Kapitel 24

24

Einige Zeit lang sagte ich nichts, es kam mir so vor, als würde alles unter Wasser stehen und ich nichts mehr hören können. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich die Puzzleteile noch nicht zusammensetzen ...

„Oh Gott, das tut mir so leid ...", krächzte ich hervor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Sein Schmerz war förmlich greifbar, und ich hätte alles dafür getan, dass er diesen nicht mehr fühlen musste.

„Schon okay. Wenn du nicht mitkommen willst, ist das in Ordnung." Das war sowas von gelogen. Ich war mir bewusst, dass er wollte, dass ich mitgehe. Man hörte es aus seiner Stimme heraus.

„Natürlich gehe ich mit. Wie kommen wir hin?", fragte ich.

„Mein Dad hat drei Tickets gebucht. Wir fliegen noch mit Scott, wenn das okay für dich wäre", antwortete er leise.

„Moment ,wie viel kostet der Flug überhaupt?" Er drehte seinen Kopf zur Seite und starrte mich wie gebannt an.

„Keine Sorge, mein Dad bezahlt die Tickets." Das konnte ich unmöglich von ihm verlangen. Das ging einfach nicht.

„Nate, nein. Du bittest mich, dass ich mitgehe und dann willst du mir noch den wahrscheinlich teuren Flug bezahlen? Du bist verrückt, das kommt gar nicht in Frage!", beschwerte ich mich lauthals. Das kam ganz und gar nicht in Frage! Er verdrehte die Augen und legte seine Hand an meine Wange.

„Halt die Klappe, mein Dad hat genug Geld und es ist ja sozusagen eine Einladung."

„Ich gehe nicht mit, wenn ich es nicht selbst bezahlen darf", erwiderte ich harsch. Stur verschränkte ich die Arme, er hingegen fuhr sich genervt durch die Haare.

„Nein, ich bezahle es dir. Beziehungsweise mein Dad. Und ich will dich dabei haben, ohne dich schaffe ich es nicht."

Mit diesen Worten traf er mich mitten ins Herz. Seine Stimme klang so verzweifelt, dass ich gleich in Tränen ausbrechen wollte. Wie verzweifelt musste ein Mensch sein, dass er so auf eine Person angewiesen war? Natürlich war es auf einer Seite schön und ich war in gewisser Weise auch auf ihn angewiesen, aber das brach mir einfach nur das Herz. Wie konnte ich ihm diesen Wunsch abschlagen? Ich wollte es auch gar nicht.

„Okay, über den Flugpreis reden wir noch, aber ich begleite dich natürlich, ja?", versicherte ich ihm. „Wir schaffen das zusammen."

Dafür bekam ich ein strahlendes Lächeln, das auch endlich wieder seine Augen erreichte, geschenkt, was mich auch zum Lächeln brachte. Wir saßen wieder einfach nur ein paar Minuten da. Nach dieser Schocknachricht wollten wir uns womöglich beide erstmal erholen, bevor wir uns wieder unterhielten. Für mich war es falsch, nach solch einem Thema direkt wieder so zu tun, als ob alles gut wäre. Denn nichts war gut. Absolut nichts.

Ich fühlte mich schuldig, weil er nach so kurzer Zeit solches Vertrauen in mich hatte und ich hatte noch tausende Geheimnisse vor ihm.

„Wollen wir schwimmen gehen?", riss er mich aus meinen Gedanken.

„Wie bitte? Das Wasser ist bestimmt total kalt!"

„Naja, kalt ist es schon, aber bestimmt nicht so kalt, dass man nicht darin schwimmen kann."

Das Grinsen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, überredete mich. Nach dieser Unterhaltung wollte ich ihn nur noch glücklich sehen, und wenn er schwimmen gehen wollte, dann sollten wir dies auch tun.

„Na gut."

Wir rappelten uns auf, sofort fingen wieder meine Beine an zu zittern.

„Das Wasser ist tief genug, vertrau mir. Wir können zusammen springen", sagte Nathan und nahm meine Hand. Vorsichtig schwang ich ein Bein über die Seile, die aussahen, als würden sie gleich reißen.

Okay, ganz locker, ich falle jetzt gleich einfach nur in einen Fluss.

„Tut der Aufprall weh?", fragte ich ihn, da er ja bestimmt schon öfters hier runter gesprungen war.

„Nein, eigentlich nicht. Nur ein bisschen."

Dann schwangen wir unser zweites Bein über die Seile, und fielen nach unten.

Ich biss mir instinktiv auf die Lippe, um nicht zu schreien. Die Luft riss an meinen Klamotten,  bis ich den Aufprall spürte. Wie Nathan gesagt hatte, tat es fast gar nicht weh, nur die Kälte ließ mich sofort wieder auftauchen.  Ich schnappte nach Luft. Auch wenn es warm war, der Fluss war trotzdem noch ein wenig kalt.

„Und? Hat's wehgetan?" Ich schüttelte grinsend den Kopf und drückte Nates Kopf unter Wasser. Nachdem er wieder auftauchte und hechelte, schwamm ich ein Stück zurück.

„Das kriegst du zurück!", rief er und kam auf mich zu geschwommen, während ich immer weiter nach hinten auswich. Lachend packte er mich von hinten und zog mich an seine Brust.

Quiekend und kreischend wehrte ich mich mit aller Kraft, doch er schaffte es schließlich, mich unter Wasser zu drücken. Schnell tauchte ich wieder auf.

„Du bist ein Arschloch", schmollte ich und starrte ihn an. Seine Haare waren jetzt vollkommen zerstört, aber durch das nasse weiße T-Shirt sah er noch heißer aus als sonst. Es schmiegte sich an seinen Oberkörper, wodurch man seinen perfekten trainierten Körper begutachten konnte.

„Ich weiß, worauf du starrst", grinste er und küsste mich verlangend. Ich schlang die Beine um seine Hüften und vergrub die Hände in seinen Haaren, währenddessen hielt er mich unterhalb der Oberschenkel. Das Feuer, das er dadurch in mir entfachte, ließ die Kälte an meinem Körper verschwinden.

Aus einem Instinkt heraus zog ich ihm sein T-Shirt über den Kopf und hielt es hinter seinem Nacken fest. Ich erinnerte mich an die Situation am See, als er zu mir schwamm und natürlich auch kein T-Shirt anhatte. Bei dem Gedanken musste ich grinsen.

„Was ist so lustig?", unterbrach er unseren Kuss.

„Ich erinnere mich an den See." Ich ließ sein T-Shirt in das Wasser fallen, um seine Muskeln entlang zu fahren. Dadurch, dass Nathan im Wasser stehen konnte, kippten wir nicht um. Allerdings reichte das Wasser ihm schon bis zu den Schultern, und wenn ich nicht auf seiner Hüfte sitzen würde, würde ich glatt untergehen.

Er grinste breit zurück und küsste mich erneut. Seine Zunge spielte mit meiner, während er mich mit einer Hand an der Taille festhielt und mit der anderen am Saum meiner kurzen Bluse herumspielte.

Er stöhnte in den Kuss hinein, mein Beine verkrampften sich noch stärker um seine Hüften. Ich nickte, um ihn zu zeigen, dass er mir meine Bluse ausziehen konnte.

Vorsichtig zog er mir die Bluse aus, und ich hob meine Arme, nachdem ich die Snapback kurz auf seinen Kopf gesetzt hatte. Danach setzte ich mir sie wieder auf.

Mit großen Augen starrte er auf meinen BH. Immerhin war es ein schlichter schwarzer, der nicht all zu peinlich war. Er sagte kurz nichts.

„Ich weiß, ich-"

„Pscht, du bist so schön", unterbrach er mich und küsste dabei den Ansatz meiner Brüste, woraufhin er mir ein Stöhnen entlockte. Gott, wie weit soll das gehen? Zärtlich verteilte er Küsse auf meiner Haut. Mein Körper schien unter Strom zu stehen.

„Nate ...", flüsterte ich mit geschlossenen Augen. Doch nicht hier im Wasser.

„Nate."

Er sah hoch.

„Wir müssen gehen, wenn wir uns keine Strafe einhandeln wollen." Es war ganz sicher schon nach 22 Uhr, und ich hatte keine Lust, jetzt noch erwischt zu werden. Außerdem war morgen Montag.

Er lächelte und gab mir einen flüchtigen Kuss. „Ich weiß, was du eigentlich sagen wolltest, aber keine Sorge, ich hatte nicht vor, es hier im Wasser zu treiben. Auch wenn das ziemlich geil wäre." Seine Beule war deutlich zu spüren.

„Nate!", kreischte ich und boxte ihm gegen die Brust. Wir lachten und machten uns daran, wieder unsere Oberteile anzuziehen. Dann schwammen wir ans Ufer.

„Komm", sagte er und führte mich.

Zum Glück hatte ich vorher meine Weste ausgezogen, weshalb ich mein nasses T-Shirt einfach auszog und die Weste über meinen BH zog. Nathan starrte auf meinen Körper, aber ich zog den Reißverschluss schnell zu.

Er schmollte gespielt, und ich grinste, als er sich oberkörperfrei auf den Sitz setzte. Unsere Oberteile hatten wir im Kofferraum gelagert.

„Deine Sitzen werden jetzt ganz nass", erinnerte ich ihn. Er zuckte nur mit den Schultern und fuhr aus dem Waldstück heraus.

Auf dem Parkplatz angekommen zog Nathan sein T-Shirt wieder an und ich nahm meine Bluse in die Hand. Leise schlichen wir in das Gebäude, das nur spärlich beleuchtet war.

„Warum ist hier noch Licht an?", fragte ich leise, während wir den Gang entlang liefen.

„Weil die Lehrer anscheinend jetzt ihren Rundgang machen und schauen, ob noch jemand auf den Gängen ist."

Ich seufzte, ein wenig zu laut, und wir liefen weiter. Die Lehrer waren offenbar ziemlich darauf besessen, jemandem eine Strafe aufzubrummen.

Plötzlich hörten wir das Geklacker von hohen Schuhen, die immer näher kamen.

Gleichzeitig schauten wir uns vor Schreck an. Wir blieben kurz stehen, bis eine blondhaarige Lehrerin, die wir nicht kannten, um die Ecke kam.

Sie starrte auf unsere ineinander verschränkten Hände und wollte gerade den Mund aufmachen, da riss Nathan mich schon an der Hand mit und wir rannten an ihr vorbei.

„Stehen bleiben!", schrie sie uns hinterher, aber wir rannten einfach weiter. Das heftige Geklacker der Schuhe war immer noch zu hören,was darauf hinwies, dass sie uns verfolgte.

Mein Gott, man kann es ja auch übertreiben. Als wäre es jetzt so wichtig, Schüler zu erwischen.

An einer Tür blieb er stehen und ging mit mir rein. Rasch schloss er sie wieder und schaltete das Licht an. Wir waren in seinem Zimmer, von Scott war weit und breit nichts zu sehen.

Nachdem wir uns lachend und nach dem hektischen Atmen erstmal erholt hatten, fragte ich, wo Scott war.

„Ich hab ihm vorhin im Auto geschrieben, dass er bei Emmy pennen soll", grinste er und warf seine nassen Klamotten ins Bad. Bevor er sich die Boxershorts abstrich, hielt ich mir die Hände vor die Augen.

„Nate!", quiekte ich. Die Schranktür wurde gerade zugemacht.

„Was denn?", fragte er unschuldig, auch wenn man merkte, dass er dabei schief grinste. Er lief auf mich zu und blieb unmittelbar vor mir stehen.

„Wir sind zusammen, da kann ich mich doch wohl vor dir ausziehen."

Einerseits hatte er schon recht, aber ich wollte es langsam angehen lassen. Das im Wasser nennst du also langsam angehen? Ach, halt die Klappe.

Vorsichtig nahm er meine beiden Handgelenke und zog sie von meinem Gesicht weg, meine Augen waren allerdings immer noch geschlossen.

„Hey, du kannst die Augen aufmachen. Ich hab eine frische Boxershorts an."

Langsam öffnete ich die Augen und musterte ihn von oben bis unten.

Er zog mich an den Handgelenken zu sich ran und legte seine Hände dann auf meine Taille.

„Tut mir Leid, ich hab mich einfach umgezogen und nicht daran gedacht."

„Nein, ist schon okay. Ich wollte es nur ..."

„Langsam angehen lassen, ich weiß", antwortete er und küsste mich auf die Stirn.

„Ähm ... ist das okay, wenn ich ... hier schlafe? Ich will nicht erwischt werden."

„Klar", lächelte er und gab mir ein T-Shirt und eine Boxershorts zum Schlafen.

Im Bad schlüpfte ich schnell in beides hinein, und als ich wieder raus kam, lag Nathan schon im Bett. Das große Licht hatte er ausgemacht, nur die kleine Nachttischlampe war noch an. Ich legte die Snapback auf einen der Stühle am Schreibtisch.

Schnell kletterte ich zu ihm ins Bett. Er zog die Decke hoch, mit der er uns beide zudeckte.

„Also ich muss sagen meine Sachen stehen dir wirklich gut", verkündete er, während er das Licht ausmachte.

Ich lachte kurz. Heimlich roch ich im Dunkeln an seinem T-Shirt. Abends in Nathans Duft zu schlafen - daran könnte ich mich gewöhnen.

Auf Duschen hatte ich jetzt keine Lust mehr, weswegen ich einfach morgen früher aufstehen würde. Ich schrieb noch kurz Marleen, dass ich bei Nathan schlafen würde, dann stellte ich mir den Wecker.

„Warum stellst du dir so früh den Wecker?", wollte er wissen.

„Ich muss noch duschen und jetzt hab ich keine Lust mehr."

„Wir könnten auch jetzt zusammen duschen gehen", schlug er vor und kitzelte mich von hinten. Ich prustete los und trat mit den Füßen um mich.

„Nö! Und hör auf!", kreischte ich lachend.

„Na gut."

Er hörte auf mich zu kitzeln und legte seinen Arm von hinten um mich. Plötzlich spürte ich erneut eine Beule - an meinem Hintern.

„Du bist unmöglich", lachte ich und verlagerte mein Gewicht.

„Tja, du bist dran schuld."

Ich schloss meine Augen und dachte nochmal kurz an den heutigen Abend. Es war wunderschön, aber zugleich auch traurig gewesen. Nathan so zu sehen ging mir unglaublich nah. Seine Mutter war gestorben ... Unwillkürlich nahm ich einen Stich in meiner Brust wahr. Wie hatte er das so lange zurückhalten können? Wie konnte er so stark bleiben?

„Nate?", flüsterte ich in die Dunkelheit hinein.

„Hm?"

„Ich bin froh, dass du mir vertraust und es erzählt hast." Er verschränkte seine Finger mit meinen und flüsterte mir ins Ohr.

Ich bin froh, dass du mitkommst, obwohl du sie nicht mal kanntest."

„Das tut nichts zur Sache. Ist das überhaupt okay für deinen Dad?", fragte ich verwirrt.

„Na klar. Als ich ihn gefragt habe, ob es okay wäre, wenn er auch ein Ticket für meine Freundin buchen kann, war er völlig aus dem Häuschen. Er meinte, das muss was heißen, wenn ich ein Mädchen mitnehmen will, also hat er eingewilligt. Außerdem will er dich gerne kennenlernen."

Mein Herz machte einen Satz. Das muss was heißen, wenn ich ein Mädchen mitnehmen will.

Ich drehte mich um und gab ihn einen Kuss. Wir waren gerade mal ... ein paar Tage zusammen und er nahm mich schon mit auf die Beerdigung seiner Mutter ...

„Darf ich wenigstens den Rückflug zahlen?"

„Das werden wir noch sehen", seufzte er und zog mich in seine Arme.

Wir wünschten uns noch eine gute Nacht, dann schlief ich mit einem Lächeln und gleichzeitig einem schlechten Gefühl ein.

Am nächsten Morgen wurde ich durch Nathan, der sein halbes Gewicht auf mich verlagerte, wach. Ich krabbelte aus dem Bett, darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, aber natürlich wurde er wach und beobachtete mich.

„Mist, meine Hose ist noch feucht", fluchte ich und zog sie trotzdem an, weil mir keine andere Wahl blieb.

„Ich hätte ja jetzt gesagt, geh einfach mit den Boxershorts raus, aber ich will nicht, dass dich jemand anderes darin sieht außer ich."

Grinsend ging ich auf ihn zu und beugte mich zu ihm herunter, um ihn zu küssen. Er zog mich an der Taille zu sich runter, und ich landete auf ihm.

„Bleib noch hier", schmollte er.

„Ich muss aber duschen. Kann ich das T-Shirt behalten?"

Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und nickte. „Klar."

Lächelnd machte ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer, in dem mir Marleen sofort entgegen tritt.

„Amy-Linn Sanchez, wo zur Hölle warst du?!", schrie sie und raufte sich die Haare.

Was hat die denn für Probleme?

„Hä, was hast du denn jetzt? Ich hab dir doch geschrieben, dass ich bei Nathan übernachte."

Abrupt riss sie den Mund auf und folgte mir ins Bad.

„Oh, ich war gestern nicht an meinem Handy. Erzähl mir alles! Ist das sein T-Shirt?"

Ich wurde von Fragen überhäuft, trat aber einfach in die Dusche und wusch mich.

„AMY!", schrie sie, um den Wasserstrahl zu übertönen. Ich hatte jetzt keine Lust, ihr alles bis ins letzte Detail zu erzählen. Zudem war ich mir nicht sicher, ob Nathan es mochte, dass ich ihr von seiner Mutter erzählte.

Nachdem ich fertig geduscht und mich angezogen hatte, übertönte ich Marleens Gefrage wieder mit dem Föhn. Warum mache ich überhaupt so einen Terz?

Meine Haare waren früher trocken als gedacht, weswegen ich noch reichlich Zeit hatte, um zu frühstücken. Ich lief in einem Sommerkleid nach draußen, Mar folgte mir natürlich.

Sie ließ sich nicht abwimmeln, also versuchte ich ihr auf dem Weg zur Cafeteria so viel wie möglich zu erzählen. Das mit seiner Mutter ließ ich jedoch aus.

Sie hüpfte vor Freude für mich auf und ab, bis wir an unserem langsam größeren Tisch ankamen. Nur ein paar Jungs der Mannschaft, Dean, Mason und Tessa waren schon da.

Ich stellte mein volles Tablett ab und setzte mich zwischen Mason und Marleen.

„Hattet ihr Sex?", flüsterte Marleen mir ins Ohr.

„Nein!", entgegnete ich energisch und verdrehte die Augen. Endlich mal wieder ein Frühstück, das ich in aller Ruhe genießen konnte, falls Mar mich nicht weiter nerven würde.

Ich schaufelte mir das Essen in den Mund, bis ich bemerkte, wie Mason genervt sein Handy auf den Tisch klatschte. Mit der Gabel am Mund drehte ich mich zu ihm. Außer mir schien es niemand bemerkt zuhaben.

„Was ist denn dir über die Leber gelaufen?", fragte ich ihn und äffte dabei seinen Tonfall nach, den er hatte, als er mich das selbe gefragt hatte. Damals - es kam mir vor wie Ewigkeiten - war ich sauer auf Nathan gewesen und heute war ich mit ihm zusammen.

Mason blickte von seinem Handy auf und schaute mich mit gefalteten Händen an.

„Nichts", log er hundertprozentig und aß etwas. Ich hob eine Augenbraue.

„Lass mich raten, es ist was mit Mia." Dass sie nicht am Tisch saß, ließ nur darauf zurückzuführen.

„Okay, ja", seufzte Mason. Bei denen war ja auch immer etwas los.

„Willst du darüber reden?", fragte ich sanft. Ich wollte ihn nicht drängen, aber ich hatte das Gefühl, dass er ein offenes Ohr brauchte. Mia war ja gestern auch schon so niedergeschlagen gewesen.

„Naja ... Kurzgefasst: Ich hab Mist gebaut und texte sie schon die ganze Zeit zu, aber sie antwortet nicht."

Ich stieß einen lauten Seufzer aus. „Was genau meinst du mit Scheiße?"

Er räusperte sich. „Gott Mason, hast du sie betrogen?"

„Um Himmels Willen, nein", verteidigte er sich schnell. Puh, immerhin.

„Und was dann?"

„Also ... sie ging mir eben auf die Nerven, weil sie manchmal so aufdringlich ist, weißt du? Und dann bin ich eben weggegangen und hab mich auf einer Party vollsaufen lassen ..."

„Und weiter?", hakte ich nach.

„So ein Mädchen aus einem meiner Kurse macht sich die ganze Zeit an mich ran ..."

„Und? Lass dir verdammt nochmal nicht alles aus der Nase ziehen!"

Mason schluckte deutlich.

„Naja ... Mia und ich haben uns wegen ihr gestritten und weil ich gesagt habe, dass sie mit ihrer Eifersucht übertreibt, ist sie ausgeflippt. Dann bin ich eben auf diese Party gegangen und ..."

„Ich dachte du hast sie nicht betrogen?", fragte ich geschockt. Ist das sein Ernst?

„Hab ich auch nicht!", giftete er. „Aber ich hab mit ihr getanzt und das nicht so harmlos." Ein Stein fiel mir vom Herzen. Ich hätte nicht gewusst, wie ich Mia hätte trösten können, wenn er sie betrogen hätte. Am Sonntag war sie anscheinend allein schon durch dieses Tanzen so aufgelöst gewesen.

Trotzdem war es nicht richtig. Warum musste bei den beiden immer etwas los sein?

„Kannst du mit Mia reden?", fragte er mich, während wir zu unserem Kurs liefen.

„Mal schauen. Bei euch ist auch immer was los oder? Ich hab keine Lust,dass du sie nur verarschst. Immerhin war sie schon zweimal aufgelöst."

Scheiße klang das bekloppt. Schon zweimal aufgelöst. Als wäre das überhaupt relevant in  einer Beziehung, da ist man viel öfters aufgelöst. Ich bin so bescheuert.

„Ich verarsche sie nicht!", knurrte er und klatschte seinen Ordner auf den Tisch. Miss Claude starrte ihn missbilligend an.

„Ist ja gut."

Den restlichen Tag musste ich die ganze Zeit an das Gespräch zwischen Nathan und mir denken. Ich würde tatsächlich am kommenden Woche zu einer Beerdigung gehen ... von seiner Mutter. Ich war noch nie auf einer Beerdigung, abgesehen von Liahs, aber da war ich noch klein. Ich konnte mich kaum daran erinnern.

Und ich hatte ja keine Ahnung, dass seine Mutter gestorben war. Es war mir immer noch ein Rätsel, wie er das so verheimlichen konnte. Ich hätte mich wahrscheinlich mindestens drei Monate eingeschlossen und mir die Seele aus dem Leib geheult.

Wie war sie überhaupt umgekommen? Ich wollte es mir gar nicht vorstellen. Es spielte auch keine Rolle, denn seine Mutter zu verlieren ... ich konnte mir nichts Schlimmeres vorstellen.

Am Donnerstag entschieden Nathan und ich uns dazu, in einen Wasserpark zu gehen. Ich hatte keinen Nachmittagsunterricht, aber er wollte unbedingt gehen, also schwänzte er ein paar Stunden. Auf dem Weg dorthin fuhren wir schweigend, während ich aus dem Fenster die Landschaft, die am Highway vorbei zog, betrachtete. Nach einer Weile schielte ich rüber und betrachtete Nathan.

Er hatte ein weißes Longsleeve und eine Khakihose an. Mir kam es so vor, als hätte er viel zu starke Augenringe. Hatte er etwa nicht geschlafen? Ich meine, wenn meine Mutter sterben würde, würde ich auch tagelang nicht schlafen, aber die letzten Wochen war er ja auch fit gewesen. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn darauf ansprechen sollte oder nicht. Ich wollte ihn mit meinen Fragen nicht noch mehr belasten.

Nach einstündiger Fahrt waren wir angekommen. Wir bezahlten und suchten uns dann einen Platz auf der Wiese.

Ich legte meine Sporttasche ab und kramte die Picknickdecke heraus, die ich mit genommen hatte. Nathan zog seine Sachen aus, sodass er nur noch in Badehosen da stand. Während er die Decke ausbreitete und den Schirm zum Schutz vor der Sonne aufstellte, rang ich mit mir.

Soll ich jetzt mein Kleid ausziehen? Er hatte mich zwar schon im BH gesehen, aber da war es stockdunkel gewesen ... Grundgütiger, stell dich nicht so an und zieh dein Kleid aus.

Er saß schon auf dem Boden und spielte an seinem Handy herum, bis er merkte, dass ich nicht  daneben saß. Verwirrt schaute er zu mir hoch.

Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

„Soll ich dir den Reißverschluss aufmachen?", fragte er und stand auf. Woher weiß er, dass da ein Reißverschluss ist? Der musste mich ja ziemlich genau gemustert haben.

„Ähm, ja bitte."

Langsam trat er hinter mich und zog mir den Reißverschluss herunter. Bei seiner Berührung prickelte es auf meiner Haut.

Das Kleid fiel auf den Boden, sodass Nathan jetzt einen perfekten Blick auf meinen Hintern hatte. Schnell setzte ich mich hin.

„Danke", murmelte ich und rang mir ein Lächeln ab. Wie peinlich.

„Du musst nichts verstecken", lächelte er und setzte sich wieder neben mich. „Du bist schön."

Ich lächelte, und er küsste mich.

„Wollen wir schwimmen gehen?", fragte er. Ich nickte, also zog er mich an der Hand hoch.

Neugierig musterte er mich von oben bis unten, weshalb ich sofort errötete.

„Fuck", sagte er leise und leckte sich über die Lippen. Bei dem Anblick, den er mir bot, wurde mir zugegeben auch heiß.

„Was denn?", fragte ich unschuldig. Er lachte und wir liefen auf das Becken zu. Da er mir zu langsam war, ließ ich einfach seine Hand los und rannte über den Rasen. Ich musste einige Umwege machen, weil so viele Leute auf dem Rasen saßen, aber natürlich holte Nathan mich direkt ein. Ich hörte ihn hinter mir lachen und quietschte auf, als er mich hoch nahm und über der Schulter trug.

„Lass mich runter!", kreischte ich und boxte währenddessen auf seinen Rücken.

Manche Leute starrten uns schon mit gerunzelter Stirn und Kopfschütteln an.

„Guck doch wie die Leute schon schauen!" In meiner Stimme war die Belustigung deutlich heraus zu hören.

Nathan gab mir einen Klaps auf den Po - die Leute starrten noch mehr, was er wahrscheinlich erreichen wollte.

„Scheiß auf die Leute", lachte er und sprang mit mir ins Wasser.  Ich tauchte kurz unter, bis er mich wieder hochzog. Warum konnte das Leben nicht immer so unbeschwert sein?

Nachdem Tag im Wasserpark fragte ich Nathan doch noch, ob es okay wäre, wenn ich Marleen davon erzählen würde. Immerhin flogen wir morgen. Er sagte, dass es in Ordnung sei, also erklärte ich Mar, wohin wir morgen fliegen würden.

Ich ging schon mal in mein Zimmer, Nate ging noch kurz auf seins, um zu duschen. Später lag er entspannt auf meinem Bett, während Marleen mich dabei beobachtete, wie ich meinen Koffer packte.

„Oh Gott, das tut mir so Leid, Nathan", stammelte sie und hielt sich die Hand vor den Mund.

Er nickte nur und erzwang sich ein Lächeln. Dieser Anblick brach mir immer wieder aufs Neue das Herz.

Als ich mit dem Packen fertig war, stellte ich den Koffer vor meinen Schrank und stellte nochmal sicher, dass ich alles hatte. Ein paar Sachen konnte ich erst morgen einpacken.

„Ach, hier noch das Ticket für den Flug", erwähnte Nate und kramte in seiner Hosentasche herum. Ich nahm es und studierte es kurz.

Ach. Du. Scheiße. Das konnte jetzt nicht wahr sein.

Ich sog scharf die Luft ein und starrte auf den Zielflughafen. Mein Herz rutschte mir in die Hose.

„Stimmt etwas nicht?", fragte er. Gar nichts stimmt.

„Äh, nein, alles okay", lächelte ich und steckte das Ticket erstmal in meine Handtasche. Das verdammte Schicksal meinte es nicht gut mit mir, denn ... Wir. Flogen. Verdammt. Nochmal. Nachhause.

klingelt etwas? bald kommt's. ich hab angst vor diesen szenen :( und langsam neigt es sich auch dem ende zu ... oh men.

gute nacht <3

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