden war nicht gerade regelmäßig.
Zweitens: Eine wild gewordene Horde von gefühlten Millionen Menschen versperrte mir den Weg.
Drittens: Der Platz zwischen den einzelnen Menschen betrug nicht mal einen halben Millimeter.
Jetzt aber mal locker, heul nicht rum und quetsch dich einfach durch.
Also gut. Ich nickte Marleen zu, was so viel wie 'Auf in den Kampf' bedeuten sollte.
Ungeschickt versuchten wir uns durch die Masse zu quetschen, die uns offenbar nicht mal durchlassen wollte. Jetzt lasst uns verdammt nochmal durch, ihr dummen, besoffenen Kinder!
Ja, richtig gehört. Kinder. Um mich herum sah ich fast nur Kinder, die in ihren Miniröcken und kurzen Kleidern, die noch kürzer wie die von Marleen waren, ältere Jungs versuchten anzuschmachten. Oh Gott, wo war ich nur gelandet? Auf einer 14-Jährigen-yolo-ich-mach-was-ich-will-ich-bin-jung Party?! Geschockt quetschte ich mich weiter durch, wobei ich mir fast das Bein gebrochen hätte, weil ich mit diesen Schuhen nur mühselig durch kam. Es war eine regelrechte Schlacht, die wir in locker zehn Minuten meisterten. Am Ende der Horde, die uns förmlich wie verdorbenes Fleisch ausspuckte, machten wir eine kleine Pause. Diese Nähe brachte mich zum Schwitzen.
„Ach du heilige Maria", sagte Marleen zwischen zusammengebissenen Zähnen.
„Oh ja."
„Ich komme mir vor wie auf einer Kinderparty." Ich wollte ihr gerade zustimmen, da betraten wir jedoch die Holzhütte, die meine Meinung sofort änderte.
Noch mehr dröhnende Musik, die aus den großen Lautsprechern in den Ecken kamen, eine Bar, bei der es was weiß ich wie viel hochprozentigen Alkohol gab und fast nur Leute in ungefähr meinem Alter. Wenigstens gab es hier keine 14-jährigen yolo Bitches.
_________________________
hallu,
da so lange kein update mehr kam, dachte ich mir, ich veröffentliche mal den ersten teil vom 8. kapitel.
ich hatte irgendwie voll die schreibblockade, deswegen hab ich auch so lange nicht mehr geupdatet. außerdem musste ich viel für die schule machen. tut mir leid, falls das kapitel deswegen ein bisschen lahm ist :( und tut mir leid, wenn zwischen manchen wörtern kein leerzeichen ist, mein wattpad spinnt gerade irgendwie und ich muss das alles bearbeiten -.-
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top