12.Kapitel
Am nächsten Tag wurde sie wieder von Stimmen geweckt. Diesmal waren es mehr als nur die von Mikush, Daniel und Dr. Rick, die sie gestern besucht hatten. Genauso wie am Tag zuvor behielt sie die Augen noch eine kleine Weile geschlossen und lauschte dem Gespräch, doch bei dem was sie hörte, hätte sie sich am liebsten die Ohren zugehalten.
„Und wir haben wirklich nichts?" Als sie es nicht mehr länger aushielt versuchte sie sich aufzusetzen, was ihr mit etwas Mühe auch gelang und sah alle nach der Reihe an, die um ihr Bett herumsaßen.
„Nein. Das Rätsel ist sinnlos, es gibt uns keine Anhaltspunkte." Ihr Schutzengel schüttelte missmutig den Kopf und in seinem Blick konnte sie erkennen, dass er langsam zu verzweifeln begann. Dunkle Ringe zierten seine Augen und zeugten davon, dass er die letzten Tage durchgearbeitet hatte, um eine Lösung zu finden. Er sah so müde und ratlos aus, wie sie ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte und das machte ihr beinahe mehr Angst, als die Anspannung die jedem hier deutlich anzusehen war. Selbst Teal'c der sich sonst nichts anmerken ließ, schien nervös zu sein, auch wenn vielleicht nur sie oder sein Team es bemerkten.
„Was ist passiert?", hackte sie schließlich nach, weil die Anspannung mit jeder Minute zunehmen zu schien und auch langsam auf sie überging. Sie konnte nicht glauben, dass SG1 und ihr Team sich so aus der Ruhe bringen lassen würden, nur weil sie das Rätsel nicht schnell genug lösen konnten. Noch waren sie in Sicherheit und hatten Zeit eine Lösung zu finden. Ba'al war noch nicht in der Nähe der Erde aufgetaucht. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit, als ihr niemand antwortete und stattdessen jeder seinen Gedanken nachzuhängen schien. Die Ruhelosigkeit die von jedem hier ausging nahm ihr beinahe die Luft zum Atmen und sie ballte die Hände zu Fäusten, weil sie einerseits nicht wissen wollte, was geschehen war, aber auf der anderen Seite wusste, dass sie nicht einfach den Kopf in den Sand stecken konnte.
„Verdammt noch einmal antwortet mir endlich jemand?", rief sie aufgebracht, weil sie die Stimmung im Raum langsam nicht mehr aushielt. Ein stechender Schmerz schoss ihr wieder durch den Kopf, als sie sich aus ihrer Decke schälte und aufstand, doch sie ließ sich nichts anmerken. Eindringlich sah sie zu Daniel, der sie zwar die ganze Zeit gemustert hatte, aber mit seinen Gedanken ganz wo anders gewesen sein musste, weil er bei ihren Worten hochgeschreckt war.
Er wollte gerade den Mund öffnen, als Lorne ebenfalls aufstand und ihm zuvorkam. „Ba'al ist auf den Weg zu uns."
Erschrocken riss sie die Augen auf und sah ihn ungläubig an. Misha hatte die Worte verstanden, doch irgendwie schien ihr Gehirn damit nicht klarzukommen. Eine halbe Ewigkeit später schien sie erst den Sinn der Worte erfassen zu können und ihr wurde plötzlich heiß und kalt auf einmal. Die Einundzwanzigjährige schluckte schwer, bevor sie es überhaupt schaffte irgendetwas zu sagen.
„Wie viel Zeit bleibt uns noch?", fragte sie schließlich leise, doch der Major zuckte nur mit den Schultern.
„Wir wissen es nicht genau", antwortete ihr diesmal der Archäologe und sie konnte die Sorge in seinen blauen Augen deutlich sehen, diesmal galt sie nicht nur ihr, sie galt der gesamten Erde. Seine Augen wirkten dunkler als sonst, er hatte Angst und doch wollte er noch nicht aufgeben, er wollte kämpfen. Der Ausdruck in seinen Augen spiegelte wider wie sie sich schon die ganze Zeit fühlte, doch das Wissen, dass sie mit ihrem Gefühlschaos nicht allein war machte es auch nicht wirklich besser.
„Was soll das heißen?" Misha schob ihre Gedanken mit aller Macht beiseite und versuchte die Kopfschmerzen zu ignorieren.
„Noch nehmen unsere Satelliten keine Goa'uld Raumschiffe wahr", fing Daniel an zu erklären und klang dabei so erschöpft, dass es ihr beinahe körperlich wehtat. „Wir haben die Informationen von einen unserer Alliierten bekommen. Sie haben gesagt, dass Ba'als nächstes Ziel die Erde ist. Er will uns nicht zerstören, er will uns versklaven, um allen anderen Völkern zu zeigen, dass er jeden besiegen kann und Widerstand einfach zwecklos ist. Anscheinend stößt er immer noch auf zu viel Widerstand."
„Uns bleibt kaum noch Zeit", fügte Jackie hinzu, was eigentlich vollkommen überflüssig war, das war hier jedem im Raum bewusst und diese Gewissheit, schien ihren Kopf förmlich zum Bersten bringen zu wollen, weil es hinter ihren Schläfen entsetzlich pochte.
„Ok Schluss damit." Sie drehte sich abrupt um und ignorierte den Schwindel, der sie beinahe von den Füßen holte. Energisch schüttelte sie Jacks Hand ab, der sie auf ihr Bett drücken wollte und sah ihn finster an. „Ich habe mich genug ausgeruht, ich werde mich nicht mehr ans Bett fesseln lassen, wenn Ba'al schon bald bei uns auftauchen wird."
„Das hast du nicht zu entscheiden, Misha." Janets Stimme ließ sie verstummen und sie sah an dem Colonel vorbei direkt in die dunklen Augen der Ärztin. „Sieh dich doch an, du kannst kaum stehen. Ich kann dich doch so nicht in den Einsatz schicken."
„In den Einsatz nicht, aber du kannst mich versuchen lassen Daniel mit dem Rätsel zu helfen." Die junge Soldatin wusste selbst, dass sie im Einsatz den anderen nur ein Klotz am Bein wäre. Sie verlangte doch gar nicht, wieder auf andere Planeten zu reisen, sie wollte bloß in ihr Büro und ihrem Schutzengel mit diesem verdammten Hirngespinst der Antiker helfen.
„Wie willst du ihm denn helfen? Es liegt doch nicht an der Übersetzung, das Rätsel hat schlicht und einfach zu wenig Anhaltspunkte." Fraiser wollte ihr offensichtlich einreden, dass sie allen hilfreicher wäre, wenn sie hier auf der Krankenstation blieb, doch sie wusste es besser. Wieso sahen es die anderen nicht auch? Sie hatte die erste Tafel mit Nadjas Hilfe übersetzt, vielleicht war die Lösung jetzt wieder in ihren Erinnerungen vergraben und sie verschwendeten die Zeit damit zu diskutieren.
„Nein so finden wir die Lösung sicher nicht", erwiderte sie etwas zu energisch doch im Moment war es ihr egal. „Nadja hat auch nach der Waffe gesucht. Ich weiß nicht wie weit sie gekommen ist, doch falls die Lösung in meinem Kopf ist, muss ich wenigsten versuchen mich zu erinnern."
Bei den letzten Worten war ihr Blick zu Teal'c gewandert, der auf Anhieb verstanden zu haben schien, denn er nickte leicht und erwiderte ihren Blick unverwandt.
„Wir haben keine andere Wahl", schob sie eindringlich hinterher und wandte den Blick nicht von der Ärztin, die sie sorgenvoll musterte.
Schließlich seufzte Cassandras Mutter und nickte. „Ich denke wir haben wirklich keine andere Möglichkeit, aber bitte versuche dich nicht zu überanstrengen."
Misha konnte es Janet wirklich nicht versprechen, sie musste so schnell wie möglich an Nadjas Erinnerungen kommen und sie wusste nicht was das hieß. Sie wusste nicht wie es war die Erinnerung herbeizuzwingen.
„Lass mir dir wenigstens ein Schmerzmittel geben, dein Kopf muss doch bei jeder Bewegung schrecklich wehtun." Janet sah sie führsorglich an doch sie schüttelte den Kopf.
„Schmerzmittel vernebeln nur meinen Verstand, es wird schwer genug sein an die Erinnerungen zu kommen. Ich kann es mir nicht leisten dabei beeinträchtigt zu werden", erwiderte sie und zog sich mit viel Mühe ihre Schuhe an. Vor den beiden versammelten Teams würde sie sicher von niemandem Hilfe annehmen. Als sie schließlich wieder aufrecht stand waren ihre Wangen glühend heiß und es viel ihr schwer sich nicht anmerken zu lassen wie stark der Schwindel war.
„Ihr beiden passt aber ja auf sie auf. Sie darf sich nicht überstrengen, sie sollte ja eigentlich im Bett liegen. Ist das klar?" Die Ärztin sah die beiden Männer streng an, was sie nur innerlich zum Aufseufzen brachte. Wenn sie noch eine Chance gegen Ba'al haben wollten, dann konnten sie sich jetzt nicht darum kümmern, ob sie sich überanstrengte oder nicht.
„Können wir?", fragte sie schließlich und machte einen zögerlichen Schritt nach vorne, doch ihr wurde sofort klar, dass das so nicht klappen würde. Sie würden im Schneckentempo gehen müssen, damit der Schwindel nicht allzu stark wurde oder sie sich überhaupt auf den Füßen halten konnte. Leise seufzend sah sie schließlich zu Daniel, der bereits neben ihr stand und sanft auf sie hinabsah. Er lächelte leicht, als er ihren finsteren Blick bemerkte und breitete die Arme aus.
Nur widerwillig ließ sie sich von ihm hochnehmen und sog scharf die Luft ein, als ihre Rippen sich meldeten und zu pochen begannen.
„Alles in Ordnung?" sorgenvoll sah er sie an, doch sie machte nur eine behutsame Kopfbewegung, dass er endlich losgehen sollte. Als er sich endlich in Bewegung setzte schielte sie über seine Schulter zu den beiden Teams, niemand lachte über ihre Schwäche, sie sahen ihnen bloß voller Hoffnung hinterher und ihr Herz zog sich bei den Blicken der anderen zusammen. Ihre Erinnerungen waren ihre letzte Hoffnung, ohne sie würden sie niemals rechtzeitig das Rätsel lösen und dann wären sie Ba'al schutzlos ausgeliefert.
Vorsichtig lehnte sie ihren Kopf an der Schulter des Archäologen an und betrachtete die grauen, schmucklosen Wände der Gänge durch die sie eilten. Jeder seiner Schritte schickte einen stechenden Schmerz durch ihre Schläfen, doch sie schwieg und konzentrierte sich auf Daniels Atmung, um sich von ihren Schmerzen abzulenken.
Als sie schließlich in Teal'cs Quartier angekommen waren, ließ ihr Schutzengel sie behutsam hinab und sie lächelte ihn dankbar an, er konnte schließlich nichts dafür, dass sie sich für ihre Schwäche hasste und sich nicht gerne hatte helfen lassen. Nachdem Teal'c alle Kerzen angezündet hatte ließ sie sich schließlich ihm gegenüber auf den Boden sinken und genoss die Ruhe, die das flackernde Kerzenlicht in ihr auslöste. Ein Schauder lief ihr den Rücken hinab, wenn sie daran dachte, wie sehr sie sich noch vor ein paar Jahren vor diesem Ritual gefürchtet hatte oder viel mehr vor der Person, die es ihr näherbringen sollte. Sie war froh, dass sie das Kelno'reem mit der Zeit schätzen gelernt hatte und die Furcht vor dem Jaffa, der ihr gegenüber saß verflogen war. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus, wenn sie daran zurückdachte, mit wie viel Geduld der so ernste Mann mit ihr Tag für Tag hier gesessen, ihre Zusammenbrüche verstanden und jedes Mal so lange gewartet hatte, bis sie wieder fähig war hierher zurückzukommen ohne sofort wieder davonzurennen. Oft hatte es Stunden gedauert, doch er war nie wütend geworden.
„Bist du bereit, Misha Hammond?", holte seine tiefe Stimme sie schließlich aus ihren Gedanken und sie nickte stumm.
„Dann schließe deine Augen", wies er sie leise an und sie tat was er ihr sagte. Sie wüsste auch, was sie zu tun hätte, wenn er sie nicht anleiten würde, doch der Klang seiner tiefen, leisen Stimme beruhigte sie ebenfalls wie das sanfte Licht der Kerzen, das hinter ihren Augenlidern kaum wahrzunehmen war.
Misha versuchte sich auf ihre Atmung zu konzentrieren und ihren Herzschlag zu beruhigen, doch das war schwerer denn je. Es war beinahe so, wie damals, als sie sich kaum auf das meditieren konzentrieren hatte können, sondern nur auf ihre Angst und den Drang vor dem dunkelhäutigen Jaffa zu flüchten. Jetzt ließ die Furcht vor den Erinnerungen ihr Herz wieder unangenehm schnell schlagen und ihr Atem war auch nicht unbedingt leicht zu kontrollieren.
Die leisen Worte des Jaffa waren das einzige, auf das sie sich richtig konzentrieren konnte, um zu versuchen ihren Herzschlag in den Griff zu bekommen. Misha versuchte an nichts zu denken und einfach nur den sanften Worten zu lauschen, sie versuchte alles andere auszublenden, sich einfach auf das gedämpfte Licht hinter ihren Augenlidern zu konzentrieren und sich in die Trance fallen zu lassen, die Ruhe und Geborgenheit bedeutete.
Allmählich lullte Teal'cs Stimme sie ein und sie spürte, wie sie es langsam schaffte sich auf ihren Atem zu konzentrieren und sie immer ruhiger wurde. Sie spürte, wie die Angst langsam von ihr abfiel und sie sich begann geborgen zu fühlen. Eingehüllt in die leisen Worte des Kriegers fühlte sie sich endlich dazu bereit Nadjas Erinnerungen zu durchforsten, denn sie wusste, dass Daniel und er sie sofort aus ihrer Trance holen würden, wenn sie selbst aus den Erinnerungen nicht mehr frei käme.
Die Einundzwanzigjährige atmete einmal tief durch bis sie sich gänzlich fallen ließ und an nichts mehr dachte außer den Informationen die sie brauchten. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an, bis plötzlich Bilder vor ihren inneren Augen auftauchten und sie sich in Nadjas Welt widerfand.
Die Bilder rasten so schnell an ihr vorbei, dass sie kaum mehr sah als nur verschwommene Schemen. Den Kopf tief gesenkt versuchte sie noch weiter in den Erinnerungen einzutauchen, sie versuchte so viel zu erkennen, wie sie jedes Mal sah wenn sie träumte. Stimmen hallten in ihren Ohren wider, doch es waren nicht die von Daniel oder Teal'c ,es waren die ungewöhnlich verzerrten Stimmen der Tok'ra.
„Nadja!" Sie erkannte Janoshs Stimme und es versetzte ihr einen kleinen Stich, weil sie sich daran erinnerte wie sehr die Tok'ra wegen ihm in ihrer letzten Erinnerung gelitten hatte. Schnell verdrängte sie den Gedanken wieder und konzentrierte sich auf die Bilder.
Wieder lief sie, hetzte sie durch unebene Felder und brachte somit ihr Herz zum Rasen. Misha spürte Nadjas Angst als wäre es die ihre, ihr Atem ging viel zu schnell und es fühlte sich an als würde sie keine Luft mehr bekommen, doch sie versuchte sich nicht aus der Erinnerung aufzuwecken, sie konzentrierte sich einfach auf das Gefühl Janoshs Hand in ihrer und die Sicherheit die er auszustrahlen schien.
Eine schwarze Haarsträhne wurde ihr ins Gesicht geweht, als sie zu dem Tok'ra aufsah und sein Gesicht musterte.
„Das war nicht der letzte Ort!", rief sie schließlich und klammerte sich an seiner Hand fest. „Das Rätsel ergibt noch keinen Sinn!"
Janosh sah sie nur schweigend an und drückte ihre Hand. Verzweiflung lag in seinem Blick, kurz bevor er sich abwandte, sie scharf nach links zog und sie gegen einen Baum drückte.
„Was denkst du?", fragte sie atemlos und schnappte heftig nach Luft. Ihr Herz raste so sehr, dass es ihr mittlerweile wehtat und sie deshalb noch schwerer Luft bekam. „Desto länger wir hier bleiben, desto sicherer ist es, dass wir entdeckt werden."
„Ich weiß", murmelte er und lehnte sich ebenfalls schwer atmend gegen den Baum. „Aber das war unsere letzte Adresse. Wir haben etwas übersehen."
„Wir können das nicht den anderen sagen." Angst schnürte ihr die Kehle zu und sie schlug verzweifelt gegen den Baum. „Sie werden uns verlassen, sie werden das Vertrauen in meinen Plan verlieren. Wir sind nur mehr so wenige, sie werden fliehen wollen anstatt weiter zu kämpfen."
„Ich weiß", war wieder alles was er sagte und seine Ratlosigkeit machte sie traurig und wütend zugleich.
„Was sollen wir tun?" Nadja wollte ihn nicht anschreien, doch sie konnte einfach nicht anders. Ihr Plan hatte so gut funktioniert, so viele hatten daran geglaubt, bis zu viele gestorben oder einfach verschwunden waren.
„Wird das nie ein Ende haben?", murmelte sie und Tränen nahmen ihr die Sicht, sie konnten nicht zu den anderen zurückkehren bevor sie nicht alle Puzzleteile des Rätsels hatten. Die anderen waren bereits am Ende ihrer Kräfte, sie würden es nicht ertragen, wenn sie die schlechten Nachrichten überbringen würden, sie würden aufgeben, sie verlassen, sie alleine zurücklassen, wenn es sein musste.
„Wir werden die Goa'uld besiegen", sagte Janosh mit Nachdruck, doch sie sah Zweifel in seinen Augen, die ihr noch mehr Tränen in die Augen trieben. Sie hatten nichts mehr, ihr ganzer Plan war darauf ausgelegt die Waffe so schnell wie möglich und ohne Umwege in die Hände zu bekommen. Niemand hatte daran gedacht, dass die Antiker ihre Erfindung so dermaßen schützen würden, dass vielleicht nur deren Erbauer sie jemals wiederfinden könnten. Das zweite Rätsel erzählte von verschiedenen Orten, doch wie sie jetzt erfahren hatten, hatten sie ein paar Toradressen zu wenig, ohne diese Adressen konnten sie das dritte Rätsel nicht lösen, würden sie die Waffe nicht finden und ihre kleine Gruppe würde sich auflösen und das Vertrauen in sie verlieren.
Ihr Herz zog sich schmerzhaft in ihrer Brust zusammen, als ihr bewusst wurde, dass sie entweder zu zweit die Waffe suchen oder gemeinsam mit der Gruppe sich irgendwo verstecken mussten, bis die ersten großen Schlachten der Systemlords geschlagen und die Gefahr für sie nicht mehr allzu groß war.
Nur ein kurzer Blick zu dem Tok'ra an ihrer Seite sagte ihr bereits, dass er nicht aufgeben würde und wenn er weitermachte, dann würde sie ihm folgen. Sie würde ihn nicht im Stich lassen, auch wenn es hieß, dass sie nichts weiter als einer Ahnung hinterherliefen oder sogar weniger als das. Ohne weitere Toradressen konnten sie nur wahllos Planeten aufsuchen und hoffen auf Hinweise zu stoßen.
Der langgezogene Ton eines Horns ließ sie beide zusammenzucken und riss sie aus ihren Gedanken. Erschrocken sah sie zu ihm und sie konnte beinahe sehen, wie seine Gedanken rasten, doch er hielt nicht lange inne. Er wusste genauso wie sie, dass sie entdeckt worden waren.
„Komm", wisperte er leise und nahm ihre Hand in seine. Während er sie mit sich zog und loshetzte drückte er ihre Hand ganz fest, als wolle er ihr damit versprechen, dass alles gut werden würde.
Tränen verschleierten nach wie vor ihren Blick und sie ließ sich einfach von dem jungen Tok'ra führen ohne wirklich zu erkennen, ob er den richtigen Weg nahm. Sie war nicht wirklich dazu fähig irgendetwas zu spüren, keine Angst oder Trauer, im Angesicht was jetzt wohl oder übel geschehen musste. Nadja fühlte sich einfach leer, als wären die vereinzelten Tränen, die ihr über die Wangen liefen, alles was von ihren Gefühlen übrig geblieben war.
Schwer atmend kamen sie schließlich zum Stehen und Janosh drückte hektisch auf das Anwahlgerät, während sie sich dahinter versteckte und dafür betete, dass die Jaffa zu spät kommen würden und ihren Freund noch nicht im Visier hatten.
Schließlich wurde sie von ihm hochgezogen und mitgerissen. Als sie beinahe ein Schuss von den Füßen holte, blickte sie noch einmal zurück und sah welche Symbole der Tok'ra eingegeben hatte. Es war, als würde innerlich etwas in ihr zerbrechen, während sie von ihm weitergezogen wurde und sich dabei ganz fest an ihn klammerte. Nadja sah zu ihm auf, kurz bevor sie durch das Gate hetzten und erkannte, dass er dasselbe fühlen zu schien wie sie. Nichts, einfach nur Leere. Sein Gesicht glich einer steinernen Maske und so fühlte sich auch ihres an. Die Symbole schienen sich in ihre Augenlider gebrannt zu haben, denn sie leuchteten nach wie vor auf, auch als sie die Augen schloss und sie fühlte wie sie vom Ereignishorizont verschluckt wurden. Es waren nicht die Symbole ihres derzeitigen Stützpunktes, es waren die Symbole eines Planeten auf dem sie bereits gewesen waren. Jetzt konnten sie nur mehr hoffen, dass der Krieg dort nicht schon Tod und Versklavung gebracht hatte.
„Es tut mir so leid", wisperte sie, als sie aus dem Chaapa'ai traten, um sich so von den anderen zu verabschieden. Sie würden sie nie wieder sehen, jetzt waren sie eine Zweimannarmee, ohne Plan, ohne Waffen, ohne große Hoffnung.
Die Worte hallten in ihren Ohren wider, als plötzlich die Bilder verschwammen, als sie plötzlich wieder lief und ihr vor lauter Anstrengung die Luft zum Atmen fehlte. Schmerz loderte in ihren Gliedern auf, schien sie zu zerfressen und kalt durch ihre Adern zu fließen. Immer wieder sprangen sie durch das Sternentor, wurden von Schüssen von den Füßen geholt, kämpften gegen Jaffa, schlitterten über nasse Wiesen oder sprangen von Fels zu Fels, kopflos, ohne nachzudenken, nur ihre Verfolger im Sinn, deren Anwesenheit im Rücken spürend. Die Bilder flogen so schnell vorbei, dass sie kaum was erkennen konnte außer dem Wirbel an Gefühlen, der ihren Körper erfasste und sie beinahe zu verschlucken schien. Toradressen blitzten immer wieder vor ihren inneren Augen auf und jedes Mal schien der Schmerz, der durch unzählige, vor Jahrhunderten erlitten Verletzungen ausgelöst wurde und sich jetzt auf einmal in ihrem Körper zu vermischen schien.
Sie wusste, dass etwas falsch war, als die Flut an Bildern plötzlich stoppte, sie nichts mehr sah, keine Landschaften, keine Jaffa, keine Adressen, nichts mehr außer Dunkelheit und ein feuchter modriger Geruch, der sich in ihrer Nase festzusetzen schien.
Misha versuchte sich aus den Erinnerungen zu ziehen, versuchte sich klarzumachen, dass der Schmerz nicht ihrer war, doch es klappte nicht. Als sie jemand an der Schulter berührte, fühlte es sich nicht sanft an, es fühlte sich an als würde sie grob gepackt werden, fortgezerrt werden.
„Nein", wimmerte sie leise, als ihre Narben zu brennen begannen und sie die Zähne fest zusammenbiss, um nicht vor Schmerz aufzuschreien.
„Misha!", hörte sie ihren Namen von ganz weit her, sie erkannte die Stimme nicht.
„Ha'shak", flüsterte ihr eine dunkle, allzu bekannte Stimme ins Ohr und sie kauerte sich hektisch keuchend zusammen. Als sie die Augen aufriss, sah sie nicht das von Kerzenlicht erhellte Quartier, sie sah den hell erleuchteten Thronsaal Apophis.
„Nein!", schrie sie auf, als sie ihn durch einen Schleier schwarzen Haares sah. Sie war immer noch Nadja, nun würde sie sehen, was er ihr angetan hatte, würde sie das sehen, was die Tok'ra so geflissentlich vor ihr verborgen hatte, als sie noch ihre Wirtin gewesen war.
Die Angst macht es ihr schwer zu atmen, die Schmerzen lähmten sie und fesselten sie auf den Ort, wo Apophis Jaffa sie zu Boden geschleudert hatten. Sein Lachen ging ihr durch Mark und Bein. Die junge Soldatin fürchtete sich noch mehr, als vor sechs Jahren, weil sie die Schmerzen kannte, weil sie nicht wissen wollte, wie es war, wenn ihre Erinnerungen sich vermischten, wenn sie die Schmerzen von damals spürte und die, die Nadja hatte aushalten müssen und die der Tok'ra das Leben gekostet hatten.
Tonlos schrie sie auf, als sie von dem Systemlord zu Boden gedrückt wurde und sein Gewicht es ihr unmöglich machte zu atmen. Misha versuchte sich aus seinen Griff zu winden, sie trat wild um sich, doch er war zu schwer für ihre zierliche Gestalt und ihre beinahe vor Schmerz tauben Glieder.
„Misha Hammond!", hörte sie durch das Rauschen ihres Blutes, doch sie erkannte die Stimme nicht, alles was sie wahrnahm, war ihr rasendes Herz, dass so schnell schlug, dass es entsetzlich in ihrer Brust schmerzte und das Gewicht des Mannes über ihr. Ihre Angst wurde mit jedem Herzschlag grässlicher, bis sie sie gänzlich lähmte, bis ihre Bewegungen erstarrten und sie nur mehr mit weit aufgerissen Augen den Herrscher über ihr ansah, der sie angrinste und ihre Angst in sich aufzusaugen, den Moment einfach genießen zu schien.
„Nein", schrie sie heißer auf, als er den Arm ausstreckte und sie den Stab erkannte, den er in die Luft hielt. Wie wild riss sie den Kopf hin und her und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, doch es gelang ihr nicht.
„Misha!" Daniels Stimme schallte laut durch ihre vor Panik vernebelten Gedanken und plötzlich wurde sie fortgerissen. Apophis war fort als sie blinzelte und das mittlerweile hell erleuchtete Quartier erkannte.
„Runter", murmelte sie so leise, dass es niemand hörte.
„Runter von mir!", schrie sie laut auf und erschreckte sich selbst, wie heißer und verzweifelt ihre Stimme klang. Der Archäologe, der sie immer noch in seinem Griff hatte und dessen Gewicht sie genauso zu erdrücken schien wie Apophis reagierte sofort.
Obwohl jede Faser ihres Körpers, wie Feuer brannte rappelte sie sich hektisch auf und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, was ihr kläglich misslang. Ihre Narben taten bei jeder Bewegung weh, als hätte der Goa'uld sie tatsächlich gefoltert und ihrer Rücken wieder aufgerissen. Sie wusste, dass Daniel sie nur vor sich selbst hatte beschützen wollen, dass er sie davon abgehalten hatte sich selbst zu verletzen, doch was er nicht gewusst hatte, dass er es damit vermutlich noch schlimmer gemacht hatte.
„Es ist alles gut." Daniel wollte sie in seine Arme ziehen, doch sie wich vor ihm zurück. Sie konnte seine Berührung jetzt nicht ertragen, sie konnte keine Berührung ertragen.
Immer noch schwer atmend lief sie stolpernd zur geschlossenen Tür, beide Arme fest um sich geschlungen, als würde es ihr etwas helfen sich selbst zu umarmen, als würde es die Schmerzen vertreiben oder die Angst, doch das tat es offensichtlich nicht.
Kurz vor der Tür verließen sie ihre letzten Kräfte und ihre Füße gaben einfach nach. Die junge Wissenschaftlerin knallte gegen die Tür und wäre an ihr hinuntergerutscht, wenn ihr Kollege sie nicht trotz ihrer Gegenwehr einfach in seine Arme gezogen hätte. Er zog sie ein wenig von der Tür weg und ließ sich dann behutsam auf den Boden nieder, die ganze Zeit die Arme ganz fest um sie geschlungen.
„Nicht, nicht, nicht", murmelte sie, doch er reagierte nicht und allmählich ging die Angst zurück und sie konnte wieder normal atmen. Einzig und allein die Schmerzen blieben, als ihr die Nähe ihres Schutzengels endlich angenehm war und sie sich noch enger an ihn kuschelte.
„Es ist alles gut", wisperte er sanft und sie spürte sein Kinn an ihrem Scheitel. „Ich bin da."
Immer noch heftig zitternd, klammerte sie sich an ihn und kniff die Augen ganz fest zu. Es tat so gut ihr Gesicht an seiner Schulter zu vergraben und sein Kinn auf ihren Scheitel zu spüren, so dass sie leise aufseufzte, die Tränen aber trotzdem nicht zurückdrängen konnte.
„Sch." Ganz leise drang seine Stimme an ihr Ohr und er wiegte sie wie ein kleines Kind vor und zurück, als er leise die Melodie zu summen begann, die sie so sehr liebte und die sie sofort noch etwas beruhigte.
Erschöpft löste sie ihre verkrampften Finger schließlich von seinem Hemd, an dem sie sichfestgekrallt hatte und kämpfte nicht mehr darum bei Bewusstsein zu bleiben. Sie begrüßte die Dunkelheit in die sie von der sanften Melodie begleitet wurde undfühlte sich endlich wieder vollkommen sicher, geborgen in seiner Umarmung.Daniel würde auf sie aufpassen, über ihre Träume wachen wie damals, da war siesich sicher. Er war nach wie vor ihr Schutzengel.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top