Kapitel 21
21
AMYS SICHT || Voller Glücksgefühle fuhr ich nach dem Film mit Dean nachhause. Natürlich war er verblüfft und wollte wissen, was da mit Nathan abging, also erzählte ich ihm die ganze Story von Anfang an. Er erzählte mir, dass Nathan wahrscheinlich eifersüchtig auf ihn gewesen wäre und ihn deswegen in der Cafeteria so angesehen hatte. Aber er wünschte mir viel Glück, auch wenn er ihn nicht so wirklich leiden konnte. Mein einziger Gedanke war jedoch: Er ist eifersüchtig.
Dean und Scott gingen schon einmal auf ihr Zimmer, weil es in zehn Minuten 22 Uhr war.
Ich lief auf Nathan zu, der gerade aus seinem Auto stieg und es abschloss. Grinsend blieb ich vor ihm stehen, er lehnte sich an sein Auto und zog mich zu sich.
„Kannst du nicht bei mir schlafen?", fragte er.
„Genau, wenn Scott im Zimmer ist." Typisch Lambert.
„Warum stört dich das denn?" Er wackelte mit den Augenbrauen.
„Du bist so ein Idiot", lachte ich und boxte ihn gegen den Arm. Nathan legte den Kopf schief.
„Du machst das so oft. Du weißt schon, dass das kein bisschen weh tut?"
„Ich weiß, mobb mich nicht", jammerte ich schmollend. Ich legte meine Hände auf seine Brust und vergrub meinen Kopf in seinem T-Shirt. Schützend legte er seine Arme um mich und gab mir einen Kuss auf den Kopf. Sofort fühlte ich mich geborgen, und so standen wir eine Weile da.
Sollte ich mich wirklich auf ihn einlassen? Hast du das nicht schon längst? Okay, ja, das hatte ich. Jetzt konnte ich es nicht mehr rückgängig machen - und ich wollte es auch gar nicht.
Eine gefühlte Ewigkeit später lösten wir uns.
„Wenn wir jetzt nicht los laufen, werden wir erwischt und müssen wieder ne Strafe machen", riss Nathan mich aus meinen Gedanken und lächelte. Ich lächelte ebenfalls, weil ich mir sicher war, dass wir beide an die Kaugummis dachten. Schweigend nahm er meine Hand und wir liefen ins dritte Gebäude.
„Bis morgen", sagte ich.
„Ich bin gespannt, wie die anderen reagieren." Ja, das war ich auch. Marleen würde bestimmt total ausrasten oder einen Freudentanz aufführen, Mia garantiert ausflippen und mich für verrückt erklären. Auch wenn das definitiv mehr als Freundschaft war ... was genau war das? Waren wir jetzt ein Paar oder wie sollte ich das verstehen? Ok, moment.
Das konnte ich jetzt ganz sicher nicht fragen, der würde mich ja für bekloppt erklären.
'Sind wir jetzt zusammen?' Also bitte.
„Amy?", schnippte Nate vor meinen Augen. Ich blinzelte kurz und löste mich aus meiner Starre.
„Ja, sorry. Bis morgen dann." Er gab mir noch einen kurzen Kuss, dann lächelten wir und verschwanden in verschiedene Richtungen. Unter der Woche fielen wir vor Erschöpfung immer sofort ins Bett, weswegen Marleen schon seelenruhig in ihrem Bett lag und schlief. Zum Glück, denn ansonsten hätte ich ihr jetzt alles erzählen müssen. Und wie jeder wusste, konnte ich nicht gut lügen. In Windeseile zog ich mich um und ließ mich in mein Bett fallen.
Ein Tag. Nur ein Tag konnte so viel verändern. Ich wusste noch, als ich in dem Himmelbett von Doreen gelegen und geheult hatte, weil ich das Gefühl hatte, zu ertrinken. Jetzt weinte ich mich nicht mehr in den Schlaf, sondern lächelte wie eine Verrückte vor mich hin, so wie ich es erhofft hatte, und schlief ruhig ein.
Durch meinen seit langem mal wieder ruhigen, langen und albtraumlosen Schlaf war ich Freitagmorgen ausgeschlafen und fit. Ich fragte mich, wie ich mich jetzt verhalten sollte. Sollte ich Nathan einen Kuss geben, wenn ich zum Tisch kam? Oder würde er kommen, wenn ich schon am Tisch war? Mein Gott, übertreibst du es nicht ein wenig? Das ist doch mega kitschig. Ich schüttelte den Kopf und versuchte meine Grübeleien vor Marleen nicht allzu offensichtlich zu machen, während wir uns anzogen und zur Cafeteria liefen. Ich war dermaßen angespannt, dass sie mir von der Seite komische Blicke zuwarf, jedoch nicht nachfragte. Ich schaufelte mir reichlich Essen aufs Tablett, setzte mich schweigend zu meinen Freunden. Nathan und die anderen aus dem Team waren noch nicht da, was mir wenigstens die Peinlichkeit der Begrüßung nahm. Ein kurzer Blick nach rechts verriet mir, dass jetzt ein paar von ihnen, darunter auch er, an der Essensausgabe standen. Heilige Maria. Dean war der einzige, der Bescheid wusste, weswegen er mich nur dümmlich angrinste. Ich war mir sicher, dass er wusste, wie nervös ich war.
„Entspann dich", formte er mit den Lippen und hob seinen Becher in die Lüfte. Ich schüttelte nur grinsend den Kopf und fing an, mein Frühstück hinunter zu schlingen. Der gute Geschmack lenkte mich trotzdem nicht davon ab, denn ich spürte, dass Nathan gerade neben mir auftauchte. Automatisch sah ich hoch, und da stellte er neben mir sein Tablett ab und gab mir einen kurzen Kuss. Na schön, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Da siehst du mal!
Wie eine Bekloppte lächelte ich und schaute in die Runde, als er sich niederließ.
Die Unterhaltungen verebbten sofort. Meinen Freunden, insbesondere Mar und Mia, stand der Mund offen - von seinen mal ganz zu schweigen. Dean grinste immer noch und Scott, der ja auch Bescheid wusste, aß einfach weiter.
Okay, man konnte es ja auch mal wieder übertreiben. Als wäre das jetzt so ein großes Thema.
Die peinliche Stille schien jeden zu stören, weswegen ich mich räusperte und Essen in mich rein schaufelte. Kann jetzt mal jemand etwas sagen? Das ist ja nicht auszuhalten.
Mia war die jenige, die das Gespräch wieder aufnahm und mit gerunzelter Stirn fragte:
„Seid ihr zusammen?"
Augenblicklich musste ich husten, Tessa klopfte mir auf den Rücken. Seid ihr zusammen?
Oh scheiße. Was sollte ich jetzt sagen? Moment halt, Nathan sollte antworten. Immerhin hatte er mich geküsst.
Nach meinem Hustenanfall zuckte Nathan mit den Schultern. „Ja, sind wir. Ein Problem damit?" Was? Und ich musste nochmal husten. Und nochmal klopfte Tessa mir auf den Rücken.
Ach du Scheiße, hatte er das gerade wirklich gesagt? Nathan sah mich an. Man merkte, dass er es ernst gemeint hatte, also nickte ich. Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.
Wir waren jetzt also zusammen? Eigentlich würde ich jetzt wieder wie ein Honigkuchenpferd durch die Gegend grinsen, aber ich hielt mich am Tisch zurück. Gott, ich benahm mich ja wie ein Fünfjähriges Kind, das zum ersten Mal auf einem Pony reiten durfte.
Zwischendurch hörte man ein paar mal „Dann mal viel Glück" und ähnliches. Die einzige, die nichts sagte, war Mia, was mich nicht wunderte. Marleen hielt sich ihre Marleen Corey Ausfragerei für später auf, was ich nur begrüßte. Auf das Rumgeflüster hier am Tisch hatte ich jetzt keine Lust, ich war viel zu viel damit beschäftigt, den Satz zu verarbeiten, den Nathan gerade gesagt hatte. Ja, sind wir. Ein Problem damit? Oh Gütiger. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn ich mich auf ihn nicht eingelassen hätte, aber es war mir in diesen Momenten gleich. Ich wollte leben, ich wollte frei sein, und vor allen Dingen wollte ich ihn. Wer hätte vor ein paar Wochen noch gedacht, dass wir zusammen kommen würden? Jetzt saßen wir hier am Tisch, redeten trotzdem noch wie ganz normale Freunde. Das war mir nur recht, denn auf dieses gegenseitige Füttern oder sonst irgendeinen Scheiß hatte ich selbst keinen Bock. Mein Freund, der auch gleichzeitig ein Freund war - was gab es besseres? Das war doch schon mal ein Anfang für eine perfekte Beziehung.
Nachdem so gut wie alle ihr Essen leer hatten, standen wir auf und brachten unser Tablett zum Geschirrwagen. Er nahm meine Hand und so liefen wir mit den anderen erstmal aus der Cafeteria raus. Natürlich blieben auch einige Blicke der anderen an uns hängen, aber es störte mich nicht. Sie sollten ruhig sehen, dass wir zusammen waren. Allein edieses Wort brachte mich zum Grinsen. Ganz locker Sanchez.
Einige tuschelten und starrten, aber es gab auch einen Großteil, den das gar nicht interessierte. Wenigstens bei diesen Schülern hatten die Eltern ihre gute Erziehung durchgesetzt. Ich meine hallo - war das normal, dass man jemanden 24/7 anstarrten musste und das dann auch noch so offensichtlich? Das grenzte ja schon an Stalkerei.
An meinem Saal angekommen ließ Nathan meine Hand los.
„Ich bin dieses Wochenende nicht da. Naja, sagen wir am Sonntag komm ich wieder", sagte er und lehnte sich gegen die Wand. „Wir haben ein Spiel außerhalb."
„Och, jetzt fällt unser erstes Wochenende als Paar ins Wasser", schmollte ich gespielt und boxte ihm aus Angewohnheit gegen den Arm. Moment - was? Was hast du da gerade gesagt?
Ich riss meine Augen auf und wollte schon meine Hand vor den Mund heben, aber damit hätte ich mich noch mehr blamiert. Zum Glück nahm Nathan es mit Humor und näherte sich meinem Ohr.
„Keine Sorge, ich hab das Ernst gemeint", lächelte er und ging in die andere Richtung. Och ... Nein, denk gar nicht daran. Der muss dich doch nicht jede scheiß Minute küssen.
Naja gut. Lächelnd drehte ich mich um und ging in meinen Saal. Wir waren jetzt also wirklich ein Paar. Oh Himmel.
In meiner Literatur Klausur hatte ich mit einem B- ziemlich gut abgeschnitten. Überhaupt schlug ich mich insgesamt ganz gut, abgesehen von Mathe, Biologie und ein paar anderen Fächern, in denen ich eher auf einem C stand. Aber ansonsten stand ich bis jetzt fast überall auf einem B, in Französisch inzwischen sogar schon fast auf einem A. Zufrieden stolzierte ich zu meinem Schließfach und verstaute die Bücher, die ich für heute nicht mehr benötigte. Nach der Mittagspause hatte ich Gott sei Dank nur noch eine Stunde, da der Rest ausfiel, weswegen ich mein Essen ganz entspannt aß. Irgendwie war heute so ein Dauergrins-Tag, was wahrscheinlich auch die anderen an mir bemerkten. Nachdem ich gegessen hatte, bat Marleen Nathan, zehn Minuten zu warten, bis er mir zum Baum folgte, damit sie mit mir reden konnte. Eigentlich hatte ich gehofft, dass das bis heute Abend warten könnte, aber anscheinend ja doch nicht. Also lief ich mit Mar zu meinem Baum. Wir setzten uns nebeneinander, lehnten uns gegen den Baum und starrten ins Nichts.
„Okay, was -"
„Du hinterhältige Kuh, ich will jetzt sofort alles bis ins Detail wissen! Du hast mich lange genug auf die Folter gespannt!", unterbrach sie mich lachend und rüttelte an meinem Arm.
„Ist ja gut", beruhigte ich sie. Typisch Marleen. Bevor sie noch einen Kreislaufkollaps bekam, erzählte ich ihr natürlich alles haargenau. Angefangen von dieser dummen Gänsehaut bei der Schlägerei bis hin zu gestern. Ich fragte mich eigentlich immer noch, wie zur Hölle Nathan auf die Idee kam, mir zu folgen. Abgesehen von der Tatsache, dass sich das als mehr als nur positiv herausstellte, war diese Aktion ein bisschen ... naja ... krank gewesen. Aber was soll's. Immerhin waren wir jetzt zusammen, schätzte ich. Daher hatte sich seine verrückte Aktion gelohnt.
Einige Minuten blieb Mar still sitzen und spielte mit einem Blatt, das sie in der Mitte zerriss.
Das tat sie so lange, bis mir der Geduldsfaden riss. Hergott, sag doch mal was!
„Würdest du mal bitte etwas sagen?", fragte ich und nahm ihr ein Blatt aus der Hand.
Mit einem fetten Grinsen sah sie hoch.
„Tja, was soll ich sagen? Ich will's ja nicht sagen, aber ... ich habs dir gesagt!" Voller Glück, dass die heilige Miss Marleen Corey mal wieder recht hatte, sprang sie auf und riss mich an den Händen hoch.
„Du hast jetzt also offiziell nen Freund, was?" Ihr Grinsen wurde noch breiter, und es kam mir so vor, als hätte ich sie heute damit angesteckt.
„Jetzt bleib mal locker. Ja, schätze schon."
„Ja, schätze schon", äffte meine beste Freundin mich genervt nach. Sie rollte mit den Augen.
„Bisschen mehr Fröhlichkeit bitte! Obwohl, wahrscheinlich hat dein Mund von dem vielen Gegrinse schon einen Krampf." Ich lächelte erneut, und augenblicklich fühlte es sich ernsthaft so an, als hätte ich einen Krampf in den Muskeln. Konnte ein einziger Mensch an einem Tag überhaupt so viel grinsen und lächeln? Möglicherweise würde ich ja morgen einen Muskelkater haben. Ha ha.
Danach hatte Mar sich endlich beruhigt und nahm wieder die Unterhaltung auf.
„Ich freu mich für dich, dass du endlich auch mal Glück hast", sagte sie und umarmte mich kurz. Ich erwiderte ihre Umarmung und drückte sie ganz fest. Ich war so froh, sie zu haben.
„Pass mir bloß auf, dass der dir nicht weh tut. Denn wenn wir's genau nehmen, hat er dich mal fast gekillt." Ich stieß einen kurzen Lacher aus.
„Mar, das war nicht absichtlich und über diese Kindergartenscheiße wollen wir nicht mehr reden. Und ja, ich werd aufpassen." Mia hatte mir heute schon das selbe in Bio gesagt, weswegen ich es jetzt einfach nur gelangweilt über die Lippen brachte. Ich glaube ich bin eher die jenige, die ihn verletzt, wenn er es heraus findet. Wenn ich ihm überhaupt so wichtig bin, dass ich ihn verletzen kann. Aber woher ich diese Gewissheit nahm, dass er sich jetzt auf einmal schlagartig änderte, wusste ich auch nicht. Vielleicht sollte ich einfach Vertrauen in ihm haben.
Mit einem letzten Händedruck auf meiner Schulter marschierte sie wieder in Richtung Gebäude und ließ mich allein zurück. Gelassen setzte ich mich wieder gegen den Baum und streckte meine Beine aus. Automatisch schlossen sich meine Augen, ich atmete tief aus.
Gestern Abend war ich zum ersten Mal richtig lächelnd eingeschlafen, aber jetzt, da ich top fit und alles um mich herum still war, fragte ich mich: Zu welchem Preis?
Mein Gehirn fing direkt wieder an zu rattern, und ich musste an Sean denken. Er hatte gesagt, dass er höchstens zwei Wochen brauchen würde, aber er war immer noch nicht da gewesen. Mir fiel auf, dass ich die letzten Tage, abgesehen von manchen Albträumen, keinen einzigen Gedanken an ihn verschwendet hatte. Und genau das wollte er garantiert erreichen: Dass ich nicht an ihn denken würde, denken würde, es wäre alles gut, und dann würde er ganz plötzlich auftauchen und bumm - alles wäre vorbei. Wenn ich mich wieder an die Tage zurück erinnerte, an denen ich mir den Tod vorgestellt hatte, die mir vorkamen, als wären sie Jahre her, lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Für die meisten war es so, dass nach dem Gewitter ein Regenbogen kam. Aber nicht bei mir. Mein Regenbogen kam nie, die Gewitter schienen bei mir ewig anzuhalten, denn abrupt fiel mir ein Gedanke ein.
Ich riss meine Augen auf, als mich keine andere Stimme als Nathans aus meinen Tagträumen riss und mich schief anlächelte.
Oh Gott.
In welche Gefahr hatte ich ihn nur gebracht?
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ja, ich lebe noch. die schule hat wieder angefangen und das bedeutet, dass ich leider nicht mehr so viel schreiben kann (was man glaube ich auch sieht, denn das kapitel ist richtig kurz und MEGA SCHEIßE -.-)
gute nacht ♥
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